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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_314/2008 /ber 
 
Urteil vom 17. September 2008 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Gerichtsschreiber Küng. 
 
Parteien 
A.________, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin 
Ursula Eggenberger Stöckli, 
 
gegen 
 
Swissmedic, Schweizerisches Heilmittelinstitut, 
Hallerstrasse 7, 3012 Bern. 
 
Gegenstand 
Oxycodon Mepha retard; Sistierung des Zulassungsverfahrens, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. März 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die B.________ ist Inhaberin der Zulassung für das Arzneimittel Oxycontin (Tabletten retard), einem Schmerzmittel zur Behandlung mittelstarker bis starker andauernder Schmerzen, das den Wirkstoff Oxycodonum hydrochloridum enthält. Dieses Präparat wurde noch vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte (HMG; SR 812.21) am 24. Juni 1999 von der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) in den Dosisstärken 10, 20, 40 und 80 mg registriert, ohne dass ein Erstanmelderschutz auf den Zulassungsunterlagen festgelegt worden wäre. Eine weitere Dosisstärke von 5 mg liess das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic (im Folgenden: Institut) am 3. Februar 2005 zu und gewährte für diese Dosisstärke einen (reduzierten) Erstanmelderschutz von 3 Jahren. 
 
Am 12. Februar 2007 beantragte die B.________ dem Institut, es sei festzustellen, dass ihre zur Registrierung des Arzneimittels Oxycontin 10, 20, 40 und 80 mg (Tabletten retard) vorgelegten Unterlagen einen Erstanmelderschutz von 10 Jahren genössen. Zudem verlangte sie, zu den Zulassungsverfahren für Arzneimittel, die sich auf die Zulassungsunterlagen von Oxycontin (Tabletten retard) abstützen, als Partei zugelassen zu werden. 
 
Mit Verfügung vom 10. September 2007 wies das Institut diese Gesuche vollumfänglich ab. Hiegegen reichte die B.________ am 12. Oktober 2007 beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde ein. 
 
B. 
Die A.________ reichte - gestützt auf die Unterlagen des für die B.________ zugelassenen Präparates Oxycontin (Tabletten retard) - am 6. Juni 2007 beim Institut ein Gesuch um vereinfachte Zulassung des Generikums Oxycodon Mepha retard in den Dosisstärken 5, 10, 20, 40 und 80 mg ein. 
 
Mit Vorbescheid vom 10. September 2007 teilte das Institut der A.________ mit, dass ein erstinstanzliches Verfahren zur Festlegung eines allfälligen Erstanmelderschutzes des Originalpräparates hängig sei, dessen Ausgang das Zulassungsverfahren für das Generikum präjudiziere. 
 
Nachdem das Institut ebenfalls am 10. September 2007 das Gesuch der B.________ abgewiesen, und diese dagegen Beschwerde bei der Vorinstanz erhoben hatte, sistierte das Institut mit Zwischenverfügung vom 30. Oktober 2007 das Zulassungsverfahren für das Generikum. Hiegegen führte die A.________ am 28. November 2007 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht, welches auf die Eingabe mit Urteil vom 25. März 2008 nicht eintrat. 
 
C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 25. April 2008 beantragt die A.________ dem Bundesgericht im Hauptantrag, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben und das Institut anzuweisen, das Zulassungsverfahren für das Generikum unverzüglich weiterzuführen. 
 
Das Institut beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. 
Das Bundesverwaltungsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
D. 
Mit "vorläufiger Vernehmlassung" bzw. "Gesuch um Beteiligung" vom 28. Juli 2008 stellt die B.________ den Antrag, in den Beschwerdeverfahren gegen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Sistierung von Zulassungsverfahren, in welchen auf die Registrierungsunterlagen von Oxycontin Tabletten retard (mit dem Wirkstoff Oxycodon) Bezug genommen wird, als Beteiligte im Sinne von Art. 102 Abs. 1 BGG angehört zu werden; sie stellt den Antrag, die Beschwerden abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Nach Art. 102 Abs. 1 BGG bezieht das Bundesgericht neben den Parteien auch weitere Beteiligte in den Schriftenwechsel ein, soweit dies erforderlich erscheint. Die B.________ stellt den Antrag, als Beteiligte im Sinne der genannten Bestimmung zur Beschwerde Stellung nehmen zu können. Sie verweist darauf, dass eine Aufhebung der Sistierung ihren Erstanmelderschutz verletzen könnte. Mit dieser Argumentation übersieht sie jedoch, dass die Sistierung gar nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet. Zu prüfen ist nur, ob die Vorinstanz auf das gegen die Sistierung erhobene Rechtsmittel hätte eintreten müssen. Die Beurteilung dieser rein verfahrensrechtlichen Frage berührt die B.________ nicht. Ihr Gesuch um Beteiligung am Beschwerdeverfahren ist daher abzuweisen. 
 
2. 
2.1 Das Institut hat das hängige (Beschwerde-)Verfahren um Feststellung des Erstanmelderschutzes des Referenzpräparates als Sistierungsgrund für das Zulassungsverfahren betreffend das Generikum betrachtet, weil der (rechtskräftige) Ausgang des ersterwähnten Verfahrens für den weiteren Verlauf des vereinfachten Zulassungsverfahrens von präjudizieller Bedeutung sei, und darüber einen entsprechenden Zwischenentscheid im Sinne von Art. 46 VwVG getroffen. 
 
2.2 Die Vorinstanz hat erkannt, die angefochtene - im Hinblick auf den Abschluss eines anderen Verfahrens verfügte - Sistierung könne für die Beschwerdeführerin keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil (Art. 46 Abs. 1 lit. a VwVG) bewirken, weshalb mangels eines ausreichenden schutzwürdigen Interesses an der sofortigen Aufhebung der angefochtenen Verfügung auf die Beschwerde nicht einzutreten sei. 
 
3. 
3.1 Die Beschwerdeführerin rügt zunächst eine Verletzung von Art. 46 VwVG. Diese erblickt sie darin, dass die Vorinstanz fälschlicherweise das Vorliegen eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils verneint habe. Weiter rügt sie eine Verletzung der Regeln über die Sistierung eines Verfahrens sowie die Verletzung der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV). 
 
3.2 Die Sistierung eines Verfahrens im Hinblick auf den Abschluss anderer hängiger Prozesse, deren Ausgang für die Beurteilung des Falles von Bedeutung ist oder sein kann, hat bezüglich der dadurch bewirkten zeitlichen Verzögerung in der Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil für die betroffenen Parteien zur Folge (vgl. BGE 131 V 362 E. 3.2, mit Hinweisen). Diese noch unter Geltung des Bundesrechtspflegegesetzes (OG) ergangene Rechtsprechung gilt auch für die Anwendung von Art. 46 VwVG (BGE 120 Ib 97 E. 1c). 
 
3.3 Die Beschwerdeführerin stellte beim Institut ein Gesuch um vereinfachte Zulassung für ein Arzneimittel mit bekanntem Wirkstoff (Art. 14 Abs.1 lit a des Bundesgesetzes vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinprodukte [Heilmittelgesetz, HMG; SR 812.21]). 
3.3.1 Wird ein Gesuch um Zulassung eines Arzneimittels gestellt, das im Wesentlichen gleich ist wie ein bereits zugelassenes Arzneimittel (Originalpräparat) und für die gleiche Anwendung vorgesehen ist, so kann sich das Gesuch gemäss Art. 12 Abs. 1 HMG (vgl. auch Art. 17 der Verordnung vom 17. Oktober 2001 über die Arzneimittel [Arzneimittelverordnung, VAM; SR 812.212.21]) auf die Ergebnisse von dessen pharmakologischen, toxikologischen und klinischen Prüfungen abstützen, wenn der Gesuchsteller, d.h. der Inhaber der Zulassung für das Originalpräparat, schriftlich zustimmt (lit. a) oder die Schutzdauer für das Originalpräparat (Erstanmelderschutz) abgelaufen ist (lit. b). Zu beachten ist, dass es für denselben Wirkstoff nur ein Originalpräparat geben kann (Swissmedic Journal 7/2003 S. 556). 
 
Dieser Erstanmelderschutz soll vertrauliche Daten, die ein Erstanmelder im Rahmen der Zulassung vorzulegen hat und die oft unter erheblichen Investitionen erstellt worden sind, vor unlauterer gewerblicher Verwendung schützen. Der Schutz soll so lange währen, bis ein Zweitanmelder sich zulässigerweise auf die Daten stützen darf, sei es auf Grund einer finanziellen Gegenleistung im Einvernehmen mit dem Erstanmelder, sei es nach Ablauf einer gewissen Zeitdauer (BBl 1999 III 3472). 
3.3.2 Im hängigen Verfahren der B.________ ist entsprechend ihrem Feststellungsbegehren zu entscheiden, ob diese für das Originalpräparat bzw. für die eingereichten Zulassungsunterlagen den Erstanmelderschutz gemäss Art. 12 HMG geniesst. Ist dies der Fall, so sind die von ihr für die Zulassung eingereichten Prüfunterlagen vor der Verwendung durch Dritte geschützt, indem der Bezug auf die Unterlagen während der ganzen Schutzdauer nicht möglich ist; die Schutzfrist bezieht sich auf das eigentliche Zulassungs-Know-how, d.h. den für die Zusammenstellung des Zulassungsdossiers betriebenen Aufwand und hat keinen Bezug zu einem allfälligen Patentschutz (BBl 1999 III 3499 f.). Das heisst, dass sich ein allfälliges Gesuch um Zulassung eines Generikums während der Schutzdauer - d.h. gegebenenfalls bis zum 24. Juni 2009 - ohne Zustimmung des Erstanmelders nicht auf diese Unterlagen abstützen kann. 
 
3.4 Diese gesetzliche Regelung setzt voraus, dass zunächst darüber zu befinden ist, ob für einen im Originalpräparat - als solches gilt ein erstmals zugelassenes Arzneimittel mit einem neuen Wirkstoff - enthaltenen Wirkstoff, der nun in einem Generikum verwendet werden soll, überhaupt ein Erstanmelderschutz besteht. 
 
Das Institut hat offenbar am 10. September 2007 entschieden, dass die für die Registrierung des Arzneimittels Oxycontin, Tabletten retard, vorgelegten Unterlagen keinen Erstanmelderschutz von 10 Jahren geniessen. Dagegen hat die Inhaberin der Zulassung bei der Vorinstanz ebenfalls Beschwerde erhoben. 
 
Solange diese grundsätzliche Frage nicht rechtskräftig entschieden ist, besteht kein Anspruch der Beschwerdeführerin, dass ihr Zulassungsgesuch für das Generikum nach der bereits vorgenommenen formellen Prüfung auch materiell geprüft wird. Denn die geschützten Unterlagen dürfen bis zum Ablauf der Schutzdauer - auch vom Institut - nicht in anderen Zulassungsverfahren verwendet werden. Eine vorgängige Zulassungsprüfung unter einem Vorbehalt, wie dies die Beschwerdeführerin vorschlägt, widerspricht nicht nur den Grundsätzen der Verwaltungsökonomie; auf diese Weise würde auch der Schutz der Unterlagen des Erstanmelders faktisch umgangen. Der Gesetzgeber hat die sich durch diesen Schutz ergebenden Verzögerungen bei der Zulassung von Generika bewusst in Kauf genommen (vgl. BBl 1999 III 3500). 
 
Das Institut hat im Übrigen darauf hingewiesen, dass das Gesuch nach Ablauf der allenfalls bestehenden Schutzfrist am 24. Juni 2009 auf jeden Fall wieder aufgenommen werde. 
 
3.5 Ob die Erstanmelderin für den in Frage stehenden Wirkstoff einen Anspruch auf Erstanmelderschutz hat und ob gegen dessen Nichtregistrierung ein Rechtsmittel hätte ergriffen werden müssen, ist im hängigen Verfahren der Erstanmelderin umfassend zu prüfen. 
 
3.6 Die Vorinstanz hat daher kein Bundesrecht verletzt, indem sie es ablehnte, die Sistierung des Zulassungsverfahrens für das Generikum der Beschwerdeführerin als nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 46 VwVG zu betrachten. Insbesondere hätte das Zulassungsverfahren ohnehin nicht rascher durchgeführt werden können, wenn die zentrale Rechtsfrage des Erstanmelderschutzes im Verfahren der Beschwerdeführerin anstatt in jenem der Zulassungsinhaberin für das Originalpräparat - von einem solchen Schutz ist bis zum Entscheid über den Erstanmeldeschutz auszugehen - entschieden worden wäre. Denn die Erstanmelderin hätte sich hier wiedersetzt, wie ihr im eigenen Verfahren gestellter Antrag auf Beiladung für alle Zulassungsverfahren, die sich auf die Zulassungsunterlagen für Oxycontin stützen, klar erkennen lässt (vgl. Zwischenentscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. April 2008); sie beantragt denn auch im vorliegenden Verfahren in ihrem Beiladungsgesuch die Abweisung der Beschwerde. 
 
3.7 Die von der Beschwerdeführerin gerügte Verzögerung des Zulassungsverfahrens bzw. der damit allenfalls verbundene Wettbewerbsnachteil ist Folge der im öffentlichen Interesse liegenden gesetzlichen Regelung der Zulassung von Arzneimitteln und stellt damit von vornherein keine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit dar (vgl. Urteil 2A.278/2005 vom 29. November 2005 E. 5.2). 
 
3.8 Die Vorinstanz hat ebenfalls zu Recht erkannt, die Beschwerdeführerin könne eine allfällige Verletzung ihres Gehörsanspruches bei der Sistierung des Verfahrens noch im Rahmen einer Beschwerde gegen den Endentscheid vorbringen. 
 
4. 
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Das Gesuch der B.________ um Verfahrensbeteiligung wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht sowie der B.________, soweit es sie betrifft, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 17. September 2008 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Merkli Küng