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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_310/2024  
 
 
Urteil vom 18. Oktober 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Müller, 
Gerichtsschreiber Bisaz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Swisscom (Schweiz) AG, 
Alte Tiefenaustrasse 6, 3050 Bern, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Mischa Morgenbesser und/oder Rechtsanwalt Dr. Julian Beriger, 
 
gegen  
 
1. A.________, 
2. B.________, 
Beschwerdegegnerschaft, 
 
Bauausschuss der Stadt Winterthur, 
Pionierstrasse 7, 8403 Winterthur, 
vertreten durch das Baupolizeiamt Winterthur, Rechtsdienst, Pionierstrasse 7, 8403 Winterthur. 
 
Gegenstand 
Baubewilligung für eine Mobilfunkantenne, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, vom 14. März 2024 (VB.2023.00497). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 10. Dezember 2021 erteilte der Bauausschuss der Stadt Winterthur der Swisscom (Schweiz) AG eine Baubewilligung für eine Mobilfunk-Antennenanlage auf dem Grundstück Kat.-Nr. MA516 an der Gärtnerstrasse 1 in Winterthur. Mit Beschluss vom 23. Februar 2022 hob er die darin statuierte Auflage, wonach die Korrekturfaktoren der adaptiven Antennen der bewilligten Anlage nicht aktiviert werden dürfen, wiedererwägungsweise auf. 
Gegen den Wiedererwägungsbeschluss erhoben A.________ und B.________ mit gemeinsamer Eingabe vom 4. April 2022 Rekurs beim Baurekursgericht des Kantons Zürich. Mit Entscheid vom 22. Juni 2023 wies dieses den Rekurs ab. 
Hierauf gelangten A.________ und B.________ mit Beschwerde vom 26. August 2023 an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Mit Urteil vom 14. März 2024 hiess dieses die Beschwerde gut und hob den Entscheid des Baurekursgerichts vom 22. Juni 2023 sowie den Wiedererwägungsbeschluss vom 23. Februar 2022 auf. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 17. Mai 2024 erhebt die Swisscom (Schweiz) AG dagegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. März 2024 aufzuheben und den Wiedererwägungsbeschluss der Stadt Winterthur vom 23. Februar 2022 zu bestätigen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid im Bereich des Bau- und Umweltschutzrechts. Dagegen steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG); ein Ausnahmegrund im Sinne von Art. 83 ff. BGG liegt nicht vor. Die Beschwerdeführerin ist im vorinstanzlichen Verfahren unterlegen und als Baugesuchstellerin sowie Adressatin des angefochtenen Entscheids gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind, ist auf die Beschwerde einzutreten. 
 
2.  
Streitig ist, ob die in der Baubewilligung vom 10. Dezember 2021 verfügte Auflage, gemäss der keine Korrekturfaktoren bei den adaptiven Antennen angewendet werden dürfen, wiedererwägungsweise aufgehoben werden durfte. 
 
2.1. Die Vorinstanz argumentiert, das Standortdatenblatt der strittigen Mobilfunkanlage vom 5. Juli 2021, welches sowohl der Baubewilligung vom 10. Dezember 2021 als auch dem Wiedererwägungsbeschluss vom 23. Februar 2022 zugrunde lag, enthalte keine Angaben zu einem Korrekturfaktor. Im Standortdatenblatt seien der adaptive Betrieb und die Anzahl Sub-Arrays ausgewiesen, womit jedoch lediglich die Antennen als adaptiv gekennzeichnet worden seien. Ein adaptiver Betrieb setze nicht zwingend die Anwendung eines Korrekturfaktors voraus. Die Anwendung des Korrekturfaktors müsse im Baugesuch beziehungsweise im Standortdatenblatt ausgewiesen werden. Ohne Deklaration des Korrekturfaktors müsse schon allein aus Rechtssicherheitsgründen davon ausgegangen werden, dass sich das ursprüngliche Baugesuch auf einen adaptiven Betrieb ohne Anwendung des Korrekturfaktors beziehe. Demgemäss sei die Anwendung des Korrekturfaktors nicht Bestandteil der Baubewilligung vom 10. Dezember 2021 gewesen. Die strittige Mobilfunkantenne sei im Rahmen des Worst-Case-Szenarios betrieben worden und die Anwendung des Korrekturfaktors bedürfe daher eines Baubewilligungsverfahrens.  
Der Wiedererwägungsbeschluss vom 23. Februar 2022 genüge unter formellen Aspekten nicht, um den Korrekturfaktor zu aktivieren. So sehe der Anhang 1 Ziffer 63 Abs. 4 der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV; SR 814.710) vor, dass wenn bei bestehenden adaptiven Sendeantennen ein Korrekturfaktor KAA angewendet werde, der Inhaber der Anlage der zuständigen Behörde ein aktualisiertes Standortdatenblatt einzureichen habe, das in einem ordentlichen Baubewilligungsverfahren zu bewilligen sei. Der Wiedererwägungsbeschluss vom 23. Februar 2022 beziehe sich jedoch noch auf das alte Standortdatenblatt, welches den adaptiven Betrieb ohne Korrekturfaktor dokumentiere. Deshalb könne die Wiedererwägung kein formell genügendes Baubewilligungsverfahren für die Anwendung des Korrekturfaktors ersetzen, mangle es doch bereits an den massgebenden Unterlagen, welche für eine Prüfung im ordentlichen Baubewilligungsverfahren notwendig gewesen wären. Demgemäss dürfe der Korrekturfaktor weiterhin nicht ohne ordentliches Baubewilligungsverfahren aktiviert werden. 
 
2.2. Diese vorinstanzlichen Erwägungen sind nicht zu beanstanden. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, vermag daran nichts zu ändern. Soweit sie mit Verweisung auf Ziff. 62 Abs. 5bis Anh. 1 und Ziff. 63 Abs. 4 Anh. 1 NISV dahingehend argumentiert, für die Anwendung des Korrekturfaktors auf die im "Worst-Case-Szenario" bewilligten adaptiven Antennen sei kein Baubewilligungsverfahren nach Art. 22 RPG (SR 700) notwendig, kann ihr nicht gefolgt werden, wie das Bundesgericht jüngst ausführlich dargelegt hat (Art. 109 Abs. 3 BGG; siehe zum Ganzen: Urteil 1C_506/2023 vom 23. April 2024 E. 4, zur Publikation vorgesehen). Die auf dieser unzutreffenden Rechtsauffassung gestützten Rügen angeblicher Bundesrechtsverletzungen gehen daher fehl.  
Es ist zudem nicht aktenkundig, dass die Baubewilligungsbehörde vorliegend die Anwendung der Korrekturfaktoren auf die adaptiven Antennen geprüft hat. Vielmehr erwähnt sie diese in der Baubewilligung vom 10. Dezember 2021 nur in der darin beschlossenen Auflage, gemäss der bei den adaptiven Antennen keine solchen aktiviert werden dürfen. Die Baubewilligungsbehörde ging in jener Baubewilligung offensichtlich davon aus, dass das Standortdatenblatt keine Anwendung von Korrekturfaktoren vorsah. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann es für die Bewilligung der Anwendung von Korrekturfaktoren indes nicht genügen, wenn im Standortdatenblatt für die Mobilfunk-Basisstation einzig erwähnt wird, dass es unter den zu bewilligenden Antennen auch solche mit adaptivem Betrieb hat und dabei die Anzahl Sub-Arrays genannt wird (vgl. dagegen Bundesamt für Umwelt BAFU, Häufig gestellte Fragen zur Vollzugshilfe für adaptive Antennen vom 14. Juni 2021, inkl. Ergänzungen vom 31. August 2021, S. 5). Die Anwendung der Korrekturfaktoren auf die adaptiven Antennen setzt vielmehr voraus, dass das Standortdatenblatt, aufgrund dessen die Baubewilligung erteilt werden soll, die konkrete Anwendung der Korrekturfaktoren darlegt. Dass die Anwendung der Korrekturfaktoren vorliegend im Rahmen eines Wiedererwägungsbeschlusses bewilligt wurde, hat auf die rechtliche Beurteilung ihrer Zulässigkeit keinen Einfluss. 
 
2.3. Die Beschwerdeführerin macht zudem geltend, das Verwaltungsgericht habe in zwei anderen Urteilen ein identisches Standortdatenblatt genügen lassen, um die Anwendung der Korrekturfaktoren zuzulassen.  
Sie bringt indes nicht vor, es bestehe eine ständige rechtswidrige Praxis der Vorinstanz zu dieser Frage, von welcher die Vorinstanz nicht abzuweichen beabsichtige; dies wäre jedoch für die Berufung auf Gleichbehandlung im Unrecht notwendig (vgl. BGE 146 I 105 E. 5.3.1 mit Hinweisen). Eine solche Praxis ist auch nicht ersichtlich. Entsprechend kann die Beschwerdeführerin nicht einfordern, im Unrecht gleich behandelt zu werden. 
 
3.  
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1 und 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bauausschuss der Stadt Winterthur und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. Oktober 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Bisaz