Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_338/2022
Urteil vom 17. Juni 2022
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
Bundesrichter Chaix, Haag,
Gerichtsschreiber Dold.
Verfahrensbeteiligte
1. A.________ Limited,
2. B.________,
Beschwerdeführerinnen,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Filippo Ferrari,
gegen
Bundesanwaltschaft,
Guisanplatz 1, 3003 Bern.
Gegenstand
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an die Ukraine; Herausgabe von Beweismitteln,
Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts, Beschwerdekammer,
vom 17. Mai 2022 (RR.2021.300, RR.2021.301).
Sachverhalt:
A.
Das Nationale Antikorruptionsbüro der Ukraine (NABU) führt seit dem 12. Februar 2018 ein Strafverfahren wegen Aneignung bzw. Unterschlagung von Vermögenswerten durch Amtsmissbrauch, rechtswidriger Aneignung von Vermögenswerten einer Unternehmung, Institution oder Organisation, Geldwäscherei und weiteren Delikten gemäss dem ukrainischen Strafgesetzbuch. In diesem Zusammenhang richtete das NABU am 27. November 2020 ein erstes Rechtshilfeersuchen an die Schweiz. Am 21. Mai 2021 und am 1. September 2021 ergänzte es dieses. Das Ersuchen vom 1. September 2021 betraf die Herausgabe von Bankunterlagen zu einem auf die C.________ Limited (eine Gesellschaft mit Sitz auf den Seychellen) lautenden Konto bei der Bank D.________ SA.
Die mit dem Vollzug des Ersuchens betraute Bundesanwaltschaft forderte die Bank D.________ SA am 24. September 2021 auf, ihr die Unterlagen zum erwähnten Konto herauszugeben. Am 20. Oktober 2021 übermittelte die Bank D.________ SA der Bundesanwaltschaft die Unterlagen zur auf die C.________ Limited lautenden (und per 31. Juli 2018 saldierten) Geschäftsbeziehung Nr. xxx.
Mit Schlussverfügung vom 22. November 2021 entsprach die Bundesanwaltschaft dem Rechtshilfeersuchen und dessen Ergänzungen im Sinne der Erwägungen und ordnete die Herausgabe der erhobenen Bankunterlagen an, dies ebenfalls im Sinne der Erwägungen.
Dagegen erhoben die A.________ Limited und B.________ am 22. Dezember 2021 Beschwerde ans Bundesstrafgericht. Mit Entscheid vom 17. Mai 2022 trat dieses auf die Beschwerde von B.________ nicht ein und wies diejenige der A.________ Limited ab, soweit es darauf eintrat.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom 7. Juni 2022 beantragen die A.________ Limited und B.________, der Entscheid des Bundesstrafgerichts sei aufzuheben und die Bankunterlagen nicht herauszugeben.
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt.
Erwägungen:
1.
1.1. Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn er unter anderem eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1).
Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2; BGE 145 IV 99 E. 1 mit Hinweisen).
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders bedeutender Fall ist deshalb mit Zurückhaltung anzunehmen. Dem Bundesgericht steht insofern ein weiter Ermessensspielraum zu (zum Ganzen: BGE 145 IV 99 E. 1.2 mit Hinweisen).
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender Fall nach Artikel 84 vorliegt, so ist auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (BGE 145 IV 99 E. 1.5 mit Hinweisen).
Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen als unzulässig, so fällt es gemäss Art. 107 Abs. 3 BGG - abgesehen von einem hier nicht gegebenen Ausnahmefall - den Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines allfälligen Schriftenwechsels.
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).
1.2. Zwar geht es hier um die Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Der Fall ist jedoch nicht besonders bedeutend.
Bei der Beschwerdeführerin 1 handelt es sich um eine juristische Person, die gemäss dem angefochtenen Entscheid Gesamtrechtsnachfolgerin der Kontoinhaberin ist (durch Absorptionsfusion nach zypriotischem Recht). Sie behauptet, im ukrainischen Strafverfahren zwar nicht formell, jedoch faktisch angeklagt zu sein, was sie jedoch nicht hinreichend belegt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Sie beruft sich zudem auf eine Verletzung von Art. 2 IRSG (SR 351.1) und weist auf die Ausrufung des Kriegsrechts durch den ukrainischen Präsidenten hin. Allerdings erschöpft sich ihr Vorbringen in einer allgemeinen Kritik an den ukrainischen Behörden und dem pauschalen, unbelegten Hinweis, der Schutz der Menschenrechte und die Geltung der ukrainischen Verfassung seien aufgehoben. Einen Bezug zum hängigen Strafverfahren bzw. zu ihr selbst stellt sie nicht her und es ist deshalb nicht erkennbar, inwiefern sie von einer Verletzung von Art. 2 IRSG betroffen sein könnte. Auch in dieser Hinsicht ist die Beschwerde unzureichend begründet (Art. 42 Abs. 2 BGG). Darüber hinaus ist eine juristische Person nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ohnehin nicht befugt, sich auf diese Bestimmung zu berufen (BGE 130 II 217 E. 8.2; Urteile 1C_640/2019 vom 13. Dezember 2019 E. 3.2; 1C_327/2018 vom 6. Juli 2018 E. 1.2; 1C_376/2016 vom 5. Oktober 2016 E. 2.2; je mit Hinweisen).
Allein der Umstand, dass es sich bei der Beschwerdeführerin 2 um ein Parlamentsmitglied handelt, verleiht dem Fall ebenfalls noch keine besondere Bedeutung im Sinne des Gesetzes (Urteil 1C_286/2017 vom 28. Juni 2017 E. 1.2 mit Hinweis). Darüber hinaus ist die Behauptung unzutreffend, sie sei formelle Eigentümerin der Kontoinhaberin und mit dieser faktisch identisch, weshalb ihr gestützt auf die Durchgriffstheorie Parteistellung zukomme. Wer sich als natürliche Person einer juristischen Person bedient, muss sich deren Selbständigkeit entgegen halten lassen; ein Durchgriff kommt insofern nicht in Frage (BGE 136 I 49 E. 5.4). Es ist deshalb nicht zu beanstanden, dass das Bundesstrafgericht auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin 2 nicht eintrat.
Andere Gründe, um von einem besonders bedeutenden Fall auszugehen, sind nicht erkennbar.
2.
Auf die Beschwerde ist deshalb nicht einzutreten. Damit wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. Der Beschwerde kommt im vorliegenden Fall ohnehin schon von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zu (Art. 103 Abs. 2 lit. c BGG).
Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführerinnen die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, der Bundesanwaltschaft, dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, und dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich Rechtshilfe, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. Juni 2022
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Kneubühler
Der Gerichtsschreiber: Dold