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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_131/2022  
 
 
Urteil vom 18. April 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Merz, 
Gerichtsschreiber Hahn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Raphael Pironato, Raggenbass Rechtsanwälte, 
 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Strassenverkehrsamt des Kantons Thurgau, Moosweg 7a, 8500 Frauenfeld, 
Rekurskommission für Strassenverkehrssachen des Kantons Thurgau, Löwenstrasse 12, 8280 Kreuzlingen. 
 
Gegenstand 
Sicherungsentzug, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 8. Dezember 2021 (VG.2021.147/E). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Aufgrund eines Rapports der Kantonspolizei Thurgau vom 9. Juli 2020 forderte das Strassenverkehrsamt des Kantons Thurgau A.________ auf, sich wegen des Verdachts einer Alkoholmissbrauchsproblematik einer verkehrsmedizinischen Untersuchung zu unterziehen. Hintergrund des Rapports waren wiederholt notwendige Polizeieinsätze wegen häuslicher Gewalt, anlässlich welchen A.________ und seine Ehefrau stark alkoholisiert vorgefunden wurden. 
Die verkehrsmedizinische Untersuchung fand am 3. Februar 2021 im Institut für Rechtsmedizin (IRM) des Kantonsspitals St. Gallen statt. In der Folge hielt Dr. med. B.________, Verkehrsmedizinerin SGRM, im verkehrsmedizinischen Gutachten vom 3. März 2021 fest, die Fahreignung von A.________ könne aufgrund des nachgewiesenen starken Alkoholkonsums bei Verdacht auf eine schwere Suchtproblematik nicht befürwortet werden. Gestützt auf dieses Untersuchungsergebnis entzog das Strassenverkehrsamt A.________ mit Verfügung vom 5. März 2021 den Führerausweis auf unbestimmte Zeit und machte die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von einer ihm die Fahreignung wieder bescheinigenden verkehrsmedizinischen Neuuntersuchung der Stufe 4 abhängig. Den dagegen erhobenen Rekurs wies die Rekurskommission für Strassenverkehrssachen des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 18. Juni 2021 ab. Diesen Entscheid focht A.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau an, welches die Beschwerde mit Urteil vom 8. Dezember 2021 abwies. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 21. Februar 2022 führt A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2021 sei aufzuheben und der ihm am 5. März 2021 entzogene Führerausweis wieder zurückzugeben. Eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz oder das Strassenverkehrsamt zurückzuweisen. 
Das Verwaltungsgericht, die Rekurskommission für Strassenverkehrs-sachen und das zur Beschwerdevernehmlassung eingeladene Bundesamt für Strassen beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Strassenverkehrsamt hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Stellungnahmen wurden dem Beschwerdeführer zur Kenntnisnahme zugestellt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über einen Führerausweisentzug. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG offen. Der Beschwerdeführer ist als Inhaber des Führerausweises und direkter Adressat des angefochtenen Entscheids gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde befugt. Das Urteil der Vorinstanz vom 8. Dezember 2021 wurde dem Beschwerdeführer am 25. Januar 2022 zugestellt. Mit Erhebung der bundesgerichtlichen Beschwerde am 21. Februar 2022 ist die Beschwerdefrist von 30 Tagen gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG eingehalten. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid verletze Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet dieses von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Die Verletzung von Grundrechten untersucht das Bundesgericht in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.5; 138 I 274 E. 1.6).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Sachverhaltsfrage ist auch die Beweiswürdigung, die vom Bundesgericht nur unter Willkürgesichtspunkten (Art. 9 BV) überprüft wird (BGE 144 II 332 E. 4.2; Urteil 1C_128/2020 vom 29. September 2020 E. 1.2). Zur Beweiswürdigung gehört insbesondere die Würdigung eines Sachverständigengutachtens durch das Gericht (BGE 144 III 264; 142 IV 49 E. 2.1.3; Urteil 1C_174/2021 vom 14. Februar 2022 E. 1.3).  
Soweit der Beschwerdeführer eine unrichtige bzw. unvollständige Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz geltend macht, kann er aus seinen Rügen nichts zu seinen Gunsten ableiten. Es ist zwar zutreffend, dass die aktenkundigen polizeilichen Interventionen wegen häuslicher Gewalt, anlässlich welcher beim Beschwerdeführer ein erhöhter Atemalkoholgehalt gemessen wurde, nicht an Wochenenden, sondern an Werktagen erfolgten. Insoweit gibt die Vorinstanz den Sachverhalt nicht immer gleichbleibend wieder. Inwieweit dieser Umstand für den Ausgang des Verfahrens von Relevanz sein sollte, legt der Beschwerdeführer allerdings nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Unbelegt ist in diesem Zusammenhang zudem die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe an den vermerkten Vorfällen von häuslicher Gewalt Ferien gehabt und habe es sich deshalb in Abweichung von seinen üblichen Gewohnheiten erlaubt, auch unter der Woche Alkohol zu trinken. Mit diesem unbelegten Vorbringen vermag er keine unvollständige Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz darzutun. Überdies ist festzuhalten, dass selbst wenn dieser Einwand zutreffen sollte, dieser Sachumstand keinen entscheidenden Einfluss auf den Ausgang des vorliegenden Verfahrens hätte (vgl. hinten E. 4.7.2). Die übrigen Sachverhaltsrügen betreffen die vorinstanzliche Beweiswürdigung und werden deshalb nachfolgend im entsprechenden Sachzusammenhang behandelt. 
 
3.  
Soweit der Beschwerdeführer in formeller Hinsicht eine Verletzung der Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) durch die Vorinstanz geltend macht, ist seine Rüge unbegründet. Entgegen seinen Vorbringen hat die Vorinstanz in Auseinandersetzung mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung und den Richtlinien der Schweizerischen Gesellschaft für Rechtsmedizin hinreichend klar ausgeführt, weshalb aus ihrer Sicht keine Zweifel an den Ergebnissen der durchgeführten Haaranalyse bestehen (vgl. E. 4.2 des angefochtenen Entscheids; nachfolgend E. 4.4 und E. 4.5). Die für die Vorinstanz insoweit entscheidenden Überlegungen gehen aus dem angefochtenen Entscheid ohne Weiteres hervor. Wenn sie im Rahmen ihrer entsprechenden Begründung nicht jedes einzelne Vorbringen des Beschwerdeführers ausdrücklich widerlegt hat, ist dies unter dem Gesichtswinkel des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2) nicht zu beanstanden (vgl. BGE 143 III 65 E. 5.2; 141 III 28 E. 3.2.4; 141 V 557 E. 3.2.1; 134 I 83 E. 4.1). 
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 16d Abs. 1 lit. b SVG. Zusammengefasst macht er geltend, weder im angefochtenen Urteil noch im verkehrsmedizinischen Gutachten des IRM vom 3. März 2021 werde nachgewiesen, dass er das Trinken von Alkohol und das Lenken eines Motorfahrzeugs nicht trennen könne. Vielmehr werde einzig gestützt auf die Ergebnisse der Haaranalyse und des dabei festgestellten Ethylglucuronid-Werts (EtG-Wert) von über 100pg/mg darauf geschlossen, bei ihm liege eine verkehrsrelevante Suchtproblematik vor. Weitere Indizien, die diesen Rückschluss zuliessen, würden von der Vorinstanz nicht genannt. Das Gutachten des IRM St. Gallen sei zudem in Bezug auf seine Trinkgewohnheiten widersprüchlich. Insbesondere sei es unzulässig, wenn die Gutachterin und die Vorinstanzen seine früheren Führerausweisentzüge aus den Jahren 2009 und 2010 in ihre Beurteilung einbezogen hätten. Überdies sei eine Haaranalyse mittels EtG-Wert in seinem speziellen Fall kein zuverlässiger Wert um Erkenntnisse über sein Trinkverhalten zu gewinnen. Weil er seine Haare aus ökologischer Überzeugung nur äusserst selten wasche, sei der festgestellte Wert zu hoch ausgefallen. Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass der EtG-Wert durch häufiges Waschen der Haare mittels Shampoo und Wasser reduziert werden könne. Im Umkehrschluss führe sein bewusster Verzicht auf das Waschen seiner Haare zu einem überhöhten EtG-Wert, was er mittels Selbstversuchen habe belegen können.  
 
