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[AZA] 
H 155/99 Ge 
 
III. Kammer  
 
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer; 
Gerichtsschreiber Hadorn 
 
Urteil vom 16. Februar 2000  
 
in Sachen 
 
Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 20, Bern, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
1. A.________, 
2. B.________, 
3. C.________, 
4. D.________, 
 
Beschwerdegegner, erster vertreten durch Advokat 
X.________, letztere drei vertreten durch Fürsprech 
Y.________, 
 
und 
 
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn 
 
    A.-Mit Verfügungen vom 5. Februar 1997 verpflichtete 
die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn A.________, 
B.________, C.________ und D.________, Organe der in Kon- 
kurs gefallenen Eisengiesserei Z.________ AG, unter 
solidarischer Haftbarkeit Schadenersatz von Fr. 119'983.75 
für nicht bezahlte Sozialversicherungsbeiträge zuzüglich 
Verzugszinsen und Mahngebühren zu leisten. 
 
    B.-Auf Einspruch aller Belangten hin erhob die Kasse 
Klage auf Bezahlung des erwähnten Betrages. Mit Entscheid 
vom 12. März 1999 schrieb das Versicherungsgericht des Kan- 
tons Solothurn die Sache als durch gerichtlichen Vergleich 
erledigt vom Geschäftsverzeichnis ab. 
 
    C.- Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) führt 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der kantonale 
Entscheid sei aufzuheben, und die Sache sei zu neuer Beur- 
teilung an das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn 
zurückzuweisen. 
    A.________, B.________, C.________, D.________ und das 
kantonale Gericht schliessen auf Abweisung der Verwaltungs- 
gerichtsbeschwerde, während die Ausgleichskasse des Kantons 
Solothurn auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
    D.- Mit Schreiben vom 6. Januar 2000 fragte das Eidge- 
nössische Versicherungsgericht das BSV unter Hinweis auf 
die jüngste Rechtsprechung zu gerichtlichen Vergleichen in 
Schadenersatzprozessen nach Art. 52 AHVG an, ob es die 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zurückziehe. Mit Antwort vom 
21. Januar 2000 hielt das BSV an seiner Verwaltungsge- 
richtsbeschwerde fest. 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:  
 
    1.- Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht 
um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleis- 
tungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht 
nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht 
verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Miss- 
brauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachver- 
halt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter 
Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt 
worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und 
b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
 
    2.- a) In AHI 1999 S. 206 ff. Erw. 2 und 3 sowie im 
nicht veröffentlichten Urteil E. vom 24. Juni 1999 
(H 314/98) hat das Eidgenössische Versicherungsgericht Ver- 
gleiche in Schadenersatzprozessen nach Art. 52 AHVG grund- 
sätzlich als zulässig erklärt. Der Vergleich ist vom Rich- 
ter auf die Übereinstimmung mit Tatbestand und Gesetz zu 
prüfen und zu genehmigen. Das Resultat der richterlichen 
Genehmigung ist nicht ein begründetes Urteil, sondern ein 
Abschreibungsbeschluss. Dieser muss nicht begründet, aber 
mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen sein. Die an der 
Einigung beteiligten Parteien können den Vergleich nur 
wegen Verfahrens- oder Willensmängeln anfechten, an der 
Einigung nicht beteiligte Dritte hingegen auch aus mate- 
riellen Gründen. 
 
    b) An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Soweit 
das BSV sich vorliegend auf die mangelnde gesetzliche 
Grundlage für Vergleiche in Verfahren nach Art. 52 AHVG und 
die fehlende Begründung im richterlichen Abschreibungsbe- 
schluss beruft, gehen seine Rügen offensichtlich fehl. 
 
    3.- Soweit das BSV auch materielle Einwendungen er- 
hebt, sind diese unbegründet. Es kann dazu auf die ausführ- 
liche Vernehmlassung des kantonalen Gerichts im vorliegen- 
den Prozess verwiesen werden. Aus dieser Eingabe geht her- 
vor, dass der Vergleich der Vorinstanz nicht von den Par- 
teien vorgelegt wurde, sondern unter Mitarbeit des in- 
struierenden Richters und erst nach eingehender Befragung 
der Parteien zum Sachverhalt zu Stande kam. Demnach hat das 
Gericht entgegen der Behauptung des BSV das Verfahren nicht 
einfach auf Grund einer gemeinsamen Parteierklärung abge- 
schrieben, sondern die Übereinstimmung mit Tatbestand und 
Gesetz im Rahmen seiner Mitwirkung geprüft. Laut Vergleich 
erhält die Ausgleichskasse von jedem der vier Belangten 
einen Betrag von Fr. 20'000.-, somit total Fr. 80'000.-, 
und nicht nur Fr. 60'000.-, wie in der Verwaltungsgerichts- 
beschwerde vorgetragen wird. Ziffer 2 des Vergleichs kann 
sodann nur so verstanden werden, dass eine allfällige Kon- 
kursdividende der Kasse zusätzlich zu den erwähnten 
Fr. 80'000.- anfallen würde. Die Vorinstanz bestätigt dies 
in ihrer Vernehmlassung und weist darauf hin, dass diese 
Regelung eine Gegenleistung an die Ausgleichskasse dar- 
stellt, welche auf die Geltendmachung der solidarischen 
Haftung verzichtet hat. Sodann führt die Vorinstanz ein- 
leuchtend aus, dass die Forderung der Kasse umstritten 
gewesen sei und beide Parteien angesichts der Beweisschwie- 
rigkeiten eine vergleichsweise Lösung angestrebt hätten. 
Unter solchen Umständen war die Frage einer Herabsetzung 
des Schadens wegen eines allfälligen Mitverschuldens der 
Kasse nicht zu beurteilen. Die Einwendungen des BSV sind 
daher nicht geeignet, den Vergleich als mit der Akten- oder 
Rechtslage unvereinbar in Zweifel zu ziehen. 
 
    4.- Bei diesem Ausgang des Prozesses wären die Kosten 
des letztinstanzlichen Verfahrens an sich dem BSV als 
unterliegender Partei aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in 
Verbindung mit Art. 135 OG). Dennoch können vom Bundesamt 
vorliegend keine Gerichtskosten erhoben werden, weil das 
Amt bzw. der von ihm vertretene Bund am Verfahrensausgang 
kein eigenes Vermögensinteresse hat (Art. 156 Abs. 2 OG). 
Hingegen hat das BSV die Parteikosten der Beschwerdegegner 
zu tragen (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.  
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
III. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat A.________  
    einerseits sowie B.________, C.________ und D.________ 
    anderseits für das Verfahren vor dem Eidgenössischen 
    Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von je 
    Fr. 1500.- zu bezahlen. 
 
IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsge-  
    richt des Kantons Solothurn und der Ausgleichskasse 
    des Kantons Solothurn zugestellt. 
 
 
Luzern, 16. Februar 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: