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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_502/2023  
 
 
Urteil vom 17. September 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiber Grünenfelder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokat Cédric Robin, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Rechtsabteilung, Fluhmattstrasse 1, 6002 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung 
(Invalidenrente; Einkommensvergleich), 
 
Beschwerde gegen das Urteil 
des Kantonsgerichts Basel-Landschaft 
vom 13. April 2023 (725 22 278 / 96). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1975 geborene A.________, gelernter Polybauer (Fassadenbau), bezog seit September 2018 Taggelder der Arbeitslosenversicherung und war dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 4. März 2020 wollte er sich - so die Angaben in der eingereichten Schadenmeldung UVG für arbeitslose Personen - auf das Sofa legen, wobei ihm der Oberarm beim Abstützen mit dem rechten Unterarm "aus dem Gelenk gesprungen" sei. Die erstbehandelnde Allgemeinmedizinerin Dr. med. B.________, diagnostizierte eine Partialruptur der Supraspinatussehne an der rechten Schulter. Die Suva erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung, Taggeld). Nach arthroskopischen Eingriffen und einem vom 28. September bis 2. November 2021 dauernden Aufenthalt in der Klinik C.________ setzte die Suva A.________ über die Einstellung der Leistungen per 31. Januar 2022 in Kenntnis, da von der Fortsetzung der Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustands mehr erwartet werden könne. Aufgrund der Einholung einer medizinischen Zweitmeinung verlängerte sie das Taggeld bis Ende Februar 2022. Mit Verfügung vom 8. Februar 2022 verneinte die Suva den Anspruch auf eine Invalidenrente; ebenso wenig sei eine Integritätsentschädigung geschuldet. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 2. September 2022 fest. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Urteil vom 13. April 2023 ab. 
 
C.  
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils sei ihm ab 1. März 2022 eine Invalidenrente basierend auf einem Invaliditätsgrad von 21 % zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das Bundesgericht holt die vorinstanzlichen Akten ein. Einen Schriftenwechsel führt es nicht durch. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 147 I 73 E. 2.1; 145 V 304 E. 1.1; je mit Hinweis).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Das kantonale Gericht hat die Grundsätze zum Anspruch auf eine Invalidenrente bei einer unfallbedingten Invalidität von mindestens 10 % (Art. 18 Abs. 1 UVG) zutreffend dargelegt. Korrekt sind auch die Ausführungen über den Beweiswert ärztlicher Unterlagen (BGE 135 V 465 E. 4.4, 134 V 231 E. 5.1, 125 V 351 E. 3a und 3b/ee) sowie zur Invaliditätsbemessung nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG), insbesondere was die - seitens des Valideneinkommens nur ausnahmsweise zulässige - Festlegung der Vergleichseinkommen anhand von statistischen Durchschnittswerten anbelangt (vgl. statt vieler: SVR 2007 IV Nr. 38 S. 130, I 943/06 E. 5.1.3 und 6.2; Urteil 8C_234/2020 vom 3. Juni 2020 E. 3). Darauf wird verwiesen.  
 
2.2. Zu ergänzen ist, dass sich bei der Bemessung des Invalideneinkommens, wenn die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität nicht auf ihren angestammten Beruf zurückgreifen kann, das Abstellen auf den Totalwert im Kompetenzniveau 2 gemäss den vom Bundesamt für Statistik (BfS) herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (nachfolgend: LSE) nur dann rechtfertigt, wenn sie über besondere Fertigkeiten und Kenntnisse verfügt. Das betrifft beispielsweise Führungserfahrung, zusätzliche formale Weiterbildungen oder andere während der Berufsausübung erworbene besondere Qualifikationen. Andernfalls ist der im Kompetenzniveau 1 ausgewiesene Wert entscheidend (statt vieler: Urteile 8C_194/2022 vom 5. Dezember 2022 E. 7.4.1; 8C_156/2022 vom 29. Juni 2022 E. 7.3; 8C_276/2021 vom 2. November 2021 E. 5.4.1; 8C_737/2020 vom 23. Juli 2021 E. 2; 8C_457/2017 vom 11. Oktober 2017 E. 6.3; je mit Hinweisen).  
 
3.  
 
3.1. Streitig und zu prüfen ist, ob der vom kantonalen Gericht im Rahmen eines Einkommensvergleichs ermittelte Invaliditätsgrad von 5 % und damit die Verneinung eines Rentenanspruchs aus Sicht des Bundesrechts stand halten.  
Nicht im Streit liegt demgegenüber die vollumfängliche Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers für leichte bis mittelschwere, dem Schulterleiden angepasste Tätigkeiten sowie die vorinstanzliche Anwendung der LSE 2020 für beide Vergleichseinkommen. Ebenso von keiner Seite in Abrede gestellt wird, dass beim Valideneinkommen grundsätzlich das Kompetenzniveau 2 heranzuziehen ist und seitens des Invalideneinkommens ein 5%iger Abzug vom Tabellenlohn (BGE 126 V 75) zur Anwendung kommt. 
 
3.2. Die Vorinstanz hat das Valideneinkommen mit Fr. 73'305.- veranschlagt und dabei auf den Totalwert im Kompetenzniveau 2 (Tabelle TA1_tirage_skill_level) abgestellt. Sie erkannte diesbezüglich im Wesentlichen, es könne nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer als gesunde Person im Zeitpunkt des Rentenbeginns ausschliesslich im Baugewerbe tätig wäre. Hinsichtlich des insgesamt auf Fr. 69'640.- festgelegten Invalideneinkommens hat das kantonale Gericht insbesondere erwogen, der Beschwerdeführer sei aufgrund seines beruflichen Werdegangs in der Lage, intellektuell anspruchsvollere Arbeiten zu verrichten als eine einfache Hilfskraft. Daher sei das Kompetenzniveau 2 auch beim Invalideneinkommen zu berücksichtigen. Aus der Gegenüberstellung der Vergleichseinkommen ermittelte die Vorinstanz einen dem Abzug vom Tabellenlohn entsprechenden Invaliditätsgrad von 5 % und bestätigte die von der Beschwerdegegnerin verfügte Rentenabweisung.  
 
4.  
Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, verfängt nicht. 
 
4.1. Soweit er hinsichtlich des Valideneinkommens hauptsächlich rügt, aufgrund seiner fehlenden Berufskenntnisse in anderen Bereichen und der absolvierten Ausbildung mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) als Polybauer (Fassadenbau) müsse davon ausgegangen werden, dass er als gesunde Person weiterhin im erlernten Beruf oder immerhin in der Baubranche arbeiten würde, greift dies zu kurz. Den erhobenen Einwänden ist mit der Vorinstanz entgegenzuhalten, dass sich die Berufserfahrung des Beschwerdeführers als Polybauer (Fassadenbau) bei genauerem Hinsehen auf die Tätigkeit bei seinem damaligen Lehrbetrieb, der D.________ AG beschränkte. Dort arbeitete er nach Ablauf seiner anderthalb Jahre dauernden Ausbildungszeit lediglich noch rund sechs Monate lang weiter, das heisst insgesamt vom 1. April 2011 bis 19. April 2013 (vgl. Arbeitgeberangaben vom 21. November 2013). Dem Kündigungsschreiben der Arbeitgeberin vom 15. April 2013 ist zu entnehmen, nach der erfolgreichen Lehrzeit habe man den Beschwerdeführer (nur deshalb) weiter beschäftigt, damit er Zeit habe, eine passende Stelle zu finden. Nachfolgende Stellenbemühungen im angestammten Beruf oder zumindest in der Baubranche sind jedoch weder ausgewiesen noch in der Beschwerde (substanziiert) dargelegt, was den Standpunkt der Vorinstanz stützt. Vielmehr liess sich der Beschwerdeführer von der Invalidenversicherung in den kaufmännischen Bereich umschulen. Demnach war seine berufliche Entwicklung bereits mehrere Jahre vor dem Unfallereignis vom 4. März 2020 - wenn auch aus (vor dem Unfall eingetretenen und daher hier ausser Betracht fallenden) gesundheitlichen Gründen - nicht mehr auf die Baubranche oder seinen ehemals erlernten Beruf ausgerichtet (vgl. Bericht über die Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit [EFL] vom 5. März 2014). Konkrete Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer ohne den Unfall in seinem angestammten Tätigkeitsbereich als Poly- bzw. Fassadenbauer oder im Baugewerbe Fuss gefasst hätte, sind mit anderen Worten nicht zu erkennen. Hat das kantonale Gericht bei dieser Ausgangslage auf den Totalwert der LSE abgestellt, so ist dies folglich nicht zu beanstanden.  
 
4.2. Mit Blick auf die Festlegung des Invalideneinkommens im Kompetenzniveau 2 bestreitet der Beschwerdeführer, dass er über besondere Fertigkeiten und Kenntnisse verfügt (vgl. E. 2.2 hiervor). Solche liessen sich insbesondere deshalb nicht aus seinen früheren Tätigkeiten ausserhalb der Baubranche ableiten, weil er dabei bloss Grundlagenkenntnisse erworben habe. Die Vorinstanz hat in dieser Hinsicht indessen zu Recht festgehalten, der Beschwerdeführer habe nicht nur eine handwerkliche Ausbildung absolviert, sondern sich darüber hinaus mit dem Erwerb des Handelsdiploms auch eine Grundbildung in einem kaufmännischen Beruf angeeignet. Ausserdem könne er auf seine früheren Tätigkeiten als Kaufhausdetektiv sowie im Sicherheits- und Verkehrsdienst zurückgreifen. Nachdem sämtliche dieser Berufserfahrungen im Grundsatz unbestritten geblieben sind, ergeben sich daraus durchaus praktische Fähigkeiten, welche der Beschwerdeführer unter Einhaltung des in der C.________ erstellten Belastungsprofils - leichte bis mittelschwere, nicht schulterbelastende Tätigkeit - verwerten kann (vgl. Austrittsbericht vom 17. November 2021). Vorstellbar erscheinen etwa Anstellungen in der Administration oder im Sicherheits- oder Verkehrssicherheitsbereich, wo der Beschwerdeführer wie erwähnt bereits für eine gewisse Zeit gearbeitet hatte. Obschon letztere Arbeitsverhältnisse länger zurückliegen, kann nicht gesagt werden, es kämen vor diesem Hintergrund insgesamt nur noch einfache Tätigkeiten körperlicher oder handwerklicher Art (entsprechend dem Kompetenzniveau 1) in Frage. Denn immerhin schloss der Beschwerdeführer im Rahmen seiner kaufmännischen Ausbildung unter anderem die Fächer Deutsch, Englisch und Administration I und II (inklusive Rechnungswesen / Buchhaltung) ab. Dass er in diesem Bereich ausschliesslich um veraltete oder anderweitig nicht verwertbare Kenntnisse verfügen würde, ist unter diesen Umständen nicht nachvollziehbar (vgl. Bürofachdiplom vom 6. Juli 2017; Handelsdiplom vom 24. Januar 2018). Ebenso wenig handelt es sich bei den fraglichen Ausbildungen, anders als in der Beschwerde behauptet, bloss um "grundlegende Kurzkurse", die bei der Bestimmung des anwendbaren Kompetenzniveaus vernachlässigt werden könnten. Auch anhand der sonstigen Vorbringen ist nicht ersichtlich, inwieweit das kantonale Gericht das Invalideneinkommen bundesrechtswidrig festgelegt haben soll.  
 
4.3. Nach dem Gesagten hat es mit der im Übrigen (vgl. E. 3.1 hiervor) unbestrittenen, zudem nicht mit einem offensichtlichen Rechtsmangel behafteten (vgl. E. 1.1 hiervor) vorinstanzlichen Invaliditätsbemessung sein Bewenden. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet.  
 
5.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 17. September 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Grünenfelder