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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5D_167/2022  
 
 
Urteil vom 17. November 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Marazzi, Bovey 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Kanton Solothurn, 
vertreten durch das Amt für soziale Sicherheit, 
Soziale Förderung und Generationen, 
Ambassadorenhof, 4509 Solothurn, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Verantwortlichkeit nach Art. 454 ZGB
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 4. Juli 2022 (VWKLA.2021.3). 
 
 
Sachverhalt:  
Mit Verantwortlichkeitsklage vom 5. Mai 2021 gegen den Kanton Solothurn verlangte die Beschwerdeführerin Schadenersatz von Fr. 25'000.--. Mit Urteil vom 4. Juli 2022 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Mit Eingabe vom 9. November 2022 wendet sich die Beschwerdeführerin an das Bundesgericht mit einem sinngemässen Gesuch um Fristwiederherstellung und dem sinngemässen Begehren um Zuspruch von Fr. 25'000.-- Schadenersatz. Ferner verlangt sie die unentgeltliche Rechtspflege. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Gemäss Art. 50 Abs. 1 BGG wird eine versäumte Frist wiederhergestellt, wenn nachgewiesen wird, dass die Partei oder deren Vertreter durch ein unverschuldetes Hindernis abgehalten worden ist, innerhalb der Frist zu handeln, und binnen 30 Tagen die Wiederherstellung verlangt und die versäumte Rechtshandlung nachgeholt wird. 
Krankheit kann einen typischen Hinderungsgrund darstellen. Die Erkrankung muss aber derart sein, dass es dem Rechtsuchenden unmöglich war, selber innert Frist zu handeln oder wenigstens einen Rechtsanwalt mit der Vornahme der Prozesshandlung zu betrauen (BGE 112 V 255 E. 2a). Wird eine Erkrankung als Grund für die versäumte Frist angerufen, kommt in der Praxis einem zeitnah erstellten Arztzeugnis ausschlaggebende Bedeutung zu (Urteil 2C_451/2016 vom 8. Juli 2016 E. 2.2.2), wobei dieses die Unfähigkeit näher zu beschreiben hat und die blosse Bestätigung eines Krankheitszustandes oder die blosse Bestätigung einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit zur Anerkennung eines Hindernisses nicht genügt (Urteile 6B_230/2010 vom 15. Juli 2010 E. 2.2; 8C_554/2010 vom 4. August 2010 E. 4.2; 5A_39/2022 vom 28. Januar 2022 E. 2). 
Bereits am 21. Oktober 2022 hatte die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht geschrieben und um Fristverlängerung für die Beschwerdeeinreichung gebeten; es wurde ihr am 25. Oktober 2022 mitgeteilt, dass gesetzliche Fristen nicht erstreckt werden können und ein allfälliges Fristwiederherstellungsgesuch nicht isoliert eingereicht werden könnte, sondern damit auch die versäumte Handlung nachzuholen wäre. 
In ihrer nunmehr eingereichten Beschwerde bringt sie vor, unvorhergesehen und dringlich in der Notfallaufnahme behandelt worden zu sein. Sie legt ein Zeugnis des Spitals B.________ vor, welches einen Spitalaufenthalt und eine vollständige Arbeitsunfähigkeit vom 27. Juli bis 3. August 2022 attestiert. Sodann reicht sie einen Austrittsbericht vom 7. September 2022 ein, welche aber wegen schlechter Kopierqualität weitgehend unleserlich sind; möglicherweise geht es um das Spital C.________, wobei nicht ersichtlich ist, von wann bis wann ein allfällig stationärer Aufenthalt gedauert hätte. 
Vor diesem Hintergrund ist das unverschuldete Hindernis und das anschliessende fristgerechte Handeln durch die vorliegende Beschwerde vom 9. November 2022 nicht nachgewiesen. Ausserdem wird mit den eingereichten Unterlagen nicht ansatzweise belegt, dass es auch dem Anwalt, welcher die Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren vertreten hat, nicht möglich gewesen wäre, für die Beschwerdeführerin ein Rechtsmittel einzulegen und ihre Interessen zu wahren. Insgesamt ergibt sich somit, dass die Voraussetzungen für eine Fristwiederherstellung nicht dargetan sind. Dies bleibt aber insofern ohne Auswirkung, als auf die Beschwerde unabhängig von der Fristfrage nicht eingetreten werden könnte, wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen. 
 
2.  
Weil der Mindeststreitwert von Fr. 30'000.-- gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG nicht erreicht ist, stünde nicht die Beschwerde in Zivilsachen, sondern nur die subsidiäre Verfassungsbeschwerde zur Verfügung (Art. 113 BGG). Mit ihr könnte einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG), wofür das strenge Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG). Dies bedeutet, dass anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids klar und detailliert darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen, während auf appellatorische Ausführungen nicht eingetreten werden kann (BGE 140 III 264 E. 2.3; 142 III 364 E. 2.4). 
 
3.  
Gemäss den verwaltungsgerichtlichen Feststellungen machte die Beschwerdeführerin eine Haftung gemäss Art. 454 ZGB dahingehend geltend, dass sie Alleinerbin ihrer (deutlich älteren) Schwester sei, welche mit 13 Jahren bei der Familie einer Tante untergebracht worden sei, dass diese Schwester einen Solidaritätsbeitrag zugut gehabt hätte und sie (Beschwerdeführerin) wisse, dass ihre Schwester den Beitrag auch gewollt habe, da sie (Beschwerdeführerin) an einer Veranstaltung mit Bundesrätin Sommaruga über Verdingkinder teilgenommen und im Anschluss ihre Schwester gefragt habe, ob sie auch einen Solidaritätsbeitrag möchte, was diese bejaht habe, dass die Beiständin der Schwester auch von diesem Anspruch gewusst, es aber unterlassen habe, diesen für ihre Schwester einzufordern, und dass darin der Schaden bestehe, welchen sie als Alleinerbin numehr als Staatshaftung im Sinn von Art. 454 ZGB einfordere. 
Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass nicht glaubhaft gemacht sei, dass die Schwester Betroffenenstellung und Opfereigenschaft im Sinn von Art. 2 lit. c und d AFZFG (Bundesgesetz über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981, SR 211.223.13) aufgewiesen habe, denn die Beschwerdeführerin könne nicht sagen, unter welchem Titel und wie lange die Schwester bei der Familie der Tante gelebt habe, und sie halte selbst fest, dass die Schwester nie über den dortigen Aufenthalt gesprochen, es aber bei der Familie gut gehabt habe. Das Verwaltungsgericht hat weiter erwogen, dass es in erster Linie an der Schwester gelegen hätte, ein Gesuch um einen Solidaritätsbeitrag zu stellen, zumal dieser gemäss Art. 4 Abs. 5 AFZFG persönlicher Natur sei; eine Garantenstellung oder Handlungspflicht der Beiständin sei nicht auszumachen, zumal es nicht um einen sozialversicherungsrechtlichen Anspruch und gemäss der Botschaft zum AFZFG auch nicht um eine eigentliche Entschädigung oder Genugtuung gegangen wäre. 
 
4.  
Die Beschwerdeführerin versucht, vor Bundesgericht einen völlig anderen Sachverhalt einzuführen, als sie ihn dem Verwaltungsgericht selbst vorgetragen hat, indem sie behauptet, die Schwester sei klarerweise administrativ versorgt und als billige Arbeitskraft ausgebeutet worden, mithin ein Verdingkind und als solches ein Opfer gewesen, welches Anspruch auf Entschädigung habe. Diese Vorbringen sind nicht nur neu und bereits aus diesem Grund unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG), sondern überdies auch in appellatorischer und damit in unzulässiger Form vorgetragen (vgl. E. 2); folglich sind sie nicht zu hören. Gleiches gilt für das weitere Vorbringen, es sei absolut stossend und bedeute eine Pflichtverletzung, wenn die Beiständin der Schwester nicht rechtzeitig ein Gesuch für den Solidaritätsbeitrag eingereicht habe, zumal sie (Beschwerdeführerin) ein solches ja bereits vollständig ausgefüllt habe. 
 
5.  
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten, weil sie verspätet eingereicht worden ist und die Beschwerdeführerin keine Verfassungsrügen erhebt. 
 
6.  
Wie die vorstehenden Erwägungen überdies zeigen, konnte der Beschwerde von Anfang an kein Erfolg beschieden sein, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist. 
 
7.  
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Das Gesuch um Fristwiederherstellung wird abgewiesen. 
 
2.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
3.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
4.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. November 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli