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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_417/2021  
 
 
Urteil vom 16. September 2021  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiberin Dambeck. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Nicolas Bracher 
und/oder Rechtsanwältin Meltem Steudler, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich, 
Abt. qualifizierte Wirtschaftsdelikte und 
internationale Rechtshilfe, Weststrasse 70, 
Postfach 9717, 8036 Zürich. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; 
Aktenentfernung, vorsorgliche Massnahmen, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts 
des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 23. Juni 2021 
(UH210208). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich führt gegen A.________ eine Strafuntersuchung wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung. Ihm wird vorgeworfen, als Vermögensverwalter Sorgfaltspflichten verletzt und seinen Auftraggebern dadurch einen grossen Schaden verursacht zu haben. Überdies soll er seinen Auftraggebern den Erhalt von Retrozessionen und Provisionen verschwiegen und diese rechtswidrig für sich behalten haben. 
Die Kantonspolizei führte am 9. November 2018 eine Hausdurchsuchung in der Liegenschaft von A.________ durch, wobei sie diverse Unterlagen und Daten sicherstellte. Mit Verfügung vom 25. Juni 2019 beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft Unterlagen und Daten zu Beweiszwecken. Die dagegen erhobene Beschwerde von A.________ wies das Obergericht des Kantons Zürich am 11. November 2019 ab, soweit es darauf eintrat. Das Bundesgericht trat auf die dagegen eingereichte Beschwerde am 22. Juli 2020 nicht ein (Urteil 1B_599/2019). 
Am 15. Dezember 2020 reichte A.________ bei der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich einen Antrag um Aktenentfernung ein, den diese am 7. Juni 2021 ablehnte. 
Dagegen erhob A.________ Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, und beantragte in prozessualer Hinsicht, der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu gewähren und die Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, die elektronischen Daten aus dem privaten Mobiltelefon, dem privaten Computer und dem privaten E-Mail-Konto bis zum rechtskräftigen Entscheid über die Beschwerde unter Verschluss zu halten. Das Obergericht wies die beiden Anträge mit Verfügung vom 23. Juni 2021 ab. Auf das diesbezüglich eingereichte Wiedererwägungsgesuch von A.________ trat das Obergericht mit Verfügung vom 7. Juli 2021 nicht ein. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 26. Juli 2021 führt A.________ Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht und beantragt, Dispositiv-Ziffer 2 der obergerichtlichen Verfügung vom 23. Juni 2021, womit der Antrag um Anordnung vorsorglicher Massnahmen abgewiesen wurde, sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, die elektronischen Daten aus dem privaten Laptop und dem privaten E-Mail-Konto bis zum rechtskräftigen Entscheid über die Beschwerde unter Verschluss zu halten, sodass sie weder von den Strafbehörden noch von anderen Personen eingesehen und durchsucht werden könnten. Eventualiter sei der Staatsanwaltschaft bis zum rechtskräftigen Entscheid über die Beschwerde vorsorglich zu verbieten, die jeweiligen Dispositiv-Ziffern 2 der Verfügungen vom 5. Juli 2019 bzw. vom 21. August 2019 mit Bezug auf die elektronischen Daten aus dem privaten Laptop und dem privaten E-Mail-Konto zu vollstrecken und der B.________ Sàrl, C.________ und der D.________ Company Einsicht in diese Daten zu gewähren. In prozessualer Hinsicht beantragt er die Anordnung entsprechender vorsorglicher Massnahmen. 
Das Obergericht verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die Staatsanwaltschaft beantragt im Rahmen ihrer Vernehmlassung, die Beschwerde sowie das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen seien abzuweisen. Der Beschwerdeführer äussert sich dazu mit Eingabe vom 30. August 2021 und hält an seinen Anträgen fest. 
B.________ Sàrl und D.________ Company beantragen mit Eingabe vom 1. September 2021, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei die Beschwerde unter Verzicht auf den Schriftenwechsel abzuweisen; subeventualiter sei ihnen das rechtliche Gehör zu gewähren. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 145 II 168 E. 1 mit Hinweis). 
 
