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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4P.283/2006 /ruo 
 
Urteil vom 16. November 2006 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Klett, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Kiss, 
Bundesrichter Mathys, 
Gerichtsschreiberin Hürlimann. 
 
Parteien 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Robert Goldmann, 
 
gegen 
 
B.A.________, 
B.B.________, 
B.C.________, 
Beschwerdegegner, 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg P. Müller, 
Kassationsgericht des Kantons Zürich, Postfach, 
8022 Zürich. 
 
Gegenstand 
Art. 9 und 29 Abs. 2 BV (Zivilprozess), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 8. September 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 10. Juli 1996 überliessen B.A.________, B.B.________ und B.C.________ (Beschwerdegegner) als Vermieter A.________ (Beschwerdeführer) als Mieter ein unüberbautes Grundstück von 4'721 m² in Z.________ zur Nutzung als Auto- und Wohnwagenabstellplatz. Am 2. Oktober 2002 kündigten die Vermieter den Mietvertrag auf den 30. Juni 2003. 
B. 
Am 15. Oktober 2002 gelangte der Beschwerdeführer mit einem Erstreckungsbegehren an die Schlichtungsbehörde des Bezirks Zürich und reichte darauf mangels Einigung beim Mietgericht Klage ein, das sich als sachlich unzuständig erklärte und das Verfahren an das Bezirksgericht Zürich überwies; der Beschwerdeführer reichte dagegen mehrere Rechtsmittel ein. Mit Urteil vom 15. Juli 2005 wies das Bezirksgericht Zürich die Klage ab. Gegen das Urteil des Bezirksgerichts erklärte der Beschwerdeführer am 30. August 2005 Berufung und Kostenbeschwerde an das Obergericht Zürich und stellte gleichzeitig das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Am 6. Januar 2006 wies das Obergericht des Kantons Zürich dieses Gesuch ab und setzte dem Beschwerdeführer Frist zur Leistung einer Prozesskaution in Höhe von insgesamt Fr. 6'600.--. 
C. 
Am 15. Februar 2006 - dem letzten Tag der letztmals erstreckten Kautionsfrist - ersuchte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers den Vorsitzenden der II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich telefonisch um die Gewährung einer Notfrist für die Leistung der Prozesskaution. Im Anschluss daran ersuchte er mit gleichentags aufgegebener Fax-Eingabe vom 15. Februar 2006 namens des Beschwerdeführers um Gewährung einer Fristerstreckung. Das Original des Gesuchs um Fristerstreckung gab er am 16. Februar 2006 zu Handen des Obergerichts zur Post. Gleichentags zahlte er den verlangten Kautionsbetrag ein. 
D. 
Mit Präsidialverfügung vom 17. Februar 2006 wies der Präsident der II. Zivilabteilung des Obergerichts des Kantons Zürich das Fristerstreckungsgesuch als verspätet ab. Zur Begründung erwog er, dass der Fax vom 15. Februar 2006 die Voraussetzungen für eine fristgerechte Eingabe nicht erfülle und dass das auf postalischem Weg gestellte - formgültige - Gesuch vom 16. Februar 2006 erst nach Ablauf der Kautionsfrist gestellt worden sei, weshalb es gestützt auf § 195 Abs. 2 GVG ZH abzuweisen sei. Auf eine gegen diese Präsidialverfügung eingereichte Nichtigkeitsbeschwerde trat das Kassationsgericht - unter gleichzeitiger Abweisung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege - nicht ein. 
E. 
Am 25. April 2006 trat das Obergericht des Kantons Zürich auf die Berufung des Beschwerdeführers und dessen Kostenbeschwerde mit der Begründung nicht ein, die Kaution sei verspätet geleistet worden; dem Beschwerdeführer wurden die Kosten auferlegt. Gegen diesen Entscheid erhob der Beschwerdeführer am 29. Mai 2006 Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationsgericht des Kantons Zürich. Mit Zirkulationsbeschluss vom 8. September 2006 wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich das Gesuch des Beschwerdeführers um Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung und Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters für das Kassationsverfahren ab (Ziffer 1) und wies die Nichtigkeitsbeschwerde ab, soweit auf sie eingetreten werden konnte (Ziffer 2). Das Gericht gelangte zum Schluss, die Hauptbegründung des Obergerichts sei rechtmässig, wonach die Präsidialverfügung vom 17. Februar 2006, mit der das Gesuch um Erstreckung der Kautionsfrist abgewiesen wurde, in Rechtskraft erwachsen sei. 
F. 
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 23. Oktober 2006 stellt der Beschwerdeführer die Anträge, der Zirkulationsbeschluss des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 8. September 2006 sei aufzuheben und die Angelegenheit sei zur Neubeurteilung an "die Vorinstanz" zurückzuweisen (Ziffer 1), wobei mit der Rückweisung die Auflagen zu verbinden seien, die Sache an das Obergericht zurückzuweisen, ferner sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren bzw. sämtliche Voraussetzungen dafür zu überprüfen und davon auszugehen, dass die Kaution im Verfahren vor dem Obergericht rechtsgültig geleistet worden sei (Ziffer 2). Ausserdem ersucht der Beschwerdeführer um die Anordnung eines doppelten Schriftenwechsels (Ziffer 3) und schliesslich um die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Rechtsverbeiständung für das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde (Ziffer 4) sowie um die Gewährung der aufschiebenden Wirkung (Ziffer 5). 
 
G. 
Das Kassationsgericht des Kantons Zürich reichte dem Bundesgericht die kantonalen Akten ein. 
H. 
Vernehmlassungen wurden keine eingeholt. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Da keine Vernehmlassung eingeholt wurde, wird das Gesuch um Anordnung eines zweiten Schriftenwechsels gegenstandslos. Mit dem Urteil vom heutigen Tag wird auch das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos. 
2. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist - von hier nicht gegebenen Voraussetzungen abgesehen - kassatorischer Natur. Soweit der Beschwerdeführer mehr verlangt als die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (BGE 132 III 291 E. 1.5 S. 294 mit Verweisen). 
3. 
Neue tatsächliche Vorbringen sind im vorliegenden Verfahren grundsätzlich unzulässig (BGE 129 I 74 E. 6.6 S. 84; 128 I 354 E. 6c S. 357, je mit Verweisen). Soweit der Beschwerdeführer neu vorbringt, er habe von den Vermietern Einzahlungsscheine erhalten, und soweit er daraus etwas ableiten will, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
4. 
Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde wendet das Bundesgericht auch bei freier Kognition das Recht nicht umfassend von Amtes wegen an, sondern beschränkt sich auf die Prüfung der rechtsgenüglich erhobenen und begründeten Rügen (BGE 129 I 113 E. 2.1 S. 120, 185 E. 1.6 S. 189; 127 I 38 E. 3c S. 43). Dieser Begründungsanforderung genügt nach konstanter Rechtsprechung nicht, wenn appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geübt wird, auch wenn in diesem Zusammenhang Normen der Bundesverfassung angefügt oder genannt werden. Es ist vielmehr aufzuzeigen und soweit erforderlich und möglich zu belegen, inwiefern die angerufenen verfassungsmässigen Rechte durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sein sollen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f. mit Verweisen). Soweit die Beschwerde - mit der eine Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV und von Art. 9 BV gerügt wird - diesen Anforderungen nicht genügt, ist darauf nicht einzutreten. 
5. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - nur gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide zulässig (Art. 86 OG). Soweit sich der Beschwerdeführer nicht mit dem angefochtenen Entscheid des Kassationsgerichts auseinandersetzt, sondern frühere Entscheide oder sonstwie die Behandlung seiner verschiedenen Rechtsmittel kritisiert, ist die Beschwerde unzulässig. Es ist darauf nicht einzutreten. 
6. 
Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Dieses dient einerseits der Sachaufklärung und stellt anderseits ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, welcher in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Zu den aus Art. 29 Abs. 2 BV fliessenden Verfahrensansprüchen gehört insbesondere das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 129 II 497 E. 2.2 S. 504 f.; 127 I 54 E. 2b S. 56, je mit Verweisen). Ausserdem leitet das Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung daraus die Pflicht der Behörden ab, ihre Entscheide zu begründen (BGE 129 I 232 E. 3.2 S. 236 mit Verweisen). 
6.1 Das Kassationsgericht hat im angefochtenen Entscheid begründet, dass es das Rechtsmittel des Beschwerdeführers als aussichtslos ansah und dass aus diesem Grund das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen sei. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, hat keinen sachlichen Bezug zur gerügten Verfassungsverletzung, weshalb darauf nicht einzutreten ist (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). 
6.2 Der Beschwerdeführer begründet nicht, inwiefern ihm das Kassationsgericht das rechtliche Gehör verweigert haben sollte, indem es seinem Antrag auf Kassation des Entscheids des Obergerichts nicht stattgab. Er verkennt, dass im vorliegenden Verfahren nur eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Kassationsgericht selbst beurteilt werden kann; eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs kann insofern zum vorneherein nicht darin gesehen werden, dass das Kassationsgericht eine vom Beschwerdeführer gerügte angebliche Gehörsverweigerung durch untere kantonale Instanzen nicht bejaht hat. Die Rüge ist - soweit sie überhaupt sinngemäss die Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG erfüllt - unbegründet. 
7. 
Nach Art. 9 BV hat jede Person Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. 
7.1 Der in Art. 9 BV verankerte Grundsatz von Treu und Glauben verleiht einer Person Anspruch auf Schutz des berechtigten Vertrauens in behördliche Zusicherungen oder sonstiges, bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörden (BGE 129 II 361 E. 7.1 S. 381; 126 II 377 E. 3a S. 387). Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, auf welche Rechtsgrundlage sich eine angebliche Pflicht zur (Weiter-)Behandlung der vom Beschwerdeführer unterlassenen Einsprache gegen die Präsidialverfügung des Obergerichtspräsidenten vom 17. Februar 2006 stützen sollte (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Der Beschwerde ist insbesondere nicht ansatzweise zu entnehmen, inwiefern der - rechtskundig vertretene - Beschwerdeführer in berechtigtem Vertrauen hätte enttäuscht werden können. Er verkennt seine prozessualen Rügeobliegenheiten, wenn er kritisiert, seine Anliegen seien missverstanden worden. 
7.2 Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung nicht schon vor, wenn eine andere Lösung vertretbar oder gar vorzuziehen wäre; das Bundesgericht hebt einen Entscheid vielmehr nur auf, wenn dieser mit der tatsächlichen Situation in offensichtlichem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dabei rechtfertigt sich die Aufhebung des angefochtenen Entscheides nur, wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211 mit Verweisen). 
 
Der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, inwiefern das Kassationsgericht in Willkür verfallen sein sollte mit der Annahme, dass die verspätete Leistung einer Prozesskaution zum Nichteintreten auf das Rechtsmittel führt - diese Rechtsfolge entspricht im Gegenteil allgemein anerkannten prozessualen Grundsätzen. Die Qualifikation der Verfügung, mit der die Verlängerung der Frist für die Leistung der Prozesskaution nach deren Ablauf abgelehnt wird, ändert daran nichts. Der Beschwerdeführer kann daher nichts daraus ableiten, dass er diese Verfügung als Zwischenverfügung bezeichnet. 
 
Das Kasssationsgericht ist sodann nicht in Willkür verfallen, wenn es die vom Beschwerdeführer behauptete Nichtigkeit der Verfügung des Obergerichtspräsidenten vom 17. Februar 2006 nicht feststellte. Das Kassationsgericht hat dazu festgehalten, dass dem Beschwerdeführer gegen die angeblich mangelhafte Verfügung das Rechtsmittel der Einsprache offen gestanden wäre. Das Gericht hat deshalb die Ansicht des Obergerichts geschützt, dass die angeblich unzutreffende Rechtsauffassung - wonach ein Fristerstreckungsgesuch schriftlich gestellt werden müsse und weder telefonisch noch per Fax rechtswirksam sei - mit dem Rechtsmittel der Einsprache hätte vorgebracht werden müssen. Ob die Rechtsauffassung des Obergerichtspräsidenten - die wohl noch immer herrschender Auffassung entsprechen dürfte und jedenfalls keinen allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen widerspricht - wirklich unzutreffend sei, hat das Kassationsgericht ohne in Willkür zu verfallen offen lassen können. Denn es hat entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers die Nichtigkeit der herrschenden Anschauung entsprechend verstanden und hat damit in vertretbarer Weise und ohne in Willkür zu verfallen geschlossen, die angeblich mangelhafte Verfügung des Obergerichtspräsidenten sei bloss anfechtbar gewesen. 
8. 
Die Rügen des Beschwerdeführers sind als unbegründet abzuweisen, soweit die Vorbringen in der Beschwerde überhaupt die formellen Anforderungen erfüllen. Die Erfolgsaussichten der Rechtsbegehren des Beschwerdeführers waren zum vorneherein derart gering, dass sie nicht als ernsthaft bezeichnet werden konnten und daher als aussichtslos im Sinne von Art. 152 OG zu qualifzieren sind. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung ist daher abzuweisen. Der Beschwerdeführer hat dem Ausgang des Verfahrens entsprechend die Gerichtsgebühr zu bezahlen. Da keine Vernehmlassungen eingeholt wurden, sind keine Parteikosten angefallen. 
9. 
10. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. 
2. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 16. November 2006 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Die Gerichtsschreiberin: