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[AZA 0/2] 
1P.419/2000/hzg 
 
I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG 
********************************** 
 
16. Januar 2001 
 
Es wirken mit: Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, 
Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter 
Féraud, Ersatzrichterin Pont Veuthey und Gerichtsschreiber Forster. 
 
--------- 
 
In Sachen 
X.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
Ministère public de l'Etat de Fribourg, Tribunal pénal de la Gruyère, Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg, Cour d'appel pénal, 
 
betreffend 
Strafverfahren 
(Art. 6 Ziff. 3 EMRK), hat sich ergeben: 
 
A.-Mit Urteil vom 5. Oktober 1999 verurteilte das Tribunal pénal de la Gruyère X.________ wegen Drohung und Sachbeschädigung zu drei Monaten Gefängnis bedingt. 
Die vom Verurteilten dagegen erhobene Berufung wies das Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg (Cour d'appel pénal) mit Entscheid vom 11. Mai 2000 ab. 
 
B.-Gegen diesen Entscheid gelangte X.________ mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 26. Juni 2000 an das Bundesgericht. Er rügt eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 3 lit. a und c EMRK und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides. 
 
C.-Der Ministère public de l'Etat de Fribourg, das Tribunal pénal de la Gruyère und das Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg haben auf eine Vernehmlassung je ausdrücklich verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1.-In der Regel wird das Urteil des Bundesgerichtes in der Sprache des angefochtenen Entscheides verfasst. Sprechen die Parteien eine andere Amtssprache, so kann die Ausfertigung in dieser Sprache erfolgen (Art. 37 Abs. 3 OG). 
 
2.-a) Von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen, ist die staatsrechtliche Beschwerde nur gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide zulässig (Art. 86 Abs. 1 OG). 
Rechtliche Noven sind grundsätzlich ausgeschlossen, d.h., die dem Bundesgericht unterbreiteten Rügen müssen schon im kantonalen Verfahren (zumindest sinngemäss) geltend gemacht worden sein. Der Grundsatz von Treu und Glauben verlangt jedenfalls, dass Verfahrensrügen rechtzeitig gegenüber den prozessleitenden kantonalen Behörden erhoben werden (BGE 119 Ia 88 E. 1a S. 90 f.; 118 Ia 462 E. 5b S. 470, je mit Hinweisen). 
Insbesondere ist es Sache des Angeschuldigten bzw. 
seines Rechtsvertreters, Anträge auf Übersetzung von wichtig erscheinenden Teilen der Strafprozedur rechtzeitig geltend zu machen (BGE 118 Ia 462 E. 2b S. 465 mit Hinweisen). 
 
b) Der Beschwerdeführer rügt vor Bundesgericht, die Hauptverhandlung vor dem Tribunal pénal de la Gruyère sei in französischer Sprache erfolgt. Da er des Französischen nicht mächtig sei, habe er nicht verstanden, was "der Richter", "die Anwältin meiner Kontrahenten" sowie der Pflichtverteidiger anlässlich der Gerichtsverhandlung sprachen. Ein solches Verfahren verstosse gegen den in Art. 6 Ziff. 3 lit. a EMRK verankerten Anspruch des Angeklagten, in einer ihm verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden. 
Da er "kein Wort verstanden" habe, habe er sich entgegen der Vorschrift von Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK auch nicht selbst verteidigen können. Es sei ihm lediglich gestattet worden, an ihn gerichtete Fragen "mit ja oder nein" zu beantworten. 
 
c) Es ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer diese Vorbringen rechtzeitig im kantonalen Verfahren erhoben und insofern den Instanzenzug erschöpft hat. 
 
Wie sich aus den Akten des Berufungsverfahrens ergibt, liess der Beschwerdeführer am 22. Dezember 1999 durch seinen Rechtsvertreter eine Berufung gegen das Strafurteil des Tribunal pénal de la Gruyère vom 5. Oktober 1999 einreichen. Weder ausdrücklich noch sinngemäss wurden darin prozessuale Beanstandungen zum Ablauf der Hauptverhandlung erhoben. Folglich setzt sich der angefochtene Entscheid mit solchen (gar nicht geltend gemachten) Vorbringen auch nicht auseinander. Ebenso wenig lässt sich den Akten des erstinstanzlichen Strafverfahrens entnehmen, dass der Beschwerdeführer oder sein damaliger Verteidiger anlässlich der Hauptverhandlung einen Antrag auf Übersetzung von Akten oder Verhandlungsabschnitten gestellt hätten, der vom Gericht abgewiesen worden wäre. 
 
d) Bei dieser Sachlage widerspricht es dem Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV), wenn der Beschwerdeführer erst nachträglich, im Verfahren vor Bundesgericht, vorbringt, anlässlich der Hauptverhandlung vor dem Tribunal pénal de la Gruyère seien die genannten Verteidigungsrechte missachtet worden. Auf die Beschwerde kann insofern nicht eingetreten werden. 
 
3.-Darüber hinaus erwiesen sich die vorgebrachten Rügen auch materiell als unbegründet, soweit sie überhaupt ausreichend substanziiert erscheinen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 
 
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er anlässlich der Hauptverhandlung durch einen Offizialverteidiger verbeiständet war, der sowohl französisch als auch deutsch sprach. Zur Verhandlung wurde gemäss Protokoll auch eine Gerichtsdolmetscherin beigezogen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes besteht grundsätzlich kein Anspruch eines fremdsprachigen Angeklagten auf integrale Übersetzung sämtlicher Akten, des Urteils oder der ganzen Hauptverhandlung (BGE 121 I 196 E. 5a S. 204 f.; 118 Ia 462 E. 2a S. 464 f.; 115 Ia 64 E. 6b - c S. 65). 
Wie den Akten zu entnehmen ist, wurden im vorliegenden Fall wichtige Teile der Verhandlung auf deutsch übersetzt. 
So räumt der Beschwerdeführer selbst ein, dass z.B. seine Befragung (mittels Dolmetscherin) auf deutsch erfolgte. Wie aus dem Protokoll hervorgeht, wurde er durch den Gerichtspräsidenten und die Anklagevertreterin befragt, und gewisse Aktenstellen wurden ihm auf deutsch vorgelesen. Seine Behauptung, er habe auf Fragen nur "mit ja oder nein" antworten können, ist aktenwidrig. Wie dem Protokoll zu entnehmen ist, konnte er auf Befragung des Gerichtspräsidenten und der Staatsanwältin ausführlich Stellung nehmen. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, welche weiteren wesentlichen Vorgänge der Hauptverhandlung - entgegen seinen Anträgen oder denjenigen seines Verteidigers - nicht auf deutsch übersetzt worden wären (vgl. BGE 118 Ia 462 E. 2a - b S. 464 f.). Auch die nicht näher substanziierte Behauptung, er sei von seinem Rechtsvertreter über den Prozessverlauf nicht ausreichend informiert worden, findet in den Akten keine Stütze. 
 
4.- Soweit appellatorische Vorbringen gegen den angefochtenen Entscheid erhoben werden bzw. sinngemäss geltend gemacht wird, die strafrechtliche Verurteilung verstosse gegen Bestimmungen des materiellen Bundesstrafrechts, kann darauf nicht eingetreten werden (Art. 84 Abs. 2 OG i.V.m. Art. 269 und 272 BStP; Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 
 
 
Unzulässig und unbehelflich sind sodann Vorbringen, die sich nicht auf den Gegenstand des angefochtenen Entscheides beziehen (namentlich, die kantonalen Untersuchungsbehörden seien zu Unrecht auf Strafklagen des Beschwerdeführers nicht eingetreten). Insofern liegt kein fristgemäss angefochtener Entscheid vor (Art. 84 Abs. 1, Art. 89 OG). 
 
5.-Nach dem Gesagten ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. 
 
Der Beschwerdeführer stellt sinngemäss das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung. Da die Voraussetzungen von Art. 152 OG erfüllt erscheinen und insbesondere die Bedürftigkeit des Gesuchstellers ausreichend glaubhaft gemacht wird, kann dem Ersuchen entsprochen werden, weshalb keine Gerichtskosten zu erheben sind. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1.-Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten werden kann. 
 
2.-Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie dem Ministère public de l'Etat de Fribourg, dem Tribunal pénal de la Gruyère und dem Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg, Cour d'appel pénal, schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 16. Januar 2001 
 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: