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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_733/2020  
 
 
Urteil vom 16. April 2021  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Denys, 
Bundesrichter Muschietti, 
Gerichtsschreiberin Bianchi. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas Steininger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Revisionsgesuche, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 24. April 2020 (SR190026-O/U/hb-cs). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Das Obergericht des Kantons Zürich sprach die Polizisten B.________ und C.________ am 22. August 2016 von den im Zusammenhang mit einem Polizeieinsatz am 3. August 2011 bei A.________ erhobenen Vorwürfen des Amtsmissbrauchs, der einfachen Körperverletzung, der fahrlässigen schweren Körperverletzung und des Hausfriedensbruchs frei. 
Das Obergericht des Kantons Zürich sprach A.________ am 8. Februar 2017 im Berufungsverfahren gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 31. März 2014 vom Vorwurf der Drohung frei. Zugleich stellte das Obergericht fest, dass die erstinstanzliche Verurteilung von A.________ wegen versuchter Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte in Rechtskraft erwachsen war. Das Obergericht erkannte auf eine unbedingte Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 30.-- unter Anrechnung der Haft. 
Das Bundesgericht wies die von A.________ gegen⁠ die Urteile des Obergerichts erhobenen Beschwerden mit Urteil 6B_1333/2016 vom 2. Mai 2017 und Urteil 6B_600/2017 vom 14. Februar 2018 ab, soweit es darauf eintrat. Auf die von A.________ gegen die Urteile des Bundesgerichts gestellten Revisionsgesuche trat das Bundesgericht mit Urteil 6F_6/2017 vom 7. Juli 2017 und Urteil 6F_12/2017 vom 4. September 2017 nicht ein. 
 
B.   
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2019 beantragte A.________, die Urteile des Obergerichts vom 22. August 2016 und 8. Februar 2017 seien zu revidieren. 
Das Obergericht trat mit Beschluss vom 24. April 2020 auf die Revisionsgesuche nicht ein. 
 
C.   
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben und das Obergericht sei anzuweisen, einen Revisionsprozess einzuleiten. A.________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege. Mit E-Mail vom 29. Oktober 2020 ersucht A.________ um Mitteilung der Spruchkörperzusammensetzung sowie Anordnung einer mündlichen Parteiverhandlung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerdeführerin wendet sich mit elektronischer Eingabe vom 29. Oktober 2020 an das Bundesgericht, wobei sie diese nach Ablauf der Beschwerdefrist gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG eingereicht hat. Die Eingabe ist verspätet und bleibt folglich unbeachtet. Es kann jedoch darauf hingewiesen werden, dass kein Anspruch auf vorgängige Mitteilung der am Entscheid beteiligten Richter besteht (BGE 144 I 37 E. 2.3.3 S. 43; Urteile 6B_671/2018 vom 15. Oktober 2019 E. 1.5.2; 1B_491/2018 vom 11. Januar 2019 E. 2) und dass das Bundesgerichtsgesetz keinen Anspruch auf eine Parteiverhandlung oder öffentliche Sitzung vorsieht (vgl. Art. 57 und Art. 58 BGG; Urteil 6B_247/2021 vom 8. März 2021 E. 1 mit Hinweisen). 
 
2.  
Die Beschwerdeführerin beanstandet zunächst als Privatklägerin das Nichteintreten der Vorinstanz auf ihr Revisionsgesuch betreffend das Urteil vom 22. August 2016, mit welchem die Vorinstanz die Polizisten B.________ und C.________ von den Vorwürfen des Amtsmissbrauchs, der einfachen Körperverletzung, der fahrlässigen schweren Körperverletzung und des Hausfriedensbruchs freigesprochen hat. Es ist zweifelhaft, ob sie überhaupt legitimiert ist, den vorinstanzlichen Entscheid insoweit anzufechten, da ihr die Befugnis abgeht, zivilrechtliche Forderungen gegen die Beschwerdegegner zu stellen (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG; § 6 des zürcherischen Haftungsgesetzes vom 14. September 1969 [LS 170.1]). Die Beschwerdelegitimation könnte sich einzig auf Art. 10 Abs. 3 BV und Art. 3 EMRK stützen (vgl. Urteile 6B_1333/2016 vom 2. Mai 2017 E. 2; 6B_364/2011 vom 24. Oktober 2011 E. 2.2). Dies kann offen bleiben, da die Beschwerde ohnehin abzuweisen ist, sofern darauf eingetreten werden kann. 
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO sowie ihr rechtliches Gehör (Art. 29 BV) verletzt. Sie macht zusammengefasst geltend, aus den neuen ärztlichen Berichten und Gutachten gehe hervor, dass sie anlässlich des Polizeieinsatzes vom 3. August 2011 ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, multiple Hirnverletzungen sowie einen Genickbruch erlitten habe. Die Vorinstanz habe fälschlicherweise die revisionsrechtliche Relevanz der neu eingereichten Arztberichte verneint und die Expertenmeinungen von Dr. D.________ und Dr. E.________ unter Verletzung des rechtlichen Gehörs ignoriert.  
 
3.2.  
 
3.2.1. Nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO kann die durch ein rechtskräftiges Urteil beschwerte Person dessen Revision u.a. dann verlangen, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person oder eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen. Revisionsrechtlich neu sind zum Zeitpunkt des früheren Urteils bestehende Tatsachen oder Beweismittel, wenn sie dem Gericht zur Zeit der Urteilsfällung nicht bekannt waren. Die neuen Tatsachen oder Beweismittel müssen zudem erheblich sein, d.h. geeignet, die tatsächlichen Grundlagen des zu revidierenden Urteils so zu erschüttern, dass aufgrund des veränderten Sachverhalts ein wesentlich milderes Urteil möglich ist (BGE 137 IV 59 E. 5.1 S. 66 f.; Urteil 6B_962/2020 vom 9. Februar 2021 E. 5.2 mit Hinweisen).  
Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist gerechtfertigt, wenn neue medizinische Dokumente zeigen, dass das Strafurteil wahrscheinlich auf ungenauen, unvollständigen oder falschen tatsächlichen Annahmen beruht. Dies trifft einmal dann zu, wenn eine neue Expertise klare Fehler der früheren gutachterlichen Einschätzung zutage fördert, und diese Hinweise geeignet sind, die Beweisgrundlage des Urteils zu erschüttern (Urteile 6B_1451/2019 vom 11. Juni 2020 E. 2.3; 6B_413/2016 vom 2. August 2016 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Ein Revisionsgrund kann auch vorliegen, wenn ein medizinischer Bericht neu entdeckte, aber vorbestehende Tatsachen dokumentiert, aufgrund derer es wahrscheinlich erscheint, dass die entsprechenden Aussagen der früheren Expertise in einer sachgerichtlichen Abwägung der Beweise nicht mehr Bestand haben werden (vgl. BGE 137 IV 59 E. 5.1.2 S. 67; Urteil 6B_1451/2019 vom 11. Juni 2020 E. 2.3 mit Hinweis). Wären die später gewonnenen Erkenntnisse in einem solchen Fall schon bei Erstellung des früheren Gutachtens bekannt gewesen, dürfte es denn auch wesentlich anders ausgefallen sein, wenn auch nicht notwendigerweise gleich wie das aktuelle (Urteil 6B_1451/2019 vom 11. Juni 2020 E. 2.3). 
 
3.2.2. Ob eine Tatsache oder ein Beweismittel neu und gegebenenfalls geeignet ist, die tatsächlichen Grundlagen des zu revidierenden Urteils zu erschüttern, stellt eine Tatfrage dar, die das Bundesgericht nur auf Willkür überprüft. Rechtsfrage ist demgegenüber, ob die allfällige Veränderung der tatsächlichen Grundlagen rechtlich relevant ist, das heisst zu einem im Schuld- oder Strafpunkt für die verurteilte Person günstigeren Urteil führen kann (BGE 130 IV 72 E. 1 S. 73; Urteil 6B_1353/2020 vom 22. Dezember 2020 E. 2.3.1 mit Hinweis).  
Die Beschwerde ist zu begründen, wobei anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids in gedrängter Form darzulegen ist, inwiefern dieser Recht verletzt (Art. 42 Abs. 1 und 42 Abs. 2 Satz 1 BGG). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten einschliesslich des Sachverhalts wegen Willkür bestehen qualifizierte Rügeanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht ist keine Appellationsinstanz, die eine freie Prüfung in tatsächlicher Hinsicht vornimmt oder die vorinstanzliche Beweiswürdigung mit freier Kognition überprüft. Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, deren Beweiswürdigung erweise sich als willkürlich (BGE 143 IV 241 E. 2.3.1 S. 244; 143 I 310 E. 2.2 S. 313; je mit Hinweis). Dies ist der Fall, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht. Der Entscheid muss nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich sein (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1 S. 91 f. mit Hinweisen). Auf ungenügend begründete Rügen oder appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 145 IV 154 E. 1.1 S. 156; 142 III 364 E. 2.4 S. 368). 
 
