Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_56/2014  
{  
T 0/2  
}  
   
   
 
 
 
Urteil vom 17. Juni 2014  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin, 
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichter Maillard, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen,  
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Heer, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen 
vom 11. Dezember 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1960 geborene A.________ war zuletzt als Mitarbeiterin der E.________ GmbH erwerbstätig gewesen, als sie sich am 12. Februar 2003 erstmals bei der IV-Stelle des Kantons St. Gallen zum Leistungsbezug anmeldete und unter anderem eine Rente beantragte. Nach medizinischen Abklärungen verneinte die IV-Stelle mit unangefochten gebliebener Verfügung vom 5. Januar 2004 bei einem Invaliditätsgrad von 7 % einen Leistungsanspruch der Versicherten. 
Am 13. September 2006 meldete sich A.________ erneut bei der IV-Stelle des Kantons St. Gallen zum Leistungsbezug an und machte eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes geltend. Die IV-Stelle trat auf die Neuanmeldung ein und tätigte weitere Abklärungen; insbesondre holte sie bei Dr. med. B.________, Spezialarzt Orthopädie FMH und Dr. med. C.________, Spezialarzt Psychiatrie FMH, eine Expertise ein (Gutachten vom 21. Februar 2007). Daraufhin verneinte die IV-Stelle nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens mit Verfügung von 15. August 2007 bei einem Invaliditätsgrad von 20 % erneut einen Leistungsanspruch. Das daraufhin von der Versicherten angerufene Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hob mit Entscheid vom 7. Januar 2009 diese Verfügung auf und wies die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen an die IV-Stelle zurück. 
Nach Beizug weiterer Arztberichte und erneuter Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 4. Juli 2011 bei einem Invaliditätsgrad von 37 % abermals einen Rentenanspruch der Versicherten. 
 
B.   
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 11. Dezember 2013 in dem Sinne gut, als es der Versicherten unter Aufhebung der Verfügung eine Viertelsrente der Invalidenversicherung zusprach und die Sache zur Abklärung und Festsetzung des Rentenbeginns an die IV-Stelle zurückwies. 
 
 
C.   
Mit Beschwerde beantragt die IV-Stelle des Kantons St. Gallen, es sei unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides ihre Verfügung vom 4. Juli 2011 zu bestätigen. Gleichzeitig beantragt sie, der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
Während A.________ auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung. 
In ihrer Beschwerdeantwort stellt die Versicherte zudem ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das BGG unterscheidet in Art. 90 bis 93 zwischen End-, Teil- sowie Vor- und Zwischenentscheiden und schafft damit eine für alle Verfahren einheitliche Terminologie. Ein Endentscheid ist ein Entscheid, der das Verfahren prozessual abschliesst (Art. 90 BGG), sei dies mit einem materiellen Entscheid oder Nichteintreten, z.B. mangels Zuständigkeit. Der Teilentscheid ist eine Variante des Endentscheids. Mit ihm wird über eines oder einige von mehreren Rechtsbegehren (objektive und subjektive Klagehäufung) abschliessend befunden. Es handelt sich dabei nicht um verschiedene materiellrechtliche Teilfragen eines Rechtsbegehrens, sondern um verschiedene Rechtsbegehren. Vor- und Zwischenentscheide sind alle Entscheide, die das Verfahren nicht abschliessen und daher weder End- noch Teilentscheid sind; sie können formell- und materiellrechtlicher Natur sein. Voraussetzung für die selbstständige Anfechtbarkeit materiellrechtlicher Zwischenentscheide ist gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG zunächst, dass sie selbstständig eröffnet worden sind. Erforderlich ist sodann alternativ, dass der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a) oder dass die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b).  
 
1.2. Beim angefochtenen kantonalen Entscheid vom 11. Dezember 2013 handelt es sich um einen Zwischenentscheid: Er schliesst das Verfahren nicht ab, sondern weist die Sache zur Abklärung und Festsetzung des Rentenbeginnes und der Rentenhöhe an die IV-Stelle zurück. Da im Entscheid jedoch für die Beschwerdeführerin verbindlich festgehalten wurde, dass die Beschwerdegegnerin spätestens ab dem Zeitpunkt der Verfügung vom 4. Juli 2011 Anspruch auf eine Viertelsrente der Invalidenversicherung hat, wäre die IV-Stelle - könnte sie diesen Entscheid nicht vor Bundesgericht anfechten - gezwungen, eine ihres Erachtens rechtswidrige, leistungszusprechende Verfügung zu erlassen. Diese könnte sie in der Folge nicht selber anfechten; da die Gegenpartei in der Regel kein Interesse haben wird, den allenfalls zu ihren Gunsten rechtswidrigen Endentscheid anzufechten, könnte der kantonale Vorentscheid nicht mehr korrigiert werden und würde zu einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil für den Versicherer führen (vgl. BGE 133 V 477 E. 5.2 S. 483 ff.). Auf die Beschwerde der IV-Stelle ist somit einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
3.  
 
3.1. Der Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung setzt unter anderem voraus, dass die versicherte Person invalid oder von Invalidität unmittelbar bedroht ist. Invalidität ist gemäss Art. 8 Abs. 1 ATSG die voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit.  
 
3.2. Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit der versicherten Person handelt es sich grundsätzlich um Entscheidungen über Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.). Dagegen ist die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG Rechtsfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.; Urteil I 865/06 vom 12. Oktober 2007 E. 3.2).  
 
3.3. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, als sie der Beschwerdegegnerin eine Viertelsrente der Invalidenversicherung zusprach.  
 
4.   
 
4.1. Das kantonale Gericht hat in umfassender Würdigung der medizinischen Akten, insbesondere gestützt auf den Bericht des      Dr. med. D.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie am Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD), vom 10. September 2009 für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich festgestellt, dass die Versicherte spätestens seit 2009 auch in einer ihrem Leiden angepassten Tätigkeit lediglich zu 60 % arbeitsfähig ist. Hinsichtlich der Feststellung des medizinischen Sachverhaltes bestätigte die Vorinstanz damit die erstinstanzliche Verfügung. Was die beschwerdeführende IV-Stelle nunmehr gegen diese Feststellung vorbringt, vermag sie nicht als bundesrechtswidrig erscheinen lassen: Da der RAD-Arzt die von ihm postulierte Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit nicht mit dem von ihm ebenfalls diagnostizierten "chronischen Ganzkörperschmerzsyndrom" begründet, braucht nicht weiter geprüft zu werden, ob auf dieses Leiden die sog. "Überwindbarkeitspraxis" (BGE 130 V 352; vgl. auch BGE 139 V 547) anwendbar und die entsprechenden Kriterien erfüllt wären. Im Weiteren besteht bereits aufgrund der psychiatrischen Diagnosen eine Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit von 40 %; somit ist es nicht entscheidrelevant, ob alleine aufgrund der somatischen Befunde in einer angepassten Tätigkeit eine 60 %-ige oder eine 90 %-ige Arbeitsfähigkeit besteht. Aufgrund der Ausführungen des RAD-Arztes ist zudem davon auszugehen, dass von weiteren medizinischen Massnahmen lediglich noch eine Stabilisierung der Arbeitsfähigkeit, nicht aber eine Besserung erwartet werden kann. Zudem würde entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin auch ein Besserungspotenzial einen allfälligen Anspruch auf eine (allenfalls befristete) Rente nicht im Vorneherein ausschliessen.  
 
4.2. Ausgehend von einer 60 %-igen Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit bemass die Vorinstanz den Invaliditätsgrad mittels eines Prozentvergleiches (vgl. etwa Urteil 8C_891/2010 vom 23. Februar 2011 E. 3) auf 46 %; diese Vorgehensweise wird von der Beschwerdeführerin zu Recht nicht als bundesrechtswidrig gerügt. Die Beschwerde der IV-Stelle ist somit abzuweisen.  
 
5.   
 
5.1. Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden IV-Stelle aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese hat der Beschwerdegegnerin überdies eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Damit wird das Gesuch der Beschwerdegegnerin um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.  
 
5.2. Mit diesem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 17. Juni 2014 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Leuzinger 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold