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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_623/2024  
 
 
Urteil vom 16. Oktober 2025  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Viscione, Präsidentin, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine, 
Gerichtsschreiberin Betschart. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Walder, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 25. September 2024 (IV 2024/29). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________, geboren 1963, war zuletzt als Schichtarbeiter tätig. Am 3. Februar 2021 meldete er sich unter Hinweis auf psychische Beschwerden bei der Eidgenössischen Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die behandelnden Ärzte diagnostizierten eine depressive Störung unterschiedlichen Schweregrades. Im Rahmen der medizinischen Abklärungen holte die IV-Stelle des Kantons St. Gallen (IV-Stelle) bei Dr. med. B.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, ein psychiatrisches Gutachten vom 7. November 2023 ein. Dieser attestierte dem Versicherten rückwirkend bis Ende 2022 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit und bis Ende Mai 2023 eine Arbeitsunfähigkeit von 50 %; ab Juni 2023 bestehe in der angestammten Tätigkeit eine Arbeitsfähigkeit von 80 % und eine solche von 100 % in einer leidensangepassten Tätigkeit. Mit Verfügung vom 15. Januar 2024 wies die IV-Stelle das Rentenbegehren (wie vorbeschieden) bei einem nicht rentenbegründenden Invaliditätsgrad von 20 % ab. 
 
B.  
Mit Entscheid vom 25. September 2024 hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen die dagegen erhobene Beschwerde insofern gut, als es den Anspruch des Versicherten auf eine ganze Rente der Invalidenversicherung für die Zeit vom 1. August 2021 bis zum 31. März 2023 und auf eine halbe Rente für die Zeit vom 1. April 2023 bis zum 31. August 2023 bejahte. Auf das Begehren um berufliche Massnahmen trat es nicht ein. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die IV-Stelle, der Entscheid vom 25. September 2024 sei aufzuheben und die Verfügung vom 15. Januar 2024 sei zu bestätigen. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
A.________ beantragt die Abweisung der Beschwerde und des Gesuchs um aufschiebende Wirkung. Das Versicherungsgericht schliesst sinngemäss ebenfalls auf Beschwerdeabweisung. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
D.  
Am 17. Januar 2025 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 146 V 331 E. 1 mit Hinweis).  
 
1.2. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zulässig gegen Endentscheide, das heisst gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 90 BGG). Gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde hingegen nur zulässig, wenn sie die Zuständigkeit oder den Ausstand betreffen (Art. 92 BGG), einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.3. Die Vorinstanz hat das Verfahren zur Berechnung der Rentenbeträge an die Beschwerdeführerin zurückgewiesen. Formell betrachtet handelt es sich demnach um einen Rückweisungsentscheid, der nur unter den Voraussetzungen von Art. 92 oder 93 BGG beim Bundesgericht anfechtbar ist. Wenn die Rückweisung aber - wie hier - einzig noch der (rechnerischen) Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient und der Verwaltung keinerlei Entscheidungsspielraum verbleibt, liegt materiell ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG vor (statt vieler: BGE 140 V 282 E. 4.2). Auf die im Übrigen frist- und formgerechte Beschwerde ist daher einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), wobei es - unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG) - nur die geltend gemachten Vorbringen prüft, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 148 V 366 E. 3.1). Seinem Urteil legt das Bundesgericht den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Deren Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt oder vom Bundesgericht von Amtes wegen berichtigt oder ergänzt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 bzw. Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4).  
Die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung der Vorinstanz ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig (willkürlich), wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Es genügt somit nicht, dass eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Willkür liegt insbesondere vor, wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder solche grundlos ausser Acht gelassen hat (BGE 144 V 50 E. 4.2 mit Hinweisen). 
 