1.1. Angefochten ist eine prozessleitende Verfügung des Obergerichts in einer strafrechtlichen Angelegenheit, mit der dieses unter anderem den Antrag des Beschwerdeführers um Anordnung vorsorglicher Massnahmen abwies. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 ff. BGG offen.  
Nachdem die Verfügung das Verfahren nicht abschliesst und weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren betrifft (Art. 92 BGG), handelt es sich um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG, gegen den die Beschwerde nur dann zulässig ist, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a) oder die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit. b). Da die zweitgenannte Variante vorliegend von vornherein nicht in Betracht kommt, ist nachfolgend zu prüfen, ob die Abweisung des Antrags um Anordnung vorsorglicher Massnahmen durch die Vorinstanz einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken kann. Rechtsprechungsgemäss muss es sich dabei um einen Nachteil rechtlicher Natur handeln, der auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen späteren Entscheid nicht mehr behoben werden kann (BGE 144 IV 127 E. 1.3.1). Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens genügt nicht (BGE 144 III 475 E. 1.2 mit Hinweisen). 
 
1.2. Der Beschwerdeführer bringt in Bezug auf das Vorliegen eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG vor, anlässlich der Hausdurchsuchung vom 9. November 2018 habe er die Siegelung der auf dem E-Mail-Konto sichergestellten elektronischen Dateien verlangt. Bei der anschliessenden Einvernahme habe er auf die Siegelung verzichtet, um eine rasche Aufklärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe durch die Strafverfolgungsbehörden zu ermöglichen. Dieser Verzicht sei allerdings nicht vorbehaltlos erfolgt, sondern unter der Bedingung, dass die Anwaltskorrespondenz und rein private Unterlagen ohne jeden Bezug zur Strafuntersuchung vor der Durchsuchung im Rahmen einer Grobtriage ausgesondert würden. Eine solche habe denn auch noch vor der Beschlagnahme vom 25. Juni 2019 stattgefunden. Jedoch sei die Grobtriage nicht vollständig erfolgt und damit in rechtlicher Hinsicht ungenügend. Bis heute befänden sich die gesamte sichergestellte Anwaltskorrespondenz sowie unzählige rein private Daten ohne jeden Bezug zur Strafuntersuchung im rechtskräftig beschlagnahmten elektronischen Datenbestand. Würden diese Daten von der Staatsanwaltschaft oder der Privatklägerschaft durchsucht, drohe ihm eine irreversible Verletzung verfassungs- und konventionsrechtlich garantierter Grundrechte. Der nicht wieder gutzumachende Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG sei damit zu bejahen.  
 
1.3. Wie der Beschwerdeführer selber ausführt, hat er auf die Siegelung der am 9. November 2018 sichergestellten Unterlagen und Daten verzichtet und wurden diese, nach einer bis im Juni 2019 dauernden Grobtriage unter Mitwirkung seines Verteidigers, mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 25. Juni 2019 beschlagnahmt. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht ab, soweit es darauf eintrat, und auf die diesbezügliche Beschwerde trat das Bundesgericht nicht ein (Urteil 1B_599/2019 vom 22. Juli 2020). In seinem Urteil hat das Bundesgericht erwogen, die Staatsanwaltschaft habe Anwalts- und persönliche Korrespondenz ausgesondert. Beschlagnahmt habe sie Geschäftsunterlagen. Der Beschwerdeführer mache geltend, die beschlagnahmten Daten und Unterlagen würden den Verfahrensparteien offengelegt. Dieses Vorbringen sei nicht geeignet, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur darzutun. Der Beschwerdeführer habe keine Siegelung (Art. 248 StPO) verlangt und somit keine rechtlich geschützten Geheimnisinteressen an den Geschäftsunterlagen geltend gemacht. Im Übrigen treffe die Verfahrensleitung, die über die Akteneinsicht entscheide, gemäss Art. 102 Abs. 1 StPO die erforderlichen Massnahmen, um berechtigte Geheimhaltungsinteressen zu schützen. Gemäss Art. 108 StPO, der nach Art. 101 Abs. 1 StPO vorbehalten bleibe, könnten die Strafbehörden das rechtliche Gehör einschränken, wenn dies zur Wahrung privater Geheimhaltungsinteressen erforderlich sei (Abs. 1 lit. b).  
Auf diese Ausführungen im bundesgerichtlichen Urteil vom 22. Juli 2020 ist zu verweisen. Die Unterlagen und Daten sind rechtskräftig beschlagnahmt. Wenn der Beschwerdeführer nun nachträglich rechtlich geschützte Geheimnisinteressen geltend macht, nachdem er auf eine Siegelung verzichtet hatte, erfolgt dies verspätet. Über die Preisgabe angerufener Geheimnisrechte wird im Entsiegelungsverfahren endgültig entschieden (Art. 248 Abs. 1 StPO; BGE 143 IV 387 E. 4.4). Der Beschwerdeführer stützt seine Vorbringen denn auch auf eine E-Mail der Kantonspolizei vom 12. Juni 2019 und eine Stelle im Bericht zur Grobtriage, die am 12. Juni 2019 abgeschlossen worden war, und damit auf Belege, die noch vor der Beschlagnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft vom 25. Juni 2019 datieren. Dass sein Verteidiger in seiner Mailbox mehr Korrespondenz mit dem Beschwerdeführer gefunden haben will, als die behördliche Stichwortsuche in der Mailbox des Beschwerdeführers ergeben habe, stellt eine nicht belegte Parteibehauptung dar und belegt im Übrigen ebenfalls nicht, dass sich noch Anwaltskorrespondenz in den beschlagnahmten Daten befindet. 
Nach diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer mit seinen Vorbringen im vorliegenden Verfahren keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu begründen; ein solcher ist daher zu verneinen. 
 
2.  
Einzutreten ist auf die Beschwerde nur insoweit, als der Beschwerdeführer im Rahmen des Streitgegenstands eine Verletzung von ihm zustehenden Verfahrensrechten geltend macht, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt (vgl. BGE 141 IV 1 E. 1.1). 
Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) geltend, da sich die Vorinstanz mit zwei seiner drei vorgebrachten Beschwerdegründe nicht auseinandergesetzt und ihre Verfügung damit ungenügend begründet habe. 
Eine Verletzung der Begründungspflicht im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV ist nicht schon dann gegeben, wenn sich die Behörde nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken (BGE 146 II 335 E. 5.1; 143 III 65 E. 5.2; 136 I 229 E. 5.2). Vorliegend kommt hinzu, dass die angefochtene prozessleitende Verfügung die Anordnung vorsorglicher Massnahmen zum Gegenstand hatte. Angesichts der Dringlichkeit des Massnahmeverfahrens braucht eine umfassende Auseinandersetzung mit sämtlichen Gesichtspunkten erst im anschliessenden Hauptverfahren zu erfolgen. Derartige provisorische Anordnungen beruhen regelmässig auf einer bloss summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage (BGE 130 II 149 E. 2.2; Urteil 2C_149/2020 vom 23. Juli 2020 E. 3.1; je mit Hinweisen). Vor diesem Hintergrund ist die vorinstanzliche Begründung mit Blick auf ihren Umfang nicht zu beanstanden, zumal ihr die Überlegungen, von denen sich die Vorinstanz hat leiten lassen und auf die sich ihre Verfügung stützt, entnommen werden können und der Beschwerdeführer weder geltend macht noch ersichtlich ist, dass er sich über die Tragweite der Verfügung nicht hätte Rechenschaft geben und diese in voller Kenntnis der Sache anfechten können. 
 
3.  
Nach diesen Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Anträge des Beschwerdeführers um Anordnung vorsorglicher Massnahmen im bundesgerichtlichen Verfahren sind ebenfalls abzuweisen. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 16. September 2021 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dambeck