Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
9C_53/2024
Urteil vom 17. Juli 2024
III. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Parrino, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann, Beusch,
Gerichtsschreiberin Nünlist.
Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Erich Bosshard,
Beschwerdeführerin,
gegen
Amt für Immobilienbewertung des Kantons Graubünden, Amtsleitung, Hartbertstrasse 10, 7001 Chur,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Bewertungsgebühren [Grundstückbewertung nach dem Recht des Kantons Graubünden, Steuerperiode 2015],
Beschwerde gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 12. Dezember 2023 (U 23 38).
Sachverhalt:
A.
Die A.________ AG, Alleineigentümerin des Mehrfamilienhauses B.________, Parzelle Nr. xxx (Baujahr 1928), inkl. Autounterstand, Parzelle Nr. yyy, in U.________, nahm im Jahr 2015 diverse Renovationsarbeiten an der Liegenschaft vor. Im Rahmen der gemeindeinternen Revisionsbewertung der Gemeinde U.________ wurde das Amt für Immobilienbewertung des Kantons Graubünden (AIB) darauf aufmerksam, dass das Grundstück Nr. xxx der A.________ AG aufgrund der Renovation neu zu bewerten sei, weshalb das AIB dies in der Folge von Amtes wegen tat. Das AIB bewertete die Liegenschaft mit Verfügung vom 14. Oktober 2022 neu mit einem Verkehrswert von Fr. 6.5 Mio.. Für die Vornahme der Bewertung stellte es der A.________ AG Fr. 7'287.50 in Rechnung. Die hiergegen erhobene Einsprache wurde mit Einspracheentscheid vom 12. April 2023 abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde.
B.
Die gegen den Einspracheentscheid vom 12. April 2023 erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit Urteil vom 12. Dezember 2023 ab, soweit es darauf eintrat.
C.
Die A.________ AG beantragt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und es sei auf jegliche Gebühren zu verzichten. Eventualiter sei die Gebühr auf maximal Fr. 1'600.- zu reduzieren. Subeventualiter sei die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Schliesslich seien "die Kosten" angemessen zu reduzieren.
Das AIB beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Erwägungen:
1.
1.1. Angefochten ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, der nicht unter den Ausnahmekatalog von Art. 83 BGG fällt, weshalb die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich offen steht (Art. 82 lit. a BGG). Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden ist zudem eine letzte kantonale Instanz im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG, deren Urteil nicht beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden kann.
1.2. Gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hatte, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Diese Voraussetzungen sind bei der Beschwerdeführerin erfüllt: Indem das Verwaltungsgericht ihre Beschwerde abgewiesen hat, soweit es darauf eingetreten ist, ist sie mit ihren Begehren vor der Vorinstanz nicht durchgedrungen und hat ein berechtigtes Interesse an der Überprüfung des angefochtenen Urteils durch das Bundesgericht.
1.3. Auf die im Übrigen frist- und - entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners - formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 46 Abs. 1 und Art. 42 BGG ).
2.
2.1.
2.1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und lit. b BGG). Die Anwendung kantonalen Rechts prüft das Bundesgericht hingegen - abgesehen von den Fällen gemäss Art. 95 lit. c-e BGG - nur auf Bundesrechtsverletzungen, namentlich auf Willkür hin (BGE 141 I 36 E. 1.3; 138 I 143 E. 2). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es im Rahmen der allgemeinen Begründungspflicht ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ) grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem Recht ist nur zu prüfen, wenn eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
2.1.2. Im Abgaberecht ist der Gesetzmässigkeitsgrundsatz ein eigenständiges verfassungsmässiges Recht, das in Art. 127 Abs. 1 BV verankert ist und auf alle öffentlichen Abgaben auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene Anwendung findet. Aus diesem Grundsatz folgt, dass Abgaben in rechtssatzmässiger Form festgelegt sein müssen, so dass den rechtsanwendenden Behörden kein übermässiger Spielraum verbleibt und die möglichen Abgabepflichten voraussehbar und rechtsgleich sind (BGE 145 I 52 E. 5.2.1). Die Erhebung öffentlicher Abgaben bedarf grundsätzlich eines formellgesetzlichen Fundaments (Erfordernis der Normstufe; BGE 146 II 97 E. 2.2.4; 144 II 454 E. 3.4; 143 II 87 E. 4.5; 142 II 182 E. 2.2.1; je mit Hinweisen). Inhaltlich hat das formelle Gesetz die grundlegenden Bestimmungen über den Kreis der Abgabepflichtigen (Abgabesubjekt), den Gegenstand (Abgabeobjekt) und die Bemessung der Abgabe (Bemessungsgrundlage und -tarif) festzulegen (Erfordernis der Normdichte; BGE 148 II 121 E. 5.1; 146 II 97 E. 2.2.4; 144 II 454 E. 3.4; 143 II 283 E. 3.5; 143 II 87 E. 4.5; 143 I 220 E. 5.1.1; je mit Hinweisen).
Diese Anforderungen gelten grundsätzlich sowohl für Steuern als auch für Kausalabgaben (vgl. BGE 145 I 52 E. 5.2.1; 143 I 227 E. 4.2.1). Die Lockerungen des Gesetzmässigkeitsgrundsatzes, die die Praxis aus dem Kostendeckungs- und dem Äquivalenzprinzip abgeleitet hat (vgl. BGE 143 II 283 E. 3.5), gelten für die Bemessung und grundsätzlich nicht für die Umschreibung des Kreises der Abgabepflichtigen und des Gegenstands der Abgabe (BGE 125 I 173 E. 9a; Urteile 2C_699/2017 vom 12. Oktober 2018 E. 8.1, in: ZBl 120/2019 S. 318; 2C_1092/2017 vom 28. August 2018 E. 3.1).
2.1.3. Ob die aus diesem Individualrecht folgenden Anforderungen an die Ausgestaltung und Bestimmtheit der formellgesetzlichen Vorgaben und die damit zusammenhängenden Delegationsschranken eingehalten sind, prüft das Bundesgericht frei. Zu diesen Delegationsschranken gehört insbesondere die Einhaltung des Kostendeckungs- und des Äquivalenzprinzips, wo diese Prinzipien die formellgesetzliche Grundlage ersetzen sollen. Ob die einer kantonalen Gesetzesvorschrift gegebene Auslegung zulässig ist, beurteilt das Bundesgericht aber auch bei Anrufung des speziellen abgaberechtlichen Legalitätsprinzips nur unter dem Blickwinkel der Willkür (BGE 149 I 305 E. 3.3 mit Hinweisen).
2.2. Gemäss Art. 16 Abs. 1 des Gesetzes vom 7. Dezember 2016 über die amtlichen Immobilienbewertungen des Kantons Graubünden (IBG/GR; BR 850.100) werden die Kosten der amtlichen Bewertungen durch Gebühren und Kostenanteile gedeckt. Die Kosten der Antragsbewertungen werden durch Gebühren gedeckt, die zu Lasten der Eigentümerinnen und Eigentümer oder der Antragsstellenden gehen (Abs. 2). Die Kosten der Revisionsbewertungen werden gedeckt durch (Abs. 3) Kostenanteile der Gebäudeversicherung Graubünden und der kantonalen Steuerverwaltung (lit. a), Gebühren der Gemeinden (lit. b), Gebühren der Eigentümerinnen und Eigentümer, falls wesentliche Investitionen getätigt wurden (lit. c). Art. 16 Abs. 4 IBG/GR besagt sodann, dass die Regierung die Ansätze für die Gebühren und die Gebührendegression aufgrund einer Kostenrechnung festlegt.
Art. 17 Abs. 1 Satz 1 IBG/GR hält fest, dass die von den Eigentümerinnen und Eigentümern sowie den Antragsstellenden zu entrichtende Gebühr minimal Fr. 150.- und maximal Fr. 25'000.- pro Bewertungsobjekt beträgt. Die Gebühren betragen (Abs. 2 lit. b) höchstens 1.7 Promille des aufgewendeten Betrags bei Investitionen im Falle von Anträgen mit Bewertungspflicht (Ziff. 1) sowie bei Revisionsbewertungen mit Investitionen (Ziff. 2).
Gemäss Art. 37 Abs. 1 lit. b der Verordnung vom 26. September 2017 über die amtlichen Immobilienbewertungen des Kantons Graubünden (VAIB/GR; BR 850.110; in der zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 30. November 2023 gültig gewesenen Fassung) betragen die Gebühren 1.4 Promille des aufgewendeten Betrages bei Investitionen im Falle von Anträgen mit Bewertungspflicht (Ziff. 1) und bei Revisionsbewertungen mit Investitionen von Fr. 100'000.- und mehr oder erstmaligem Ausbau von Stockwerkeigentum sowie von Miteigentum mit Nutzungs- und Verwaltungsordnung (Ziff. 2). Auf die Gebühren gemäss Abs. 1 wird für den Gebührenanteil ab Fr. 5'000.- ein Rabatt von 25 Prozent gewährt (Abs. 2).
3.
Das kantonale Gericht hat die im Streit liegende Abgabe in der Höhe von Fr. 7'287.50 als Kausalabgabe in Gestalt einer Verwaltungsgebühr qualifiziert. Es hat die Anforderungen an die Ausgestaltung und Bestimmtheit von Art. 16 f. IBG/GR (Erfordernis der Normstufe und Normdichte) als eingehalten beurteilt und die Delegation gestützt auf Art. 16 Abs. 4 IBG/GR als zulässig erachtet. Sodann hat es Art. 37 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 VAIB/GR als gesetzeskonform qualifiziert. Einen Verstoss gegen das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip hat es verneint, ebenso eine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots durch Art. 37 Abs. 1 VAIB/GR. Schliesslich hat es erwogen, dass vorliegend gestützt auf Art. 16 Abs. 2 IBG/GR sämtliche Kosten für die vorgenommene Bewertung der Beschwerdeführerin aufzuerlegen seien.
Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, hält - wie nachfolgend aufzuzeigen ist - nicht stand.
3.1. Vorab ist festzuhalten, dass die Feststellung des kantonalen Gerichts, wonach der von der Privatperson (hier der Beschwerdeführerin) gezogene Nutzen der Bewertung neben der Festlegung der Gebäudeversicherungswerte auch privatrechtlicher Natur ist (vorinstanzliche Erwägung 6.5. S. 16), nicht bestritten wird und daher für das Bundesgericht verbindlich ist (E. 2.1.1 hiervor). Damit erfolgte die Bewertung nicht ausschliesslich im öffentlichen Interesse, sondern auch im Interesse der Beschwerdeführerin. Inwiefern bei diesen Gegebenheiten die Auferlegung von Gebühren an die Beschwerdeführerin grundsätzlich rechtswidrig sein soll, ist weder ersichtlich, noch wird dies dargetan.
3.2. Die Beschwerdeführerin sieht im Zusammenhang mit der Gebührenhöhe von Fr. 7'287.50 das Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip verletzt, sodann rügt sie eine Verletzung des Gesetzesvorranges.
3.2.1. Die Beschwerdeführerin verkennt, dass es sich bei den beiden angerufenen Prinzipien des Kostendeckungs- und des Äquivalenzprinzips in verfassungsrechtlicher Hinsicht um Surrogate für eine formellgesetzliche Festlegung der Bemessungsgrundlage handelt, die zum Tragen kommen, wenn der strenge Gesetzmässigkeitsgrundsatz nicht bzw. nicht vollständig eingehalten ist, namentlich wenn das Gesetz die Bemessung einer Abgabe nicht hinreichend bestimmt regelt (vgl. BGE 149 I 305 E. 3.2 f.).
Vorliegend findet sich jedoch in Art. 17 IBG/GR (E. 2.2 hiervor) eine gesetzliche Grundlage. Die Schlussfolgerung des kantonalen Gerichts, wonach die Grundzüge der gemäss Art. 16 Abs. 4 IBG/GR delegierten Materie im IBG/GR umschrieben seien respektive die geschuldete Abgabe in der Gebührenregelung (des IBG/GR) zum Vornherein rechtssatzmässig klar und für die Pflichtigen voraussehbar festgelegt werde (vorinstanzliche Erwägung 4.5. S. 12), wird zu Recht nicht bestritten. Damit bleibt von Verfassungs wegen kein Raum für die Prüfung des Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzips (BGE 149 I 305 E. 3.5). Weiterungen zu den in diesem Zusammenhang vorgebrachten Rügen erübrigen sich daher.
3.2.2. In Art. 16 Abs. 4 IBG/GR (E. 2.2 hiervor) wird sodann entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht ein von Beginn weg degressiver Gebührenverlauf vorgeschrieben. Vielmehr wird die Regierung ermächtigt, über die Ansätze und die Degression zu entscheiden. Dass mit der Konkretisierung in Art. 37 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 VAIB/GR gemäss vorinstanzlicher Feststellung bis hin zu einer Investitionshöhe von ca. Fr. 3.5 Mio. die Gebühren linear verlaufen (vorinstanzliche Erwägung 5.2. S. 13), liegt damit im Rahmen des gesetzlich Vorgeschriebenen.
Dass sich Art. 37 VAIB/GR abgesehen davon - insbesondere hinsichtlich der Einhaltung des Kostendeckungsprinzips - ausserhalb des gesetzlichen Rahmens bewegen soll, wird schliesslich nicht rechtsgenüglich substanziiert (BGE 149 I 305 E. 3.5 f. und E. 3.9 mit Hinweisen). Darauf braucht nicht weiter eingegangen zu werden.
Dass die Vorinstanz die Verordnungsbestimmung in materiell-rechtlicher Hinsicht als gesetzeskonform qualifiziert hat (vorinstanzliche Erwägung 5.2. S. 14), ist mit Blick auf das Dargelegte nicht zu beanstanden. Weiterungen erübrigen sich.
3.3. Soweit die Beschwerdeführerin ihrer Begründungspflicht im Übrigen nicht genügend nachkommt, etwa betreffend die sinngemäss geltend gemachte Verletzung der Begründungspflicht oder die unangemessene Gerichtsgebühr, ist auf die Vorbringen nicht weiter einzugehen.
4.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie ist abzuweisen. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da der Streit mit dem amtlichen Wirkungskreis des Beschwerdegegners zusammenhängt, ist ihm keine Parteientschädigung zuzusprechen, zumal keine aussergewöhnlichen Umstände vorliegen (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 17. Juli 2024
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Parrino
Die Gerichtsschreiberin: Nünlist