2.2. Als Rechtsfrage gilt, ob die rechtserheblichen Tatsachen vollständig festgestellt und ob der Untersuchungsgrundsatz bzw. die Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG beachtet wurden. Gleiches gilt für die Frage, ob den medizinischen Gutachten und Arztberichten im Lichte der rechtsprechungsgemässen Anforderungen Beweiswert zukommt (BGE 134 V 231 E. 5.1). Bei den aufgrund dieser Berichte getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit und bei der konkreten Beweiswürdigung geht es um Sachverhaltsfragen (Urteil 8C_590/2015 vom 24. November 2015 E. 1, nicht publ. in BGE 141 V 585, publ. in SVR 2016 IV Nr. 33 S. 102). Frei überprüfbare Rechtsfrage ist hingegen, ob und in welchem Umfang die ärztlichen Feststellungen anhand der Indikatoren nach BGE 141 V 281 auf Arbeitsunfähigkeit schliessen lassen (BGE 141 V 281 E. 7).  
 
3.  
Strittig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die rentenabweisende Verfügung der Beschwerdeführerin aufhob und dem Beschwerdegegner eine ganze Rente vom 1. August 2021 bis zum 31. März 2023 und eine halbe Rente vom 1. April 2023 bis zum 31. August 2023 zusprach. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob sich das kantonale Gericht auf die gutachterliche Einschätzung des Dr. med. B.________ abstützten durfte, der dem Beschwerdegegner rückwirkend bis Ende 2022 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit und bis Ende Mai 2023 eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % attestiert hatte. 
 
4.  
 
4.1. Am 1. Januar 2022 traten im Zuge der Weiterentwicklung der IV revidierte Bestimmungen im IVG (SR 831.20) sowie im ATSG (SR 830.1) samt entsprechendem Verordnungsrecht in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535; BGE 150 V 323 E. 4.1). Nach den allgemeinen Grundsätzen des - materiellen - intertemporalen Rechts sind bei einer Rechtsänderung in zeitlicher Hinsicht diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei der Verwirklichung des zu Rechtsfolgen führenden Sachverhalts in Geltung standen (BGE 149 II 320 E. 3; 148 V 174 E. 4.1; 132 V 215 E. 3.1.1; vgl. auch MATTHIAS KRADOLFER, in: Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts, 2. Aufl. 2025, N. 8 zu Art. 82 ATSG). In Anwendung dieses intertemporalrechtlichen Hauptsatzes ist bei einem dauerhaften Sachverhalt, der teilweise vor und teilweise nach dem Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung eingetreten ist, der Anspruch auf eine Invalidenrente für die erste Periode nach den altrechtlichen Bestimmungen und für die zweite Periode nach den neuen Normen zu prüfen (Urteil 8C_770/2023 vom 11. Juli 2024 E. 2.1). Besondere übergangsrechtliche Regelungen bleiben vorbehalten (BGE 150 V 323 E. 4.2 mit weiteren Hinweisen, zur Publikation vorgesehen).  
Zwar erfolgte die dem hier angefochtenen Entscheid zugrunde liegende rentenabweisende Verfügung erst nach dem 1. Januar 2022. Indessen dreht sich der Rechtsstreit mit Blick auf die Anmeldung zum Rentenbezug im Februar 2021 um einen bereits vor Inkrafttreten der Änderung erhobenen Rentenanspruch, sodass - entsprechend den erwähnten allgemeinen intertemporalrechtlichen Grundsätzen - bis zum 31. Dezember 2021 das bisherige Recht zur Anwendung gelangt (BGE 150 V 323 E. 4.2). Das bisherige Recht gilt hier zudem auch nach dem 1. Januar 2022, da der Beschwerdegegner in diesem Zeitpunkt das 55. Altersjahr bereits vollendet hatte (vgl. lit. c der Übergangsbestimmungen des IVG zur Änderung vom 19. Juni 2020; Urteile 8C_499/2024 vom 30. Mai 2025 E. 2.2; 8C_621/2023 vom 7. August 2024 E. 3, in SVR 2025 IV Nr. 7 S. 27). 
 
4.2.  
 
4.2.1. Die Bestimmungen zum Rentenanspruch (Art. 28 IVG) sowie zur Bemessung des Invaliditätsgrades nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28a IVG i.V.m. Art. 16 ATSG) wurden von der Vorinstanz zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.  
 
4.2.2. Hervorzuheben und zu ergänzen ist, dass für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit bei psychischen Erkrankungen systematisierte Indikatoren (Beweisthemen und Indizien) beachtlich sind, die es - unter Berücksichtigung von leistungshindernden äusseren Belastungsfaktoren wie auch von Kompensationspotentialen (Ressourcen) - erlauben, das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen einzuschätzen (BGE 145 V 361 E. 3.1 mit Hinweisen). Praxisgemäss liegt es dabei nicht allein in der Zuständigkeit der mit dem konkreten Einzelfall (gutachterlich) befassten Arztpersonen, abschliessend und für die rechtsanwendende Stelle (Verwaltung, Gericht) verbindlich zu entscheiden, ob das medizinisch festgestellte Leiden zu einer (andauernden oder vorübergehenden) Arbeitsunfähigkeit (bestimmter Höhe und Ausprägung) führt (BGE 140 V 193 E. 3.1; vgl. auch BGE 145 V 361). Daher ist es im Grundsatz zulässig, einer medizinischen Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit die rechtliche Massgeblichkeit abzusprechen, ohne dass das Gutachten seinen Beweiswert verliert (BGE 144 V 50 E. 4.3). Der Arbeitsunfähigkeitsschätzung der medizinischen Gutachterperson ist indessen aus rechtlicher Sicht - insbesondere auch unter dem Gesichtswinkel der Konsistenz - zu folgen, falls sie ihrer Aufgabe unter Berücksichtigung der durch BGE 141 V 281 normierten Beweisthemen überzeugend nachgekommen ist. Andernfalls liegt ein triftiger Grund vor, der rechtlich ein Abweichen davon gebietet (BGE 148 V 49 E. 6.2.1; 145 V 361 E. 4.1.1 und E. 4.3; Urteile 8C_407/2020 vom 3. März 2021 E. 5.1 und E. 6.5, in SVR 2021 IV Nr. 47 S. 151; 8C_84/2022 vom 19. Mai 2022 E. 5.2 mit weiteren Hinweisen).  
 
4.2.3. Nach der Rechtsprechung spielt es keine Rolle, dass psychosoziale oder soziokulturelle Umstände bei der Entstehung einer Gesundheitsschädigung einen wichtigen Einfluss gehabt hatten, sofern sich inzwischen ein eigenständiger invalidisierender Gesundheitsschaden entwickelt hat (BGE 141 V 281 E. 3.4.2.1; Urteil 8C_824/2023 vom 4. Juli 2024 E. 4.3). Im Rahmen des strukturierten Beweisverfahrens nach BGE 141 V 281 sind soziale Belastungen, die direkt negative funktionelle Folgen zeitigen, auszuklammern (vgl. BGE 143 V 409 E. 4.5.2; 141 V 281 E. 4.3.3). Sie sind aber nicht vorab und losgelöst von der Indikatorenprüfung, sondern in deren Rahmen im Gesamtkontext zu würdigen. Dabei werden die funktionellen Folgen von Gesundheitsschädigungen durchaus auch mit Blick auf psychosoziale und soziokulturelle Belastungsfaktoren abgeschätzt, welche den Wirkungsgrad der Folgen einer Gesundheitsschädigung beeinflussen (BGE 141 V 281 E. 3.4.2.1; Urteile 8C_407/2020 vom 3. März 2021 E. 4.1, in SVR 2021 IV Nr. 47 S. 151; 8C_105/2023 vom 10. Juli 2023 E. 5.1 mit weiteren Hinweisen).  
 
5.  
 
5.1. Das kantonale Gericht stützte sich im Wesentlichen auf das psychiatrische Administrativgutachten des Dr. med. B.________ vom 7. November 2023, dem es Beweiskraft zumass. Dieser diagnostizierte eine rezidivierende depressive Störung (ICD-10: F33.4), gegenwärtig remittiert und attestierte dem Beschwerdegegner eine Arbeitsfähigkeit von 80 % in der angestammten Tätigkeit bzw. von 100 % in einer leidensangepassten Tätigkeit (keine Nachtschicht, wechselbelastende Tätigkeiten ohne schwere körperliche Anstrengung, klare Handlungsanleitung und strukturierte Aufgabenstellung mit Möglichkeit für Rückfragen, nicht anhaltender Zeitdruck, kein Multitasking, keine Reizüberflutung). Zum zeitlichen Verlauf hielt der Gutachter fest, soweit es die Aktenlage und die Angaben des Beschwerdegegners ausreichend rekonstruieren liessen, bestehe dieses Mass an Arbeitsfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit seit Juni 2023. Rückblickend habe wahrscheinlich bis Ende 2022 eine 100%ige Arbeitsfähigkeit (recte: Arbeitsunfähigkeit) und bis zum Zeitpunkt der Begutachtung eine 40%ige Arbeitsfähigkeit (recte: Arbeitsunfähigkeit) in der angestammten Tätigkeit bzw. eine Arbeitsfähigkeit von 50 % in einer angepassten Tätigkeit bestanden.  
Die Vorinstanz erwog, der Sachverständige habe anschaulich aufgezeigt, dass der Verlauf der depressiven Störung in der Zeit vor der Begutachtung von psychosozialen Belastungen (namentlich der Arbeitssituation [mit einem Arbeitsweg von drei Stunden täglich] und innerfamiliären Konflikten) verursacht worden sei. Die Annahme des Dr. med. B.________, der Gesundheitszustand des Beschwerdegegners und damit auch dessen Arbeitsfähigkeit habe sich ab Januar 2023 schrittweise auf 40 % und später auf 80 % (in der angestammten Tätigkeit) respektive 100 % (in einer leidensangepassten Tätigkeit) verbessert, sei überwiegend wahrscheinlich richtig. Entgegen der Beschwerdeführerin zwinge der Zusammenhang zwischen psychosozialen Belastungsfaktoren und der depressiven Symptomatik nicht dazu, die gutachterlich attestierte Arbeitsunfähigkeit zu ignorieren. Von einer "invaliditätsfremden" Arbeitsunfähigkeit könnte nur gesprochen werden, wenn der Beschwerdegegner an keiner Gesundheitsbeeinträchtigung gelitten hätte, sondern ausschliesslich durch eine psychosoziale Belastung oder eine andere, nicht krankheitsbedingte Ursache unfähig gewesen wäre, vollzeitig erwerbstätig zu sein. Vorliegend habe Dr. med. B.________ jedoch überzeugend aufgezeigt, dass der Beschwerdegegner an einer depressiven Störung gelitten habe, die zwar durch psychosoziale Belastungsfaktoren (mit-) verursacht worden sei, gleichzeitig aber festgehalten, dass "das mitunter schwere Ausmass [...] trotz der Dominanz externer Belastungsfaktoren das Stellen der Diagnose einer Anpassungsstörung" verbiete. Das bedeute, dass der Beschwerdegegner nicht ausschliesslich durch psychosoziale Belastungsfaktoren daran gehindert worden sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, denn der Experte sei sogar so weit gegangen, eine durch jene Belastungsfaktoren verursachte (krankheitswertige) Anpassungsstörung als zu "schwach" zu bezeichnen, um der Schwere der (vorübergehenden) Gesundheitsbeeinträchtigung gerecht zu werden. Wäre die Auffassung der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegner sei allein durch die psychosozialen Belastungsfaktoren an der Weiterführung seiner vollzeitigen Erwerbstätigkeit gehindert gewesen, zutreffend, hätte sich der Gesundheitszustand des Beschwerdegegners nicht ab Januar 2023 wesentlich verbessern können, da die psychosozialen Belastungsfaktoren damals unverändert weiter bestanden hätten. Die von Dr. med. B.________ beschriebene Verbesserung der Situation des Beschwerdegegners ab Januar 2023 sei durch eine Verbesserung des psychischen Gesundheitszustandes und durch eine damit einhergehende "Selbstwirksamkeit" und "Autonomie" des Beschwerdegegners zu erklären, die es ihm erlaubt habe, die psychosoziale Belastung durch die familiären Streitigkeiten aktiv anzugehen und die eigene Situation zu verbessern. Das belege, dass er nicht direkt und ausschliesslich durch die psychosozialen Belastungsfaktoren, sondern durch eine Gesundheitsbeeinträchtigung arbeitsunfähig gewesen sei, denn nur eine Gesundheitsbeeinträchtigung habe sich zum Jahreswechsel 2022/2023 massgeblich verbessern können. Deshalb rechtfertige es sich nicht, von der Arbeitsfähigkeitsschätzung des Dr. med. B.________ abzuweichen. Folglich stehe gestützt auf sein Gutachten mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit fest, dass der Beschwerdegegner im hier massgebenden Zeitraum ab August 2021 bis Ende 2022 vollständig arbeitsunfähig gewesen sei, dass er ab Januar 2023 für leidensadaptierte Tätigkeiten zu 50 % arbeitsfähig gewesen sei und dass ihm eine angepasste Erwerbstätigkeit ab Juni 2023 wieder uneingeschränkt habe zugemutet werden können. 
 
5.2. Die Beschwerdeführerin wirft dem kantonalen Gericht eine offensichtlich unrichtige Beweiswürdigung vor. Obwohl das Gutachten des Dr. med. B.________ beweiswertig sei, könne seiner rückwirkenden Einschätzung der Arbeitsfähigkeit nicht gefolgt werden, weil die von ihm für die Zeit von August 2021 bis Mai 2023 angenommene (teilweise) Arbeitsunfähigkeit hauptsächlich auf psychosozialen Belastungsfaktoren (familiäre Konflikte, geänderte Belastung am Arbeitsplatz mit Verlängerung des Arbeitsweges, sekundäre Emotionen wie Wut, Kränkung und Enttäuschung) beruhe. Namentlich habe der Sachverständige in diesem Zusammenhang betont, dass der Wegfall dieser Faktoren (mit therapeutischer Begleitung) zur vollständigen Remission der depressiven Störung geführt habe. Implizit habe er damit das Vorliegen eines verselbstständigten psychischen Leidens verneint. Demnach habe kein invalidisierender Gesundheitsschaden vorgelegen.  
 
5.3.  
 
5.3.1. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass die Remission der psychischen Erkrankung vorliegend einzig auf den Wegfall der psychosozialen Belastungsfaktoren zurückzuführen sei, mithin kein verselbstständigtes Leiden vorgelegen habe, greift zu kurz, was sich bereits aus den zutreffenden vorinstanzlichen Ausführungen ergibt. Anzufügen ist, dass der Gutachter zwar durchaus anerkannte, dass die psychosozialen Belastungsfaktoren einen namhaften Einfluss auf die Entstehung und den schwankenden Verlauf der Krankheit hatten. Dennoch hielt er fest, dass der Beschwerdegegner jeweils hinreichend die Kriterien für eine Major Depression erfüllte, und er erachtete die von diesem im Verlauf der letzten zwei bis drei Jahre und aktuell geschilderten Symptome als konsistent und plausibel. Auch empfahl er dem Beschwerdegegner, trotz der deutlichen Besserung und Remission der Symptomatik weiter eine ambulante psychotherapeutische Konsultation in Anspruch zu nehmen, weil depressive Störungen stark zum Rezidivieren neigen.  
Hinzu kommt, dass sich der Psychiater des Regionalen ärztlichen Dienstes (RAD), med. pract. C.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, aus versicherungsmedizinischer Sicht der Beurteilung des Gutachters anschloss, wonach bis Ende 2022 eine zwar durch psychosoziale Belastungsfaktoren ausgelöste, aber im Verlauf verselbstständigte psychische Störung vorgelegen habe, so dass bis Ende 2022 eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit als nachvollziehbar erscheine (Stellungnahme vom 15. November 2023). Wie der Beschwerdegegner zutreffend aufzeigt, erklärte auch der RAD-Arzt Dr. med. D.________ bereits vor der Begutachtung, das Fortbestehen der depressiven Störung trotz intensiven Therapien sei nicht bloss auf psychosoziale Faktoren, sondern auch auf ressourcenhemmende Persönlichkeitsfaktoren und vor allem auf depressions-typische kognitive negative Schemata zurückzuführen, und er bezeichnete das Leiden als chronifiziert. 
Da sowohl der Gutachter als auch die RAD-Ärzte den Einfluss der psychosozialen Belastungsfaktoren hervorhoben und würdigten, kann es - entgegen der Beschwerdeführerin - vorliegend nicht darauf ankommen, dass die behandelnden Ärzte ihre Beurteilungen, auf die sich der Gutachter bezieht, gestützt auf das biopsychosoziale Krankheitsmodell abgaben. 
 
5.3.2. Auch aus den weiteren gutachterlichen Aussagen, auf die sie sich beruft, kann die Beschwerdeführerin nichts zu ihren Gunsten ableiten, zumal sie diese aus dem Zusammenhang reisst. So hielt Dr. med. B.________ zwar fest, dass beim Beschwerdegegner "kein anhaltender bzw. teil- oder ganz invalidisierender Gesundheitsschaden" vorliege. Allerdings verneinte er diesen mit der Begründung, dass die depressiven Beschwerden im Gutachtenszeitpunkt remittiert waren. Auch die Aussage des Gutachters, gemäss Mini-ICF-App seien keine relevanten handicapierenden Fähigkeitsstörungen vorhanden, gibt die Beschwerdeführerin verkürzt wieder, hielt Dr. med. B.________ doch ausdrücklich fest, dass keine Fähigkeitsstörungen "mehr" vorliegen, was im Umkehrschluss nicht bedeutet, dass zuvor kein zeitlich befristeter Gesundheitsschaden vorgelegen hätte.  
 
5.3.3. Insgesamt vermag die Beschwerdeführerin nicht aufzuzeigen, inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung offensichtlich unrichtig sein soll. Entgegen der Beschwerdeführerin ändert daran auch die Wortwahl des psychiatrischen Gutachters nichts, der die entsprechenden Arbeitsunfähigkeiten als "wahrscheinlich" (und nicht als überwiegend wahrscheinlich; vgl. BGE 146 V 271 E. 4.4) bezeichnet hatte. Auch ihre weiteren Vorbringen führen zu keinem anderen Resultat. Soweit die Beschwerdeführerin im Übrigen auf ihre Ausführungen in der vorinstanzlichen Beschwerdeantwort verweist, ist dies unzulässig (BGE 143 V 168 E. 5.2.3; 134 II 244). Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist daher abzuweisen.  
 
5.4. Mangels entsprechender Rügen ist auf die Frage, ob die Möglichkeit einer Verbesserung der Erwerbsfähigkeit durch medizinische Massnahmen der Zusprache einer Invalidenrente nicht im Weg steht, nicht einzugehen.  
 
6.  
Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Zudem hat sie dem Beschwerdegegner eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 16. Oktober 2025 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Viscione 
 
Die Gerichtsschreiberin: Betschart