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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.463/2004 /sza 
 
Urteil vom 16. März 2005 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, 
Gerichtsschreiber Luczak. 
 
Parteien 
X.________, 
Beklagter und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Franz Hollinger, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Kläger und Berufungsbeklagten, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Patrick Bühlmann. 
 
Gegenstand 
Auftrag; Honorarvereinbarung, 
 
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 1. Zivilkammer, vom 19. Oktober 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ (Beklagter) beauftragte A.________ & Partner (Beauftragte) mit der anwaltlichen Wahrung seiner Interessen. Im Rahmen dieses Mandatsverhältnisses schlossen die Parteien eine Honorarvereinbarung, wonach die Beauftragten gehalten waren, den Beklagten jeweils zu informieren, wenn wieder Kosten von Fr. 3'000.-- aufgelaufen waren. Dieser Verpflichtung kamen die Beauftragten nur zu Beginn des Mandatsverhältnisses nach, so dass nach Abschluss des Mandates eine Honorarforderung von Fr. 26'484.95 offen blieb. Diese Forderung liess sich Y.________ (Kläger) abtreten. Er reichte am 26. April 2002 beim Bezirksgericht Baden Klage ein und verlangte vom Beklagten die ausstehende Forderung nebst Zins und Betreibungskosten. 
B. 
Nachdem das Bezirksgericht die Klage zum Teil geschützt hatte, hiess das Obergericht des Kantons Aargau die gegen den Entscheid des Bezirksgerichts erhobene Appellation des Beklagten teilweise gut und reduzierte im Wesentlichen den zugesprochenen Betrag auf Fr. 19'147.20 nebst Zins. Das Obergericht erkannte, die Beauftragten hätten ihre vertraglichen Pflichten verletzt, und kürzte die Honorarforderung auf den Betrag, der einem Anwalt in Anwendung des Anwaltstarifs zustehen würde. Davon brachte es Fr. 1'500.-- Schadenersatz zu Gunsten des Beklagten in Abzug. 
C. 
Gegen dieses Urteil führt der Beklagte Berufung und stellt im Wesentlichen den Antrag, er sei zu verpflichten, dem Kläger Fr. 1'500.-- nebst Zins zu bezahlen. Der Kläger schliesst auf kostenfällige Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten sei. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Der Beklagte ist der Ansicht, gestützt auf die getroffene Honorarvereinbarung könne von ihm höchstens der Betrag für die nächste Kostentranche von Fr. 3'000.-- verlangt werden, wovon sein Schaden von Fr. 1'500.-- abzuziehen sei. Durch das vertragswidrige Verhalten der Beauftragten sei ihm die Möglichkeit genommen worden, auf die Mandatsführung Einfluss zu nehmen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagte nach Widerruf des Auftragsverhältnisses ohne Anwalt dasselbe Prozessresultat erzielt hätte. Ob er den Auftrag tatsächlich widerrufen oder modifiziert hätte, müsse Hypothese bleiben. Dies hätten jedoch die Beauftragten durch ihre Vertragsverletzung zu vertreten, weshalb der Kläger daraus nichts für sich ableiten könne. Es sei nicht Aufgabe des Beklagten als Laien gewesen, darüber zu wachen, dass der Anwalt regelmässige Vorschüsse einfordere. Im Übrigen wirft der Beklagte dem Obergericht auch vor, bei der Festsetzung des Honorars gemäss Anwaltstarif zu einem überhöhten Ergebnis gekommen zu sein. 
2. 
Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz aber auch der Vorbringen des Beklagten in der Berufung ist davon auszugehen, dass die Vertragsparteien einen entgeltlichen Auftrag geschlossen haben und die Beauftragten grundsätzlich nach ihrem Aufwand zu entlöhnen waren. Die Beauftragten haben den Auftrag im Wesentlichen erfüllt (bis auf den Honorarabzug von Fr. 1'500.--, der dem Beklagten vom Obergericht zugebilligt wurde). Der Beklagte anerkennt, dass die Beauftragten ihre vertragliche Hauptpflicht erfüllt und grundsätzlich auch Anspruch auf eine Vergütung haben. Strittig ist allein die Höhe. Wie das Obergericht feststellte, haben die Beauftragten die vertragliche Nebenpflicht, den Auftraggeber jeweils zu informieren, wenn wieder Kosten von Fr. 3'000.-- aufgelaufen sind, nur zu Beginn des Mandatsverhältnisses eingehalten und somit diese vertragliche Nebenpflicht verletzt. Das Obergericht hat die Vertragsverletzung insoweit berücksichtigt, als es den Beauftragten nicht das volle Honorar zubilligte, sondern die Entschädigung nach dem Anwaltstarif festsetzte. Damit hat es nicht auf den tatsächlichen Aufwand abgestellt, sondern einen objektiven Wert der erbrachten Leistung ermittelt. Zu prüfen bleibt, ob dieses Vorgehen bundesrechskonform ist. 
2.1 Der Beklagte führt in der Berufung selbst aus, die Beauftragten hätten eine vertragliche Nebenpflicht verletzt. Dass die rechtzeitige Information eine eigentliche Bedingung für die Entstehung des Honoraranspruchs war, behauptet der Beklagte nicht und ist den Feststellungen des Obergerichts auch nicht zu entnehmen. Damit ist der Beklagte grundsätzlich so zu stellen, wie wenn die Beauftragten den Auftrag korrekt erfüllt hätte. Ein Abzug am Honorar ist daher nur gerechtfertigt, wenn bei korrekter Erfüllung des Auftrages ein geringeres Honorar aufgelaufen wäre oder dem Beklagten durch die Verletzung der Nebenpflicht sonst ein Schaden entstanden ist (Art. 97 OR). 
2.2 Im Berufungsverfahren wird als Rechtsfrage geprüft, ob das Sachgericht seinem Urteil einen zutreffenden Schadensbegriff zugrunde gelegt und den Schaden nach zutreffenden Rechtsgrundsätzen berechnet hat. Gebunden ist das Bundesgericht dagegen an die Feststellungen des Sachgerichts betreffend den tatsächlichen Bestand und den Umfang des Schadens sowie den Kausalzusammenhang zwischen dem schädigenden Verhalten und dem Schaden (BGE 128 III 22 E. 2d und E. 2e S. 25 f. mit Hinweisen). 
2.3 Schaden ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts die ungewollte Verminderung des Reinvermögens. Er kann in einer Verminderung der Aktiven, einer Vermehrung der Passiven oder in entgangenem Gewinn bestehen und entspricht der Differenz zwischen dem gegenwärtigen Vermögensstand und dem Stand, den das Vermögen ohne das schädigende Ereignis hätte (BGE 129 III 331 E. 2.1 S. 332 mit Hinweisen). Soweit zur Ermittlung des Vermögensstandes ohne schädigendes Ereignis auf Hypothesen abgestellt werden muss, ist vom gewöhnlichen Lauf der Dinge auszugehen unter Berücksichtigung sämtlicher konkreter Umstände (BGE 105 II 87 E. 3 S. 90). 
2.4 Nach den dargelegten Grundsätzen ist zu prüfen, wie sich der Honoraranspruch der Beauftragten beziehungsweise das Vermögen des Beklagten unter Berücksichtigung der konkreten Umstände nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entwickelt hätte, wenn die Beauftragten ihre Nebenpflicht erfüllt hätten. 
2.4.1 Für eine Herabsetztung der Honorarforderung genügt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht, dass nicht ausgeschlossen werden kann, der Beklagte hätte den Auftrag allenfalls widerrufen und die Angelegenheit ohne Anwalt weiterverfolgt. Wie der Beklagte bei korrekter Vertragserfüllung gestellt wäre, ist nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu entscheiden (vgl. Wiegand, Basler Kommentar, 3. Aufl., N. 38 zu Art. 97 OR). Bloss "mögliche", nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht wahrscheinliche Einbussen sind nicht zu berücksichtigen. Der Beklagte hätte daher anhand der konkreten Umstände darlegen müssen, dass und inwiefern er nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge das Auftragsverhältnis abgeändert oder widerrufen hätte, wenn die Beauftragten ihren vertraglichen Pflichten nachgekommen wären. Entsprechende Umstände sind im angefochtenen Urteil nicht festgestellt, und der Beklagte erhebt insoweit keine substanziierte Sachverhaltsrüge nach Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG, die dem Bundesgericht eine Überprüfung der tatsächlichen Feststellungen des Sachgerichts erlauben würde (BGE 130 III 102 E. 2.2 S. 106). Vielmehr beschränkt er sich auch in der Berufung darauf vorzubringen, ein Widerruf des Mandates sei möglich gewesen. Die blosse, vom Beklagten in keiner Weise substanziierte Möglichkeit eines Widerrufs musste die Vorinstanz bei der Beurteilung der Honorarforderung nicht berücksichtigen. 
2.4.2 Unter diesen Umständen ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Obergericht erkannte, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge wären dem Beklagten zumindest diejenigen Kosten entstanden, die normalerweise mit der vom Beklagten in Anspruch genommenen anwaltlichen Vertretung verbunden sind. Damit hat es der Möglichkeit des Beklagten, im Rahmen der Fortführung des Mandates allenfalls auf die Höhe des Aufwandes Einfluss zu nehmen, um unnötigen Aufwand zu vermeiden, hinreichend Rechnung getragen. 
2.4.3 Die Festsetzung der Höhe des Honorars nach dem Anwaltstarif und damit die Festsetzung des für die von der Beauftragen erbrachten Leistung üblichen Entgelts (vgl. Art. 394 Abs. 3 OR; BGE 120 V 515 E. 4b/bb S. 520) beruht auf Beweiswürdigung und im konkreten Fall auf der Anwendung kantonalen Rechts. Diesbezüglich kann das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid im Rahmen der Berufung nicht überprüfen. Insoweit ist auf die Berufung nicht einzutreten. 
3. 
Eine weitere Herabsetzung des Honoraranspruchs kommt auch mit Blick auf die Schadensminderungspflicht nicht in Frage (vgl. von Tuhr/Peter, Allgemeiner Teil des schweizerischen Obligationenrechts 3. Aufl., Zürich 1979, Bd. 1, S. 112; vgl. auch Stephan Weber, Schadenminderungspflicht - eine metamorphe Rechtsfigur, in: Alfred Koller (Hrsg.), Haftpflicht- und Versicherungsrechtstagung 1999, St. Gallen 1999, S. 133 ff.). Sobald eine Partei erkennen kann, dass ihr Vertragspartner vertragliche Pflichten verletzt, darf sie nicht einfach zu dessen Nachteil untätig bleiben. 
3.1 Das Obergericht nahm unter Berücksichtigung der zu Beginn der Zusammenarbeit geforderten Vorschüsse und der seit der letzten Tranche geleisteten Arbeiten an, der Beklagte habe nicht davon ausgehen dürfen, die geleisteten Arbeiten seien durch den Kostenrahmen der nächsten Tranche von Fr. 3'000.-- noch gedeckt. Dieser Schluss, den das Obergericht in Würdigung der tatsächlichen Gegebenheiten gezogen hat, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Musste der Beklagte aber erkennen, dass die Beauftragten ihre vertragliche Pflicht zur Information über die laufenden Kosten vernachlässigten, hätte er sich in diesem Zeitpunkt über das tatsächliche Ausmass der Kosten vergewissern und alsdann die ihm notwendig erscheinenden Massnahmen treffen müssen. 
3.2 Dass der Beklagte die Beauftragten auf die aufgelaufenen Kosten angesprochen hätte, vermochte er nicht nachzuweisen. Damit ist davon auszugehen, dass der Beklagte die Beauftragten weiterarbeiten liess, obwohl er wissen musste, dass die vereinbarte Kostentranche bereits überschritten war. Die Überschreitung war allerdings für den Beklagten erst erkennbar, nachdem sie ein gewisses Ausmass angenommen hatte und der Aufwand vernünftigerweise nicht mehr von Fr. 3'000.-- gedeckt sein konnte. Diesem Umstand trägt im Ergebnis die Reduktion des Honorars um fast das Doppelte der vereinbarten Tranche hinreichend Rechnung. 
4. 
Die Berufung erweist sich insgesamt als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beklagte die Gerichtsgebühr und hat dem Kläger eine Parteientschädigung zu entrichten (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beklagten auferlegt. 
3. 
Der Beklagte hat den Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, 1. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 16. März 2005 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: