Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 718/01 
 
Urteil vom 17. September 2002 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiberin Fleischanderl 
 
Parteien 
Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 20, 3003 Bern, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
D.________, 1958, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Procap, Schweizerischer Invaliden-Verband, Froburgstrasse 4, 4600 Olten, 
 
Vorinstanz 
AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau, Weinfelden 
 
(Entscheid vom 17. Oktober 2001) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 4. März 1998 wies die IV-Stelle des Kantons Thurgau das Leistungsbegehren der 1958 geborenen, verheirateten D.________ mangels rentenbegründender Invalidität ab. Auf Beschwerde hin hob die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau den Verwaltungsakt auf und wies die Sache zur Vornahme weiterer Abklärungen im Sinne der Erwägungen an die IV- Stelle zurück (Entscheid vom 17. Mai 1999). Diese verfügte daraufhin am 20./23. April 2001 die Ausrichtung einer Viertelsrente bzw. bei Vorliegen eines wirtschaftlichen Härtefalles einer halben Invalidenrente mit Wirkung ab 1. Mai 2000. 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess die AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau in dem Sinne gut, als sie die Verfügung vom 20./23. April 2001 aufhob und die IV-Stelle anwies, der Versicherten ab 1. Mai 2000 eine halbe Invalidenrente sowie eine entsprechende Zusatzrente für ihren Ehemann zuzusprechen (Entscheid vom 17. Oktober 2001). 
C. 
Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich (recte: der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau) sei in Bezug auf die Zusprechung einer Zusatzrente aufzuheben, "gegebenenfalls zu näheren Abklärungen an die Verwaltung zurückzuweisen". 
 
Während die Rekurskommission und die Versicherte auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, beantragt die IV-Stelle deren Gutheissung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Streitig ist, ob die Beschwerdegegnerin Anspruch auf eine Zusatzrente für ihren Ehemann hat. 
1.1 Nach Art. 34 Abs. 1 IVG haben rentenberechtigte verheiratete Personen, die unmittelbar vor ihrer Arbeitsunfähigkeit eine Erwerbstätigkeit ausübten, Anspruch auf eine Zusatzrente für ihren Ehegatten, sofern diesem kein Anspruch auf eine Alters- oder Invalidenrente zusteht. 
Der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit gemäss dieser Bestimmung richtet sich nach Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung (vgl. AHI 1998 S. 124 Erw. 3c) und fällt daher mit dem Beginn der einjährigen Wartezeit zusammen (Botschaft über die zehnte Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 5. März 1990, BBl 1990 II 110). Der Anspruch auf Zusatzrente für den Ehegatten muss daher verneint werden, wenn zwischen dem Ende der Aktivitätsperiode (oder einer dieser gleichgestellten Periode im Sinne von Art. 30 IVV) und dem Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit Zeit vergeht (SVR 2001 IV Nr. 36 S. 109 Erw. 1c). 
1.2 Zu prüfen ist vorliegend insbesondere, ob die Beschwerdegegnerin im Sinne von Art. 34 Abs. 1 IVG unmittelbar vor ihrer Arbeitsunfähigkeit eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat. Während das BSV, welchem sich die IV-Stelle an schliesst, dies mit der Begründung verneint, die einjährige Wartezeit habe im Mai 1999 begonnen, weshalb auf Grund des Umstands, dass die Versicherte ihre Erwerbstätigkeit Ende Mai 1995 aufgegeben bzw. letztmals im Juni 1998 Taggeldleistungen der Arbeitslosenversicherung bezogen habe, kein Anspruch auf eine Zusatzrente für den Ehemann bestehe, gehen Vorinstanz und Beschwerdegegnerin davon aus, der Beginn der Wartezeit sei auf August 1994 festzulegen, als die Ver sicherte noch erwerbstätig war. 
2. 
2.1 Bei der Berechnung der durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeit gemäss Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG gilt die einjährige Wartezeit in dem Zeitpunkt als eröffnet, in welchem eine erhebliche Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit vorliegt. Als erheblich in diesem Sinne gilt bereits eine Arbeitsunfähigkeit von 20 % (AHI 1998 S. 124 Erw. 3c mit Hinweisen). 
2.2 Nach Lage der Akten ist - allseits unstreitig - davon auszugehen, dass die Beschwerdegegnerin von August 1994 bis 8. Januar 1995 zu 100 % arbeitsunfähig war, anschliessend im angestammten Beruf als Hilfskraft in einer Fischereiverarbeitung eine 50 %ige Beeinträchtigung des Leistungsvermögens bestand sowie seit 4. April 1996 für körperlich leichte, wechselbelastende Tätigkeiten eine 70 %ige Arbeitsfähigkeit gegeben war; ab Mitte Oktober 1999 attestierten die Ärzte der Versicherten sodann eine Arbeitsunfähigkeit von 50 %. Auf Grund dieser Angaben ist ausgewiesen, dass die Beschwerdegegnerin seit August 1994 stets in erheblichem Ausmass in ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt war. Auch wenn vorliegend im Rahmen der rückwirkenden Berechnung der durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeit der Anspruch auf eine halbe Rente erst beträchtliche Zeit später entstanden ist (während eines Jahres ununterbrochener durchschnittlicher 50 %iger Arbeitsunfähigkeit), gilt die einjährige Wartezeit als im August 1994 eröffnet. Da die Versicherte vor diesem Zeitpunkt seit 1. September 1992 als Hilfskraft bei der Firma C.________ AG tätig gewesen war, ist der Anspruch auf eine Zusatzrente für den Ehegatten - die übrigen Voraussetzungen (vgl. Erw. 1.1 hievor) werden nicht bestritten - zu bejahen. 
3. 
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend steht der durch den Schweizerischen Invalidenverband vertretenen Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG; BGE 122 V 278). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Die IV-Stelle des Kantons Thurgau hat der Beschwerdegegnerin für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 1500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau, der IV-Stelle des Kantons Thurgau und der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau zugestellt. 
Luzern, 17. September 2002 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: