Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_292/2023
Urteil vom 17. Juli 2023
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Müller, Einzelrichter,
Gerichtsschreiber Dold.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Fürsprecherin Vida Hug-Predavec,
gegen
Staatssekretariat für Migration,
Quellenweg 6, 3003 Bern.
Gegenstand
Nichtigerklärung der erleichterten Einbürgerung; Nichtgewährung der unentgeltlichen Rechtspflege,
Beschwerde gegen die Zwischenverfügung
des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung VI, Instruktionsrichterin, vom 11. Mai 2023 (F-2255/2023).
Erwägungen:
1.
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) erklärte mit Verfügung vom 22. März 2023 die am 6. März 2018 erfolgte erleichterte Einbürgerung von A.________ nichtig. Dagegen erhob dieser am 21. April 2023 beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde. Er beantragte in erster Linie, die Verfügung des SEM aufzuheben. Eventualiter sei die Verfügung zurückzuweisen und es seien weitere Personen unter Wahrung des Teilnahmerechts zu befragen, namentlich die Kinder von Frau B.________, die Nachbarn des damaligen Ehepaars, das Umfeld (z.B. der Arbeitgeber von Frau B.________) und die gemeinsamen Kollegen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragte er, es sei die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren und ihm seine Rechtsvertreterin als Rechtsbeistand zu bestätigen.
2.
Am 11. Mai 2023 erliess das Bundesverwaltungsgericht folgende Zwischenverfügung:
"1. Den Anträgen auf Einvernahme der Kinder und des Arbeitgebers der Ex- Ehefrau, der Nachbarn des damaligen Ehepaares sowie gemeinsamer Freunde als Zeugen und Zeuginnen wird nicht stattgegeben.
2. Der Beschwerdeführer erhält die Möglichkeit, bis zum 12. Juni 2023 stattdessen entsprechende schriftliche Stellungnahmen einzureichen. Im Unterlassungsfall wird aufgrund der Akten entschieden.
3. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege samt Rechtsverbeiständung wird abgewiesen.
4. Der Beschwerdeführer wird aufgefordert, einen Kostenvorschuss von Fr. 1'200.- zu leisten (...). Dieser Betrag ist bis zum 12. Juni 2023 zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
5. Wird der Kostenvorschuss nicht innert der angesetzten Frist bezahlt, wird auf die Beschwerde unter Kostenfolge nicht eingetreten. (...)
6. Bei ungenutzter Frist und unveränderter Sachlage wird auf die Beschwerde - ungeachtet eines allfälligen weiteren, ausschliesslich mit ungenügenden finanziellen Mitteln begründeten Gesuchs um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege, Kostenvorschusserlass oder -reduktion, Ratenzahlung oder Fristverlängerung - ohne Ansetzen einer Nachfrist ebenfalls nicht eingetreten.
7. [Mitteilung]"
3.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom 12. Juni 2023 beantragt A.________, die Verfügung sei aufzuheben und es sei ihm vollumfänglich die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Zudem sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht und das SEM haben auf eine Stellungnahme verzichtet, wobei das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich des Gesuchs um aufschiebende Wirkung darauf hinweist, dass der Kostenvorschuss fristgerecht bezahlt worden sei.
4.
Gegen den hier angefochtenen Zwischenentscheid des Bundesverwaltungsgerichts ist die Beschwerde an das Bundesgericht nur zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG). Die zuletzt genannte Voraussetzung steht hier nicht in Frage. Der nicht wieder gutzumachende Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss grundsätzlich ein Nachteil rechtlicher Natur sein, der auch durch einen späteren günstigen Endentscheid nicht oder nicht gänzlich beseitigt werden kann. Rein tatsächliche Nachteile wie die Verfahrensverlängerung oder -verteuerung reichen nicht aus (BGE 144 III 475 E. 1.2 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 135 II 30 E. 1.3.4 zu einer Voraussetzung, unter der ausnahmsweise ein tatsächlicher Nachteil genügt und BGE 136 II 165 E. 1.2 mit Hinweisen).
Die Anfechtbarkeit eines Zwischenentscheids nach Massgabe von Art. 93 Abs. 1 Bst. a BGG setzt voraus, dass dieser auch im Zeitpunkt der Urteilsfällung noch einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Das ergibt sich aus dem prozessualen Grundsatz, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen auch im Zeitpunkt der Urteilsfällung noch gegeben sein müssen (BGE 133 III 539 E. 4.3 mit Hinweisen; Urteil 5A_988/2019 vom 3. Juni 2020 E. 3.1).
Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet zudem aus prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll. Diese Ausnahme ist restriktiv zu handhaben (BGE 144 III 475 E. 1.2). Dabei obliegt es der beschwerdeführenden Partei darzutun, dass die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Anfechtbarkeit eines Zwischenentscheids erfüllt sind, soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich ist (BGE 142 V 26 E. 1.2).
5.
Zwischenentscheide, mit denen ein Kostenvorschuss verlangt wird, können grundsätzlich einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bewirken, wenn im Säumnisfall, d.h. bei nicht rechtzeitiger Bezahlung des verlangten Betrages, ein Nichteintretensentscheid droht (BGE 142 III 798 E. 2.3.1; Urteil 4A_309/2023 vom 15. Juni 2023 E. 2.3; je mit Hinweisen). Ausnahmsweise kann es sich anders verhalten, etwa wenn der Kostenvorschuss bezahlt wurde und wenn, im Falle des Beizugs eines Anwalts, dieser bereits alle nötigen Eingaben verfasst hat. In dieser Situation läuft die rechtsuchende Partei nicht Gefahr, ihre Rechte wegen der verweigerten unentgeltlichen Rechtspflege nicht gehörig geltend machen zu können; zu regeln bleibt nur mehr die Frage, wer die Honorarrechnung ihres Anwalts bezahlt. Die gesuchstellende Partei hat diesfalls später grundsätzlich die Möglichkeit, die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege nach Massgabe von Art. 93 Abs. 3 BGG im Rahmen einer Beschwerde gegen den Endentscheid anzufechten (zum Ganzen: Urteil 5A_988/2019 vom 3. Juni 2020 E. 3.1 mit Hinweisen).
6.
Da der Beschwerdeführer den Kostenvorschuss gemäss der vorinstanzlichen Vernehmlassung mittlerweile bezahlt hat, droht ihm insofern kein nicht wieder gutzumachender Nachteil. Ein solcher liegt auch in Bezug auf die unentgeltliche Rechtsverbeiständung nicht auf der Hand. Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers hat die Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht bereits eingereicht. Dass er auf anwaltlichen Beistand angewiesen wäre, um auf eine allfällige Vernehmlassung des SEM zu antworten oder um schriftliche Stellungnahmen im Sinne von Dispositiv-Ziffer 2 der angefochtenen Verfügung einzureichen, macht er nicht geltend (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG und E. 4 hiervor). Derartige Stellungnahmen, die im Nachgang zur angefochtenen Verfügung verfasst wurden, hat er denn auch seiner Beschwerde ans Bundesgericht bereits beigelegt.
7.
Vor diesem Hintergrund ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Da dies offensichtlich ist, ist dafür der Einzelrichter im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 Abs. 1 BGG zuständig. Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird damit gegenstandslos.
Es rechtfertigt sich unter den vorliegenden Umständen, auf die Auferlegung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt der Einzelrichter:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Staatssekretariat für Migration und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung VI, Instruktionsrichterin, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 17. Juli 2023
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Einzelrichter: Müller
Der Gerichtsschreiber: Dold