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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_685/2010 
 
Urteil vom 18. Januar 2011 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt, 
Gerichtsschreiber V. Monn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________ GmbH, 
 
vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Burger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Z.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Schelbert, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Provisorische Rechtsöffnung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Justizkommission, Zivilrechtliche Kammer, vom 26. August 2010. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Am 26. Februar 2008 schlossen die X.________ GmbH und Z.________ einen Vergleich, um die Differenzen betreffend ihren Kauf- und Abtretungsvertrag über Aktien der Y.________ AG vom 12. Oktober 2006 beizulegen. In dieser Vereinbarung verpflichtete sich Z.________, der X.________ GmbH bei Eintritt bestimmter Bedingungen die Hälfte von 2'000 Aktien der Y.________ AG (nachfolgend "Y.________-Aktien") zum Preis von EUR 600'000.-- (EUR 600.-- pro Aktie) abzukaufen, abzüglich eines allfälligen Erlöses aus bereits verkauften Y.________-Aktien. 
 
B. 
B.a Gestützt auf die erwähnte Vergleichsurkunde ersuchte die X.________ GmbH beim Einzelrichter am Kantonsgericht des Kantons Zug in der Betreibung Nr. ... des Betreibungsamtes A.________ gegen Z.________ um provisorische Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 897'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 2. Februar 2010 (Eingabe vom 25. Februar 2010). Nachdem der Einzelrichter am Kantonsgericht einen doppelten Schriftenwechsel durchgeführt hatte, wies er das Rechtsöffnungsgesuch mit Verfügung vom 30. Juni 2010 ab. 
B.b Gegen diesen Entscheid erhob die X.________ GmbH am 12. Juli 2010 Beschwerde bei der Zivilrechtlichen Kammer der Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug. Diese verneinte das Vorliegen eines tauglichen Rechtsöffnungstitels und wies die Beschwerde mit Urteil vom 26. August 2010 ab. 
 
C. 
Mit Beschwerde vom 29. September 2010 gelangt die X.________ GmbH (nachfolgend: Beschwerdeführerin) an das Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil der Justizkommission des Kantons Zug aufzuheben und ihr in der besagten Betreibung gegen Z.________ (nachfolgend: Beschwerdegegner) für den Betrag von Fr. 897'000.-- nebst Zins zu 5 % seit 2. Februar 2010 die provisorische Rechtsöffnung zu erteilen; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
In der Sache wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die rechtzeitig (Art. 100 BGG) eingereichte Beschwerde richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG) in einer vermögensrechtlichen Schuldbetreibungs- und Konkurssache (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG), deren Streitwert Fr. 30'000.-- übersteigt (Art. 51 Abs. 1 lit. a und Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Auf die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich einzutreten. 
 
1.2 Im ordentlichen Beschwerdeverfahren sind vor Bundesgericht in rechtlicher Hinsicht alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig. Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem Bereich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft gehörig behauptete (Art. 42 Abs. 2 BGG) Rechtsverletzungen mit freier Kognition. Hingegen legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann der Beschwerdeführer nur einwenden, sie seien offensichtlich unrichtig, das heisst willkürlich (vgl. BGE 134 V 53 E. 4.3 S. 62; 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252), oder würden auf einer anderen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Urteil 5A_374/2010 vom 9. Juli 2010 E. 1). Überdies ist in der Beschwerde darzutun, inwiefern die Behebung des gerügten Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 135 I 19 E. 2.2.2 S. 22). 
 
1.3 Für alle Vorbringen betreffend die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Die Beschwerdeschrift muss die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft demnach nur klar und detailliert erhobene und soweit möglich belegte Rügen; auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246). 
 
Macht die rechtssuchende Partei geltend, die Vorinstanz habe den Sachverhalt willkürlich festgestellt, so kann sie sich nicht damit begnügen, einen von den Feststellungen im angefochtenen Entscheid abweichenden Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr hat sie im Einzelnen darzulegen, inwiefern die vorinstanzlichen Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung einer verfahrensrechtlichen Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255). Die rechtssuchende Partei hat nicht nur darzutun, dass die beanstandeten Feststellungen für den Ausgang des Verfahrens erheblich waren, sondern auch aufzuzeigen, inwiefern sie offensichtlich unhaltbar sind, das heisst mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen, auf einem offenkundigen Versehen beruhen oder sich sachlich in keiner Weise rechtfertigen lassen (Urteil 4A_223/2007 vom 30. August 2007 E. 3.2). 
 
2. 
Die Beschwerdeführerin wirft der Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug vor, sie habe den rechtserheblichen Sachverhalt "offensichtlich falsch im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG" festgestellt und gegen das Willkürverbot (Art. 9 BV) verstossen. Der Vorwurf bezieht sich auf die Stellungnahme des Beschwerdegegners vom 24. März 2010 im Verfahren vor erster Instanz. Darin liess sich dieser durch seinen Anwalt wie folgt zum Rechtsöffnungsgesuch vernehmen: 
"Zu II. 4.: [des Rechtsöffnungsgesuchs vom 25. Februar 2010] 
Richtig ist, dass der Gesuchsgegner eine Verpflichtung einging, der Gesuchstellerin diese Y.________-Aktien per Ende 2009 abzukaufen. Demzufolge verpflichtete sich die Gesuchstellerin, dem Gesuchgegner [sic!] per Ende 2009 die Y.________-Aktien zu übertragen." 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Beschwerdegegner habe durch diese Erklärung sowohl den Bestand als auch die Fälligkeit der in Betreibung gesetzten Kaufpreisforderung ausdrücklich anerkannt. Die Vorinstanz habe diese Tatsache in willkürlicher Weise nicht berücksichtigt und sei zum falschen Schluss gekommen, dass die ins Recht gelegte Vergleichsurkunde auch unter Berücksichtigung der zitierten Erklärung sowie der weiteren Korrespondenz keinen tauglichen Rechtsöffnungstitel darstelle. Die Beschwerdeführerin erklärt, in Anbetracht dieser ausdrücklichen Anerkennung der Betreibungsforderung würden sich weitere Ausführungen zu den im Vergleich vom 26. Februar 2008 vereinbarten Suspensivbedingungen erübrigen. Sie sucht damit die Vorhaltung der Vorinstanz zu entkräften, wonach sie den Eintritt dieser Bedingungen vor erster Instanz zwar behauptet, jedoch nicht urkundlich bewiesen habe. 
 
3. 
3.1 Die Behauptung, der Beschwerdegegner habe im Rahmen des Schriftenwechsels vor erster Instanz sowohl den Bestand als auch die Fälligkeit der Kaufpreisforderung anerkannt, betrifft eine Tatfrage. Die Vorinstanz hat sich mit der erwähnten Erklärung aus der Stellungnahme des Beschwerdegegners und mit der Forderung der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegner sei darauf zu behaften (E. 2.), zwar nicht im Einzelnen auseinandergesetzt. Sie hat aber festgestellt, dass der Beschwerdegegner den Eintritt der fraglichen Suspensivbedingungen nicht ausdrücklich anerkannt, sondern zumindest den Eintritt der Bedingung betreffend die Wirtschaftlichkeit der Technologie der Y.________ AG explizit bestritten habe. 
 
3.2 Auf diese tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz geht die Beschwerdeführerin nicht näher ein. Sie begnügt sich mit Ausführungen darüber, weshalb die streitige Erklärung des Anwalts dem Beschwerdegegner zuzurechnen und wie der Ausdruck "die Y.________-Aktien" auszulegen sei. Im Übrigen versteift sie sich auf ihre Behauptung, der Beschwerdegegner habe durch seinen Anwalt Bestand und Fälligkeit der Betreibungsforderung anerkannt. Insbesondere setzt sie sich auch nicht weiter mit dem Inhalt, Wortlaut und Zusammenhang der streitigen Erklärung des Anwalts des Beschwerdegegners auseinander. Diesbezüglich fällt zunächst auf, dass im fraglichen Passus der Stellungnahme vom 24. März 2010 weder vom Eintritt irgendwelcher Bedingungen noch von einer Anerkennung oder von einem Zugeständnis die Rede ist. Schon darauf geht die Beschwerdeführerin nicht ein. Vor allem aber ist zu beachten, dass der besagte Passus in demselben Schriftsatz enthalten ist, in welchem der Anwalt des Beschwerdegegners das Rechtsbegehren stellt, "es sei der Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. ... nicht zu beseitigen, die provisorische Rechtsöffnung nicht zu erteilen und das Gesuch vom 25.02.2010 vollumfänglich abzuweisen". Warum die betreffende Aussage des Beschwerdegegners trotz dieses ausdrücklichen Abweisungsbegehrens, an dem der Beschwerdegegner auch in seiner zweiten Stellungnahme vom 8. Juni 2010 ausdrücklich festgehalten hat, als Anerkennung des Bestandes und der Fälligkeit der Betreibungsforderung soll gelten können, legt die Beschwerdeführerin in keiner Weise dar. Ein Grund dafür ist auch nicht ersichtlich, umso weniger, als der Beschwerdegegner die Betreibungsforderung in seiner Eingabe auch sonst nicht grundsätzlich anerkannt hat, sondern seine Zahlungsverpflichtung als solche ausdrücklich bestreitet. Schliesslich hat der Beschwerdegegner im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels in seiner Eingabe vom 8. Juni 2010 erklärt, die Vorstellung, dass die Gesellschaft nicht unwirtschaftlich ist, habe einen Irrtum dargestellt und die Verpflichtung [zum Rückkauf der Aktien] sei "also in einer irrigen Vorstellung unterzeichnet" worden. Auch diese Ausführungen des Beschwerdegegners lässt die Beschwerdeführerin ausser Betracht. 
 
3.3 Nach dem Gesagten zeigt die Beschwerdeführerin nicht in einer den Anforderungen von Art. 106 Abs. 2 BGG genügenden Weise auf, dass die Vorinstanz die fragliche Passage in der Stellungnahme des Beschwerdegegners vom 24. März 2010 in willkürlicher Weise gewürdigt bzw. falsche Schlüsse daraus gezogen hat. Entsprechend vermag sie auch die vorinstanzliche Feststellung, der Beschwerdegegner habe den Eintritt der fraglichen Bedingungen nicht ausdrücklich anerkannt und zumindest die Wirtschaftlichkeit der Technologie der Y.________ AG ausdrücklich bestritten (E. 3.1), jedenfalls nicht als willkürlich oder offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG auszuweisen. Der angefochtene Entscheid hält vor Bundesrecht stand. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet, soweit darauf überhaupt einzutreten ist. 
 
Die Frage, ob die Vorinstanz von der Beschwerdeführerin zum Nachweis des Eintritts der Suspensivbedingungen überhaupt einen urkundlichen Beweis fordern durfte oder sich in Anbetracht der suspensiv bedingten Schuldanerkennung mit einem "liquiden Nachweis" des Bedingungseintrittes hätte begnügen müssen (vgl. BGE 26 I 1 E. 3 S. 5 f.; Daniel Staehelin, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs I, 2. Aufl. 2010, N 36 zu Art. 82 SchKG), kann im Übrigen offenbleiben. Denn von einem "liquiden Beweis" des Eintritts der im Vergleich vom 26. Februar 2008 enthaltenen Suspensivbedingungen kann angesichts des ausdrücklichen Begehrens um Abweisung des Rechtsöffnungsgesuchs (E. 3.2) keine Rede sein. 
 
Nachdem die Beschwerdeführerin mit ihrer Sachverhaltsrüge schon hinsichtlich der behaupteten Anerkennung von Bestand und Fälligkeit der Betreibungsforderung scheitert, braucht das Bundesgericht auch nicht weiter auf die Frage einzugehen, ob die streitige Erklärung des Anwalts dem Beschwerdegegner als dessen Vollmachtgeber zugerechnet werden kann. 
 
4. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens unterliegt die Beschwerdeführerin. Sie hat für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Dem Beschwerdegegner ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, Zivilrechtliche Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 18. Januar 2011 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: 
 
Hohl V. Monn