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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_389/2022  
 
 
Urteil vom 18. August 2022  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichterin Jametti, 
Bundesrichter Merz, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Roger Lerf, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, 3013 Bern, 
vertreten durch die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland, Kasernenstrasse 19, 3011 Bern. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren, Sicherheitshaft, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 21. Juni 2022 (BK 22 247). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Regionalgericht Bern-Mittelland sprach A.________ am 23. Mai 2022 erstinstanzlich schuldig wegen bandenmässigen Raubs unter Offenbarung einer besonderen Gefährlichkeit, versuchten bandenmässigen Raubs unter Offenbarung einer besonderen Gefährlichkeit, versuchten bandenmässigen Raubs, versuchten bandenmässigen Diebstahls, mehrfachen Betrugs (teilweise wegen Versuchs dazu), Urkundenfälschung, Geldwäscherei und diverser SVG-Delikte. Es verurteilte ihn (unter Anrechnung von 331 Tagen Untersuchungshaft) zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren und 9 Monaten. Gleichentags versetzte das Regionalgericht den Beschuldigten mit separatem Beschluss in Sicherheitshaft, dies bis zum Strafantritt (vorbehältlich der Rechtskraft des Strafurteils), längstens jedoch bis zum 22. November 2022. Am 24. Mai 2022 meldete er gegen das erstinstanzliche Urteil die Berufung an. 
 
B.  
Eine vom Beschuldigten am 1. Juni 2022 gegen den Haftanordnungsentscheid des Regionalgerichtes erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, mit Beschluss vom 21. Juni 2022 ab. 
 
C.  
Gegen den Haftbeschwerdeentscheid des Obergerichtes gelangte der Beschuldigte mit Beschwerde vom 22. Juli (Posteingang: 26. Juli) 2022 an das Bundesgericht. Er beantragt neben der Aufhebung des angefochtenen Entscheides seine sofortige Haftentlassung; eventualiter gegen geeignete Ersatzmassnahmen. 
Die Vorinstanz hat am 28. Juli 2002 auf eine Stellungnahme verzichtet. Die kantonale Generalstaatsanwaltschaft liess sich am 3. August 2022 vernehmen. Innert der auf den 12. August 2022 (fakultativ) angesetzten Frist hat der Beschwerdeführer keine Replik eingereicht. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid über die Anordnung von Sicherheitshaft nach erstinstanzlicher Verurteilung (Art. 80 BGG i.V.m. Art. 222 und Art. 231 Abs. 1 StPO). 
Der Beschwerdeführer macht geltend, die vom Regionalgericht ausgefällte Freiheitsstrafe sei deutlich zu hoch ausgefallen, weshalb sie nicht als erhebliches Fluchtindiz gewertet werden dürfe. Er stellt sich auf den Standpunkt, das Bundesgericht prüfe "grundsätzlich frei", ob die ausgesprochene Sanktion bundesrechtskonform sei. Dabei verkennt er, dass nicht das Bundesgericht im vorliegenden Haftprüfungsverfahren die erstinstanzlich ausgefällte Sanktion bzw. die Strafzumessung mit freier Kognition zu prüfen hat, sondern dass dies die Aufgabe des mit dem Fall materiell befassten Berufungsgerichtes sein wird (Art. 47-50 StGB i.V.m. Art. 398 Abs. 2 StPO). Eine freie materielle Prüfung der erstinstanzlich ausgefällten Sanktion bildete auch nicht Gegenstand des angefochtenen Haftprüfungsentscheides der bernischen Beschwerdekammer in Strafsachen (vgl. Art. 80 BGG i.V.m. Art. 222 und Art. 231 Abs. 1 StPO). 
Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, prüft das Bundesgericht im Haftprüfungsverfahren, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie ausreichend konkrete Indizien für Fluchtgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO) bejahte. Die diesbezüglichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz prüft das Bundesgericht nur unter Willkürkognition (vgl. unten, E. 2.4). Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus ausführliche appellatorische Vorbringen zur materiellen Strafzumessung vortragen lässt, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG sind grundsätzlich erfüllt und geben zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer bestreitet den allgemeinen Haftgrund des dringenden Tatverdachtes von Verbrechen oder Vergehen nicht (Art. 221 Abs. 1 Ingress StPO). Er wendet sich jedoch gegen die Annahme von Fluchtgefahr. 
 
2.1. Im angefochtenen Entscheid wird dazu Folgendes erwogen:  
In seinem erstinstanzlichen Haftentscheid habe das Regionalgericht erwogen, dass die Ausgangssituation angesichts der gerichtlich ausgefällten empfindlichen Freiheitstrafe eine neue sei. Zuvor habe der Beschwerdeführer mit einer bedingten Freiheitsstrafe gerechnet. Hinzu komme, dass es im Falle des Beschwerdeführers aufgrund seiner konkreten Lebensumstände eher unrealistisch erscheine, dass er sein Leben in den Griff bekommen, Schulden abbauen bzw. eine Familie gründen könnte. Wie von der Verteidigung anlässlich der Hauptverhandlung geltend gemacht, habe er zwar seine "Selbstständigkeit" aufgegeben und eine Arbeitsstelle angetreten. Ob und wie lange er diese behalten könne, sei jedoch zweifelhaft, zumal er noch in der Probezeit sei. Zwar möge es zutreffen, dass der Beschwerdeführer Schweizer sei, nur in der Schweiz Familie habe und es unklar sei, wo sich seine ukrainischen Grosseltern heute aufhielten. Dennoch könne nicht angenommen werden, dass er in der Schweiz derart starke soziale Bindungen habe, dass diese ihn an einer Flucht hinderten. Aufgrund seiner Sprachkenntnisse und seiner Herkunft sei es ihm ohne Weiteres möglich, in einem europäischen Land als ukrainischer Flüchtling aufzutreten und dort die entsprechenden Hilfsmassnahmen in Anspruch zu nehmen. Vor diesem Hintergrund sei der Anreiz, sich durch Flucht der drohenden empfindlichen Freiheitsstrafe sowie den sehr hohen Schulden (Verlustscheine über CHF 160'000.-- und zusätzliche Schulden für Verfahrenskosten und gutgeheissene Zivilforderungen in der Höhe von über CHF 150'000.--) zu entziehen, als sehr hoch einzustufen. 
Weiter verweist das Obergericht auf die vorinstanzliche Stellungnahme vom 7. Juni 2022 der Staatsanwaltschaft. Diese habe ausgeführt, dass es dem Beschwerdeführer, obwohl er im Alter von 10 Jahren in die Schweiz gekommen sei und einen Berufsabschluss als Detailhandelsfachmann habe, bis heute nicht gelungen sei, auf legale Art und Weise beruflich und sozial Fuss zu fassen. Schon in jungen Jahren sei er straffällig geworden. Dass er kurz vor dem Hauptverhandlungstermin offenbar eine Arbeitsstelle gefunden habe, ändere daran nichts. Von einer eigentlichen Verwurzelung könne trotz seiner schweizerischen Staatsbürgerschaft keine Rede sein. Während des laufenden Verfahrens habe er zudem erneut mehrfach delinquiert (Urkundenfälschung, Mehrfachbeantragung von Covid-Krediten, Fahren ohne Führerausweis). Mithin würden sich seine persönlichen Merkmale, welche bei der Beurteilung von Fluchtgefahr mitzuberücksichtigen seien, stark zu seinen Ungunsten auswirken. Insgesamt halte den Russisch bzw. Ukrainisch sprechenden Beschwerdeführer nur noch wenig in der Schweiz. Vielmehr sei davon auszugehen, dass er, einmal auf freien Fuss gesetzt, umgehend in Richtung Ukraine (oder ein anderes russischsprachiges Land) die Schweiz verlassen würde. Hinzu komme, dass er einen erheblichen Teil der drei betrügerisch erlangten Covid-Kredite in der Höhe von insgesamt CHF 150'000.-- irgendwo als "Startkapital" versteckt habe; falsche Ausweispapiere könne er nötigenfalls organisieren oder selber herstellen. Damit dürfte etwa ein Untertauchen in der vom Krieg betroffenen Ukraine leicht zu bewerkstelligen sein. Dass der Beschwerdeführer seine ukrainischen Grosseltern seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen haben wolle, entspreche nicht den Tatsachen. Während seiner früheren Untersuchungshaft im Jahr 2018 hätten sogar Besuche der Grosseltern stattgefunden. Was seine angeblich enge Bindung zur (in der Schweiz wohnhaften) Mutter betreffe, sei zu bemerken, dass er diese immer wieder in strafrechtlich relevante Schwierigkeiten gebracht habe. So habe er noch bis zuletzt nicht davor zurückgeschreckt, die Bankkonten seiner Mutter für die Verschleierung der Geldflüsse in Zusammenhang mit den betrügerisch erlangten Covid-Krediten (im Jahr 2020) zu verwenden. 
 
2.2. Die Vorinstanz erwägt sodann Folgendes:  
Zwar möge es zutreffen, dass der Beschwerdeführer in der Zeit zwischen seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft und der Urteilseröffnung in Freiheit gelebt habe, ohne einen Fluchtversuch zu unternehmen, und bei der Ermittlung zweier Hehler mitgeholfen habe. Es sei jedoch davon auszugehen, dass er vor der Urteilseröffnung noch auf eine deutlich mildere Strafe gehofft habe. Letzteres lasse sich auch aus der von der Verteidigung an der Hauptverhandlung beantragten Gesamtfreiheitstrafe von 581 Tagen schliessen, von deren Vollzug auch noch 331 Tage anrechenbare Untersuchungshaft abzuziehen gewesen wären. Aufgrund der erstinstanzlich ausgesprochenen Gesamtfreiheitstrafe dürfte dem heute 28-jährigen Beschwerdeführer demgegenüber die reelle Gefahr einer mehrjährigen noch vollziehbaren Freiheitsstrafe bewusst geworden sein. Dass er sich im Berufungsverfahren ein milderes Strafmass erhoffe, ändere daran nichts. 
Die Fluchtgefahr habe sich angesichts der erstinstanzlich ausgesprochenen empfindlichen Freiheitstrafe erheblich erhöht bzw. konkretisiert. Weiter bilde nicht nur die drohende Gefängnisstrafeein Fluchtindiz. Ins Gewicht falle zudem auch eine Gesamtbetrachtung der Lebensverhältnisse des Beschwerdeführers. Angesichts der Schuldsprüche habe er eine ausgeprägte kriminelle Energie an den Tag gelegt. Unklar sei sodann, ob und wie lange er die angetretene Stelle werde halten können. Es falle auf, dass er diese erst kurz nach der (am 9. März 2022 erfolgten) Vorladung zur Hauptverhandlung gesucht und Anfang April 2022 angetreten habe. Unter welchen Umständen er diese Stelle gefunden habe, sei ebenfalls unklar. Zwar bringe er vor, er verfüge über keine flüssigen Mittel, mit denen er im Ausland Fuss fassen könnte. Gerade seine hohen Schulden und die ihm in der Schweiz deswegen drohende Lohnpfändung bilde jedoch einen weiteren Fluchtanreiz. Das Regionalgericht habe ihn wegen teilweise schweren Vermögensdelikten verurteilt, wobei er noch während des laufenden Strafverfahrens kumulative Covid-Kredite illegal beantragt habe. Es müsse folglich davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt im Ausland bzw. auf der Flucht auch deliktisch zu bestreiten in der Lage wäre. 
Ob der Beschwerdeführer einen Teil der erschlichenen Covid-Kredite irgendwo "als Startkapital angelegt" habe, welches er zu Fluchtzwecken nutzen könnte, sei zwar derzeit nicht überprüfbar. Aus den bei den Akten liegenden Unterlagen seien jedoch diverse Transaktionen zugunsten der Bankkonten seiner Mutter und seiner früheren Partnerin sowie mehrfacheeigene Barbezüge ersichtlich. Anlässlich seiner Einvernahme vom 12. Januar 2021 habe er ausgeführt, die an seine Mutter und seine Partnerin überwiesenen Geldbeträge jeweils in bar zurückerhalten und ausgegeben zu haben. Mithin sei nicht auszuschliessen, dass er das erschlichene Geld irgendwo angelegt habe. Entgegen des von den Strafbehörden - anlässlich seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft - in ihn gesetzten Vertrauens sei er noch während des hängigen Strafverfahrens erneut mehrfach straffällig geworden. Es stehe in diesem Zusammenhang auch ein weiteres Strafverfahren (wegen neuer Urkundendelikte) im Raum. 
Auch mit Blick auf sein soziales Umfeld erscheine es höchst fraglich, wie stark dieses ihn an die Schweiz binde. Anders als von der Verteidigung vorgebracht, sei der Beschwerdeführer nach eigenen Aussagen bereits zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung nicht mehr mit seiner Partnerin liiert gewesen. Kinder habe er nicht. Unbestrittenermassen hätten ihn seine ukrainischen Grosseltern im Jahr 2018 vier mal im Gefängnis besucht. In seinem Besuchsbewilligungsgesuch habe er ausgeführt, seine Grosseltern seien für ihn "mehr als meine Eltern", zumal er diese "bis 2004 nie gesehen" habe und seinen Vater "bis jetzt immer noch nicht". Seine Grosseltern habe er damals "über ein Jahr" nicht mehr gesehen. Vor diesem Hintergrund wirke seine Äusserung, der Aufenthaltsort der Grosseltern sei für ihn unklar, nicht glaubhaft. 
Sodann sei zu beachten, dass noch eine weitere Person, die mehrfach darum ersucht habe, den Beschwerdeführer in der Untersuchungshaft besuchen zu dürfen, ebenfalls gebürtige Ukrainerin sei und ihn aus der gemeinsamen Kindheit in der Ukraine kenne. Es könne mithin nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer überhaupt keinen Bezug mehr zur Ukraine hätte. Immerhin sei ihm insofern beizupflichten, als sich eine Flucht als ukrainischer Flüchtling in einen europäischen Staat derzeit "vergleichsweise schwieriger gestalten" dürfte und "mit Risiken verbunden" wäre. Dem sei jedoch entgegen zu halten, dass er sich als Russisch bzw. Ukrainisch sprechende Person mit Schweizerpass ohne Weiteres in ein anderes russischsprachiges Land (z.B. Russland, Belarus, Moldau, Kasachstan, Kirgisistan oder Tadschikistan) begeben und dort eingliedern könnte. Wie von der Staatsanwaltschaft angeführt, könnte sich ferner auch ein Untertauchen in der kriegsversehrten bzw. im Wiederaufbau befindlichen Ukraine bewerkstelligen lassen. Der Vollständigkeit halber sei in diesem Kontext noch zu erwähnen, dass auch seine Mutter der russischen Sprache mächtig sei und das kyrillische Alphabet beherrsche. Bei Würdigung sämtlicher Umstände sei derzeit von einer ausgeprägten Fluchtgefahr auszugehen. 
 
2.3. Die Annahme von Fluchtgefahr als besonderer Haftgrund setzt ernsthafte Anhaltspunkte dafür voraus, dass die beschuldigte Person sich dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion durch Flucht entziehen könnte (Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes darf die Schwere der drohenden Sanktion zwar als ein Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden. Sie genügt jedoch für sich allein nicht, um einen Haftgrund zu bejahen. Vielmehr müssen die konkreten Umstände des betreffenden Falles, insbesondere die gesamten Lebensverhältnisse der beschuldigten Person, in Betracht gezogen werden (BGE 145 IV 503 E. 2.2; 143 IV 160 E. 4.3; 125 I 60 E. 3a; je mit Hinweisen). So ist es zulässig, ihre familiären und sozialen Bindungen, spezifische persönliche Merkmale (wie z.B. eine ausgeprägte kriminelle Energie), ihre berufliche Situation und Schulden sowie Kontakte ins Ausland und Ähnliches mitzuberücksichtigen. Auch bei einer befürchteten Ausreise in ein Land, das die beschuldigte Person grundsätzlich an die Schweiz ausliefern bzw. stellvertretend verfolgen könnte, fiele die Annahme von Fluchtgefahr nicht dahin (BGE 145 IV 503 E. 2.2; 123 I 31 E. 3d).  
Die Wahrscheinlichkeit einer Flucht nimmt in der Regel mit zunehmender Verfahrens- bzw. Haftdauer ab, da sich auch die Länge des allenfalls noch zu absolvierenden Strafvollzugs mit der bereits geleisteten prozessualen Haft, die auf die mutmassliche Freiheitsstrafe anzurechnen wäre (vgl. Art. 51 StGB), kontinuierlich verringert (BGE 143 IV 160 E. 4.3 mit Hinweis). Bei der Beurteilung der konkret drohenden (Rest-) Strafe ist im Haftprüfungsverfahren auch allfälligen bereits vorliegenden Gerichtsentscheiden über das Strafmass bzw. die freiheitsentziehende Sanktion Rechnung zu tragen (BGE 145 IV 503 E. 2.2; 143 IV 160 E. 4.1). Wenn bereits ein Urteil des erstinstanzlichen Strafgerichts vorliegt, hat die beschuldigte Person, welche die Strafbarkeit bestreitet oder das Strafmass als überhöht kritisiert, darzulegen, inwiefern das Strafurteil klarerweise fehlerhaft erscheint bzw. inwiefern eine entsprechende Korrektur im Berufungsverfahren mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (Urteile 1B_55/2020 vom 21. Februar 2020 E. 3.4-3.5; 1B_176/2018 vom 2. Mai 2018 E. 3.2; je mit Hinweisen). Soweit bereits eine Urteilsbegründung vorliegt, haben sich die Parteien des Haftprüfungsverfahrens auch mit den betreffenden Erwägungen des Sachrichters auseinanderzusetzen (vgl. BGE 139 IV 270 E. 3.1-3.2; zit. Urteile 1B_55/2020 E. 3.4 und 1B_176/2018 E. 3.2). 
 
2.4. Bei Beschwerden, die gestützt auf das Recht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2, Art. 31 BV) wegen strafprozessualer Haft erhoben werden, prüft das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffes die Auslegung und Anwendung der StPO frei. Art. 98 BGG gelangt bei strafprozessualen Zwangsmassnahmen nicht zur Anwendung (BGE 143 IV 330 E. 2.1 mit Hinweisen). Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 143 IV 316 E. 3.3; 330 E. 2.1; je mit Hinweis).  
 
2.5. Der Beschwerdeführer kritisiert die Strafzumessung des erstinstanzlichen Strafgerichtes und breitet in seiner Haftbeschwerde weitschweifig die Argumente aus, mit denen er insbesondere die Höhe der ausgefällten Sanktion im Berufungsverfahren anzufechten gedenkt. Daraus leitet er ab, es sei bundesrechtswidrig bzw. willkürlich, dass die Vorinstanz die ihm drohende Freiheitsstrafe als erhebliches Fluchtindiz würdigte.  
Insbesondere macht er Folgendes geltend: Er rechne zwar mit einer erheblich tieferen Strafe. Die Fluchtgefahr sei aber "auch dann klar zu verneinen, sollte die zweite Instanz die Strafe bestätigen oder sogar verschärfen". Bekanntlich sei "beides möglich, was von der Verteidigung und damit vom Beschwerdeführer ebenso in Betracht gezogen" werde. Bei gewissen Delikten bestreite er seine Beteiligung, bei anderen die rechtliche Qualifikation; die Staatsanwaltschaft habe ihn im Hauptverfahren verzerrt und äussert negativ dargestellt; aus Bagatelldelikten lasse sich keine ausgeprägte kriminelle Energie ableiten; zwar habe er sich an bandenmässigem Raub beteiligt, es sei jedoch unklar, "in welchem Umfang er in die Organisation und die Ausführung" involviert war; es sei laut Aussagen von Mitbeteiligten "wirklich alles schief gelaufen, was nur hätte schief laufen können", obwohl die gemeinsam verkaufte Beute mehrere Hundertausende CHF eingebracht habe; er habe davon nur einen Anteil von 15% erhalten; Beweisaussagen, wonach er die Delikte wochen- bzw. monatelang geplant habe, seien später wieder relativiert worden; in den ihn, den Beschwerdeführer, belastenden Aussagen eines Haupttäters fänden sich "diverse Ungereimtheiten und auch Widersprüche"; wie auf einem Überwachungsvideo zu sehen sei, habe der Haupttäter einen überfallenen Bijoutier heftig geschlagen und auch mit den Füssen gegen dessen Kopf getreten; für seine Beteiligung an den schweren Verletzungen des Opfers "durch die Tatsache, dass er für die Beteiligten übersetzt" habe, habe sich der Beschwerdeführer im Verlauf des Strafverfahrens "aufrichtig entschuldigt"; vor den Raubüberfällen sei ursprünglich keine Gewaltanwendung geplant worden; vor dem Raub in der Bijouterie habe die Täterschaft dort "keinen Diebstahl" vorgesehen gehabt, vielmehr sei es bloss "darum gegangen, die Bijouterie anzuschauen"; zwar hätten er und seine Komplizen einen Kredit mit gefälschten Dokumenten erschlichen, mit dem Geld hätten sie jedoch "Hardware im Zusammenhang mit der Erzeugung und dem Handel mit einer Kryptowährung beschaffen" wollen, womit sie "stets den Willen" gehabt hätten, den Kredit mit den erhofften Einnahmen "wieder zurückzuzahlen"; ferner macht er z.B. geltend, das erstinstanzliche Strafurteil sei noch nicht rechtskräftig. 
 
2.6. Wie bereits dargelegt, ist es nicht die Aufgabe des Bundesgerichtes im Haftprüfungsverfahren, die erstinstanzlich ausgefällte Sanktion mit freier Kognition materiell zu überprüfen und auf alle appellatorischen Vorbringen des Beschwerdeführers zur Strafzumessung einzutreten (Art. 47-50 StGB i.V.m. Art. 398 Abs. 2 StPO; vgl. Urteil 1B_55/ 2020 vom 21. Februar 2020 E. 3.4-3.5). Zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie ausreichend konkrete Indizien für Fluchtgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO) bejahte. Die diesbezüglichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz prüft das Bundesgericht nur unter Willkürkognition (vgl. oben, E. 2.4).  
Die Erwägung des Obergerichtes, wonach die erstinstanzlich ausgefällte Freiheitsstrafe einen erheblichen Fluchtanreiz begründe, hält vor dem Bundesrecht stand und stützt sich auf sachliche Gründe. Was der Beschwerdeführer vorbringt, lässt die Strafzumessung im erstinstanzlichen Urteil - aus der Sicht des Haftprüfungsgerichtes - nicht als klarerweise verfehlt erscheinen. Zwar erscheint das ausgefällte Strafmass von 12 Jahren und 9 Monaten Gefängnis (wegen bandenmässigen Raubs unter Offenbarung einer besonderen Gefährlichkeit, versuchten bandenmässigen Raubs unter Offenbarung einer besonderen Gefährlichkeit, versuchten bandenmässigen Raubs, versuchten bandenmässigen Diebstahls, mehrfachen Betrugs, teilweise Versuchs dazu, Urkundenfälschung, Geldwäscherei und diverser SVG-Delikte) auffallend hoch. Ob diese Sanktion (aus der Sicht eines Berufungsgerichtes) übermässig erscheinen könnte, braucht hier jedoch vom Bundesgericht nicht vertiefend geprüft zu werden. Im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung wegen schweren Gewaltverbrechen droht dem Beschwerdeführer jedenfallseine empfindliche mehrjährige Freiheitsstrafe, was die Vorinstanz von Bundesrechts wegen als erhebliches Fluchtindiz würdigen durfte. 
Die Vorinstanz erwägt, dass sich aus den 32 Bundesordnern Strafakten derzeit keinerlei Anhaltspunkte ergäben, wonach das Strafurteil vom 23. Mai 2022 klarerweise fehlerhaft sein könnte und im Berufungsverfahren mit erheblicher Wahrscheinlichkeit eine haftrechtlich relevante Korrektur des Urteils bzw. der Strafzumessung zu erwarten wäre. Entsprechendes habe der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren auch nicht substanziiert dargetan. Vielmehr habe er "pauschal nahezu das ganze erstinstanzliche Urteil bestritten". 
Unhaltbare Sachverhaltsfeststellungen des Obergerichtes sind in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar dargetan. 
 
