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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_1066/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 16. Mai 2017  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi, 
Gerichtsschreiber Williner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1.       A.X.________, 
2.       B.X.________, 
       beide vertreten durch Rechtsanwalt Alexander Frei, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1.       Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Schwyz, Postfach 1201, 6431 Schwyz, 
2.       C.________, 
       vertreten durch Rechtsanwalt Felix Keller, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Sachbeschädigung, Beweiswürdigung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz, Strafkammer, vom 8. August 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
C.________ wird im Strafbefehl vom 23. Mai 2014 vorgeworfen, im August/September 2011 zusammen mit ihrer zwischenzeitlich verstorbenen Mutter D.________ den E.________ beauftragt zu haben, auf der Liegenschaft "F.________" in Schwyz zwölf Fichten zu fällen. Dabei habe C.________, obwohl sie um die Miteigentumsanteile Dritter - u.a. des A.X.________ und der B.X.________ - an den Bäumen gewusst bzw. diese in Kauf genommen habe, E.________ erklärt, die Bäume stünden im Alleineigentum der Mutter. 
Die Staatsanwaltschaft verurteilte C.________ wegen Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 und 3 StGB zu einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 50.-- mit einer Probezeit von 2 Jahren sowie zu einer Busse von Fr. 1'500.--. Die Zivilansprüche der Privatkläger A.X.________ und B.X.________ verwies sie auf den Zivilweg. 
 
B.  
Das Strafgericht Schwyz sprach C.________ am 30. März 2015 von Schuld und Strafe frei. Die Zivilforderung von A.X.________ und B.X.________ im Umfang von Fr. 80'145.65 sprach es teilweise gut und verpflichtete C.________ zur Bezahlung von Fr. 25'000.-- zuzüglich Zins von 5 % ab dem 1. November 2011. Im Übrigen wies das Strafgericht die Zivilforderung ab. Weiter verpflichtete es C.________ zur Bezahlung von Verfahrenskosten in der Höhe von Fr. 8'728.80 sowie einer Parteientschädigung zu Gunsten von A.X.________ und B.X.________ von pauschal Fr. 7'000.--. 
 
C.  
Gegen diesen Entscheid reichten sowohl C.________ als auch A.X.________ und B.X.________ als Privatkläger Berufung ein. Das Kantonsgericht Schwyz hiess die Berufung der C.________ mit Urteil vom 8. August 2016 teilweise gut, indem es - in Abänderung des Strafgerichtsentscheides vom 30. März 2015 - die Zivilforderungen der Privatkläger auf den Zivilweg verwies, die vor dem Strafgericht angefallenen Verfahrenskosten zu einem Viertel unter solidarischer Haftung den Privatklägern und im Übrigen dem Staat auferlegte sowie C.________ eine Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 2'500.-- zu Lasten der solidarisch haftenden Privatkläger und in der Höhe von Fr. 7'500.-- zu Lasten der Staatskasse zusprach. Die Berufung von A.X.________ und B.X.________ wies das Kantonsgericht ab. 
 
D.  
A.X.________ und B.X.________ beantragen mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil des Kantonsgerichts Schwyz vom 8. August 2016 sei vollumfänglich aufzuheben. C.________ sei der Sachbeschädigung, eventualiter der Gehilfenschaft, im Sinne von Art. 144 Abs. 3 StGB schuldig zu sprechen und zu bestrafen. Sie sei zu verpflichten, A.X.________ und B.X.________ Fr. 80'145.65 Schadenersatz zuzüglich Zins von 5 % seit dem 1. November 2011 sowie die Anwaltskosten für das vorinstanzliche Haupt- und Berufungsverfahren zu bezahlen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerdeführer bringen im Wesentlichen vor, das Verhalten der Beschwerdegegnerin, welche insbesondere zuerst mit E.________ in Kontakt getreten und diesem mitgeteilt habe, dass sie - die Beschwerdegegnerin und ihre Mutter - einen Auftrag für ihn hätten, sei als Auftragserteilung im Sinne der Anklage und damit als Mittäterschaft zur Sachbeschädigung zu qualifizieren. Selbst wenn wider Erwarten nicht von einer Mittäterschaft der Beschwerdegegnerin ausgegangen werde, so sei diese zumindest wegen Gehilfenschaft zur Sachbeschädigung zu bestrafen. Entgegen dem angefochtenen Entscheid habe sich die Beschwerdegegnerin, welche davon ausgegangen sei, ihre Mutter sei zum Fällen der Fichten ohne Einverständnis der Stockwerkeigentümerschaft berechtigt gewesen, nicht in einem Sachverhaltsirrtum, sondern in einem unbeachtlichen Verbotsirrtum befunden. 
 
2.  
Ob die Privatklägerschaft zur Beschwerde in Strafsachen überhaupt berechtigt ist (vgl. Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG), kann in Anbetracht des Verfahrensausgangs offen bleiben. 
 
3.  
 
3.1. Einem Sachverhaltsirrtum (Tatbestandsirrtum) unterliegt, wer von einem Merkmal eines Straftatbestands keine oder eine falsche Vorstellung hat. In diesem Fall fehlt dem Irrenden der Vorsatz zur Erfüllung der fraglichen Strafnorm. Bei einer solchen Konstellation ist der Täter zu seinen Gunsten nach seiner irrigen Vorstellung zu beurteilen (Art. 19 Abs. 1 StGB). In Betracht kommt allenfalls die Bestrafung wegen fahrlässiger Tatbegehung, wenn der Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht hätte vermieden werden können und die fahrlässige Verübung der Tat mit Strafe bedroht ist (Art. 19 Abs. 2 StGB). Diese Regeln bringen im Wesentlichen nur zum Ausdruck, was sich bereits aus der Konzeption des Vorsatzes gemäss Art. 18 Abs. 2 StGB und der allgemeinen Ordnung der Fahrlässigkeit in Art. 18 Abs. 3 StGB ergibt (BGE 129 IV 238 E. 3.1 mit Hinweis auf Guido Jenny, Basler Kommentar, Strafgesetzbuch I, Basel 2003, Art. 19 N 8).  
Der Rechtsirrtum (Verbotsirrtum) betrifft demgegenüber die Konstellation, bei welcher der Täter in Kenntnis aller Tatumstände und somit vorsätzlich handelt, aber sein Tun versehentlich für erlaubt hält. Der Irrtum bezieht sich in diesem Fall auf die Rechtswidrigkeit der konkreten Tat. Hat der Täter aus zureichenden Gründen angenommen, er sei zur Tat berechtigt, so kann der Richter die Strafe nach freiem Ermessen mildern oder von einer Bestrafung Umgang nehmen (Art. 20 StGB; zur Vermeidbarkeit des Irrtums vgl. BGE 129 IV 6 E. 4 S. 18; 128 IV 201 E. 2 S. 210; 120 IV 208 E. 5b S. 215 je mit Hinweisen). Diese Regelung ist strenger als jene des Sachverhaltsirrtums. Sie beruht auf dem Gedanken, dass sich der Rechtsunterworfene um die Kenntnis der Gesetze zu bemühen hat und deren Unkenntnis nur in besonderen Fällen vor Strafe schützt (BGE 129 IV 238 E. 3.1 mit Hinweis auf Jenny, a.a.O., Art. 20 N 5; zum dogmengeschichtlichen Hintergrund GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil I, 2. Aufl., Bern 1996, § 11 N 44 ff.; Claus Roxin, Strafrecht, Allg. Teil, 3. Aufl. München 1997, § 21 N 5 ff.). 
 
3.2. Die vorinstanzliche Feststellung, die Beschwerdegegnerin sei davon ausgegangen, ihre Mutter sei zum Fällen der Fichten ohne Einverständnis der Stockwerkeigentümerschaft berechtigt gewesen, wird in der Beschwerde nicht bestritten; die Vorbringen der Beschwerdeführer betreffen die Frage nach der Auftragserteilung. Die besagte Feststellung ist für das Bundesgericht verbindlich (vgl. Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Wer aber in dieser Weise über ein normatives Tatbestandsmerkmal - hier die Teilfremdheit der Fichten - irrt, erliegt entgegen den Einwänden in der Beschwerde nicht einem Verbots-, sondern einem Sachverhaltsirrtum (vgl. Urteil 6B_182/2016 vom 17. Juni 2016 E. 4.2). Weil somit einzig eine Bestrafung wegen fahrlässiger Tatbegehung in Frage kommt (vgl. E. 3.1 hievor), eine solche in Bezug auf die Sachbeschädigung gemäss Art. 144 StGB aber nicht mit Strafe bedroht ist, erübrigen sich zum Vornherein sämtliche Weiterungen zur Frage der Form der Tatbeteiligung sowie dazu, ob im vorliegenden Fall eine allfällige Gehilfenschaft mit Blick auf den Anklagegrundsatz überhaupt mitumfasst wäre, was die Vorinstanz verneint hat.  
 
4.  
 
4.1. Gemäss Art. 126 Abs. 1 StPO entscheidet das Gericht über die anhängig gemachte Zivilklage, wenn es die beschuldigte Person schuldig spricht (lit. a) oder freispricht und der Sachverhalt spruchreif ist (lit. b). Die Zivilklage wird gemäss Art. 126 Abs. 2 lit. d StPO auf den Zivilweg verwiesen, wenn die beschuldigte Person freigesprochen wird, der Sachverhalt aber nicht spruchreif ist.  
 
4.2. Die Beschwerdeführer machen in Bezug auf die Zivilklage nicht geltend, dass der Sachverhalt im Sinne von Art. 126 Abs. 1 lit. b StPO spruchreif sei - wovon die Vorinstanz gerade nicht ausgegangen ist - und daher die Zivilforderung vom Strafgericht trotz des Freispruchs hätte beurteilt werden müssen. Die Beschwerde enthält insoweit keine Begründung, die den Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG genügt. Die beschwerdeführerischen Darlegungen unter dem Titel "Zivilpunkt" stehen ausschliesslich im Zusammenhang mit dem (beantragten) Schuldspruch wegen Sachbeschädigung gemäss Art. 144 Abs. 3 StGB. Diese Argumentation zielt indessen ins Leere (vgl. E. 2 hievor).  
 
5.  
Bei diesem Verfahrensausgang hat es bei der vorinstanzlichen Kosten- und Entschädigungsfestsetzung sowohl in Bezug auf das kantonale Haupt- als auch das Berufungsverfahren sein Bewenden. Soweit die Privatkläger die Verlegung von Anwaltskosten und Parteientschädigung im erstinstanzlichen Verfahren beanstanden, übersehen sie, dass hier nicht der Entscheid des Strafgerichts vom 30. März 2015, sondern derjenige des Kantonsgerichts vom 8. August 2016 Anfechtungsobjekt bildet. Eine Auseinandersetzung mit den dortigen Erwägungen zu den (erstinstanzlichen) Kostenpunkten fehlt.  
 
6.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Beschwerdeführer tragen die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens solidarisch (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftung zu gleichen Teilen auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Schwyz, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. Mai 2017 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Williner