4.2. Motorfahrzeugführer müssen über Fahreignung verfügen (Art. 14 Abs. 1 SVG). Voraussetzung hierfür ist, dass die Person frei von einer Sucht ist, die das sichere Führen von Motorfahrzeugen beeinträchtigt (Art. 14 Abs. 2 lit. c SVG). Führerausweise sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen (Art. 16 Abs. 1 SVG). Wegen fehlender Fahreignung wird einer Person der Führerausweis auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn sie an einer Sucht leidet, welche die Fahreignung ausschliesst (Art. 16d Abs. 1 lit. b SVG).  
 
4.3. Die Rechtsprechung bejaht eine Trunksucht, wenn die betroffene Person regelmässig so viel Alkohol konsumiert, dass ihre Fahrfähigkeit vermindert wird und sie diese Neigung zum übermässigen Alkoholgenuss durch den eigenen Willen nicht zu überwinden oder zu kontrollieren vermag. Auf eine fehlende Fahreignung darf geschlossen werden, wenn die Person nicht mehr in der Lage ist, Alkoholkonsum und Strassenverkehr ausreichend zu trennen, oder wenn die naheliegende Gefahr besteht, dass sie im akuten Rauschzustand am motorisierten Strassenverkehr teilnimmt. Die Person muss mithin in einem Mass abhängig sein, dass sie mehr als jede andere Person der Gefahr ausgesetzt ist, sich in einem Zustand ans Steuer eines Fahrzeugs zu setzen, der das sichere Führen nicht mehr gewährleistet. Der Suchtbegriff des Verkehrsrechts deckt sich nicht mit dem medizinischen Begriff der Alkoholabhängigkeit. Auch bloss suchtgefährdete Personen, bei denen aber jedenfalls ein Alkoholmissbrauch vorliegt, können vom Führen eines Motorfahrzeugs ferngehalten werden (vgl. BGE 129 II 82 E. 4.1; Urteil 1C_128/2020 vom 29. September 2020 E. 2.1).  
Ist die Fahreignung nicht mehr gegeben, muss ein Sicherungsentzug zwingend angeordnet werden. Als schwerwiegender Eingriff in den Persönlichkeitsbereich des Betroffenen setzt er eine sorgfältige Abklärung aller wesentlichen Gesichtspunkte voraus (BGE 133 II 384 E. 3.1). Der Umfang der Nachforschungen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und liegt im pflichtgemässen Ermessen der Entzugsbehörde (BGE 129 II 82 E. 2.2). Zu den Abklärungen, die sich vor einem allfälligen Sicherungsentzug regelmässig aufdrängen, gehören die einlässliche Prüfung der persönlichen Verhältnisse (welche in begründeten Fällen auch die Einholung von Fremdberichten einschliessen kann), die gründliche Aufarbeitung allfälliger Trunkenheitsfahrten, eine spezifische Alkoholanamnese (betreffend Trinkverhalten bzw. Muster und Motivationen des Alkoholkonsums) sowie eine umfassende medizinische körperliche Untersuchung mit besonderem Augenmerk auf mögliche alkoholbedingte Veränderungen oder gesundheitliche Störungen (vgl. BGE 129 II 82 E. 6.2.2; Urteile 1C_128/2020 vom 29. September 2020 E. 2.1; 1C_147/2017 vom 22. Juni 2017 E. 3.2.3 mit Hinweisen). 
 
4.4. Wie die Vorinstanz korrekt ausgeführt hat, anerkennt das Bundesgericht die Haaranalyse als geeignetes Mittel sowohl zum Nachweis eines übermässigen Alkoholkonsums als auch der Einhaltung einer Abstinenzverpflichtung (BGE 140 II 334 E. 3). Biochemische Analyseresultate von Haarproben betreffend das Trinkalkohol-Stoffwechselprodukt EtG erlauben objektive Rückschlüsse auf den Alkoholkonsum eines Probanden während einer bestimmten Zeit. Die Haaranalyse gibt direkten Aufschluss über den Alkoholkonsum. Nach dem Alkoholgenuss wird das Abbauprodukt EtG im Haar eingelagert und erlaubt über ein grösseres Zeitfenster als bei einer Blutuntersuchung Aussagen über den erfolgten Konsum. Die festgestellte EtG-Konzentration korreliert mit der aufgenommenen Menge an Trinkalkohol. Aufgrund des Kopfhaar-Längenwachstums von rund einem Zentimeter pro Monat lassen sich Aussagen über den Alkoholkonsum während der entsprechenden Zeit vor der Haarentnahme machen. EtG-Werte ab 7 pg/mg, aber unterhalb von 30 pg/mg sprechen für einen moderaten, Werte oberhalb von 30 pg/mg für einen übermässigen Alkoholkonsum (BGE 140 II 334 E. 3 und E. 7; Urteil 1C_128/2020 vom 29. September 2020 E. 2.2 mit Hinweisen). Ein Abweichen vom Ergebnis einer gutachterlichen Haaranalyse ist zudem nur zulässig, wenn die Glaubwürdigkeit des Gutachtens durch die Umstände ernsthaft erschüttert wird (BGE 140 II 334 E. 3; 132 II 257 E. 4.4.1; Urteil 1C_128/2020 vom 29. September 2020 E. 2.4).  
 
4.5.  
 
4.5.1. Gemäss dem Gutachten des IRM St. Gallen vom 3. März 2021 wurden dem Beschwerdeführer am 3. Februar 2021 sowohl im kopfnahen Haarsegment (0-2 cm ab Kopfhaut) wie auch im kopffernen Segment (2-4.5cm) Haarproben entnommen. Das kopfnahe Segment gab dabei Aufschluss über den Alkoholkonsum der letzten zwei bis drei Monate, während die kopfferne Probe den Konsum der letzten ca. 5 Monate wiedergab. Die chemisch-toxikologische Untersuchung beider Haarsegmente ergab dabei eine EtG-Konzentration von mehr als 100 pg/mg, was vom Beschwerdeführer nicht bestritten wird. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz erwog, dass dieser Wert auch unter Berücksichtigung einer Messunsicherheit von +/- 30 % (vgl. Schweizerische Gesellschaft für Rechtsmedizin, Arbeitsgruppe Haaranalytik, Bestimmung von Ethylglucuronid [EtG] in Haarproben, Version 2017, Ziff. 5.3.3) deutlich über der vorgenannten, von der Rechtsprechung und Lehre anerkannten Grenze des moderaten Alkoholkonsums liegt.  
 
4.5.2. Was der Beschwerdeführer in Bezug auf den Beweiswert der festgestellten EtG-Konzentration vorbringt, vermag die Tauglichkeit der Haaranalye als geeignetes Mittel zum Nachweis eines übermässigen Alkoholkonsums nicht in Frage zu stellen. Es ist zwar zutreffend, dass der EtG-Wert gemäss den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen durch intensives Haarewaschen verringert werden kann (Schweizerische Gesellschaft für Rechtsmedizin, a.a.O., Ziff. 6.5.1). Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, vermag der Beschwerdeführer mit seinen Selbstversuchen allerdings nicht darzutun, dass gestützt auf diese Tatsache im Umkehrschluss ein mehrmonatiger Verzicht auf das Haarewaschen zu derart hohen EtG-Werten führen kann, wie sie bei ihm festgestellt wurden. Vielmehr belegen die von ihm privat veranlassten Haaranalysen nur die wissenschaftlich bereits erwiesene These, dass seine gemäss eigenen Angaben während 18 Wochen ungewaschenen Haare vor dem intensiven Waschen mittels Shampoo einen teilweise deutlich höheren EtG-Wert aufgewiesen haben als danach. Eine gewisse Manipulierbarkeit der Testergebnisse einer Haaranalyse hinsichtlich des untersuchten EtG-Werts kann damit nicht restlos ausgeschlossen werden. Anerkannt ist eine solche Anfälligkeit der Resultate einer Laboranalyse durch äussere Einflüsse (Shampoo; Kosmetika) jedoch nur in Bezug auf die Möglichkeit einer Herabsetzung des EtG-Werts der Haarprobe, nicht aber umgekehrt. Insoweit ist mit der Vorinstanz zudem festzuhalten, dass der Beschwerdeführer keine wissenschaftlichen Quellen vorlegt, die seine Hypothese stützen würden. Derartige Hinweise gehen weder aus den bereits zitierten Fachrichtlinien der Schweizerischen Gesellschaft für Rechtsmedizin, noch den vom Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten medizinischen Fachbeiträgen hervor, sondern untermauern auch diese die Tauglichkeit der Haaranalyse zum Nachweis eines übermässigen Alkoholkonsums. In den vom Beschwerdeführer eingereichten Fachartikeln wird der wissenschaftliche Wert der Haaranalytik einzig in Bezug auf den Nachweis von Metallen oder Spurenelementen im Zusammenhang mit körperlichen Mangelerscheinungen in Frage gestellt, nicht aber hinsichtlich des Nachweis eines übermässigen Alkoholkonsums.  
Sodann gilt es zu berücksichtigen, dass die EtG-Werte der Selbsttests des Beschwerdeführers zwar durchwegs tiefer ausgefallen sind als jene im Gutachten des IRM. Die Ergebnisse der Selbsttests betreffen jedoch einen jüngeren Beurteilungszeitraum, in welchem der Beschwerdeführer gemäss seinen Angaben den Alkoholkonsum stark reduziert hat. Aufgrund der unterschiedlichen Beurteilungszeiträume und der Veränderung der Trinkgewohnheiten vermögen die Resultate der Selbsttests daher keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit der vom IRM festgestellten EtG-Werte zu begründen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang zudem, dass der EtG-Wert von zumindest einem der vom Beschwerdeführer veranlassten Selbsttests auch nach dem Haarewaschen und dem reduzierten Alkoholkonsum weiterhin 48,7 pg/mg aufwies. Rechtsprechungsgemäss deutet selbst dieser Messwert noch immer auf einen übermässigen Alkoholkonsum hin (vgl. vorne E. 4.4). Insgesamt ist es daher bundesrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz aufgrund der Resultate der Haaranalyse darauf schloss, der beim Beschwerdeführer festgestellte hohe EtG-Wert von mehr als 100 pg/mg stelle im Lichte der erwähnten bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein gewichtiges Indiz für einen verkehrsrelevanten Alkoholmissbrauch mit Suchtgefährdung im Sinne von Art. 16d Abs. 1 lit. b SVG dar (vgl. Urteile 1C_128/2020 vom 29. September 2020 E. 2.2; 1C_243/2010 vom 10. Dezember 2010 E. 2.7). 
 
4.6. Wie die Vorinstanz richtig festhielt, erlaubt das Ergebnis einer Haaranalyse rechtsprechungsgemäss noch keinen zweifelsfreien objektiven Befund einer Alkoholsucht und damit eines verkehrsrelevanten Alkoholmissbrauchs. Ein solcher Befund liegt erst vor, wenn die betroffene Person zwischen ihrem Alkoholkonsum und einem verantwortungsvollen Verhalten im Strassenverkehr nicht ausreichend zu differenzieren vermag bzw. wenn die naheliegende Gefahr besteht, dass sie im akuten Rauschzustand am motorisierten Strassenverkehr teilnimmt (vorne E. 4.3). Nach der Praxis setzt dies nicht bloss voraus, dass der Proband regelmässig so viel Alkohol konsumiert, dass seine Fahrfähigkeit vermindert wird. Darüber hinaus müsste ausreichend dargetan sein, dass er seine Neigung zum übermässigen Alkoholkonsum durch den eigenen Willen nicht zu überwinden oder zu kontrollieren vermag (BGE 129 II 82 E. 4.1; Urteil 1C_128/2020 vom 29. September 2020 E. 2.3). Für die Beurteilung, ob eine Person ihren Alkoholkonsum ausreichend von ihrer Teilnahme am Strassenverkehr trennen kann, sind ihre Konsumgewohnheiten, ihre Vorgeschichte, ihr bisheriges Verhalten im Strassenverkehr und ihre Persönlichkeit von Bedeutung (BGE 128 II 335 E. 4b mit Hinweisen; Urteil 1C_174/2021 vom 14. Februar 2022 E. 2.4).  
 
4.7.  
 
4.7.1. Im verkehrsmedizinischen Gutachten des IRM St. Gallen vom 3. März 2021 wurde nebst dem bereits genannten EtG-Wert der Haaranalyse auch die automobilistische Vorgeschichte des Beschwerdeführers, seine persönlichen Verhältnisse, die Angaben zum Alkoholkonsum sowie die Befunde der am 3. Februar 2021 vorgenommenen medizinischen Untersuchung (körperliche und kursorische psychologische Untersuchung, Urinscreening) mitberücksichtigt. Gestützt auf diese umfassenden Abklärungen schloss die Gutachterin auf eine verkehrsrelevante Alkoholmissbrauchsproblematik. Der Beschwerdeführer berichte von einem auf die Wochenenden gerichteten Alkoholkonsum, dann jedoch in grossen Mengen. Die für einen EtG-Wert von über 100 pg/mg erforderlichen Alkoholmengen sprächen für ein starkes Konsumverlangen, eine Alkoholtoleranz und einen Kontrollverlust, was die aktenkundigen alkoholbedingten negativen Vorkommnisse (Polizeieinsätze wegen häuslicher Gewalt, eheliche Konflikte, Wegweisung, Anordnung verkehrsmedizinischer Untersuchung) belegen würden. Für einen Kontrollverlust spreche auch das vom Beschwerdeführer praktizierte Trinksystem. EtG-Werte von über 100 pg/mg setzten einen täglich sehr hohen oder einen noch viel höheren Wochenendkonsum mit nachfolgender Abstinenzphase voraus. Zusätzlich habe der Beschwerdeführer anlässlich seiner Untersuchung ausgesagt, er empfinde sich selber mit zwei Promille nicht als betrunken, was ebenfalls auf eine starke Gewöhnung an die Wirkung von Alkohol hindeute. Aufgrund des festgestellten extrem hohen EtG-Werts müsse bei dieser Sachlage erfahrungsgemäss von einer schweren Alkoholmissbrauchsproblematik ausgegangen werden. Ebenfalls im Zusammenhang mit einem Überkonsum von Alkohol stehen könnten zudem die wiederholt erhöhten MCV-Werte (vergrösserte rote Blutkörperchen), die stark geröteten Augenbindehäute, die Gefässerweiterungen sowie der unsichere Strichgang. Bei der Beurteilung der Fahreignung negativ ins Gewicht fielen zudem die früheren Führerausweisentzüge wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand, darunter ein Entzug für die Dauer von 15 Monaten im Jahr 2010. Angesichts der bisherigen negativen Auffälligkeiten in alkoholisiertem Zustand, des beschriebenen Konsumverhaltens und des haaranalytisch nachgewiesenen Alkoholüberkonsums müsse das Risiko einer Trunkenheitsfahrt insgesamt als erhöht eingestuft werden. Aus verkehrsmedizinischer Sicht sei die Fahreignung des Beschwerdeführers daher nicht zu befürworten und solle er zunächst nachweisen, dass er in der Lage sei, mehrere Monate auf den Alkoholkonsum zu verzichten.  
 
4.7.2. Die Vorinstanz hat diese gutachterlichen Schlussfolgerungen im Rahmen ihrer Beweiswürdigung als überzeugend und widerspruchsfrei beurteilt, was nicht zu beanstanden ist. Aus ihren Ausführungen ergibt sich zunächst, dass im Gutachten nicht nur auf den festgestellten erhöhten EtG-Wert abgestützt wurde, sondern darüber hinaus weitere Faktoren mitberücksichtigt wurden. Die Kritik des Beschwerdeführers, wonach die kantonalen Instanzen den Sicherungsentzug einseitig nur auf die EtG-Ergebnisse der Haaranalyse abgestützt hätten, trifft damit nicht zu. Auch sonst bringt der Beschwerdeführer keine Gründe vor, welche die Glaubwürdigkeit des Gutachtens ernsthaft erschüttern würden. Es mag zwar zutreffen, dass seine im Gutachten aufgegriffene Aussage, wonach er sich bei einem Alkoholpegel von zwei Promille noch nicht betrunken fühle, in einem gewissen Widerspruch zum aktenkundigen Polizeirapport vom 9. Juli 2020 steht. Darin wird festgehalten, dass der Beschwerdeführer anlässlich der letzten polizeilichen Intervention wegen häuslicher Gewalt vom 9. Juli 2020 einen Atemalkoholgehalt von 2.04 Promille aufwies und sich die Sachverhaltsermittlung deshalb als schwierig gestaltet habe. Mithin ist dem Beschwerdeführer zu folgen, wenn er vorbringt, seine Aussage sei insoweit zu relativieren, als er die Wirkung von Alkohol bei zwei Promille sehr wohl spüre und in seinen Handlungen nicht mehr klar sei. Ungeachtet dessen durfte die Vorinstanz die fragliche Aussage in Übereinstimmung mit dem Gutachten willkürfrei so beurteilen, dass sich der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben erst nach grösseren Mengen Alkohol betrunken fühle, was als Indiz für eine starke Gewöhnung an die Wirkung von Alkohol zu werten sei. Unabhängig von der Frage, ob der Beschwerdeführer täglich viel oder nur an den Wochenenden beträchtliche Mengen Alkohol trinkt, belegen sodann die dokumentierten Vorkommnisse wegen häuslicher Gewalt, dass die Trinkgewohnheiten des Beschwerdeführers gerade in persönlichen Krisensituationen (Ehestreit) zu Alkoholexzessen führen können, bei denen er die Kontrolle über sein Verhalten verliert und zu impulsiven Handlungen neigt. Nichts zu seinen Gunsten ableiten kann der Beschwerdeführer deshalb mit seinem Einwand, anlässlich der dokumentierten polizeilichen Interventionen habe er Ferien gehabt. Insoweit ist nicht ersichtlich, warum ihn dieser Umstand davon abhalten sollte, ein Fahrzeug zu benutzen. Mit Blick auf die früheren zwei Führerausweisentzüge wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand aus den Jahren 2009 und 2010, welche die Vorinstanz im Rahmen ihrer Beurteilung berücksichtigen durfte (vgl. Urteile 1C_165/2022 vom 28. Juni 2022 E. 2.4; 1C_595/2017 vom 14. Mai 2018 E. 2.5), erweist es sich bei dieser Sachlage deshalb als haltbar, wenn die Vorinstanz gestützt auf die sorgfältig durchgeführten verkehrsmedizinischen Untersuchung die Gefahr, dass der Beschwerdeführer unter Alkoholeinfluss ein motorisiertes Fahrzeug lenkt, als deutlich erhöht einstufte und daher eine verkehrsrelevante Suchtproblematik bejahte. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ändert daran auch die Tatsache nichts, dass er seine berufliche Tätigkeit als Arzt gemäss dem aktenkundigen Bericht seines Vorgesetzten in fachlicher Hinsicht tadellos ausführt und ein übermässiger Alkoholkonsum seiner Ansicht nach nicht mit seinen Freizeitbeschäftigungen (u.a. Konzertpianist) und seinen politischen Ämtern vereinbar wäre.  
 
4.7.3. Zusammengefasst erweist sich das verkehrsmedizinische Gutachten als vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei. Angesichts der sorgfältigen verkehrsmedizinischen Abklärungen aller wesentlichen Gesichtspunkte bestand für die Vorinstanz deshalb kein Anlass, vom Gutachten abzuweichen. Indem sie auf die Schlussfolgerungen der Gutachterin abstellte und den von der Rekurskommission für Strassenverkehrssachen verfügten Sicherungsentzug bestätigte, verletzte sie daher kein Bundesrecht.  
 
5.  
Die Beschwerde erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet und ist abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang wird der unterliegende Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine auszurichten (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrsamt des Kantons Thurgau, der Rekurskommission für Strassenverkehrssachen des Kantons Thurgau, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. April 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn