Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_478/2025
Urteil vom 16. Oktober 2025
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Bundesrichterin Ryter, Bundesrichter Kradolfer,
Gerichtsschreiber Quinto.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch
Herrn Felice Grella,
gegen
Migrationsamt des Kantons Zürich,
Berninastrasse 45, 8090 Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Neumühlequai 10, 8090 Zürich.
Gegenstand
Widerruf der Aufenthaltsbewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 1. Juli 2025 (VB.2025.00015).
Erwägungen:
1.
1.1. A.________ (geb. 1989), Staatsangehöriger Sri Lankas, reiste am 15. Januar 2024 in die Schweiz ein und heiratete am 23. März 2024 eine Schweizer Staatsangehörige (geb. 1977), woraufhin ihm eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde. Die Ehefrau teilte dem Migrationsamt des Kantons Zürich (Migrationsamt) im Mai 2024 mit, die eheliche Beziehung werde nicht mehr gelebt. Am 12. Juni 2024 reichte sie die Scheidungsklage ein.
1.2. Mit Verfügung vom 14. August 2024 widerrief das Migrationsamt die Aufenthaltsbewilligung von A.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Die dagegen eingereichten Rechtsmittel erwiesen sich als erfolglos (Rekursentscheid der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich vom 28. November 2024; Urteil Verwaltungsgericht des Kantons Zürich vom 1. Juli 2025). Mit Urteil vom 19. März 2025 wurde die Ehe des Beschwerdeführers geschieden.
1.3. Mit Eingabe vom 1. September 2025 erhebt A.________ (Beschwerdeführer) beim Bundesgericht "Einheitsbeschwerde und Verfassungsbeschwerde" und beantragt die Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 1. Juli 2025. Das Migrationsamt sei zu verpflichten, dem Beschwerdeführer erneut eine Aufenthaltsbewilligung "gemäss Art. 50 Abs. 2 AIG zu erteilen." Eventualiter sei der Entscheid zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht beantragt der Beschwerdeführer die aufschiebenden Wirkung der Beschwerde und die unentgeltlichen Rechtspflege.
Mit Präsidialverfügung vom 3. September 2025 wurde der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt. Auf einen Schriftenwechsel wurde verzichtet. Auf die Einforderung eines Kostenvorschusses wurde einstweilen verzichtet, unter der Mitteilung, dass über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege später entschieden werde.
2.
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und die Eintretensvoraussetzungen mit freier Kognition (BGE 149 II 66 E. 1.3; 148 I 160 E. 1).
2.1. Der Beschwerdeführer hat seine Eingabe als "Einheitsbeschwerde und Verfassungsbeschwerde" bezeichnet. Die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels schadet dem Beschwerdeführer nicht, sofern bezüglich des zulässigen Rechtsmittels sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (BGE 138 I 367 E. 1.1; 137 IV 269 E. 1.6).
2.2. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig, wenn in vertretbarer Weise ein potentieller Aufenthaltsanspruch geltend gemacht wird (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG
e contrario). Ob die Voraussetzungen für den Aufenthaltsanspruch tatsächlich gegeben sind, ist nicht Gegenstand der Eintretensfrage, sondern der materiellen Beurteilung (BGE 147 I 268 E. 1.2.7; 139 I 330 E. 1). Der Beschwerdeführer beruft sich in vertretbarer Weise auf einen Aufenthaltsanspruch gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG (nachehelicher Härtefall), weshalb die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vorliegend offen steht. Da die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten (Art. 42, Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 89 Abs. 1, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG ). Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde steht folglich nicht offen (Art. 113 BGG).
3.
3.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und lit. b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), wobei es - unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG) - grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen prüft, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5; 133 II 249 E. 1.4.1). Der Verletzung von Grundrechten geht das Bundesgericht nur nach, falls eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit; BGE 147 II 44 E. 1.2; 143 II 283 E. 1.2.2).
3.2. Seinem Urteil legt das Bundesgericht den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 147 I 73 E. 2.2 mit Hinweisen). Offensichtlich unrichtig heisst willkürlich (Art. 9 BV; BGE 147 I 73 E. 2.2; 141 IV 317 E. 5.4 mit Hinweisen). Entsprechende Mängel sind in der Beschwerdeschrift klar und detailliert aufzuzeigen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 264 E. 2.3); auf rein appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3; Urteil 2C_545/2024 vom 15. April 2025 E. 2.2).
4.
4.1. Vorliegend ist unbestritten, dass die (gelebte) Ehe des Beschwerdeführers nur wenige Monate und damit weniger als drei Jahre gedauert hat, weshalb ein Aufenthaltsanspruch gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG ausscheidet und ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung lediglich im Rahmen von Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG vorliegen könnte. Gemäss dieser Bestimmung besteht nach Auflösung der Ehe- oder Familiengemeinschaft weiterhin Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung des (ausländischen) Ehegatten, wenn wichtige Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (BGE 138 II 229 E. 3.1; sog. "nachehelicher Härtefall"; Urteile 2C_827/2022 vom 31. März 2023 E. 3.1; 2C_115/2022 vom 9. Juni 2022 E. 3.1). Wichtige persönliche Gründe können namentlich vorliegen, wenn die Ehegattin oder der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt wurde oder die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint (Art. 50 Abs. 2 AIG).
4.2. Der Beschwerdeführer beruft sich auf Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AIG und macht im Wesentlichen geltend, seine Ex-Ehefrau habe kurz nach der Eheschliessung damit begonnen, ihn systematisch mit Anwendung von psychischer und physischer Gewalt unter Kontrolle zu bekommen. Er sei damit Opfer häuslicher Gewalt geworden. Ausserdem habe seine Ex-Ehefrau mittels Schreiben und digitalen Medien seine Ehre im Heimatland zerstört, weshalb seine soziale Reintegration in Sri Lanka massiv gefährdet sei. Sein privates Interesse am Verbleib in der Schweiz überwiege das öffentliche Interesse an seiner Wegweisung, weshalb seine Wegweisung unverhältnismässig sei.
4.3. Per 1. Januar 2025 ist eine revidierte Fassung von Art. 50 AIG in Kraft getreten, welche grundsätzlich auch die Regelung des Aufenthalts nach häuslicher Gewalt betrifft (Änderung vom 14. Juni 2024; vgl. AS 2024 713 ff.; Einleitungssatz von Art. 50 Abs. 1 sowie Art. 50 Abs. 2 AIG ). Da das angefochtene Urteil nach diesem Zeitpunkt (1. Januar 2025) gefällt wurde (vgl. E. 1.3 oben), ist rechtsprechungsgemäss die revidierte Fassung der genannten Bestimmung anwendbar (vgl. dazu Urteile 2C_406/2024 vom 19. März 2025 E. 3.1 ff., E. 3.2.4, zur Publikation vorgesehen). Allerdings sind die damit einhergehenden Änderungen von Art. 50 AIG vorliegend nicht entscheiderheblich.
4.4. Die Vorinstanz hat in sachverhaltsmässiger Hinsicht
keine Vorkommnisse häuslicher Gewalt festgestellt. Sie hat lediglich im Hinblick auf die angeblich starke Gefährdung der sozialen Wiedereingliederung des Beschwerdeführers im Herkunftsland (vgl. Art. 50 Abs. 2 lit. c AIG) festgestellt, dass die Ex-Ehefrau dem Bruder des Beschwerdeführers nach der Trennung verschiedene Textnachrichten geschickt hat, die "in ihrer Tonalität wenig zurückhaltend sind und eine hohe Frustration zum Ausdruck bringen." Eine gezielte Kampagne zur Diskreditierung des Beschwerdeführers ergebe sich daraus nicht. Weitere Äusserungen der Ex-Ehefrau gegen den Beschwerdeführer im Nachrichtenverkehr oder den sozialen Medien sind gemäss vorinstanzlicher Sachverhaltsfeststellung
unbelegt. Es kann diesbezüglich auf das vorinstanzliche Urteil verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).
4.5. Das Bundesgericht ist grundsätzlich an die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Letzteren stellt der Beschwerdeführer seine eigene Sachverhaltsversion gegenüber. Er behauptet pauschal, gemäss angefochtenen Entscheid werde die Anwendung von häuslicher Gewalt und Cybermobbing nicht bestritten. Dies trifft jedoch gerade nicht zu. Vielmehr hat die Vorinstanz entsprechende Vorkommnisse
nicht festgestellt. Die Vorbringen des Beschwerdeführers genügen nicht den Anforderungen an eine Rüge der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. E. 3.2 oben) und erschöpfen sich in appellatorischer Sachverhaltskritik, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.
4.6. Nachdem häusliche Gewalt vorliegend in tatsächlicher Hinsicht nicht festgestellt wurde, besteht insofern kein Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 lit. a AIG (vgl. Urteile 2C_545/2024 vom 15. April 2025 E. 4.8 mit Hinweisen; 2D_22/2024 vom 14. November 2024 E. 6.5). Das angefochtene Urteil erweist sich diesbezüglich als bundesrechtskonform.
4.7. In Bezug auf einen nachehelichen Härtefall infolge starker Gefährdung der sozialen Wiedereingliederung im Herkunftsland (Art. 50 Abs. 2 lit. c AIG) hat die Vorinstanz in tatsächlicher Hinsicht - abgesehen von der nicht nachgewiesenen, angeblichen Kampagne seiner Ex-Ehefrau (vgl. E. 4.4 oben) - festgestellt, dass weitere Hinweise für eine entsprechende Gefährdung nicht bestehen.
4.8. Auch diesbezüglich ist vom vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt auszugehen, da sich die Ausführungen des Beschwerdeführers in pauschaler, appellatorischer Sachverhaltskritik erschöpfen, worauf nicht weiter einzugehen ist (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG und E. 3.2 oben).
4.9. Im Weiteren bringt der Beschwerdeführer unter dem Titel von Art. 50 Abs. 2 AIG vor, er habe sich in den vergangenen eineinhalb Jahren in der Schweiz sehr gut integriert, nämlich wirtschaftlich, kulturell und sprachlich, und bisher zu keinen Klagen Anlass gegeben. Sein privates Interesse am Verbleib in der Schweiz überwiege deshalb das öffentliche Interesse an seiner Wegweisung, welche unverhältnismässig sei und Art. 3 EMRK verletze.
4.10. Wie bereits die Vorinstanz zutreffend erwogen hat (Art. 109 Abs. 3 BGG; vgl. E. 3.2.2 vorinstanzliches Urteil), liegen damit jedoch keine Gründe vor, wonach die soziale Wiedereingliederung des Beschwerdeführers im Herkunftsland als stark gefährdet erscheint. Alleine aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer sehr gut integriert sein soll, ergibt sich kein wichtiger persönlicher Grund gemäss Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 lit. c AIG (vgl. Urteil 2C_673/2023 vom 6. Februar 2024 E. 5.2). Auf die Rüge der Verletzung von Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) ist nicht weiter einzugehen, da der Beschwerdeführer nicht dargelegt, inwiefern diese Bestimmung verletzt sein soll, weshalb seine Ausführungen nicht den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG genügen (vgl. E. 3.1 oben).
5.
5.1. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde als offensichtlich unbegründet im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG abzuweisen. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist auch der Eventualantrag (Rückweisung an die Vorinstanz) abzuweisen.
5.2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Gerichtskosten sind dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt.
Lausanne, 16. Oktober 2025
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Der Gerichtsschreiber: C. Quinto