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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
H 278/00 
 
Urteil vom 17. Juli 2003 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiberin Riedi Hunold 
 
Parteien 
S.________, 1936, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Schweizerische Ausgleichskasse, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen, Lausanne 
 
(Entscheid vom 5. Juni 2000) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die am 15. August 1936 geborene und seit 1971 geschiedene S.________ reiste am 23. Oktober 1978 mit ihrer Tochter E.________ (geboren 1966) als Asylbewerberin in die Schweiz ein und verblieb hier bis 23. März 1988 als anerkannter Flüchtling. Während ihres Aufenthaltes in der Schweiz war sie mit Unterbrüchen erwerbstätig. Zeitweise wurde sie von der Flüchtlingshilfe X.________ finanziell unterstützt. 
Mit Verfügung vom 1. September 1998 sprach die Schweizerische Ausgleichskasse (nachfolgend: Ausgleichskasse) S.________ unter Berücksichtigung einer Beitragsdauer von 8 Jahren und 10 Monaten und einem massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen von Fr. 8'358.-- eine monatliche Altersrente von Fr. 203.-- ab 1. September 1998 zu. 
B. 
S.________ erhob hiegegen Beschwerde. Daraufhin erliess die Ausgleichskasse pendente lite am 6. August 1999 eine Verfügung, mit welcher sie nunmehr Erziehungsgutschriften berücksichtigte und die Altersrente neu monatlich auf Fr. 299.-- bzw. ab 1. Januar 1999 auf Fr. 302.-- festsetzte. Die Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen (nachfolgend: Rekurskommission) hiess die Beschwerde von S.________ mit Entscheid vom 5. Juni 2000 teilweise gut und sprach ihr bei einer anrechenbaren Beitragsdauer von 8 Jahren und 3 Monaten und einem massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen von Fr. 35'820.-- bzw. von Fr. 36'180.-- ab 1. Januar 1999 eine monatliche Altersrente von Fr. 309.-- bzw. von Fr. 312.-- ab 1. Januar 1999 zu, indem sie für die Rentenberechnung Erziehungsgutschriften für die Jahre 1979 bis 1982 sowie vier Übergangsgutschriften berücksichtigte und auf Grund der Anerkennung der in der Zeit von 29. März bis 6. Mai 1979 geleisteten Beiträge aus der Erwerbstätigkeit bei der R.________ AG eine Berichtigung des individuellen Kontos vornahm. Den Antrag auf Auszahlung der Rente in Form einer Rentenabfindung wies die Rekurskommission ab. 
C. 
S.________ erhebt hiegegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei bei der Rentenberechnung eine Beitragszeit von 9 Jahren und 5 Monaten zu berücksichtigen, da sie von Januar bis Juni 1983 Arbeitslosengelder bezogen und dementsprechend Beiträge an die AHV geleistet habe; für die Zeit von Juli bis Dezember 1983 habe die Flüchtlingshilfe X.________, welche sie finanziell unterstützt habe, die Beitragszahlungen übernommen. Zudem sei auch die Zeit von 23. Oktober bis 31. Dezember 1978 an die Beitragsdauer anzurechnen, da sie sich als anerkannter Flüchtling in der Schweiz aufgehalten habe. 
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung lässt sich nicht vernehmen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Bereich der Alters- und Hinterlassenenversicherung geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar. 
2. 
Die Vorinstanz hat die massgebenden Bestimmungen und Grundsätze über das anwendbare Recht (Art. 2 und 4 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Ungarn über Soziale Sicherheit vom 4. Juni 1996; lit. c Abs. 1 der Übergangsbestimmungen der 10. AHV-Revision), die Voraussetzungen der Unterstellung unter die Versicherung (Art. 1 Abs. 1 lit. a AHVG in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung; ab 1. Januar 2003 Art. 1a Abs. 1 lit. a AHVG), die Beitragspflicht erwerbstätiger und nichterwerbstätiger Flüchtlinge (Art. 3 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 und 2 AHVG in Zusammenhang mit dem Bundesbeschluss über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und Staatenlosen in der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung vom 4. Oktober 1962; lit. d Abs. 1 der Übergangsbestimmungen der 10. AHV-Revision), den Anspruch auf eine Altersrente (Art. 21 AHVG), die Berechnung der Altersrente (Art. 29 ff. AHVG), insbesondere der Teilrenten (Art. 38 AHVG) und die Anrechnung von Übergangs- (lit. c Abs. 2 und 3 der Übergangsbestimmungen der 10. AHV-Revision) und Erziehungsgutschriften (Art. 29sexies AHVG in der bis 31. Dezember 1999 geltenden Fassung, Art. 52f AHVV), sowie die Berichtigung des individuellen Kontos (Art. 141 Abs. 3 AHVV in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung; BGE 117 V 261) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden. 
Zu präzisieren bleibt, dass die in Art. 141 Abs. 3 AHVV in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung statuierte Beweiserschwerung, wonach für die Berichtigung unzutreffender oder unvollständiger Eintragungen im individuellen Konto der "volle Beweis" erbracht sein muss, nicht den Ausschluss des Untersuchungsgrundsatzes zur Folge hat; der "volle Beweis" ist somit nicht zwingend vom Versicherten zu erbringen, sondern nach den üblichen Beweisführungs- und Beweislastgrundsätzen der im Sozialversicherungsrecht geltenden Untersuchungsmaxime zu leisten, wobei der Mitwirkungspflicht der betroffenen Person erhöhtes Gewicht zukommt (BGE 117 V 263 Erw. 3b-d). 
3. 
Streitig ist einzig die anrechenbare Beitragsdauer. 
3.1 Die Vorinstanz hat zu Recht festgehalten, dass die Beschwerdeführerin zwar während ihres ganzen Aufenthaltes in der Schweiz der Versicherungspflicht unterlag, jedoch nur jene Zeit als Beitragsdauer angerechnet werden kann, für welche Beiträge geleistet wurden oder Erziehungs- oder Betreuungsgutschriften angerechnet werden können. Beides trifft für die Zeit vom 23. Oktober bis 31. Dezember 1978 nicht zu, weshalb sie nicht zur Beitragsdauer zählt. 
3.2 Die Versicherte führte in der Anmeldung für eine Altersrente vom 20. Juli 1998 ihre verschiedenen Arbeitsstellen auf. Zusätzlich gab sie an, vom 6. Mai bis 1. Oktober 1979, vom 30. Juni 1982 bis 1. Januar 1984 sowie vom 30. Oktober 1984 bis 24. März 1988 von der Flüchtlingshilfe X.________ unterstützt worden zu sein und in der Zeit vom 30. Juni 1982 bis 1. Januar 1984 teilweise Arbeitslosenunterstützung bezogen zu haben. Der Anmeldung legte sie ein Schreiben der Flüchtlingshilfe X.________ vom 11. November 1985 bei, in welchem diese festhielt: "Solange Sie von uns vollumfänglich unterstützt werden, werden wir die AHV-Beitragszahlungen übernehmen." In ihrem Begleitbrief zur Anmeldung bittet die Versicherte, sich bezüglich allfälliger Bestätigungen für die von der Flüchtlingshilfe X.________ übernommenen Beiträge direkt an diese zu wenden. In ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde bekräftigt sie nochmals, von Januar bis Juni 1983 von der "Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich" (recte wohl der Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich) Arbeitslosenunterstützung bezogen zu haben und von Juli bis Dezember 1983 ebenfalls von der Flüchtlingshilfe X.________ finanziell unterstützt worden zu sein. 
3.3 Gemäss Auszug aus dem individuellen Konto leistete die Beschwerdeführerin für die Jahre 1979 bis 1982 sowie 1984 Beiträge als Unselbstständigerwerbende und von 1985 bis 1988 als Nichterwerbstätige. Für das Jahr 1983 sind keine geleisteten Beiträge verzeichnet, woraus Vorinstanz und Ausgleichskasse ohne Vornahme diesbezüglicher weiterer Abklärungen schlossen, dass für 1983 keine Beiträge geleistet wurden und dieses Jahr somit nicht als Beitragszeit anrechenbar ist. 
Bezüglich der bezogenen Arbeitslosenunterstützung ist festzuhalten, dass diese 1983 noch nicht der Beitragspflicht der AHV unterlagen (vgl. etwa Gerhards, Kommentar zum AVIG, Band I, Rz. 38 zu Art. 21-22). 
Was die von der Flüchtlingshilfe X.________ geleisteten Beiträge betrifft, bieten die von der Versicherten gemachten Angaben und eingereichten Unterlagen jedoch genügend Anhaltspunkte dafür, dass eventuell auch für das Jahr 1983 - sowie allenfalls für die Zeit vom 6. Mai bis 1. Oktober 1979, in welcher die Versicherte ebenfalls von der Flüchtlingshilfe X.________ unterstützt wurde - Beiträge abgerechnet wurden. Diese Angaben sind glaubhaft, nachdem die Beschwerdeführerin ihrer Anmeldung sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen beilegte, bezüglich weiterer Informationen auf die betreffenden Stellen verwies und in der Lage war, eine andere unterlassene Eintragung in ihr individuelles Konto nachzuweisen. Sie ist ihrer Mitwirkungspflicht im Rahmen des ihr Möglichen nachgekommen. 
Gemäss dem ungeachtet der Beweiserschwerung von Art. 141 Abs. 3 AHVV in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung massgeblichen Untersuchungsgrundsatz durften sich Vorinstanz und Ausgleichskasse somit nicht mit dem Abstellen auf den Auszug aus dem individuellen Konto begnügen, sondern wären auf Grund der Angaben der Versicherten gehalten gewesen, weitere Nachforschungen bei der Flüchtlingshilfe X.________ vorzunehmen. 
3.4 Die Sache ist somit an die Ausgleichskasse zurückzuweisen, damit sie nach erfolgter weiterer Abklärungen bezüglich allfällig geleisteter Beiträge für die Jahre 1979 und 1983 über den Rentenanspruch neu verfüge. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen vom 5. Juni 2000 und die Verfügung der Schweizerischen Ausgleichskasse vom 6. August 1999 aufgehoben werden und die Sache an die Schweizerische Ausgleichskasse zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Rentenanspruch neu verfüge. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 17. Juli 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: 
 
 
 
i.V.