Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 0/2}
8C_246/2012
Urteil vom 17. August 2012
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterinnen Leuzinger, Niquille,
Gerichtsschreiberin Fleischanderl.
Verfahrensbeteiligte
1. R.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Massimo Aliotta,
2. Massimo Aliotta,
3. Marco Goricki,
Beschwerdeführer,
gegen
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Lagerhausstrasse 19, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
Invalidenversicherung (unentgeltliche Rechtsvertretung),
Beschwerde gegen die Verfügung des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich
vom 10. Februar 2012.
Sachverhalt:
A.
Mit Verfügung vom 13. Januar 2012 lehnte die IV-Stelle des Kantons Zürich die Zusprechung von Rentenleistungen an die 1962 geborene R.________ mangels anspruchsbegründender Invalidität ab.
B.
Im Rahmen der dagegen erhobenen Beschwerde liess R.________ u.a. um unentgeltliche Rechtspflege ersuchen, wobei ihr lic. iur. Marco Goricki als unentgeltlicher Rechtsbeistand beizugeben sei. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies das Gesuch mit Verfügung vom 10. Februar 2012 ab.
C.
R.________, Rechtsanwalt Massimo Aliotta und lic. iur. Marco Goricki führen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, in Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung sei R.________ in der Person von Rechtsanwalt Massimo Aliotta, eventuell von lic. iur. Marco Goricki für das kantonale Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Verbeiständung zu gewähren. Ferner sei R.________ die unentgeltliche Verbeiständung für das letztinstanzliche Verfahren zu bewilligen und Rechtsanwalt Massimo Aliotta als Rechtsbeistand zu bestellen.
Die kantonalen Akten wurden eingeholt. Die Vorinstanz verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Auf den in der Beschwerde gestellten Hauptantrag, es sei für das Verfahren vor dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich der Beschwerdeführer 2 als unentgeltlicher Rechtsbeistand einzusetzen, kann mangels Anfechtungsgegenstandes bzw. infolge unzulässigen neuen Begehrens im Sinne von Art. 99 Abs. 2 BGG nicht eingetreten werden (in diesem Sinne auch Urteil [des Bundesgerichts] 9C_274/2012 vom 30. Mai 2012). Es steht den Beteiligten indessen frei, das entsprechende Gesuch vor der Vorinstanz zu stellen.
2.
2.1 Das kantonale Gericht hat seinen Entscheid dahingehend begründet, dass sowohl im Verwaltungsverfahren nach Art. 37 Abs. 4 ATSG (BGE 132 V 200) wie auch vor dem Bundesgericht (Art. 64 Abs. 2 BGG) regelmässig nur patentierte Anwältinnen und Anwälte als unentgeltliche Rechtsvertreter zugelassen seien, welche in einem kantonalen Anwaltsregister eingetragen seien oder zumindest die persönlichen Voraussetzungen hierfür erfüllten. Dieser Grundsatz sei konsequenterweise auch auf das kantonale Beschwerdeverfahren anzuwenden, obgleich es der seit 1. Juli 2010 in Kraft stehende § 16 Abs. 1 des Gesetzes über das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich vom 7. März 1993 (in der Fassung vom 22. März 2010; GSVG, LS 212.81) nicht ausschliesse, eine Person, welche nicht über das Anwaltspatent verfüge, als unentgeltlichen Rechtsbeistand zu bestellen. In einem kürzlich ergangenen Urteil 9C_274/2012 vom 30. Mai 2012, auf dessen Erwägungen verwiesen wird, hat das Bundesgericht diese Rechtsauffassung bestätigt.
2.2 Ergänzend ist Folgendes anzufügen:
2.2.1 Zum einen rügen die Beschwerdeführenden eine Verletzung von Bundesgesetzesrecht, insbesondere von Art. 61 lit. f ATSG und Art. 11 VwVG. Gemäss Art. 61 lit. f ATSG wird der betroffenen Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt, sofern es die Verhältnisse rechtfertigen. Zu den fachlichen Voraussetzungen, welche der unentgeltliche Rechtsbeistand zwingend zu erfüllen hat, äussert sich das Gesetz nicht. Die diesbezüglichen Einzelheiten werden vielmehr dem kantonalen (Verfahrens-)Recht überantwortet. In ähnlicher Weise regelt Art. 11 VwVG das Recht einer Partei, sich vertreten oder verbeiständen zu lassen. Zur Frage, wer konkret zur unentgeltlichen Vertretung befugt ist, enthält die Bestimmung indessen ebenfalls keine Hinweise.
2.2.2 Die Beschwerdeführenden berufen sich sodann auf § 16 Abs. 1 GSVG, welche Norm die Einsetzung von Juristinnen und Juristen ohne Anwaltspatent als unentgeltliche Rechtsvertreter nicht ausschliesse. Die angerufene Bestimmung sieht vor, dass einer Partei auf Gesuch eine unentgeltliche Rechtsvertretung bestellt wird, wenn sie nicht in der Lage ist, den Prozess selber zu führen, ihr die nötigen Mittel fehlen und der Prozess nicht als aussichtslos erscheint. Die kantonale Regelung verwehrt Nichtanwältinnen und -anwälten die Übernahme eines Mandates als unentgeltlicher Rechtsvertreter somit zwar nicht explizit, sie schreibt deren Bestellung aber auch nicht ausdrücklich vor. Die vom Sozialversicherungsgericht gewählte Lösung verstösst zumindest nicht gegen den Wortlaut der kantonalen Norm.
2.2.3 In der Beschwerde wird des Weitern eine unverhältnismässige Einschränkung der in Art. 27 BV gewährleisteten Wirtschaftsfreiheit moniert, in deren Genuss die Beschwerdeführer 2 und 3 als privatrechtlich Erwerbstätige stehen. Diese ist im vorliegenden Zusammenhang insoweit tangiert, als dem Beschwerdeführer 2 nicht erlaubt wird, den Beschwerdeführer 3 als unentgeltlichen Rechtsbeistand zu substituieren, und der Beschwerdeführer 3 sich seinerseits ausserstande sieht, in eigenem Namen als unentgeltlicher Rechtsvertreter mandatiert zu werden. Da die eigentliche Tätigkeit als unentgeltlicher Rechtsbeistand indessen nicht in den Geltungsbereich von Art. 27 BV fällt, weil es sich dabei um eine - durch kantonales öffentliches Recht geregelte - staatliche Aufgabe des betroffenen Rechtsanwalts handelt (vgl. BGE 132 I 201 E. 7.1 S. 205 mit Hinweis), steht eine Verletzung des betreffenden Grundrechts hier ausser Frage.
2.2.4
2.2.4.1 Beanstandet wird ferner eine Nichtbeachtung des in Art. 8 Abs. 1 BV verankerten Rechtsgleichheitsgebotes. Dieses ist nicht verletzt, falls die unterschiedliche Behandlung von Juristinnen und Juristen mit und ohne Anwaltspatent sachlich begründet ist (BGE 136 I 1 E. 4.1 S. 5; 135 V 361 E. 5.4.1 S. 369; 134 I 23 E. 9.1 S. 42 mit Hinweisen).
2.2.4.2 Eine unterschiedliche Behandlung lässt sich in erster Linie durch die bessere fachliche Qualifikation der registrierten Anwältinnen und Anwälte im Vergleich zu Juristinnen und Juristen ohne Anwaltspatent erklären, die in gewissen Rechtsgebieten ein Anwaltsmonopol rechtfertigt. Gemäss § 12 lit. g des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) sind nur Rechtsanwältinnen und -anwälte verpflichtet, im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege Rechtsvertretungen zu übernehmen. Schliesslich stellt auch der Umstand, dass die unentgeltliche Verbeiständung im Verwaltungsverfahren nach Art. 37 Abs. 4 ATSG (BGE 132 V 200) und vor Bundesgericht (Art. 64 Ab. 2 BGG; Urteil [des Bundesgerichts] 2C_323/2011 vom 29. August 2011 E. 2) auf Rechtsanwältinnen und -anwälte beschränkt ist, einen sachlichen Grund zur differierenden Behandlung dar. Was den Beschwerdeführer 2 anbelangt, bleibt überdies darauf hinzuweisen, dass die Rechtsanwältin oder der -anwalt im Rahmen des Anwaltsvertrags, welcher durch das Vertrauen in das Können einer bestimmten beauftragten Anwaltsperson geprägt ist, grundsätzlich zur persönlichen Auftragserfüllung verpflichtet ist, auch wenn der Beizug von Erfüllungsgehilfen und/oder Substitution zulässig ist (vgl. Walter Fellmann, Anwaltsrecht, Bern 2010, S. 368 Rz. 1071; François Bohnet/Vincent Martenet, Droit de la profession d'avocat, Bern 2009, S. 1069 f. Rz. 2660). Der im angefochtenen Entscheid enthaltene Hinweis, Inhaberinnen und Inhabern der Venia - es handelt sich dabei gemäss § 5 des Anwaltsgesetzes des Kantons Zürich vom 17. November 2003 (LS 215.1) um eine einstweilige Bewilligung, die das Obergericht Anwältinnen und Anwälten erteilen kann, damit diese unter ihrer Verantwortung Personen, die sich auf die zürcherische Anwaltsprüfung vorbereiten, zur Tätigkeit im Bereich des Anwaltsmonopols einsetzen können - könnten keine die unentgeltliche Rechtsvertretung betreffenden Mandate übernehmen, da sie ihre Tätigkeit nur unter der Aufsicht einer Rechtsanwältin oder eines -anwaltes und folglich weder eigenverantwortlich noch weisungsunabhängig auszuüben vermöchten, erweist sich demgegenüber im vorliegenden Kontext als wenig stichhaltig. Laut Art. 8 Abs. 1 lit. d Teilsatz 1 BGFA müssen Anwältinnen und Anwälte als persönliche Voraussetzung für den Eintrag in das Anwaltsregister zwar insbesondere in der Lage sein, den Anwaltsberuf unabhängig auszuüben. Es ist ihnen nach Teilsatz 2 der Bestimmung aber dennoch gestattet, ihre Anwaltstätigkeit im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses zu Personen auszuüben, die ihrerseits im kantonalen Register eingetragen sind (dazu im Detail Ernst Staehelin/Christian Oetiker, in: Kommentar zum Anwaltsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 37 zu Art. 8 BGFA).
2.2.5 Aus Art. 29 Abs. 3 BV, der das Recht auf unentgeltliche Verbeiständung auf Verfassungsstufe garantiert, resultiert alsdann ebenfalls kein Anspruch auf gerichtliche Entschädigung der unentgeltlichen Vertretung durch Personen, welche über kein Anwaltspatent verfügen (BGE 135 I 1 E. 7.4.1 S. 4; Urteil [des Bundesgerichts] 9C_274/2012 vom 30. Mai 2012).
2.2.6 Nicht erkennbar ist auch, inwieweit die Beschränkung der fraglichen Mandate auf patentierte Rechtsanwältinnen und -anwälte das Gebot der Verfahrensfairness (im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 und Art. 14 EMRK sowie Art. 14 des Internationalen Pakts vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte [IPBPR, SR 0.103.2]) gegenüber den Verfahrensbeteiligten tangieren könnte, wie seitens der Beschwerdeführenden geltend gemacht. Nach dem vorstehend Dargelegten ist nicht ausgeschlossen, dass das kantonale Gericht den durch die Beschwerdeführerin 1 beauftragten Beschwerdeführer 2 für das vorinstanzliche Beschwerdeverfahren zum unentgeltlichen Rechtsvertreter ernennt, da die direkte Bestellung des Beschwerdeführers 3 als Substitut nicht bewilligt wird.
2.2.7 Nichts zu ihren Gunsten vermögen die Beschwerdeführenden schliesslich aus dem zitierten Urteil 8C_139/2011 vom 29. Juli 2011 abzuleiten. Darin wird in den E. 5.2 und 5.3 lediglich dargetan, das Gesuch um Übernahme eines Mandates als unentgeltlicher Rechtsbeistand könne auch von nicht patentierten Juristinnen und Juristen gestellt werden. Ausführungen dazu, ob diese auch zum unentgeltlichen Rechtsbeistand bestellt werden können, fehlen hingegen.
2.3 Zusammenfassend hat die Vorinstanz durch die neuerdings erfolgte Einschränkung der Mandate zur unentgeltlichen Rechtsvertretung auf patentierte Rechtsanwältinnen und -anwälte kein Bundesrecht verletzt.
3.
Die Gerichtskosten sind den Beschwerdeführenden 2 und 3 zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftbarkeit aufzuerlegen (Art. 64 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 BGG). Dem Gesuch der Beschwerdeführerin 1 um unentgeltliche Verbeiständung kann nicht stattgegeben werden, da ihre Rechtsvertreter die Beschwerde auch in eigenem Namen erhoben und begründet haben und sie mithin nicht auf anwaltliche Vertretung angewiesen war.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Das Gesuch um Bestellung des Beschwerdeführers 2 zum unentgeltlichen Rechtsbeistand der Beschwerdeführerin 1 wird abgewiesen.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden den Beschwerdeführenden 2 und 3 je zur Hälfte und unter solidarischer Haftung auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der IV-Stelle des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 17. August 2012
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Ursprung
Die Gerichtsschreiberin: Fleischanderl