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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_206/2011 
 
Urteil vom 18. Mai 2011 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter von Werdt, Bundesrichter Herrmann, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________; 
Zustelladresse: Rechtsanwalt Marcel Keller, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Z.________ AG, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hansjürg Lenhard, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Gegenstand 
Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 14. März 2011. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Am 23. November 2010 eröffnete der Konkursrichter am Bezirksgericht Zürich auf Begehren der Z.________ AG, mit Sitz in A.________, gegenüber X.________ den Konkurs ohne vorgängige Betreibung nach Art. 190 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG wegen unbekannten Aufenthaltes. Die Konkurseröffnung wurde am xxxx 2010 im Amtsblatt des Kantons Zürich publiziert. Bereits am 26. November 2010 wurde der Schuldner auf der Bezirksgerichtskanzlei vorstellig und nahm das Konkurserkenntnis persönlich entgegen. 
 
B. 
X.________ zog das Konkurserkenntnis mit Eingabe vom 6. Dezember 2010 (Stempel der schwedischen Post) weiter und verlangte die Aufhebung des Konkurserkenntnisses. Mit Beschluss vom 14. März 2011 trat das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, auf die Weiterziehung infolge Verspätung nicht ein und eröffnete gleichentags neu den Konkurs. 
 
C. 
Mit Eingabe vom 21. März 2011 (Stempel der schwedischen Post) bzw. 22. März 2011 (Übergabe an die schweizerische Post) ist X.________ mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer beantragt, den obergerichtlichen Beschluss und die Konkurseröffnung aufheben. Weiter ersucht er um aufschiebende Wirkung. 
 
Mit Präsidialverfügung vom 5. April 2011 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung im Sinne der Erwägungen zuerkannt. 
 
In der Sache beantragt die Z.________ AG als Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Obergericht hat auf eine Stellungnahme verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Angefochten ist das Urteil des Obergerichts über die Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung nach Art. 190 SchKG. Das Konkurserkenntnis ist ein Entscheid in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen, welcher der Beschwerde in Zivilsachen unterliegt (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG). Die Beschwerde gegen Entscheide des Konkursrichters ist an keinen Streitwert gebunden (Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG). Der Entscheid des Konkursgerichts gemäss Art. 190 SchKG bzw. der Rechtsmittelinstanz (Art. 174 i.V.m. Art. 194 SchKG) stellt einen Endentscheid gemäss Art. 90 BGG dar. Die Beschwerde gegen den am 15. März 2011 zugestellten Entscheid ist fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) und grundsätzlich zulässig. 
 
1.2 Der Beschwerdeführer kann die Verletzung von u.a. Bundesrecht und Völkerrecht rügen (Art. 95 lit. a und b BGG), nicht aber von kantonalem Gesetzesrecht (vgl. Art. 95 BGG). In der Beschwerdebegründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten ist in der Beschwerdeschrift vorzubringen und zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S. 591). 
 
1.3 Das Bundesgericht ist an den vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nach Art. 99 BGG unzulässig, sofern nicht der Entscheid der Vorinstanz erst Anlass zum Vorbringen gibt. 
 
2. 
Das Obergericht hat anhand der Bestimmungen des GVG/ZH geprüft, ob der Rekurs des Beschwerdeführers rechtzeitig erhoben wurde. Es hat festgehalten, dass mit Zustellung (persönlicher Entgegennahme) des Konkurserkenntnisses am 26. November 2010 die zehntägige Weiterziehungsfrist am 27. November 2010 zu laufen begonnen und am Montag, 6. Dezember 2010 geendigt hatte. Die Rekursschrift sei am 6. Dezember 2010 in Stockholm bei der schwedischen Post aufgegeben worden und daher verspätet, zumal sie (gemäss Track & Trace-Auszug) erst am 7. Dezember 2010 bei der Grenzpoststelle in der Schweiz angekommen sei. Das Obergericht ist daher auf den Rekurs nicht eingetreten. 
 
3. 
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt der Beschluss des Obergerichts, welches auf die Anfechtung eines Konkursdekretes nach Art. 174 SchKG zufolge Verspätung nicht eingetreten ist. Der Beschwerdeführer bringt mit Bezug auf die Rechtzeitigkeit seines Rekurses vor, er habe sich am 6. Dezember 2010 bei der Botschaft in Stockholm angemeldet sowie seinen Heimatschein zur Aufbewahrung hinterlassen. Gleichzeitig habe er seine Rekurseingabe übergeben wollen. Der Botschaftsmitarbeiter habe ihm gesagt, die Botschaft habe "keine Poststelle", worauf er auf entsprechenden Hinweis hin die Eingabe selber zur (schwedischen) Post gebracht habe. Seine Eingabe sei zu Unrecht als verspätet erachtet worden, und im Weiteren verstosse die Konkurseröffnung wegen angeblichen unbekannten Aufenthalts gegen verschiedene Bestimmungen des Bundes- und internationalen Rechts. 
 
3.1 Zu Recht ist unbestritten, dass das Obergericht die Anfechtung des Konkursdekretes vom 23. November 2010 mit Eingabe des Beschwerdeführers vom 6. Dezember 2010 nach den Regeln gerichtet hat, wie sie bis zum 31. Dezember 2010, d.h. vor Inkrafttreten der ZPO galten (vgl. Urteil 5A_59/2010 vom 25. März 2011 E. 2). Nach aArt. 174 Abs. 1 erster Satz SchKG kann der Entscheid des Konkursgerichts innert zehn Tagen nach seiner Eröffnung an das obere Gericht weitergezogen werden. 
 
3.2 Die Art der Mitteilung eines Konkursdekretes richtet sich nach dem kantonalen Verfahrensrecht. Hingegen beurteilt sich die Frage, wann die Zustellung als erfolgt zu betrachten ist und ob die Weiterziehungsfrist eingehalten wurden, nach Bundesrecht bzw. aArt. 31 und aArt. 32 SchKG (GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 19 zu Art. 174; COMETTA, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 4 zu Art. 174). Unzutreffend ist demnach, wenn sich das Obergericht für die Fristberechnung (entgegen seiner Praxis; ZR 1984 Nr. 122, S. 290) mit Hinweis auf §§ 191 und 193 GVG/ZH auf kantonales Recht gestützt hat. 
 
3.3 Nach den Sachverhaltsfeststellungen (Art. 105 Abs. 1 BGG) hat der Beschwerdeführer - was er zudem nicht bestreitet - den Entscheid des Konkursgerichts am 26. November 2010 (vor der amtlichen Publikation am xxxx 2010) auf der Gerichtskanzlei persönlich entgegengenommen. Nach kantonalem Recht sind Gerichtsurkunden einer nicht vertretenen Partei persönlich zu übergeben (HAUSER/ SCHWERI, Kommentar GVG/ZH, 2002, N. 17 zu § 177). Das Obergericht hat das Datum der Zustellung durch persönliche Übergabe des Konkursdekretes als rechtswirksam erachtet. Dass dadurch kantonales Recht willkürlich (Art. 9 BV) angewendet worden sei, legt der Beschwerdeführer nicht dar (Art. 106 Abs. 2 BGG). Somit begann die zehntägige Frist für die Weiterziehung des Entscheides des Konkursgerichts an das Obergericht mit rechtswirksamer Eröffnung am 26. November 2010 mit dem 27. November 2010 zu laufen (aArt. 31 Abs. 1 SchKG) und endigte am Montag, 6. Dezember 2010. Es ist im Ergebnis zutreffend, wenn das Obergericht festgehalten hat, dass der Beschwerdeführer die Eingabe spätestens an diesem Tag der Behörde eingereicht oder der schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben haben musste (aArt. 32 Abs. 1 SchKG). 
3.3.1 Eine Übergabe der Rekursschrift an eine schweizerische Auslandsvertretung hat die Vorinstanz nicht festgestellt. Der angefochtene Entscheid enthält keine tatsächlichen Hinweise über die vom Beschwerdeführer behauptete Vorsprache am 6. Dezember 2010 auf der schweizerischen Botschaft in Stockholm. Seine Erklärungen beinhalten neue Tatsachen und (mit den angebotenen Zeugen) neue Beweismittel. Allerdings gibt nicht erst der angefochtene Entscheid Anlass zum Vorbringen. Das Obergericht hat festgehalten, der Beschwerdeführer habe sich zu dem von der Gläubigerin erhobenen Einwand, die Rekurseingabe sei "bei Postaufgabe in Schweden verspätet", nicht geäussert. Darauf geht der Beschwerdeführer nicht ein. Dass das Obergericht kantonales Recht unhaltbar angewendet habe, weil es die Zustellung der Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 13. Januar 2011 an Rechtsanwalt Danuser (mit Hinweis auf § 181 GVG/ZH) als rechtswirksam betrachtet hat, legt der Beschwerdeführer nicht dar (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Stellungnahme der Beschwerdegegnerin im kantonalen Verfahren gab ohne weiteres Anlass, die angeblich verweigerte Entgegennahme seiner Eingabe auf der Botschaft in Stockholm in das kantonale Verfahren einzubringen. Bei den betreffenden Vorbringen des Beschwerdeführers handelt es sich um Noven, welche im bundesgerichtlichen Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden können (Art. 99 Abs. 1 BGG). 
3.3.2 Es bleibt demnach mit Bezug auf die Fristwahrung bei der vorinstanzlichen Feststellung, dass die Rekurseingabe am 6. Dezember 2010 der schwedischen Post übergeben worden ist. Das Einreichen einer Eingabe bei einer ausländischen Post gilt jedoch nicht als fristwahrend, sondern sie muss vor Ablauf der Frist in den Besitz der schweizerischen Post gelangen (Botschaft über die Änderung des SchKG, BBl 1991 II 1 Ziff. 201.21, S. 44). Wenn das Obergericht gestützt auf die Feststellung, die Eingabe sei am 7. Dezember 2010 bei der schweizerischen Post angekommen, gefolgert hat, die Rekursschrift sei verspätet, ist dies nicht zu beanstanden. 
 
3.4 Bei Auslandwohnsitz oder Ansprache durch öffentliche Publikation ist möglich, die zehntägige Frist zur Weiterziehung des Konkursdekretes nach aArt. 33 Abs. 2 SchKG zu verlängern (GILLIÉRON, a.a.O.). Dass die Vorinstanz ihr Ermessen nicht ausgeübt habe (vgl. BGE 106 III 1 E. 2 S. 5; 111 III 5 E. 3a), um von sich aus eine Fristverlängerung zu prüfen, kritisiert der Beschwerdeführer nicht (Art. 42 Abs. 2 BGG). Entsprechende Anhaltspunkte für eine Fristverlängerung sind im Übrigen nicht ersichtlich. Aus der öffentlichen Bekanntmachung (vgl. RUSSENBERGER/SAUTER, Kurzkommentar SchKG, 2009, N. 17 zu Art. 33) kann der Beschwerdeführer nichts für sich ableiten, da er infolge der persönlichen Entgegennahme des Konkursdekretes die volle Rechtsmittelfrist zur Verfügung hatte. Das Gleiche gilt für die Fristwahrung durch postalische Zustellung aus Schweden. Er beruft sich selber darauf, dass die Übergabe auf der schweizerischen Vertretung in Stockholm - unweit von seinem behaupteten Wohnsitz in B.________ (einem Vorort) - der inländischen Postaufgabe gleichgestellt ist und er zudem davon Kenntnis hatte. Eine Wiederherstellung der abgelaufenen Weiterziehungsfrist nach aArt. 33 Abs. 4 SchKG (GILLIÉRON, a.a.O.) wegen eines unverschuldeten Hindernisses ist nicht zu prüfen, da der Beschwerdeführer ein entsprechendes Gesuch nicht gestellt hat. 
 
3.5 Nach dem Dargelegten stellt keine Rechtsverletzung dar, wenn das Obergericht die Weiterziehung des Beschwerdeführers gegen die Konkurseröffnung als verspätet erachtet hat. Soweit sich die übrigen Vorbringen in der Beschwerdeschrift überhaupt gegen den Nichteintretensentscheid des Obergerichts richten, genügen sie den Begründungsanforderungen nicht (vgl. E. 1.2). Bei diesem Ergebnis kann nicht überprüft werden, ob das Konkursgericht über den Beschwerdeführer nach Art. 190 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG den Konkurs wegen unbekannten Aufenthaltes eröffnen durfte. Der erstinstanzliche Entscheid ist nicht Anfechtungsobjekt der vorliegenden Beschwerde, und die weiteren Ausführungen in der Beschwerdeschrift - u.a. die verschiedenen Rügen einer Verletzung von Verfassungs- und Völkerrecht durch die Konkurseröffnung - gehen daher an der Sache vorbei. 
 
4. 
Der Beschwerde in Zivilsachen ist kein Erfolg beschieden. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1, Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, sowie dem Konkursamt Hottingen-Zürich, dem Betreibungsamt Zürich 7, dem Grundbuchamt Kreuzlingen und dem Handelsregisteramt des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 18. Mai 2011 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: 
 
Escher Levante