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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_345/2007 
 
Urteil vom 18. Februar 2008 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Frésard, 
Gerichtsschreiberin Heine. 
 
Parteien 
A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Urs Wüthrich, Zentralplatz 51, 2503 Biel/Bienne, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 15. Mai 2007. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1953 geborene A.________ arbeitete seit 1994 bei der Firma X.________ als Mitarbeiter in der Formerei und war bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 19. Dezember 2002 zog er sich bei einer Auffahrkollision eine Rückenverletzung zu. Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung, Taggelder). Nach der Abschlussuntersuchung des Kreisarztes Dr. med. T.________, Facharzt für Chirurgie FMH, vom 23. März 2004 sprach ihm die SUVA mit Verfügung vom 8. September 2004 ab 1. Oktober 2004 eine Rente bei einem Invaliditätsgrad von 20 % und eine Integritätsentschädigung von 10 % zu. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 8. März 2005 fest. 
B. 
A.________ liess beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern Beschwerde einreichen und beantragen, der Einspracheentscheid sei aufzuheben und es sei ihm nach zusätzlichen Abklärungen eine Invalidenrente in neu zu bestimmender Höhe auszurichten sowie die unfallbedingte Integritätseinbusse neu zu ermitteln. Nach Eingang der Vernehmlassung der SUVA machte das Gericht A.________ auf eine mögliche Schlechterstellung (reformatio in peius) aufmerksam und wies ihn darauf hin, dass er die Beschwerde zurückziehen könne, was dieser jedoch ablehnte. 
Mit Entscheid vom 15. Mai 2007 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab und stellte in Abänderung des Einspracheentscheides vom 8. März 2005 fest, dass kein Rentenanspruch und kein Anspruch auf Integritätsentschädigung bestehe. 
C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und es seien zusätzliche Abklärungen vorzunehmen; es sei ihm eine Invalidenrente der Unfallversicherung in neu zu bestimmender Höhe und eine neu zu ermittelnde Integritätsentschädigung auszurichten. 
Die SUVA beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
1. 
Das kantonale Gericht hat die gesetzliche Bestimmung über den Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 6 Abs. 1 UVG) sowie die Grundsätze zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181, 402 E. 4.3.1 S. 406) und zum Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352) zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. 
2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob für die Zeit über den 1. Oktober 2004 hinaus ein behandlungsbedürftiger und/oder zu Arbeitsunfähigkeit führender Gesundheitsschaden besteht, welcher in natürlich kausaler Weise auf den versicherten Unfall vom 19. Dezember 2002 (Auffahrunfall) zurückzuführen ist. 
2.1 Laut angefochtenem Entscheid ist auf die schlüssige Einschätzung von Prof. Dr. med. L.________, Facharzt FMH für orthopädische Chirurgie, abzustellen, wonach die Einengung des Wirbelkanals konstitutionell bedingt und nicht auf ein Trauma zurückzuführen sei. Ebenso seien die weiteren Befunde an der Lendenwirbelsäule vorbestehend. Sodann sei auch die beginnende Chondrose L4/5 mit Diskusprotrusion zweifellslos unfallfremd. Der fragliche Kantenabbruch des LWK 5 sei gestützt auf die weitergeführten bildgebenden Untersuchungen ebenfalls nicht auf den Unfall zurückzuführen. Mit Blick auf die Kausalitätsbeurteilung folgert die Vorinstanz, dass die körperlich nachweisbaren Beschwerden nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in einem natürlichen Kausalzusammenhang zum Unfall vom 19. Dezember 2002 stehen. Allfällige psychische Beschwerden seien mangels Erfüllung der Adäquanzkriterien ebensowenig unfallkausal. 
2.2 Der Beschwerdeführer behauptet, gestützt auf die Angaben von Frau Dr. med. D.________, Fachärztin FMH für physikalische Medizin und Rehabilitation, sei die Fraktur von LWK 5 auf den Unfall zurückzuführen. Sämtliche involvierten Ärzte seien zu diesem Zeitpunkt zum gleichen Ergebnis gekommen. Sodann seien die Ausführungen von Dr. med. L.________ erstaunlich und widersprüchlich, zumal er sich auf neue bildgebenden Materialien berufe. Selbst wenn die Fraktur von einem früheren Unfall herrühre, sei die SUVA dennoch leistungspflichtig, weshalb eine reformatio in peius ungerechtfertigt und eine Neubeurteilung erforderlich sei. Ferner sei die Beurteilung der Vorinstanz bezüglich der Adäquanz in Bezug auf eine somatoforme Schmerzstörung unzutreffend, da bereits ein Merkmal, das der körperlichen Dauerschmerzen, in ausgeprägter Weise ausgewiesen sei. 
3. 
3.1 Die Rüge, die Aussagen des Prof. Dr. med. L.________ seien widersprüchlich, ist nicht stichhaltig. Mit der Vorinstanz ist gestützt auf die verschiedenen ärztlichen Berichte des Prof. Dr. med. L.________, insbesondere gestützt auf denjenigen vom 26. Mai 2003, davon auszugehen, dass die vertieften bildgebenden Untersuchungen (MRI/weitere Röntgenbilder) erst einen eindeutigen Ausschluss der Unfallkausalität ermöglichten. Prof. Dr. med. L.________ führt ferner aus, die weiteren Befunde an der Lendenwirbelsäule seien vorbestehend (Bericht vom 30. Oktober 2003). Demnach ist überwiegend wahrscheinlich, dass gesamthaft die degenerativen Vorzustände durch den Unfall zwar vorübergehend traumatisch verschlimmert wurden, dieser sich aber nicht auf die bereits bestehende degenerative Veränderung richtungsweisend ausgewirkt hat. 
3.2 Daran vermag auch der Einwand, wenn nicht durch den Auffahrunfall vom 19. Dezember 2002, so sei die Leistungspflicht der SUVA durch einen anderen möglichen Unfall begründet, nichts zu ändern. Denn Prof. Dr. med. L.________ führt ausdrücklich aus, er zweifle, ob der Vorderkantenabbruch traumatisch bedingt sei. Es sei eher von einer ehemaligen Randleistennekrose auszugehen (Bericht vom 30. Oktober 2003). Sodann beschränkt sich der Beschwerdeführer darauf, einen möglichen Unfall zu erwähnen, ohne dies zu substantiieren. Da die Beweislast für das Unfallereignis als solches (Urteil vom 1. April 2005 [456/04]; URKUV 2002 Nr. U 469 E. 3a S. 528) bei der versicherten Person liegt, ist im Falle von Beweislosigkeit ein Leistungsanspruch zu verneinen. Es kann dahinstehen, ob die geltend gemachte neue Tatsache überhaupt vorgebracht werden durfte (Art. 99 BGG). 
3.3 Auf Grund der Aktenlage sowie der Beweiswürdigung nach dem im Sozialversicherungsrecht herrschenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit besteht zwischen dem versicherten Unfall und den geklagten somatischen Beschwerden kein natürlicher Kausalzusammenhang. 
Schliesslich kann bezüglich der Adäquanz allfälliger psychischer Unfallfolgen vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen im vorinstanzlichen Entscheid (E. 5.1 + 5.2) verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
4. 
Die unentgeltliche Prozessführung kann gewährt werden (Art. 64 BGG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen ist und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 201 E. 4a S. 202 und 371 E. 5b S, 372, je mit Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen. 
4. 
Fürsprecher Urs Wüthrich, Biel/Bienne, wird als unentgeltlicher Anwalt des Beschwerdeführers bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'500.- ausgerichtet. 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
Luzern, 18. Februar 2008 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Heine