Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_1177/2019
Urteil vom 17. Juni 2020
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichterin van de Graaf,
Gerichtsschreiber Traub.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Stulz,
Beschwerdeführer,
gegen
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Verletzung der Verkehrsregeln; willkürliche Beweiswürdigung, Verletzung des rechtlichen Gehörs,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, vom 9. September 2019 (SST.2019.143).
Sachverhalt:
A.
A.________ wird vorgeworfen, als Führer eines Sattelschleppers mit Anhänger am 6. November 2017 mittags ausserorts infolge pflichtwidriger Unvorsicht einen Selbstunfall verursacht zu haben, als er in einer leichten Linkskurve auf der rechten Seite von der Strasse abkam, worauf der Lastenzug kippte.
Das Bezirksgericht Brugg erkannte A.________ der fahrlässigen Verletzung der Verkehrsregeln (Art. 90 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 31 Abs. 1 und Art. 100 Ziff. 1 Abs. 1 SVG ) für schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 400.-- (Urteil vom 30. November 2018).
B.
A.________ reichte Berufung ein. Das Obergericht des Kantons Aargau wies das Rechtsmittel ab (Urteil vom 9. September 2019).
C.
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und er vom Vorwurf der Verkehrsregelverletzung freizusprechen.
Die Oberstaatsanwaltschaft und die Vorinstanz verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
1.1. Der Beschwerdeführer macht eine unvollständige und oberflächliche Feststellung des Unfallhergangs geltend. Im Strafverfahren bis hin zur Vorinstanz seien seine Einwendungen als irrelevante Schutzbehauptungen abgetan worden. Das angefochtene Urteil treffe keine Feststellung, weshalb er das Fahrzeug pflichtwidrig unvorsichtig über den (ersichtlich steil abfallenden) Strassenrand gelenkt haben soll. Die Vorinstanz erwäge, da es sich so oder so um eine Übertretung (einfache Verkehrsregelverletzung) handle, komme es nicht darauf an, ob der Unfall wegen mangelnder Fahrkompetenz oder ungenügender Beobachtung der Strassensituation geschehen sei (vgl. angefochtenes Urteil S. 8 E. 3.4). Eine solche Argumentation sei unzulässig. Der Sachverhalt müsse soweit möglich abgeklärt werden. Verschiedene Spuren seien entgegen seinen Anträgen nicht ausgewertet worden. Es sei willkürlich, sachdienliche Untersuchungen nicht oder nur rudimentär vorzunehmen mit der Folge, dass sich die Beweisgrundlage unnötig auf die Aussagen des Beschuldigten und eines Zeugen reduziere.
Die Vorinstanzen begründeten den Schuldspruch einzig mit den Aussagen des Zeugen. Die Verteidigung habe vor erster und zweiter Instanz auf zahlreiche Inkonsistenzen der Zeugenaussage hingewiesen. Auch damit setze sich die Vorinstanz nicht auseinander. Namentlich berücksichtige sie Aspekte der Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit nicht. Die Aussagen beruhten nicht auf tatsächlicher Wahrnehmung, sondern auf Vorstellungen, die erst nach dem Unfall entstanden sein konnten. Die Distanz zwischen dem Lastwagen und dem (in gleicher Richtung fahrenden) Zeugen habe rund 500 Meter betragen. Auf eine solche Distanz sei es unmöglich festzustellen, ob, wie vom Zeugen angegeben, der Lastwagen tendenziell eher rechts fuhr und das Bremslicht nicht aufleuchtete. Zudem sei der Zeuge gerade im Begriff gewesen, abzubiegen. Seine Aufmerksamkeit könne erst durch das Kippen des Lastenzugs geweckt worden sein. Die Aussage sei unglaubhaft, soweit sie ein Beobachten des Lastenzugs schon vor dem sichtbaren Unfallgeschehen voraussetze. Der Aussage des Zeugen, er denke, der Beschwerdeführer habe nicht gebremst, stünden ausserdem die fotografisch festgehaltenen Bremsspuren entgegen. Der Umstand schliesslich, dass er (der Beschwerdeführer) keine Details des entgegenkommenden Fahrzeugs beschreiben könne, das kurz vor dem Kreuzen auf seine Fahrbahn geraten sei und dem er habe ausweichen müssen, spreche gerade für - und nicht gegen - die Glaubhaftigkeit seiner Aussage. Wenn er die Unwahrheit hätte sagen wollen, wäre es problemlos möglich gewesen, nachträglich eine Beschreibung zu erfinden.
1.2. Waren im erstinstanzlichen Hauptverfahren Übertretungen zu beurteilen, so beschränkt sich die Überprüfungsbefugnis des Berufungsgerichts auf Rechtsfragen sowie die Frage, ob die erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen willkürlich oder rechtsverletzend zustandegekommen sind (Art. 398 Abs. 4 StPO). Hinsichtlich des Sachverhalts überprüft das Bundesgericht anhand der einschlägigen Rügen in der Beschwerdeschrift, ob die vorinstanzliche Überprüfung der erstinstanzlichen Beweiswürdigung auf ihre Willkürfreiheit hin rechtens ist. Dabei handelt es sich um eine vom Bundesgericht frei zu beurteilende Rechtsfrage (Urteil 6B_763/2019 vom 28. April 2020 E. 4.3.1 mit Hinweisen).
In diesem Rahmen schliesst die Vorinstanz, der zum Unfall führende Kontrollverlust sei bei gebotener Aufmerksamkeit vermeidbar gewesen. Der Vorwurf fahrlässigen Nichtbeherrschens des Fahrzeugs sei begründet. Der Beschuldigte sage aus, er habe einem entgegenkommenden Fahrzeug ausweichen müssen, das in der Kurve auf seine Fahrspur geraten sei. Seiner Darstellung nach habe er das Zugfahrzeug deswegen nach rechts über den Strassenrand gelenkt, dann wieder zurück nach links auf die Spur korrigiert und gebremst. Dadurch sei der hintere Teil des Lastenzugs (Anhänger) neben die Strasse gelangt und habe das Zugfahrzeug mitgezogen. Dieser Unfallhergang sei anhand der festgestellten Spurenbilder nicht eindeutig rekonstruierbar. Massgeblich sei indessen, dass die Aussagen des hinter dem Lastenzug fahrenden Zeugen den Schilderungen des Beschuldigten widersprächen. Der Zeuge habe in der polizeilichen Einvernahme und in der staatsanwaltschaftlichen Befragung konstant angegeben, ihm sei kein Fahrzeug entgegengekommen. Die in den Akten liegenden Fotos des Streckenabschnitts bewiesen, dass die Linkskurve aus der Position des Zeugen gut überschaubar und ein entgegenkommendes Fahrzeug daher grundsätzlich erkennbar gewesen wäre. Trotz marginaler Inkongruenzen seien die Angaben des Zeugen glaubhaft. Das Bezirksgericht habe sich willkürfrei darauf gestützt. Es sei erstellt, dass der Unfall nicht auf das vom Beschuldigten geltend gemachte Ausweichmanöver zurückzuführen sein könne. Unbehelflich sei die Rüge, es sei unterlassen worden, das (beschlagnahmte) Mobiltelefon des Beschwerdeführers auszuwerten; der Schuldspruch stütze sich nicht auf den Vorwurf mangelnder Aufmerksamkeit. Im Übrigen beständen keine Anhaltspunkte für einen technischen Defekt am Fahrzeug oder ein Fehlverhalten Dritter. Die Unfallursache müsse in der Person des Beschuldigten als Fahrzeuglenker liegen. Das Fahrzeug wäre ohne dessen pflichtwidrige Unvorsicht nicht von der Strasse abgekommen.
2.
2.1. Die erste Instanz hatte auf die Aussage des Zeugen verwiesen, ein entgegenkommendes Fahrzeug wäre ihm auf jeden Fall aufgefallen, "da er als Betriebssanitäter die Umgebung sofort nach helfenden Personen abgesucht" hätte. Seine Aufmerksamkeit sei aufgrund des Unfalls verstärkt gewesen. Er hätte die Lichthupe betätigt, wenn ein Fahrzeug entgegengekommen wäre. Die erstinstanzliche Beweiswürdigung und Auseinandersetzung mit den beweisrechtlichen Vorbringen des Beschwerdeführers beschränkte sich auf die - ohne Begründung getroffene - Feststellung, die Zeugenaussage sei "stimmig sowie mit hinreichenden Realkennzeichen versehen"; dies spreche "folglich für die Glaubhaftigkeit der Aussage". Die Gegenfahrbahn sei im Blickfokus des Zeugen gelegen, "weshalb er sie ebenfalls in das Suchfeld miteinbezogen" habe (Urteil des Bezirksgerichts Brugg vom 30. November 2018 S. 10).
Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufungsschrift substantiiert bestritten, dass die erste Instanz die Zeugenaussage als glaubhaft einstufen durfte. Der (einlässlich dargelegte) Lebenssachverhalt sowie aussageanalytische Gesichtspunkte sprächen gegen die Zuverlässigkeit und beweisrechtliche Verwertbarkeit der einschlägigen Wahrnehmungen (vgl. dazu die Berufungsbegründung vom 6. Juni 2019, insbesondere Rz. 33 ff., 39 ff.).
Die Vorinstanz übernimmt die Sichtweise des Bezirksgerichts (vgl. oben E. 1.2). Mangels nachträglicher Feststellbarkeit eines konkreten Grundes lässt sie offen, welche sonstige Ursache - Fahrfehler, Sekundenschlaf, Ablenkung durch Bedienen eines Mobiltelefons etc. - für den Unfall verantwortlich gewesen sein könnte und erkennt auf eine wie auch immer geartete andere pflichtwidrige Unvorsicht. Dem Beschwerdeführer hält sie entgegen, seine Aussage, er habe einem entgegenkommenden Fahrzeug ausweichen müssen, stelle eine Schutzbehauptung dar. Der Zeuge habe sowohl gegenüber der Polizei wie auch der Staatsanwaltschaft unzweideutig und konstant ausgesagt, dass ihm im fraglichen Zeitraum kein Fahrzeug entgegengekommen sei. Für die Glaubhaftigkeit spreche bereits der Umstand, dass der Zeuge diese Aussage schon gemacht habe, als "man ihn ganz generell zum Verkehrsaufkommen resp. den Sichtverhältnissen befragte". Wenn der Beschwerdeführer u.a. einwende, aufgrund der Entfernung zur Unfallstelle sei es ausgeschlossen, dass der Zeuge ein Bremslicht erkennen konnte, so übersehe er, dass auf diesen Umstand gar nicht abgestellt worden sei. Die in den Akten liegenden Fotografien des Streckenabschnitts bewiesen vielmehr, dass die Strecke aus der Position des Zeugen gut überschaubar und ein entgegenkommendes Fahrzeug "grundsätzlich erkennbar" gewesen wäre. Die örtlichen Gegebenheiten stellten die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage somit nicht infrage. Auch angesichts des "schlüssigen und in den massgebenden Punkten konstanten Aussageverhaltens" bestehe kein Anlass, die Schilderungen des Zeugen in Zweifel zu ziehen. Hinzu komme, dass kein vernünftiger Grund ersichtlich sei, weshalb der Zeuge als unbeteiligter Dritter den Beschwerdeführer zu Unrecht belasten sollte (angefochtenes Urteil E. 3.3).
2.2. Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des von einem Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in seiner Entscheidfindung berücksichtigt. Nicht erforderlich ist, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Es müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1 S. 253 mit Hinweisen).
Eine Verletzung der Begründungspflicht liegt vor, wenn gerügte, aber nicht in die Begründung eingeflossene Aspekte tatsächlich entscheidungsrelevant, d.h. hier geeignet sind, das Abstellen auf die Zeugenaussage als willkürlich resp. beweisrechtlich unhaltbar erscheinen zu lassen.
2.3. Die Vorinstanz hält dem Vorbringen des Beschwerdeführers, aufgrund der Entfernung zur Unfallstelle habe der Zeuge nicht erkennen können, ob beim Lastenzug ein Bremslicht aufleuchtete oder nicht, bloss entgegen, darauf komme es gar nicht an; die erste Instanz habe denn auch zu Recht nicht darauf abgestellt (angefochtenes Urteil S. 6). Der Beschwerdeführer macht indes vor allen Instanzen u.a. geltend, der Zeuge habe zum massgeblichen Zeitpunkt ein Abbiegemanöver vorbereitet; es sei nicht nachvollziehbar, weshalb er seine Aufmerksamkeit gleichzeitig auf ein Vorkommnis weit vor sich gerichtet haben sollte. Ebensowenig habe der Zeuge schon vor Wahrnehmung des Unfalls Zeit und Grund gehabt, auf Gegenverkehr zu achten (vgl. etwa die Zusammenfassung des Plädoyers des Verteidigers im erstinstanzlichen Urteil vom 30. November 2018 S. 8 E. 3.3.5; Berufungsbegründung vom 6. Juni 2019 S. 19). Er wirft mithin die Frage auf, warum der Zeuge, der im kritischen Moment im Begriff war abzubiegen, in Erinnerung behalten haben sollte, was geschah, bevor der Lastenzug - für den einige Hundert Meter weiter hinten fahrenden, auf das Abbiegen konzentrierten Zeugen sichtbar - ins Schlingern geriet, von der Strasse abkam und kippte. Insoweit war es zur Beurteilung der vom Beschwerdeführer bestrittenen Glaubhaftigkeit durchaus von Belang, wenn der Zeuge trotzdem glaubte, sich daran erinnern zu können, er habe keine Bremslichter gesehen.
An den Vorbringen des Beschwerdeführers vorbei zielt auch die Überlegung, der zwischen dem Standort des Zeugen und der Unfallstelle liegende Strassenabschnitt sei aus der Position des Zeugen gut überschaubar und ein entgegenkommendes Fahrzeug daher grundsätzlich erkennbar gewesen. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht dies, sondern, ob eine solche Wahrnehmung überhaupt realistisch ist. Ebensowenig führt die vorinstanzliche Feststellung weiter, es sei kein vernünftiger Grund ersichtlich, weshalb der Zeuge als unbeteiligter Dritter den Beschwerdeführer zu Unrecht belasten sollte. Dieser hat nie eine solche Behauptung aufgestellt. Seine Argumentation läuft vielmehr darauf hinaus, die Aussage des Zeugen sei den konkreten Umständen nach unglaubhaft, weil er eine fehlende Erinnerung
unbewusst falsch mit einer positiven Erinnerung (an fehlenden Gegenverkehr) gleichsetze.
2.4. Zusammengefasst geht die Vorinstanz nicht auf die wesentlichen Rügen des Beschwerdeführers betreffend die Verwertbarkeit der Zeugenaussage ein. Diese sind auch im Rahmen der Kognition nach Art. 398 Abs. 4 StPO geeignet, eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung zu begründen. Zudem macht der Beschwerdeführer unter verschiedenen Aspekten einlässlich geltend, die Feststellung des Sachverhalts beruhe auf einer Verletzung von beweisrechtlichen Grundsätzen und somit auf einer Rechtsverletzung im Sinne der erwähnten Bestimmung. Unter beiden Aspekten ist die vorinstanzliche Feststellung, die Zeugenaussage sei glaubhaft, nicht tragfähig begründet.
3.
Das angefochtene Urteil ist überdies unter folgendem Gesichtspunkt bundesrechtswidrig (Art. 106 Abs. 1 BGG) :
3.1. Der Beschwerdeführer rügt, der Zeuge sei nie gerichtlich befragt worden. Eine Zeugenbefragung hat nur im Vorverfahren stattgefunden.
Nach Art. 343 Abs. 3 StPO erhebt das Gericht im Vorverfahren ordnungsgemäss erhobene Beweise nochmals, sofern die unmittelbare Kenntnis des Beweismittels für die Urteilsfällung notwendig erscheint. Art. 343 Abs. 3 StPO statuiert ein beschränktes Unmittelbarkeitsprinzip. Eine unmittelbare Abnahme des Beweismittels ist namentlich notwendig, wenn sie den Ausgang des Verfahrens beeinflussen kann, insbesondere wenn die Kraft des Beweismittels entscheidend vom unmittelbaren Eindruck abhängt, der bei seiner Präsentation entsteht. Die Wiederholung einer Zeugenaussage drängt sich insbesondere auf, wenn die Aussage das einzige direkte Beweismittel darstellt. Massgebend ist, ob das Urteil entscheidend vom Aussageverhalten abhängt. Das Gericht verfügt bei der Frage, ob eine erneute Beweisabnahme erforderlich ist, über einen Ermessensspielraum (BGE 140 IV 196 E. 4.4.1 f. S. 199 f.).
3.2. Die Zeugenaussage war das einzige Beweismittel zur für den Schuldspruch ausschlaggebenden Feststellung, kein entgegenkommendes Fahrzeug sei in den Unfallhergang involviert gewesen. Der Beschwerdeführer hatte im gerichtlichen Hauptverfahren beweisrechtliche und aussagepsychologische Einwendungen erhoben (vgl. erstinstanzliches Urteil vom 30. November 2018 S. 8 E. 3.3.5; oben E. 2.3), was die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage und ihre Plausibilität angeht. Unter diesen Umständen war eine eingehendere gerichtliche Erhebung der Aussagegenese geboten. Die Vorinstanz hat verkannt, dass die erste Instanz das ihr zustehende Ermessen unterschritten hat, indem sie eine eigene Einvernahme des Zeugen unterliess, ohne sich mit den einschlägigen Vorbringen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. Dies verletzt Art. 343 Abs. 3 StPO.
4.
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die erste Instanz, die als einzige über volle Kognition verfügt (Art. 398 Abs. 4 StPO), zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 zweiter Satz BGG).
Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, wie es sich mit den weiteren Rügen betreffend Verletzung des Anklagegrundsatzes, nicht ausgeschöpfter Möglichkeiten zur Untersuchung des Unfallhergangs, verletzter Verfahrensrechte des Beschuldigten und mangelhafter Beweiserhebung (suggestive Befragungstechnik) verhält.
5.
Die Rückweisung zur Neubeurteilung gilt als Obsiegen des Beschwerdeführers, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder Eventualantrag gestellt wird (BGE 137 V 210 E. 7.1 S. 271 mit Hinweisen). Für das bundesgerichtliche Verfahren sind keine Kosten zu erheben ( Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG ). Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 9. September 2019 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an das Bezirksgericht Brugg zurückgewiesen wird.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, und dem Bezirksgericht Brugg schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. Juni 2020
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Denys
Der Gerichtsschreiber: Traub