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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
K 23/04 
 
Urteil vom 17. Februar 2005 
I. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi, Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiberin Keel Baumann 
 
Parteien 
B.________, 1969, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Sanitas Grundversicherungen AG, Lagerstrasse 107, 8004 Zürich, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau 
 
(Entscheid vom 13. Januar 2004) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1969 geborene B.________ ist im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bei der Sanitas versichert. Im November 2002 wurde bei ihm Morbus Hodgkin diagnostiziert. Da die zu dessen Behandlung verordnete Chemotherapie (mit anschliessender Bestrahlung) zu bleibenden Fertilitätsproblemen führen kann, liess B._______ vor Therapiebeginn eine Spermienasservierung (Kryokonservierung) vornehmen. Die Übernahme der Kosten für die am 4., 9. und 13. Dezember 2002 erstellten Spermiocytogramme, den Washing Swim up Test und das Kryo Depot (insgesamt Fr. 1190.-) lehnte die Sanitas mit Verfügung vom 20. August 2003 ab mit der Begründung, dass es sich dabei weder um eine Krankheitsbehandlung noch um eine gesetzlich vorgesehene Präventivmassnahme handle. Mit Einspracheentscheid vom 26. September 2003 hielt die Sanitas an diesem Standpunkt fest. 
B. 
Die von B.________ hiegegen mit dem sinngemässen Antrag, die Sanitas sei zur Übernahme der Kosten im Zusammenhang mit der Spermakryokonservierung zu verpflichten, erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 13. Januar 2004 ab. 
C. 
B.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und das im kantonalen Verfahren gestellte Rechtsbegehren erneuern. 
 
Während die Sanitas die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Im angefochtenen Entscheid werden die Voraussetzungen der Leistungspflicht des Krankenversicherers (Art. 25 Abs. 1 KVG, Art. 32 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 25-31 KVG), namentlich betreffend Massnahmen der medizinischen Prävention (Art. 26 KVG in Verbindung mit Art. 12 KLV in der bis 31. Dezember 2003 geltenden und vorliegend anwendbaren Fassung), zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. 
2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin die Kosten im Zusammenhang mit einer Sperma-Kryokonservierung im Falle des an Morbus Hodgkin erkrankten Versicherten zu übernehmen hat. 
2.1 Die Vorinstanz hat eine Übernahme als Präventivmassnahme zu Recht verneint mit der Begründung, in der Liste des Art. 12 KLV, welche abschliessenden Charakter habe (vgl. dazu auch Alfred Maurer, Das neue Krankenversicherungsrecht, Basel 1996, S. 47 f.; Gebhard Eugster, Krankenversicherung, in: Koller/Müller/Rhinow/Zimmerli, Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], S. 86 f.), sei die Vorkehr nicht enthalten. Ergänzend ist anzufügen, dass - wie das Eidgenössische Versicherungsgericht unlängst entschieden hat (Urteil E. vom 27. Oktober 2004, K 92/04) - Art. 26 KVG nicht verlangt, dass der Bundesrat oder das Eidgenössische Departement des Innern sämtliche Präventivmassnahmen in der Liste aufnimmt und der Verordnungsgeber diesbezüglich vielmehr über einen grossen Gestaltungsspielraum verfügt. In diesem Sinne entspricht es dem vom Gesetzgeber vorgesehenen System, dass der Verordnungsgeber in Art. 12 KVG nur eine beschränkte Anzahl medizinischer Präventivmassnahmen aufgenommen hat. Die Nichtaufnahme der anbegehrten Massnahme in der Liste des Art. 12 KLV ist weder gesetzwidrig noch fällt sie aus dem Rahmen der delegierten Kompetenz. Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was das Eidgenössische Versicherungsgericht trotz der gebotenen Zurückhaltung (vgl. auch BGE 125 V 30 Erw. 6a, 124 V 195 Erw. 6) veranlassen könnte, eine Aufnahme in die Liste ernsthaft in Prüfung zu ziehen. 
2.2 Im Weitern hat es die Vorinstanz auch abgelehnt, die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, die Sperma-Kryokonservierung als Massnahme zur Behandlung einer sekundären Krankheitsfolge zu übernehmen. Zur Begründung führte sie an, dass es zwar zutreffe, dass die Beseitigung sekundärer krankheitsbedingter Beeinträchtigungen therapeutischen Charakter habe und grundsätzlich ebenfalls Krankheitsbehandlung im Sinne von Art. 25 Abs. 1 KVG darstelle (vgl. auch Eugster, a.a.O., S. 55 Rz 109); indessen setzte eine Übernahme unter diesem Titel voraus, dass die Sterilität bereits vorliege, was beim Beschwerdeführer noch nicht der Fall sei. Werde bloss die Behandlung möglicher zukünftiger Krankheitsfolgen vorweggenommen, liege wiederum eine (nur im Rahmen des Art. 26 KVG in Verbindung mit Art. 12 KLV von der Grundversicherung zu tragende) Massnahme der Prävention vor. 
 
Dieser Auffassung ist beizupflichten. Nichts zu seinen Gunsten abzuleiten vermag der Beschwerdeführer aus dem von ihm im letztinstanzlichen Verfahren eingereichten Bericht des Dr. med. S.________, Oberarzt am Spital X.________, vom 20. Januar 2004, gemäss welchem ein (offenbar vom Januar 2004 stammendes) Spermiogramm ergeben hat, dass als direkte Folge der Chemotherapie-Behandlung eine komplette Azoospermie vorliege, wobei angenommen werden müsse, dass das Keimepithel durch die kombinierte Chemo-Radiotherapie vollständig zerstört worden sei. Denn dieser Befund aus dem Jahr 2004 ändert nichts daran, dass die Spermienasservierung vor der Chemotherapie, deren ungünstige Auswirkungen auf die Fertilität die Massnahme gerade mildern sollte, vorgenommen werden musste (vgl. Bericht der Dr. med. P.________, Spital Y.________, vom 23. Juni 2003), weil sie ihren Zweck nur erreichen konnte, wenn sie vor Eintritt der möglichen sekundären Krankheitsfolge (Sterilität) stattfand. In diesem Sinne wurde mit der Spermienasservierung die Milderung einer künftigen möglichen (sekundären) Krankheitsfolge vorweggenommen, weshalb sie als Massnahme der medizinischen Prävention zu qualifizieren ist (unter welchem Titel - wie in Erw. 2.1 dargelegt - eine Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin zu verneinen ist). 
2.3 Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerdegegnerin die Übernahme der Kosten der Sperma-Kryokonservierung im Falle des an Morbus Hodgkin erkrankten Versicherten zu Recht abgelehnt hat, wie die Vorinstanz zutreffend entschieden hat. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt. 
Luzern, 17. Februar 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der I. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: