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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_849/2017  
 
 
Urteil vom 18. Januar 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiber Traub. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Fürsprecher Dr. René Müller, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Führen eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand; Willkür etc., 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, 
vom 3. Juli 2017 (SST.2017.45). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Strafbefehl vom 30. Juli 2015 sprach die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau gegen X.________ eine bedingte Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu Fr. 150.-- (Probezeit vier Jahre) sowie eine Busse von Fr. 4'500.-- aus wegen Führens eines Motorfahrzeugs in angetrunkenem Zustand sowie wegen mehrfacher Anstiftung zu falschem Zeugnis. Die Staatsanwaltschaft legte X.________ unter anderem zur Last, am 5. Juli 2013 nach Aussage von Zeugen sein Auto mit einem Blutalkoholgehalt von mindestens 2,12 Promille bestiegen und von Lenzburg an seinen Wohnort in Z.________ gelenkt zu haben. 
Das nach Einsprache von X.________ mit der Sache befasste Bezirksgericht Lenzburg sprach ihn vom Vorwurf der mehrfachen Anstiftung zu falschem Zeugnis frei und verurteilte ihn wegen Führens eines Motorfahrzeugs in angetrunkenem Zustand zu einer bedingten Geldstrafe von 105 Tagessätzen zu Fr. 210.-- (Probezeit zwei Jahre) und zu einer Busse von Fr. 4'400.-- (Urteil vom 15. August 2016). 
 
B.  
X.________ erhob Berufung. Das Obergericht des Kantons Aargau wies das Rechtsmittel ab (Urteil vom 3. Juli 2017). 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und er von Schuld und Strafe freizusprechen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, dass das vorliegende Verfahren auf dem Strafbefehl vom 30. Juli 2015 beruht. Dieser sei als ungültig zu betrachten; demzufolge fehle es auch an einer Anklageschrift. Die Staatsanwaltschaft habe bereits am 7. Juli 2015 in derselben Sache einen Strafbefehl erlassen, und, nachdem er Einsprache erhoben habe, mit dem neuen Strafbefehl reagiert. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz habe dies nicht geschehen dürfen: Art. 355 Abs. 3 lit. c StPO sehe diese Möglichkeit nur vor, wenn zuvor aufgrund der Einsprache weitere Beweise abgenommen worden sind. Solche zusätzlichen Abklärungen seien hier nicht getätigt worden. Gründe für eine Rücknahme des ersten Strafbefehls - unter dem Titel des Widerrufs, der Revision oder der Wiedererwägung - gebe es nicht. Die fehlende Grundlage falle umso mehr ins Gewicht, als sich die Änderung für den Betroffenen nachteilig auswirke. 
Der Beschwerdeführer legt indessen nicht dar, in welchen Punkten sich die Strafbefehle vom 7. resp. 30. Juli 2015 unterscheiden und inwiefern ihm der Erlass eines zweiten Strafbefehls deshalb einen Nachteil bringen soll. Insoweit kann auf seine Beschwerde nicht eingetreten werden (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Bezüglich der Beweiswürdigung bringt der Beschwerdeführer vor, es sei willkürlich, wenn sich die Vorinstanz vorab darauf festlege, dass er am Tattag sein Fahrzeug selber gefahren habe (angefochtenes Urteil E. 3.3.2), um erst anschliessend "gewisse Beweise" so zu würdigen, "dass sie in diese vorgesehene Meinung passen". Richtig wäre, so der Beschwerdeführer weiter, das umgekehrte Vorgehen, nämlich ohne vorgefasste Meinung die einzelnen Beweise zu prüfen, diese dann in ihrer Gesamtheit zu würdigen und schliesslich darüber zu befinden, ob die vorgeworfenen Tatbestände gegeben seien oder nicht.  
Dieser Vorwurf einer willkürlichen Beweiswürdigung und der Befangenheit sind unbegründet. Es liegt im Ermessen des erkennenden Gerichts, eine geeignete Form der Darstellung seiner Urteilsmotive zu wählen. Der vom Beschwerdeführer beanstandete Aufbau der vorinstanzlichen Entscheidmotive entspricht einer durchaus gängigen Begründungstechnik. Wesentlich ist die inhaltliche Schlüssigkeit der Beweisführung. Dass diese hier gegeben ist, ergibt sich - unter dem Blickwinkel der Willkürfreiheit (vgl. Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 135 III 397 E. 1.5 S. 401) - aus dem Folgenden. 
 
2.2. Der Beschwerdeführer illustriert die Rüge einer willkürlichen Beweiswürdigung mit einer Reihe von Einzelvorbringen.  
 
2.2.1. So macht er einmal geltend, die Staatsanwaltschaft habe im Rahmen der rückwirkenden Überwachung von Telefonverbindungen die Nummer eines beteiligten Mobiltelefons verwechselt. (Mit Telefonaten, die er im zeitlichen Umfeld der vorgeworfenen Handlung geführt habe, will der Beschwerdeführer seine Behauptung untermauern, er habe seine Eltern aufgeboten, um das Fahrzeug an seinen Wohnort zu überführen.) Sodann habe ihm die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit einem zweiten Mobiltelefon einerseits eine falsche Nummer zugeschrieben und anderseits ausser Acht gelassen, dass er möglicherweise mit diesem Zweitgerät telefoniert habe. Allfällige Gespräche, welche über dieses Telefon gelaufen seien, habe die Behörde mangels rückwirkender Überwachung aber nicht erfassen können. Ausserdem habe sie den Namen seiner Lebenspartnerin im Strafbefehl falsch angegeben. Mit der pauschalen Feststellung, aus offensichtlichen Verschrieben könne der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten ableiten (angefochtenes Urteil E. 2.2), habe die Vorinstanz die ungenaue Strafuntersuchung in willkürlicher Weise verharmlost.  
 
2.2.2. Eine Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur dann als offensichtlich unrichtig oder als auf einer Bundesrechtsverletzung beruhend gerügt werden, wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Angesichts der klaren Beweisverhältnisse (vgl. sogleich E. 2.3) ist jedoch weder dargetan noch ersichtlich, inwiefern sich die betreffenden Fehler, soweit es sich tatsächlich um solche handelt, potentiell auf das Beweisergebnis hätten auswirken sollen. Bezüglich der vorerwähnten Punkte kann daher auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.  
 
2.3. Die Vorinstanz gelangte aufgrund der - ihrer Feststellung nach übereinstimmenden und glaubhaften - Aussagen zweier Zeugen zur Überzeugung, dass der Anklagesachverhalt zutreffe (angefochtenes Urteil E. 3.3.2). Der Beschwerdeführer wendet, wie schon vor Obergericht, ein, gemäss den Untersuchungsakten habe eine Zeugin um 6.39 Uhr an die Polizei Meldung erstattet. Die Polizei habe ihn bereits um 7.00 Uhr an seinem acht Kilometer entfernten Wohnort angetroffen, nachdem sie zuerst die Zeugin am Bahnhof Lenzburg habe befragen müssen. Dieser Ablauf passe nicht in den gegebenen zeitlichen Rahmen.  
Der Beschwerdeführer legt offensichtlich einen anderen Ablauf zugrunde als er sich aus der Anklageschrift ergibt (resp. implizit dem angefochtenen Entscheid zugrundeliegt). Es ist nicht ersichtlich, weshalb der in der Anklageschrift beschriebene Umstand unzutreffend sein sollte, dass ein Zeuge die Kontrollschildnummer schon der Einsatzzentrale genannt hat. Daraus ergibt sich ohne Weiteres, dass sich die Polizeibeamten, anders als der Beschwerdeführer meint, nicht zuerst zum Bahnhof Lenzburg begeben mussten, um dort die Kontrollschildnummer in Erfahrung zu bringen, sondern dass sie den Wohnort der gemeldeten Person ohne Verzug aufsuchen konnten. Dort stellten sie fest, dass das Auto mit noch warmem Motor in der Garage stand. 
Die Vorinstanz hat im Übrigen das rechtliche Gehör nicht verletzt, wenn sie auf das Argument des Zeitbedarfs für die Wegstrecke nicht eingegangen ist. Zu Recht weist sie darauf hin, dass die betreffende Verfahrensgarantie von der Vorinstanz nicht verlangt, jedes einzelne Vorbringen der Parteien ausdrücklich zu widerlegen (BGE 142 II 49 E. 9.2 S. 65; 139 IV 179 E. 2.2 S. 183). 
 
3.   
Aufgrund des Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang sind die bundesgerichtlichen Verfahrenskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. Januar 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Traub