2.7. Neben der dem Beschwerdeführer drohenden empfindlichen Freiheitsstrafe nennt die Vorinstanz diverse weitere konkrete Fluchtindizien (vgl. dazu oben, E. 2.2).  
Auch in diesem Zusammenhang sind keine willkürlichen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz ersichtlich. Daran vermögen auch die Einwände des Beschwerdeführers nichts zu ändern. Dies gilt namentlich für die Vorbringen, seine Lebensumstände seien nach wie vor dieselben wie im Januar 2019; damals habe in der Ukraine noch nicht der gleiche Kriegszustand geherrscht; die Arbeitslosenquote sei dort und in anderen russischsprachigen Ländern hoch; "abgesehen von seinen Grosseltern im Kriegsgebiet" habe er keine Kontakte ins Ausland; gegen eine Flucht in eine ehemalige Teilrepublik der Sowjetunion sprächen namentlich die fremde Kultur, seine "gebrochene Sprache" und sein Aussehen; sein soziales und berufliches Umfeld befinde sich in der Schweiz; oder, vor seiner Wiederinhaftierung habe er sich in einem geordneten Arbeitsverhältnis befunden. 
Die Vorinstanz begründet in zutreffender Weise, dass sich der Beschwerdeführer dem Berufungsverfahren durch Flucht entziehen könnte. Die Annahme einer erheblichen Fluchtgefahr durch die kantonalen Instanzen hält vor dem Bundesrecht stand. Es kann offen bleiben, ob neben Fluchtgefahr noch weitere besondere Haftgründe (etwa Kollusions- oder Wiederholungsgefahr) erfüllt sein könnten. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer beantragt im Eventualstandpunkt seine Haftentlassung gegen Ersatzmassnahmen für Haft. Er macht geltend, selbst bei Annahme einer gewissen Fluchtgefahr könne ihr mit milderen Ersatzmassnahmen ausreichend Rechnung getragen werden. Er rügt unter anderem eine Verletzung der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) und des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes. 
 
3.1. Der Beschwerdeführer bringt, im Wesentlichen zusammengefasst, Folgendes vor:  
Zwar könnten Ersatzmassnahmen eine Flucht nicht abschliessend verhindern, sie schreckten aber erheblich davon ab und ermöglichten den Behörden eine umgehende Reaktion. Zugleich sei "eine Flucht aus dem Gefängnis ebenfalls denkbar". Das Electronic Monitoring sei eine effektive Methode zur Fluchtverhinderung. Damit verfügten die Behörden über eine Aufenthaltskontrolle, indem die überwachte Person mittels GPS überall und in Echtzeit geortet werden könne. Dieses technische Hilfsmittel diene nicht nur faktisch der Fluchtverhinderung. Würde er zwischen seiner Arbeitsstelle und seinem Zuhause "vom Weg abkommen", ginge sofort ein Alarm los, worauf er polizeilich angehalten werden würde. Selbst wenn er "das Gerät manipulieren" würde, wäre die nächste Grenze noch weit entfernt. Er sei noch jung, weshalb er die Möglichkeiten der heutigen Technik kenne und auf sie vertraue. Kombiniert mit einer Ausweis- und Schriftensperre sei eine Flucht, "erst recht aus dem Schengenraum, mit weiteren enormen Risiken verbunden". Implizit erachte auch die Vorinstanz eine Flucht innerhalb von Europa als nicht wahrscheinlich. Eine "Flucht als europäischer Flüchtling in einen europäischen Staat" sei derzeit "vergleichsweise schwieriger" und mit Risiken verbunden, zumal ohne Ausweispapiere. Weshalb eine Flucht in eines der russischsprachigen Länder nicht riskant wäre, lege die Vorinstanz nicht näher dar. 
 
3.2. Strafprozessuale Haft darf nur als "ultima ratio" angeordnet oder aufrechterhalten werden. Wo sie durch mildere Massnahmen ersetzt werden kann, muss von ihrer Anordnung oder Fortdauer abgesehen und an ihrer Stelle eine solche Ersatzmassnahme verfügt werden (Art. 212 Abs. 2 lit. c i.V.m. Art. 237 f. StPO; vgl. BGE 145 IV 503 E. 3.1; 142 IV 367 E. 2.1; 140 IV 74 E. 2.2; je mit Hinweisen). Zwar können mildere Ersatzmassnahmen für Haft geeignet sein, einer gewissen (niederschwelligen) Fluchtneigung ausreichend Rechnung zu tragen. Bei ausgeprägter Fluchtgefahr erweisen sie sich nach der einschlägigen Praxis des Bundesgerichtes jedoch regelmässig als nicht ausreichend. Angesichts der fehlenden Personenkontrollen an den Landesgrenzen im Schengenraum gilt dies namentlich für Pass- und Schriftensperren, die - allenfalls mit Electronic Monitoring überwachte - Zuweisung eines Wohnrayons oder die Verpflichtung, sich regelmässig auf einem Polizeiposten zu melden (BGE 145 IV 503 E. 3.2-3.3 mit Hinweisen; s.a. Urteile 1B_55/2020 vom 21. Februar 2020 E. 2.3; 1B_443/2016 vom 12. Dezember 2016 E. 2.3; je mit Hinweisen).  
 
3.3. Die Vorinstanz erwägt Folgendes:  
Es sei derzeit von einer ausgeprägten Fluchtgefahr auszugehen. Die vom Beschwerdeführer als mögliche Ersatzmassnahme genannte Ausweissperre vermöge eine Flucht ins Ausland oder ein Untertauchens im Inland nicht zu verhindern. Im Schengen-Raum fänden grundsätzlich keine Personenkontrollen statt, weshalb insoweit die Grenze auch ohne Ausweispapiere leicht zu überschreiten wäre. Auch eine Meldepflicht auf einer Polizeiwache oder ein überwachter Hausarrest seien nicht geeignet, die Gefahr einer Flucht oder eines Untertauchens des Beschwerdeführers wirksam zu bannen. Solche Massnahmen erlaubten lediglich die zeitnahe Einleitung einer Fahndung im Falle einer Flucht. Dem Beschwerdeführer würde innerhalb des Meldeintervalls (bzw. im Rahmen der Aufenthalts-Überprüfung) ausreichend Zeit zur Verfügung stehen, um die relativ kleinräumige Schweiz zu verlassen. Mit einer elektronischen Fussfessel könne eine Flucht nur im Nachhinein festgestellt, aber nicht verhindert werden. Die elektronische Überwachung einer Eingrenzung oder eines Hausarrests genüge hier daher ebenfalls nicht. Geeignete Ersatzmassnahmen, welche, einzeln oder in Kombination, die Fluchtgefahr zu bannen vermöchten, bestünden derzeit nicht. Ob sich allenfalls in einem späteren Zeitpunkt daran etwas ändern werde, sofern die Fluchtgefahr gestützt auf neue Erkenntnisse als niederschwellig eingestuft werden könnte, werde zu gegebener Zeit zu beurteilen sein. 
 
3.4. Die Annahme der kantonalen Instanzen, blosse Ersatzmassnahmen für Sicherheitshaft seien im aktuellen Verfahrensstadium nicht geeignet, die oben (E. 2) dargelegte erhebliche Fluchtgefahr ausreichend zu bannen, hält vor dem Bundesrecht stand. Da derzeit keine wirksamen Ersatzmassnahmen ersichtlich sind, um der ausgeprägten Fluchtneigung zu begegnen, erweist sich die Sicherheitshaft auch als geeignete und notwendige (und insofern verhältnismässige) strafprozessuale Zwangsmassnahme (vgl. Art. 197 Abs. 1 lit. c-d StPO). Eine übermässige Haftdauer (Art. 212 Abs. 3 StPO) wird vom Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesgericht nicht mehr beanstandet und wäre auch von Amtes wegen noch nicht ersichtlich.  
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Die gesetzlichen Voraussetzungen von Art. 64 BGG sind erfüllt, weshalb das Gesuch zu bewilligen ist. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.  
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt: 
 
2.1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
2.2. Rechtsanwalt Roger Lerf wird als unentgeltlicher Rechtsvertreter ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit einem Honorar von Fr. 1'500.-- (pauschal, inkl. MWST) entschädigt.  
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. August 2022 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster