Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_836/2019
Urteil vom 18. März 2020
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Seiler, Präsident,
Bundesrichterin Aubry Girardin,
Bundesrichter Beusch,
Gerichtsschreiber Businger.
Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Rajeevan Linganathan,
gegen
Departement des Innern des Kantons Solothurn.
Gegenstand
Familiennachzug,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 2. September 2019 (VWBES.2019.78).
Erwägungen:
1.
1.1. Am 22. Oktober 2018 ersuchte der ursprünglich aus Sri Lanka stammende Schweizer Bürger A.A.________ (geb. 1968) um Nachzug seiner in Sri Lanka lebenden Eltern B.A.________ (geb. 1942) und C.A.________ (geb. 1946). Das Migrationsamt des Kantons Solothurn wies das Gesuch am 14. Februar 2019 namens des Departements des Innern des Kantons Solothurn ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn am 2. September 2019 ab.
1.2. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sowie subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 3. Oktober 2019 beantragt A.A.________ dem Bundesgericht, der Nachzug seiner Eltern sei zu bewilligen. Das Bundesgericht hat keine Instruktionsmassnahmen verfügt.
2.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist unzulässig auf dem Gebiet des Ausländerrechts betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt (Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG). Der Beschwerdeführer leitet einen Aufenthaltsanspruch für seine Eltern aus einer verfassungs- und völkerrechtskonformen Auslegung von Art. 42 AIG (SR 142.20) ab.
2.1. Ausländische Ehegatten und ledige Kinder unter 18 Jahren von Schweizerinnen und Schweizern haben Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn sie mit diesen zusammenwohnen (Art. 42 Abs. 1 AIG). Ein Anspruch auf Nachzug der (ausländischen) Verwandten in aufsteigender Linie besteht dagegen nur, wenn sie im Besitz einer dauerhaften Aufenthaltsbewilligung eines Staates sind, mit dem ein Freizügigkeitsabkommen abgeschlossen wurde und denen Unterhalt gewährt wird (Art. 42 Abs. 2 lit. b AIG). Mit Art. 42 Abs. 2 AIG wollte der Gesetzgeber den Familiennachzug für Schweizer Bürger gleich regeln wie denjenigen für EU-Angehörige gemäss dem ursprünglichen Verständnis des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681; vgl. BGE 136 II 120 E. 3.3.1 S. 126 f.; "Akrich"-Rechtsprechung). Nachdem das Bundesgericht in BGE 136 II 5 ff. im Rahmen des FZA die im Jahre 2008 ergangene "Metock"-Rechtsprechung des EuGH übernommen hatte, wurde die Familiennachzugsregelung für EU-Angehörige grosszügiger als diejenige für Schweizer Bürger. In der Folge ist wiederholt postuliert worden, Art. 42 Abs. 2 AuG sei der "Metock"-Praxis anzupassen (vgl. BGE 136 II 120 E. 3.3 f. S. 126 ff.). Der Bundesgesetzgeber hat dies indessen ausdrücklich abgelehnt, indem er einer entsprechenden parlamentarischen Initiative keine Folge gab (AB 2011 N 1764 ff.). Das Bundesgericht hat sich seither hieran gehalten (Art. 190 BV; vgl. Urteile 2C_354/2011 vom 13. Juli 2012 E. 2.6 f.; 2C_1116/2013 vom 10. November 2014 E. 3.1; 2C_1071/2014 vom 28. Mai 2015 E. 2.1; 2C_323/2018 vom 21. September 2018 E. 5; 2C_48/2019 vom 16. Januar 2019 E. 2).
2.2. Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was zu einer abweichenden Beurteilung führt. Das Bundesgericht hat den Einwand, Art. 42 Abs. 2 AIG sei konventions- und verfassungswidrig, bereits unter dem Aspekt des Diskriminierungsverbots beurteilt und erwogen, es gebe ausreichende Gründe im Sinn von Art. 14 EMRK, die es rechtfertigen, Schweizer Staatsangehörige beim Familiennachzug anders zu behandeln als Staatsangehörige der Europäischen Union (eingehend Urteil 2C_354/2011 vom 13. Juli 2012 E. 2.7.3). Es obliege dem Gesetzgeber, eine allfällige Anpassung von Art. 42 Abs. 2 AIG vorzunehmen, wobei er den Zeitpunkt unter Berücksichtigung der Entwicklung in der Rechtsprechung über einen grösseren Zeitraum hinweg selber bestimmen wolle (Urteil 2C_323/2018 vom 21. September 2018 E. 5.4). An dieser Einschätzung ändert nichts, dass der Österreichische Verfassungsgerichtshof vor über zwanzig Jahren auch eine Inländerdiskriminierung zu beurteilen und im konkreten Fall in Bezug auf die Auslegung des Begriffs des "EWR-Bürgers" eine Verletzung von Art. 14 EMRK mangels objektiver Rechtfertigungsgründe bejaht hatte, unabhängig davon, dass diesem Entscheid von vornherein keine Bindungswirkung zukommt. Sodann geht auch der Verweis auf eine Praxis des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen aus dem Jahr 2011 fehl, nachdem diese mittlerweile an die bundesgerichtliche Rechtsprechung angepasst worden ist (Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallens B 2014/162 vom 27. November 2015 E. 3). Liegen somit ausreichende Gründe für eine Ungleichbehandlung vor, ist der Rüge, das "Gebot der völkerrechtskonformen Rechtsanwendung ( Art. 5 Abs. 3 und 4 BV ) " sei verletzt, die Grundlage entzogen. Dasselbe gilt für die behauptete Verletzung des Rechtsgleichheits- und Willkürverbots (Art. 8 Abs. 1 und Art. 9 BV ).
2.3. Zusammenfassend können die Eltern des Beschwerdeführers keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus Art. 42 Abs. 2 AIG ableiten. Ebenso fällt ein Aufenthaltsanspruch aus dem Anspruch auf Achtung des Familienlebens (Art. 13 Abs. 1 BV bzw. Art.8 Ziff. 1 EMRK) ausser Betracht, weil ein Abhängigkeitsverhältnis des Beschwerdeführers zu seinen Eltern weder dargetan noch behauptet wird und die in der Beschwerde vorgebrachten engen familiären Beziehungen für sich alleine nicht genügen (BGE 139 II 393 E. 5.1 S. 402; 129 II 11 E. 2 S. 13 f.). Ist aber kein Aufenthaltsanspruch ersichtlich, steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht zur Verfügung; darauf ist nicht einzutreten.
3.
In Bezug auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde bringt der Beschwerdeführer dieselben Rügen vor, die er zur Begründung eines Anspruchs auf Familiennachzug im Rahmen der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vorgebracht hat und die bereits verworfen worden sind. Eigenständige Rügen, die unabhängig vom fehlenden Aufenthaltsanspruch erhoben werden, lassen sich der Beschwerde nicht entnehmen. Folglich kann auch auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht eingetreten werden.
4.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird nicht eingetreten.
2.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. März 2020
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Seiler
Der Gerichtsschreiber: Businger