3.3. Die Vorinstanz erwägt zusammengefasst, die vorgebrachten Arztberichte seien mangels Kausalität zwischen den neu geltend gemachten Verletzungen und dem Vorfall vom 3. August 2011 nicht erheblich. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Arztberichte beruhten ohne weitere Begründung auf der Annahme, dass die Beschwerdeführerin die Hirn- bzw. Wirbelverletzungen am 3. August 2011 erlitten habe bzw. stützten sich selektiv auf die von der Beschwerdeführerin beigebrachten Unterlagen. Den Arztberichten lasse sich zwar entnehmen, dass die Beschwerdeführerin ein Schädelhirntrauma erlitten habe. Die Verletzungsfolgen der Beschwerdeführerin des Vorfalls vom 3. August 2011 seien im Strafverfahren gegen die Polizisten jedoch eingehend thematisiert worden und in den damaligen Arztberichten, die der Vorinstanz bei ihrem Entscheid vorgelegen seien, sei keine Kopf-, Hirn oder Schädelverletzung erwähnt worden. Es sei unklar, welche konkrete Tathandlung welches Polizisten für die neu geltend gemachten Verletzungen ursächlich gewesen sein soll und aktenkundig, dass die Beschwerdeführerin am 16. Februar 2012 mit dem Fahrrad gestürzt sei.  
Die Beschwerdeführerin legt ausführlich dar, welche Schlussfolgerungen ihrer Meinung nach aus den Arztberichten zu ziehen sind. Dass die Arztberichte wie von der Vorinstanz dargelegt ohne weitere Begründung von der Annahme ausgingen, die Beschwerdeführerin habe am 3. August 2011 ein Schädelhirntrauma erlitten bzw. sich selektiv auf die von der Beschwerdeführerin beigebrachten Unterlagen stützten, widerlegt sie jedoch nicht. Entgegen ihren Ausführungen lässt die Vorinstanz die Arztberichte von Dr. D.________ und Dr. E.________ nicht unbeachtet, sondern fasst sie zusammen und hält fest, weswegen sich ihnen nichts massgebendes zur Kausalität entnehmen lässt. Die geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs ist damit zu verneinen. Zur wesentlichen Frage der Kausalität zwischen dem Vorfall vom 3. August 2011 und den attestierten Verletzungen äussert sich die Beschwerdeführerin lediglich pauschal, wobei ihre Ausführungen im Wesentlichen nicht über eine appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Würdigung der Arztberichte hinaus gehen. Sofern die Beschwerde den gesetzlichen Begründungsanforderungen überhaupt zu genügen vermag, lässt sich ihr keine Verletzung von Bundesrecht entnehmen. 
 
3.4. Die Beschwerdeführerin wendet sich ferner gegen das Nichteintreten auf ihr Revisionsgesuch betreffend das Urteil vom 8. Februar 2017, mit welchem die Vorinstanz die Rechtskraft ihrer Verurteilung wegen versuchter Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte bestätigte und macht geltend, die Vorinstanz habe Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO verletzt. Die Vorinstanz hat dargelegt, dass die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Einschätzung im Ergebnis dazu führe, dass die Schuldfähigkeit der Beschwerdeführerin als erheblich relativiert anzusehen sei. Im Urteil vom 8. Februar 2017 sei sie bereits von einer schwergradig verminderten Schuldfähigkeit der Beschwerdeführerin ausgegangen, womit es an der Erheblichkeit des geltend gemachten Novums fehle. Mit diesen Erwägungen setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander, womit sie den gesetzlichen Begründungsanforderungen nicht zu genügen vermag. Dies gilt ebenfalls, wenn die Beschwerdeführerin pauschal vorbringt, im Sinne von Art. 54 StGB bestehe kein Strafbedürfnis mehr. Auf die Vorbringen der Beschwerdeführerin ist nicht einzutreten.  
 
4.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Ausgangsgemäss trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten, zumal ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen ist. Ihren finanziellen Verhältnissen ist bei der Kostenbemessung Rechnung zu tragen (Art. 64 Abs. 1 und Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. April 2021 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Die Gerichtsschreiberin: Bianchi