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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_252/2024  
 
 
Urteil vom 15. November 2024  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichterin Ryter, Bundesrichter Kradolfer, 
Gerichtsschreiber Müller. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwältin Angelina Grossenbacher, 
 
gegen  
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID), Kramgasse 20, 3011 Bern, 
Einwohnergemeinde Bern, Einwohnerdienste, Migration und Fremdenpolizei, Predigergasse 5, 3000 Bern 7. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 8. April 2024 (100.2022.364U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die philippinische Staatsangehörige A.________ (geb. 1980) heiratete am 18. Januar 2018 in den Philippinen den Schweizer Bürger B.________ (geb. 1961) und reiste am 24. Oktober 2018 in die Schweiz ein. Gestützt auf die Ehe erhielt sie eine Aufenthaltsbewilligung. Am 1. November 2020 löste das Ehepaar den gemeinsamen Haushalt auf. Die kinderlos gebliebene Ehe wurde am 15. März 2021 gerichtlich getrennt. 
 
B.  
Am 23. März 2022 verweigerte die Einwohnergemeinde Bern die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A.________ und wies sie aus der Schweiz weg. Die von A.________ dagegen erhobenen Rechtsmittel wiesen die Sicherheitsdirektion des Kantons Bern am 1. November 2022 und das Verwaltungsgericht des Kantons Bern am 8. April 2024 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 15. Mai 2024 beantragt A.________ dem Bundesgericht, unter Kosten- und Entschädigungsfolge das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 8. April 2024 aufzuheben und ihr die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern sowie von einer Wegweisung aus der Schweiz abzusehen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Es wurde keine Vernehmlassung eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 90 BGG). Auf dem hier betroffenen Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 lit. a BGG) nur zulässig, wenn auf die angestrebte Aufenthaltsbewilligung ein bundes- oder völkerrechtlicher Anspruch besteht (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin macht geltend, ihr sei eine Aufenthaltsbewilligung wegen eines nachehelichen Härtefalls verweigert worden, auf die sie nach Art. 50 Abs. 1 lit. b des Ausländer- und Integrationsgesetzes vom 16. Dezember 2005 (AIG; SR 142.20) Anspruch habe. Sie macht damit in vertretbarer Weise einen Rechtsanspruch geltend, weshalb die Beschwerde zulässig ist (vgl. Urteile 2C_465/2023 vom 6. März 2024 E. 1; 2C_1050/2021 vom 28. April 2022 E. 1.1). Da auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind (Art. 42, Art. 89 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1 BGG), ist auf die Beschwerde unter Vorbehalt der folgenden Erwägung einzutreten.  
 
1.2. Nicht einzutreten ist auf den Antrag, von einer Wegweisung der Beschwerdeführerin aus der Schweiz abzusehen. Gegen ausländerrechtliche Entscheide betreffend die Wegweisung ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG). Die Beschwerdeführerin rügt diesbezüglich auch keine Verfassungsverletzungen, gegen welche die subsidiäre Verfassungsbeschwerde zulässig wäre (vgl. Art. 116 BGG; Urteil 2D_18/2023 vom 5. März 2024 E. 1.2). Die allfällige Unmöglichkeit eines Wegweisungsvollzugs wäre jedenfalls im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG zu prüfen (vgl. E. 4 hiernach).  
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerde hat eine Begründung zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Darin ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft jedoch, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 148 II 392 E. 1.4.1).  
 
2.2. Seiner rechtlichen Beurteilung legt das Bundesgericht den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig - d.h. willkürlich (Art. 9 BV) - ist oder auf einer Rechtsverletzung i.S.v. Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Eine solche Rüge ist explizit vorzubringen und detailliert zu begründen, andernfalls das Bundesgericht darauf nicht eingeht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 150 I 50 E. 3.3.1; Urteil 2C_626/2022 vom 5. April 2024 E. 2.2).  
 
3.  
Streitgegenstand bildet die Frage, ob die kantonalen Instanzen der Beschwerdeführerin die Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung zu Recht verweigert haben, nachdem diese sich von ihrem Schweizer Ehemann häuslich und gerichtlich getrennt hatte. Unbestritten ist, dass die Ehegemeinschaft weniger als drei Jahre gedauert hat, weshalb eine Verlängerung gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG ausscheidet. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AIG mit der Begründung, sie sei Opfer häuslicher Gewalt geworden und es sei zu erwarten, dass sie bei einer Rückkehr in die Philippinen als geschiedene Frau von der dortigen Gemeinschaft sozial isoliert würde. In diesem Zusammenhang kritisiert sie auch die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts. Soweit sie weitere Rechtsverletzungen rügt, enthält die Beschwerde keine den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG genügende Begründung, weshalb darauf nicht einzugehen ist. 
 
4.  
 
4.1. Ausländische Ehegatten von Schweizerinnen und Schweizern haben Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen (Art. 42 Abs. 1 AIG). Gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG besteht dieser Anspruch nach Auflösung der Ehe weiter, wenn wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen. Dabei können wichtige persönliche Gründe u.a. vorliegen, wenn die Ehegattin Opfer ehelicher Gewalt wurde oder wenn die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint (Art. 50 Abs. 2 AIG).  
 
4.2. Nach der Rechtsprechung ist im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AIG jede Form ehelicher bzw. häuslicher Gewalt, sei sie körperlicher oder psychischer Natur, relevant. Häusliche Gewalt bedeutet systematische Misshandlung mit dem Ziel, Macht und Kontrolle auszuüben, und nicht eine einmalige Ohrfeige oder eine verbale Beschimpfung im Verlauf eines eskalierenden Streits. Die Zwangsausübung und deren Auswirkungen müssen von einer gewissen Konstanz bzw. Intensität sein (BGE 138 II 229 E. 3.2.1 mit Hinweisen; Urteil 2C_465/2023 vom 6. März 2024 E. 4.1). Auch psychische bzw. sozio-ökonomische Druckausübung wie dauerndes Beschimpfen, Erniedrigen oder Drohen kann einen für die Annahme eines nachehelichen Härtefalles relevanten Grad an unzulässiger Oppression erreichen. Dies ist praxisgemäss der Fall, wenn die psychische Integrität des Opfers bei einer Aufrechterhaltung der ehelichen Gemeinschaft schwer beeinträchtigt würde. Nicht jede unglückliche, belastende und nicht den eigenen Vorstellungen entsprechende Entwicklung einer Beziehung begründet indessen bereits einen nachehelichen Härtefall und ein weiteres Anwesenheitsrecht in der Schweiz. Die anhaltende, erniedrigende Behandlung muss derart schwer wiegen, dass von der betroffenen Person unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, dass sie einzig aus bewilligungsrechtlichen Gründen die Ehe aufrechterhält und in einer ihre Menschenwürde und Persönlichkeit verneinenden Beziehung verharrt (BGE 138 II 229 E. 3.2.2; Urteile 2C_465/2023 vom 6. März 2024 E. 4.1; 2C_770/2019 vom 14. September 2020 E. 5.1).  
 
4.3. In Bezug auf die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland ist entscheidend, ob die persönliche, berufliche und familiäre Wiedereingliederung der betroffenen ausländischen Person bei einer Rückkehr in ihre Heimat als stark gefährdet zu gelten hätte, und nicht, ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre und von ihr vorgezogen würde (BGE 139 II 393 E. 6; Urteile 2C_1050/2021 vom 28. April 2022 E. 4.3; 2C_394/2017 vom 28. September 2017 E. 4.5).  
 
5.  
Die Vorinstanz hat die zitierte Rechtsprechung korrekt erfasst und angewendet, worauf verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 BGG). Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, vermag das angefochtene Urteil nicht in Frage zu stellen. So beschränkt sie sich in tatsächlicher Hinsicht weitgehend darauf, ihre eigene Beweiswürdigung vorzutragen, was den Anforderungen an eine Sachverhaltsrüge (E. 2.2 hiervor) nicht genügt. Soweit sie sich - sporadisch und oberflächlich - mit der Beweiswürdigung der Vorinstanz auseinandersetzt, zeigt sie nicht auf, inwiefern diese offensichtlich unrichtig sein soll (zum Begriff der willkürlichen Beweiswürdigung BGE 144 II 281 E. 3.6.2). Es bleibt deshalb bei den vorinstanzlichen Feststellungen, dass die Gewalttätigkeit des Ehemanns ein einmaliger Vorfall war und dass es weder eine systematische psychische Unterdrückung noch ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis gab. Dass die Vorinstanz darin rechtlich keine eheliche Gewalt im Sinne von Art. 50 Abs. 2 AIG erkannt hat, ist nicht zu beanstanden (vgl. E. 4 hiervor). Ebenso hat die Vorinstanz eine starke Gefährdung der sozialen Wiedereingliederung im Herkunftsstaat zu Recht verneint. Der allgemein gehaltene Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Situation geschiedener Frauen in den Philippinen genügt nicht, um eine Gefährdung ihrer persönlichen, beruflichen und familiären Wiedereingliederung konkret aufzuzeigen (vgl. Urteile 2C_549/2022 vom 15. September 2022 E. 3.2.3; 2C_376/2021 vom 9. Dezember 2021 E. 5.3). Eine Verletzung von Art. 50 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 AIG ist nicht zu erkennen. 
 
6.  
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a i.V.m. Abs. 3 BGG abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Die unterliegende Beschwerdeführerin hat die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu sprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 15. November 2024 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: M. Müller