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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_651/2022  
 
 
Urteil vom 18. Januar 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Merz, Kölz, 
Gerichtsschreiberin Kern. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Ivo Harb,, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, Abteilung Schwerpunktkriminalität, 
Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Haftentlassung, 
 
Beschwerde gegen die Präsidialverfügung des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, 
vom 29. November 2022 (SB220408-O/Z6/mc-nm). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Bezirksgericht Zürich sprach A.________ am 14. Juni 2022 wegen mehrfacher qualifizierter Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, strafbarer Vorbereitungshandlungen zu Raub, mehrfacher, teilweise qualifizierter Sachbeschädigung schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und einer Landesverweisung von zehn Jahren. A.________, die Privatklägerschaft und die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich haben Berufung gegen dieses Urteil erklärt. Das Berufungsverfahren ist unter der Geschäfts-Nummer SB220408-O bei der II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich hängig. 
A.________ wurde am 30. März 2020 festgenommen und befindet sich seit dem 6. August 2021 im vorzeitigen Strafvollzug. 
 
B.  
Mit Gesuch vom 23. Juni 2022 ersuchte A.________ um bedingte Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug. Die II. Strafkammer behandelte diesen Antrag als Haftentlassungsgesuch, das sie mit Präsidialverfügung vom 29. November 2022 abwies, wobei sie weiterhin von Fluchtgefahr ausging. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 29. Dezember 2022 beantragt A.________ vor Bundesgericht, die Präsidialverfügung aufzuheben und ihn umgehend aus der Haft zu entlassen. Eventualiter seien anstelle der Haft Ersatzmassnahmen (Ausweis- und Schriftensperre, Meldepflicht, Electronic Monitoring) anzuordnen. Subeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Subsubeventualiter sei er in den offenen Strafvollzug zu versetzen. 
Die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft haben auf Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend Haftentlassung. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht gemäss Art. 78 ff. BGG offen. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und befindet sich in Haft. Er hat folglich ein aktuelles, rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids und ist somit gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten. 
 
2.  
Untersuchungs- oder Sicherheitshaft sind gemäss Art. 221 Abs. 1 StPO zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist (sog. allgemeiner Haftgrund) und zu befürchten ist, dass sie sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht (Fluchtgefahr; lit. a), Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen (Kollusions- oder Verdunkelungsgefahr; lit. b) oder durch schwere Verbrechen oder Vergehen die Sicherheit anderer erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat (Wiederholungsgefahr; lit. c). Nach Art. 221 Abs. 2 StPO ist Haft auch zulässig, wenn ernsthaft zu befürchten ist, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen (Ausführungsgefahr). Überdies muss die Haft verhältnismässig sein (vgl. Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV, Art. 197 Abs. 1 lit. c und d sowie Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO). Strafprozessuale Haft darf nur als "ultima ratio" angeordnet oder aufrechterhalten werden. Wo sie durch mildere Massnahmen ersetzt werden kann, muss von ihrer Anordnung oder Fortdauer abgesehen werden und an ihrer Stelle müssen solche Ersatzmassnahmen verfügt werden (Art. 212 Abs. 2 lit. c i.V.m. Art. 237 f. StPO; vgl. BGE 145 IV 503 E. 3.1; 142 IV 367 E. 2.1; 140 IV 74 E. 2.2). 
 
3.  
Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung gilt der dringende Tatverdacht bei einer erstinstanzlichen Verurteilung grundsätzlich ohne Weiteres als erstellt (Urteile 1B_363/2022 vom 25. Juli 2022 E. 4; 1B_98/2022 vom 16. März 2022 E. 4.4 mit Hinweis). Wer den dringenden Tatverdacht im Widerspruch zur erstinstanzlichen Verurteilung bestreitet, hat darzulegen, weshalb das betreffende Urteil klarerweise fehlerhaft erscheint bzw. eine entsprechende Korrektur im Berufungsverfahren mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Soweit bereits eine Urteilsbegründung vorliegt, hat sie sich dabei auch mit den betreffenden Erwägungen des Sachgerichts auseinanderzusetzen (Urteile 1B_536/2022 vom 8. November 2022 E. 5.1; 1B_28/2022 vom 9. Februar 2022 E. 3.1 mit Hinweisen). 
Der Beschwerdeführer wurde erstinstanzlich verurteilt und legt in seiner Beschwerdeschrift nicht dar, weshalb das Urteil fehlerhaft erscheine und eine entsprechende Korrektur zu seinen Gunsten im Berufungsverfahren zu erwarten sei. Der allgemeine Haftgrund des dringenden Tatverdachts ist damit gegeben. 
 
4.  
Zu prüfen ist, ob die Vorinstanz den besonderen Haftgrund der Fluchtgefahr bejahen durfte. 
 
4.1. Die Annahme von Fluchtgefahr als besonderer Haftgrund setzt ernsthafte Anhaltspunkte dafür voraus, dass die beschuldigte Person sich dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion durch Flucht entziehen könnte (Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO). Fluchtgefahr darf nicht schon angenommen werden, wenn die Möglichkeit der Flucht in abstrakter Weise besteht. Es braucht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich die beschuldigte Person, wenn sie in Freiheit wäre, dem Vollzug der Strafe durch Flucht entziehen würde. Im Vordergrund steht dabei eine mögliche Flucht ins Ausland, denkbar ist jedoch auch ein Untertauchen im Inland. Zu berücksichtigen sind insbesondere der Charakter der beschuldigten Person, ihre moralische Integrität, ihre finanziellen Mittel, ihre Verbindungen zur Schweiz, ihre Beziehungen zum Ausland und die Höhe der ihr drohenden Strafe. Die Schwere der drohenden Strafe darf als Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden, genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen (vgl. BGE 145 IV 503 E. 2.2; BGE 143 IV 160 E. 4.3; Urteil 1B_278/2022 vom 20. Juni 2022 E. 4.1; je mit Hinweisen). Die Wahrscheinlichkeit einer Flucht nimmt in der Regel mit zunehmender Verfahrens- bzw. Haftdauer ab, da sich auch die Länge des allenfalls noch zu absolvierenden Strafvollzugs mit der bereits erstandenen prozessualen Haft, die auf die mutmassliche Freiheitsstrafe anzurechnen wäre (vgl. Art. 51 StGB), kontinuierlich verringert (BGE 143 IV 160 E. 4.3 mit Hinweis). Bei der Beurteilung der konkret drohenden (Rest-) Strafe ist im Haftprüfungsverfahren auch allfälligen bereits vorliegenden Gerichtsentscheiden über das Strafmass bzw. weitere Sanktionen Rechnung zu tragen (BGE 145 IV 503 E. 2.2; 143 IV 160 E. 4.1; Urteil 1B_211/2022 vom 18. Mai 2022 E. 2.2).  
 
4.2. Die Vorinstanz bejaht Fluchtgefahr, obschon der Beschwerdeführer in der Schweiz geboren und aufgewachsen sei und seine "Kernfamilie" in der Schweiz lebe. Er weise zwar keinen intensiven Auslandbezug auf, sei jedoch türkischer und italienischer Staatsangehöriger und spreche türkisch. Er habe zudem einen Grossvater, von dem er gemeinsam mit weiteren Verwandten ein Mehrfamilienhaus in der Türkei erben werde. Weiter sei zu berücksichtigen, dass er zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe mit anschliessender Landesverweisung verurteilt worden sei. Aufgrund der noch zu verbüssenden nicht unerheblichen Reststrafe und insbesondere der Landesverweisung bestehe "ein erheblicher Fluchtanreiz im Sinne einer Gefahr des Untertauchens".  
 
4.3. Der Beschwerdeführer macht dagegen geltend, die Vorinstanz habe seine Zukunftsperspektiven nicht berücksichtigt. Er habe keine Schulden und plane mit seiner Ex-Frau, mit der er wieder zusammen sei, einen Gastrobetrieb mit fahrbaren Kebabständen zu führen. Die Vorinstanz habe sich auch nicht ausreichend mit seiner Persönlichkeit auseinandergesetzt. Er neige weder zu Impulsausbrüchen noch zu Kurzschlusshandlungen und habe keine Absichten, sich dem Strafverfahren oder der daraus folgenden Strafe zu entziehen. Zudem habe er bereits zwei Drittel seiner erstinstanzlich verhängten Freiheitsstrafe erstanden und könne damit rechnen, dass das Berufungsgericht diese Strafe noch mindern werde.  
 
4.4. Angesichts der Verbindungen des Beschwerdeführers ins Ausland sowie der drohenden Reststrafe und insbesondere der Landesverweisung ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz von Fluchtgefahr ausging. Hieran vermögen auch die Zukunftspläne des Beschwerdeführers nichts zu ändern. Dieser ist nach eigenen Angaben jedenfalls zurzeit mittellos und legt nicht dar, wie er die nötigen Mittel für den Aufbau eines eigenen Gastrobetriebs aufbringen möchte. Weiter finden sich in der angefochtenen Präsidialverfügung keine Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer behaupteten Charaktereigenschaften, die eine geplante Flucht oder ein überlegtes Untertauchen ohnehin nicht verhindern würden. Soweit der Beschwerdeführer in dieser Hinsicht eine unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts rügen will, kommt er seiner Begründungspflicht (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG) nicht nach. Der besondere Haftgrund der Fluchtgefahr ist unter diesen Umständen mit der Vorinstanz zu bejahen.  
 
5.  
Für den Fall, dass ein besonderer Haftgrund bejaht wird, macht der Beschwerdeführer geltend, die Vorinstanz hätte anstelle der Untersuchungshaft Ersatzmassnahmen anordnen müssen. 
 
5.1.  
 
5.1.1. Der Beschwerdeführer rügt zunächst eine Verletzung der behördlichen Begründungspflicht. Er bringt vor, die Vorinstanz habe nicht begründet, weshalb sie keine Ersatzmassnahmen anstelle der Haft in Erwägung gezogen habe. Die Vorinstanz habe insbesondere nicht geprüft, ob eine Kombination von Ersatzmassnahmen die Fluchtgefahr bannen könnte. Damit habe sie ihre Begründungspflicht nach Art. 80 StPO und seinen Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO und Art. 29 Abs. 2 BV verletzt.  
 
5.1.2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verlangt, dass die Behörde die rechtserheblichen Vorbringen der Parteien tatsächlich hört, ernsthaft prüft und bei der Entscheidfindung angemessen berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass die betroffene Person die Tragweite des Entscheids erkennen und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (vgl. BGE 142 II 49 E. 9.2; 137 II 266 E. 3.2; Urteil 1B_186/2022 vom 9. Mai 2022 E. 4.2; je mit Hinweisen).  
 
5.1.3. Die Rüge erweist sich als unbegründet: Die Vorinstanz erwägt im angefochtenen Entscheid, die vom Beschwerdeführer angebotenen Ersatzmassnahmen erschienen ihr nicht geeignet, der Fluchtgefahr wirksam zu begegnen. Diese stehe auch einer Versetzung in den offenen Vollzug entgegen. Obschon sich die Vorinstanz nicht ausdrücklich zur Möglichkeit der Kombination von allfälligen Ersatzmassnahmen äussert, kommt sie ihrer Begründungspflicht noch (knapp) nach.  
 
 
5.2.  
 
5.2.1. Der Beschwerdeführer moniert weiter, die Vorinstanz habe sich allgemein auf den Standpunkt gestellt, Ersatzmassnahmen seien untauglich, einer allfälligen Fluchtgefahr zu begegnen. Der Gesetzgeber habe aber mit der Schaffung von Ersatzmassnahmen "Restrisiken" bewusst in Kauf genommen. Die Vorinstanz verletze Bundesrecht, indem sie ein "Nullrisiko" für die Anordnung von Ersatzmassnahmen verlange. Zudem verkenne sie, dass vorliegend die Fluchtgefahr durch eine Kombination von Ersatzmassnahmen - etwa einer täglichen Meldepflicht nebst Abgabe der Papiere und Schriften und elektronischer Überwachung - gebannt werden könnte. Schliesslich habe die Vorinstanz auch die Versetzung in den offenen Vollzug als Ersatzmassnahme nicht ablehnen dürfen. Durch diese Verweigerung könne der Beschwerdeführer nicht von Resozialisierungsmassnahmen und Vollzugslockerungen profitieren. Die Vorinstanz habe damit seine Menschenwürde als Gefangener nach Art. 235 Abs. 1 StPO sowie Art. 74 StGB verletzt.  
 
5.2.2. Gemäss Art. 237 Abs. 2 StPO fallen als Ersatzmassnahmen insbesondere die Ausweis- oder Schriftensperre (lit. b), die Auflage, sich nur oder sich nicht an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Haus aufzuhalten (lit. c), oder die Auflage, sich regelmässig bei einer Amtsstelle zu melden (lit. d), in Betracht. Die Aufzählung der Ersatzmassnahmen in Art. 237 Abs. 2 StPO ist nicht abschliessend (BGE 142 IV 367 E. 2.1 mit Hinweis). Nach der bundesgerichtlichen Praxis ist bei Ersatzmassnahmen grundsätzlich ein weniger strenger Massstab an die Intensität der Haftgründe anzulegen als bei strafprozessualem Freiheitsentzug, da Untersuchungs- oder Sicherheitshaft eine deutlich schärfere Zwangsmassnahme darstellt. Entsprechend weist das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung regelmässig darauf hin, dass mit Ersatzmassnahmen einer geringen Flucht-, Kollusions-, Wiederholungs- oder Ausführungsgefahr begegnet werden kann; Ersatzmassnahmen aber nicht ausreichen, wenn die betreffende Gefahr ausgeprägt ist (Urteile 1B_ 555/2022 vom 25. November 2022 E. 7.4 mit Hinweis). Angesichts der fehlenden Personenkontrollen an den Landesgrenzen im Schengenraum gilt dies namentlich für Pass- und Schriftensperren, die Zuweisung eines Wohnrayons oder die Verpflichtung, sich regelmässig auf einem Polizeiposten zu melden (BGE 145 IV 503 E. 3.2 f.; Urteil 1B_389/2022 vom 18. August 2022 E. 3.2; je mit Hinweisen).  
Z ur Überwachung von Ersatzmassnahmen kann das Haftgericht den Einsatz technischer Geräte und deren feste Verbindung mit der zu überwachenden Person anordnen (Art. 237 Abs. 3 StPO). Das Electronic Monitoring (vgl. für den ordentlichen Sanktionsvollzug Art. 79b StGB) ist folglich keine selbstständige Ersatzmassnahme für strafprozessuale Haft. Es stellt vielmehr ein technisches Hilfsmittel des Sanktionenvollzuges dar, das auch zur elektronischen Überwachung des Vollzugs von strafprozessualen Ersatzmassnahmen eingesetzt werden kann, etwa eines Hausarrestes oder einer sonstigen örtlichen Aus- oder Eingrenzung des Aufenthaltes (Urteil 1B_211/2022 vom 18. Mai 2022 E. 3.2). Die Massnahme erlaubt jedenfalls zurzeit jedoch keine Überwachung in Echtzeit (vgl. BGE 145 IV 503 E. 3.3.1) und ist daher grundsätzlich nicht geeignet, die Begehung von Straftaten, eine Flucht- oder Kollusionshandlungen zu verhindern und somit einer bestehenden Wiederholungs-, Ausführungs-, Flucht- oder Kollusionsgefahr tatsächlich zu begegnen (FREI/ZUBERBÜHLER ELSÄSSER, in: Donatsch/Lieber/Summers/Wohlers [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung StPO, 3. Aufl. 2020, N. 10 zu Art. 237 StPO mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). 
 
5.2.3. Nach der zitierten Rechtsprechung würden Ersatzmassnahmen vorliegend nur in Betracht fallen, wenn vom Beschwerdeführer eine geringe Fluchtgefahr ausginge. Die Vorinstanz erwägt zwar, dass der Beschwerdeführer "keinen intensiven Auslandsbezug" aufweise, geht jedoch von einem "erhebliche[n] Fluchtanreiz im Sinne einer Gefahr des Untertauchens" (im Inland) und damit von ausgeprägter Fluchtgefahr aus. Dies erscheint, angesichts der von der Vorinstanz knapp dargelegten konkreten Umstände (vgl. E. 4.2 hiervor) und insbesondere der erstinstanzlich verhängten Landesverweisung von zehn Jahren, nicht bundesrechtswidrig. Die vom Beschwerdeführer genannten Ersatzmassnahmen erweisen sich demnach, allein oder in Kombination, als ungenügend.  
 
5.3. Unter diesen Umständen fällt aber auch der offene vorzeitige Vollzug ausser Betracht (vgl. Art. 236 Abs. 4 StPO; Urteile 1B_98/2022 vom 16. März 2022 E. 6.2 f.; 1B_206/2021 vom 18. Mai 2021 E. 4.3 mit Hinweis).  
 
6.  
Weiter ist zu klären, ob das Verhältnismässigkeitsprinzip aufgrund drohender Überhaft verletzt ist. 
 
6.1. Gemäss Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK hat eine in strafprozessualer Haft gehaltene Person Anspruch darauf, innerhalb einer angemessenen Frist richterlich abgeurteilt oder während des Strafverfahrens aus der Haft entlassen zu werden. Eine übermässige Haftdauer stellt eine unverhältnismässige Beschränkung dieses Grundrechts dar. Nach Art. 212 Abs. 3 StPO dürfen deshalb Untersuchungs- und Sicherheitshaft nicht länger dauern als die zu erwartende Freiheitsstrafe, wobei nach ständiger Praxis bereits zu vermeiden ist, dass die Haftdauer in grosse Nähe zur zu erwartenden Freiheitsstrafe rückt (BGE 145 IV 179 E. 3.1; 143 IV 168 E. 5.1 mit Hinweisen). Liegt bereits ein richterlicher Entscheid über das Strafmass vor, stellt dieser ein wichtiges Indiz für die mutmassliche Dauer der tatsächlich zu verbüssenden Strafe dar (BGE 143 IV 160 E. 4.1, 168 E. 5.1). Wird im Berufungsverfahren eine Erhöhung oder Minderung der Strafe verlangt, ist dies im Haftverfahren nur zu berücksichtigen, wenn eine solche mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann (vgl. BGE 143 IV 160 E. 4.1; Urteil 1B_536/2022 vom 8. November 2022 E. 6.1; je mit Hinweis).  
Nach der Rechtsprechung ist zudem bei der Prüfung der zulässigen Haftdauer der Umstand, dass die in Aussicht stehende Freiheitsstrafe bedingt oder teilbedingt ausgesprochen werden kann, wie auch die Möglichkeit einer bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug im Grundsatz nicht zu berücksichtigen (BGE 145 IV 179 E. 3.4; 143 IV 168 E. 5.1, 160 E. 4.2; je mit Hinweisen). Vom Grundsatz der Nichtberücksichtigung der Möglichkeit einer bedingten Entlassung ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung indes dann eine Ausnahme zu machen, wenn es die konkreten Umstände des Einzelfalls gebieten, insbesondere wenn absehbar ist, dass eine bedingte Entlassung mit grosser Wahrscheinlichkeit erfolgen dürfte (BGE 143 IV 160 E. 4.2; Urteil 1B_279/2020 vom 23. Juni 2020 E. 3.1 mit Hinweis). 
Die Gewährung der bedingten Entlassung nach zwei Dritteln der Strafe hängt vom Verhalten der Person im Strafvollzug und von der Prognose hinsichtlich ihres zukünftigen Verhaltens in Freiheit ab (Art. 86 Abs. 1 StGB). Wenn die gefangene Person bereits zwei Drittel der erst- oder zweitinstanzlich verhängten Freiheitsstrafe in Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft verbracht hat und die Strafe im Rechtsmittelverfahren noch verkürzt, nicht aber erhöht werden kann, hat das Haftgericht eine Prognose über die Anwendbarkeit von Art. 86 Abs. 1 StGB anzustellen. Fällt diese positiv aus, muss dem Haftentlassungsgesuch stattgegeben werden, zumal die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug die Regel darstellt, von der nur aus guten Gründen abgewichen werden darf (vgl. BGE 133 IV 201 E. 2.2 f.; Urteile 1B_495/2022 vom 20. Oktober 2022 E. 6.2.2; 1B_186/2022 vom 9. Mai 2022 E. 4.1; je mit Hinweisen). 
 
6.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 145 IV 154 E. 1.1; 143 IV 241 E. 2.3.1. mit Hinweis).  
 
6.3. Die Vorinstanz stützt sich im angefochtenen Entscheid auf den Führungsbericht der Justizvollzugsanstalt Pöschwies vom 1. November 2022. Sie erwägt, aus diesem gehe hervor, dass dem Beschwerdeführer bis auf einige Disziplinierungen ein weitestgehend einwandfreies Vollzugsverhalten attestiert werden könne, gesamthaft aber weiterhin von einer stark belasteten Legalprognose auszugehen sei und deshalb die Ablehnung der beantragten bedingten Entlassung empfohlen worden sei. Auch nach dem Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung des Kantons Zürich liege ein mindestens moderates bis und mit hohes Risikopotenzial vor, weshalb dem Beschwerdeführer keine günstige Prognose gestellt werden könne, die eine bedingte Entlassung rechtfertigen würde.  
 
6.4. Der Beschwerdeführer hat am 27. November 2022 zwei Drittel der erstinstanzlich verhängten Freiheitsstrafe erstanden. Er macht geltend, es bestünden keine Hinweise darauf, dass diese Strafe noch höher ausfallen könnte; vielmehr könne er mit einer Minderung der erstinstanzlich verhängten Strafe rechnen. Zudem sei er im Justizvollzug bestens integriert und ein "Musterhäftling". Ihm sei ein einwandfreies Vollzugsverhalten attestiert worden. Soweit die Vorinstanz erwogen habe, ihm könne keine günstige Prognose gestellt werden, liege sie falsch. Tatsächlich sei davon auszugehen, dass er mit einer Wahrscheinlichkeit von über 90% bedingt entlassen werde. Die Vorinstanz sei in Willkür verfallen, als sie aufgrund des Vollzugsberichts der Justizvollzugsanstalt Pöschwies vom 1. November 2022 von einer stark belasteten Legalprognose ausgegangen sei. Im fraglichen Bericht werde legalprognostisch negativ gewertet, dass er die ihm vorgeworfenen Vorbereitungshandlungen zu Raub und schwerer Körperverletzung nicht anerkannt habe. Es stehe der Justizvollzugsanstalt aber gar nicht zu, diese Vorwürfe zu beurteilen.  
 
6.5. Im Vollzugsbericht der Justizvollzugsanstalt Pöschwies vom 1. November 2022 werden nebst dem Vorwurf, der Beschwerdeführer habe teilweise keine Verantwortung für die von ihm mutmasslich verübten Delikte übernommen, noch andere negative Umstände genannt. So sei die Legalprognose des Beschwerdeführers auch durch das "tatzeitnahe Missachten von Grenzen, Rechten, Regeln und Normen sowie die aktuell noch unklare künftige Arbeits- und Aufenthaltssituation" stark belastet. Da der Beschwerdeführer bereits aufgrund dieser Umstände nicht mehr mit grosser Wahrscheinlichkeit bedingt entlassen wird, ist im Ergebnis nicht ausschlaggebend, ob ihm negativ angelastet werden darf, dass er insbesondere die ihm vorgeworfenen Vorbereitungshandlungen zu Raub weiterhin bestreitet. Eine willkürliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts ist somit nicht ersichtlich. Die Vorinstanz durfte von einer stark belasteten Legalprognose ausgehen. Darüber hinaus steht aufgrund der Berufungen der Staatsanwaltschaft und Privatklägerschaft entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht nur eine Minderung, sondern auch eine Erhöhung der erstinstanzlich verhängten Freiheitsstrafe im Raum. Es liegt somit keine Ausnahme vom Grundsatz der Nichtberücksichtigung der Möglichkeit der bedingten Entlassung vor; mithin droht zurzeit noch keine Überhaft.  
 
7.  
Der Beschwerdeführer rügt schliesslich eine Verletzung des besonderen Beschleunigungsgebots in Haftsachen. 
 
7.1. Die Strafbehörden nehmen die Strafverfahren unverzüglich an die Hand und bringen sie ohne unbegründete Verzögerung zum Abschluss (Art. 5 Abs. 1 StPO). Befindet sich eine beschuldigte Person in Haft, so wird ihr Verfahren vordringlich durchgeführt (Art. 5 Abs. 2 StPO), da die Untersuchungshaft einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit der beschuldigten Person darstellt, die unter dem Schutz der Unschuldsvermutung steht (Art. 32 Abs. 1 BV; Art. 10 Abs. 1 StPO; Urteile 1B_466/2022 vom 6. Oktober 2022 E. 3.1; 1B_378/2022 vom 29. Juli 2022 E. 5.2). Diese Konkretisierung des in Art. 29 Abs. 1 BV verankerten Anspruchs auf Beurteilung innert angemessener Frist ist für die Strafverfolgungsbehörden (Art. 12 und Art. 15 ff. StPO) und die Gerichte (Art. 13 und Art. 18 ff. StPO) gleichermassen verbindlich (Urteile 1B_466/2022 vom 6. Oktober 2022 E. 3.1; 1B_103/2017 vom 27. April 2017 E. 3.2 mit Hinweis). Bei der Beurteilung, ob die Rechtsmittelinstanz das besondere Beschleunigungsgebot in Haftsachen verletzt hat, sind die konkreten Umstände des Einzelfalles massgebend. Zu berücksichtigen ist insbesondere die Komplexität des Falles und das Verhalten der beschuldigten Person bzw. ihres Rechtsbeistandes (BGE 117 Ia 372 E. 3; Urteile 1B_466/2022 vom 6. Oktober 2022 E. 3.1; 1B_22/2022 vom 8. Februar 2022 E. 2.2; je mit Hinweisen).  
Die Verletzung des besonderen Beschleunigungsgebots führt nur dann zu einer Haftentlassung, wenn sie derart gravierend ist, dass deshalb die Rechtmässigkeit der Haft zu verneinen ist. Dies ist der Fall, wenn die Verfahrensverzögerung besonders schwer wiegt und zudem die Strafverfolgungsbehörden, z.B. durch eine schleppende Ansetzung der Termine für die anstehenden Untersuchungshandlungen, erkennen lassen, dass sie nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, das Verfahren mit der für Haftfälle gebotenen Beschleunigung voranzutreiben und zum Abschluss zu bringen. Bei weniger gravierenden Verletzungen des Beschleunigungsgebots kann unter Umständen angezeigt sein, die zuständige Behörde zur besonders beförderlichen Weiterführung des Verfahrens anzuhalten und die Haft gegebenenfalls nur unter der Bedingung der Einhaltung bestimmter Fristen zu bestätigen. Zudem ist die Verletzung des Beschleunigungsgebots im Dispositiv des Urteils festzustellen und bei den Kosten- und Entschädigungsfolgen zu berücksichtigen. Im Übrigen ist die Frage dem Sachgericht vorzubehalten, das sie unter der gebotenen Gesamtwürdigung beurteilen und auch darüber befinden kann, in welcher Weise - z.B. durch eine Strafreduktion - eine allfällige Verletzung des Beschleunigungsgebots wieder gut zu machen ist (BGE 140 IV 74 E. 3.2; 137 IV 92 E. 3.1; Urteil 1B_463/2022 vom 30. September 2022 E. 4.3; je mit Hinweisen). 
 
7.2. Der Beschwerdeführer moniert, die Berufungsverhandlung solle infolge hoher Geschäftslast des Berufungsgerichts frühestens im November 2023 stattfinden, obschon die Begründung des erstinstanzlichen Urteils bereits seit Ende Juli 2022 vorliege und es sich vorliegend um einen nicht besonders komplexen Fall handle. Dies gehe aus einer in einem anderen Strafverfahren ergangenen Präsidialverfügung der I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 5. Dezember 2022 hervor.  
 
7.3. Nach den Vorakten gingen die begründeten Berufungserklärungen im August 2022 und somit vor weniger als einem halben Jahr beim Berufungsgericht ein. Damit erscheint die Dauer des hängigen Berufungsverfahrens jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt noch vertretbar. Ob die vom Beschwerdeführer eingereichte, in einem anderen Strafverfahren ergangene Präsidialverfügung der I. Strafkammer novenrechtlich (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG) überhaupt zu berücksichtigen ist, kann daher an dieser Stelle offen bleiben. Über die Einhaltung des besonderen Beschleunigungsgebots wird spätestens das Sachgericht zu befinden haben.  
 
 
8.  
Die Beschwerde ist abzuweisen. 
Bei diesem Verfahrensausgang ist der Beschwerdeführer an sich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er stellt indessen ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Da die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Art. 64 BGG), ist diesem stattzugeben. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 
 
2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
2.2. Rechtsanwalt Ivo Harb wird für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'500.-- aus der Bundesgerichtskasse entschädigt.  
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. Januar 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Präsidierendes Mitglied: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Chaix Kern