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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_651/2024  
 
 
Urteil vom 18. November 2024  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Bovey, Hartmann, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Anna Hofer, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Wasem, 
Beschwerdegegner, 
 
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Biel, Eckweg 8, Postfach 704, 2501 Biel. 
 
Gegenstand 
Kindesbelange, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, vom 11. September 2024 (KES 24 550 KES 24 709). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Parteien sind die nicht miteinander verheirateten Eltern einer 2023 geborenen Tochter, für welche sie die gemeinsame elterliche Sorge haben. Sie wohnten bis Ende Oktober 2023 in einem gemeinsamen Haushalt in U.________. 
 
B.  
Mit Eingabe vom 13. Dezember 2023 beantragte die zwischenzeitlich anwaltlich vertretene Mutter, es sei ihr superprovisorisch, eventualiter provisorisch (gemeint: vorsorglich) zu bewilligen, ihren Aufenthalt (gemeint: den Aufenthalt ihrer Tochter) nach V.________, Deutschland (gemeint: Österreich), zu verlegen. 
Mit Eingabe vom 18. Dezember 2023 forderte der nun seinerseits anwaltlich vertretene Vater u.a., die Tochter sei unter seine Obhut zu stellen und es sei eine Beistandschaft zu errichten. 
Im Rahmen eines vom Vater in Österreich eingeleiteten Kindesrückführungsverfahrens verpflichtete sich die Mutter mit gerichtlichem Vergleich vom 26. Januar 2024, mit der Tochter bis am 12. Februar 2024 in die Schweiz zurückzukehren. 
Nachdem die KESB Biel dem Kind bereits zuvor eine Vertretung bestellt hatte, wies sie mit vorsorglichem Massnahmeentscheid vom 22. März 2024 die Zustimmung zum Wechsel des Aufenthaltsortes des Kindes nach Österreich ab, ordnete eine alternierende Obhut an und regelte diese dahingehend, dass der Vater das Kind von Sonntagabend bis Dienstagabend, die Mutter dieses von Dienstagabend bis Samstagvormittag und die Eltern es an den Wochenenden wechselweise betreuen, unter Errichtung einer Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB. Den hiergegen bis vor Bundesgericht erhobenen Rechtsmitteln war kein Erfolg beschieden. 
 
C.  
Unter Abweisung der diversen (super-) provisorischen Anträge der Parteien bestätigte die KESB mit Entscheid vom 12. Juli 2024 die alternierende Obhut (unter Modifikation der Übergabezeiten) und die Beistandschaft, unter Anpassung des Aufgabenkataloges der Beiständin. Sodann wies sie die Parteien an, mit der Beiständin sowie mit der sozialpädagogischen Familienbegleitung und der Erziehungsberatung zusammenzuarbeiten, und ordnete ein Gutachten betreffend die Beschwerdeführerin an, unter Erstellung eines umfangreichen Fragenkataloges. 
Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 11. September 2024 ab. 
 
D.  
Gegen den obergerichtlichen Entscheid wendet sich die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 24. September 2024 an das Bundesgericht mit den Begehren um dessen Aufhebung und Erteilung der Obhut sowie Bewilligung des Wegzuges für das Kind nach V.________ in Österreich, eventualiter um Rückweisung der Sache an das Obergericht. Das Gesuch um vorsorgliche Obhutszuteilung und Bewilligung des Wegzuges wies das Bundesgericht mit Verfügung vom 25. September 2024 ab. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Fraglich ist, ob der angefochtene Entscheid insgesamt eine vorsorgliche Massnahme oder u.a. eine definitive Obhutsregelung zum Gegenstand hat. Dem angefochtenen Entscheid ist diesbezüglich nichts zu entnehmen. Die Beschwerdeführerin hat im bundesgerichtlichen Verfahren am 24. und 25. Oktober 2024 zwei Schreiben nachgereicht, in welchen sie sich hierzu widersprüchlich äussert. Ebenfalls widersprüchlich ist der KESB-Entscheid vom 12. Juli 2024, welcher vorliegend den Ausgangspunkt bildet: Im Dispositiv wird festgehalten, dass die Regelung vom 22. März 2024 (gemeint: die Obhuts- und Betreuungsregelung) sowie die - vorliegend nicht angefochtene - Errichtung der Beistandschaft bestätigt werden; in den Erwägungen findet sich auf S. 17 die Überschrift "Bestätigung und definitive Festlegung der Betreuungsanteile", während auf S. 19 festgehalten wird, "um einen definitiven Entscheid betreffend die Zuteilung der Obhut sowie damit zusammenhängend über die Betreuungsanteile [...] zu treffen sowie damit zusammenhängend über den Antrag [...] zur Zustimmung, den Wohnsitz bzw. den Aufenthaltsort [des Kindes] nach Österreich verlegen zu können, zu entscheiden, bedarf es weiterer Abklärungen, insbesondere betreffend die Erziehungskompetenz der Eltern." In der Folge wird ausgeführt, dass es hierfür eines Gutachtens bedürfe und ein solches anzuordnen sei. 
Massgeblich ist nicht, wie eine Behörde ihren Entscheid bezeichnet - wobei vorliegend eine Bezeichnung sowieso unterblieben ist -, sondern was der Inhalt ist. Diesbezüglich steht fest, dass die KESB im Entscheid vom 12. Juli 2024 mit Blick auf die Regelung der Obhuts- und Wegzugsfrage ein Gutachten angeordnet hat. Auch das Obergericht hält - wie gesagt, ohne sich zum Charakter des KESB-Entscheides zu äussern - auf S. 6 des angefochtenen Entscheides fest, dass bei Wegzugsentscheiden die Frage massgeblich sei, ob das Wohl des Kindes besser gewahrt sei, wenn es mit dem wegzugswilligen Elternteil wegziehe oder wenn es beim zurückbleibenden Elternteil verbleibe, was regelmässig eine Obhutszuteilung impliziere; dies bedürfe einer vorgängigen Klärung der Erziehungsfähigkeit der Eltern und genau diese Grundlagenerstellung strebe der KESB-Entscheid mit dem angeordneten Gutachten an. 
Vor diesem Hintergrund besteht kein Zweifel, dass eine vorsorgliche Massnahme angefochten ist. Die Anordnung eines Gutachtens würde denn auch keinen Sinn mehr machen, wenn die Angelegenheit bereits definitiv geregelt wäre. Die bestätigte alternierende Obhut hat mithin vorsorglichen Charakter bis geklärt ist, ob der Aufenthaltsverlegung des Kindes zuzustimmen ist oder ob es - unter der Prämisse, dass die Beschwerdeführerin so oder anders nach Österreich zurückkehrt - in die Obhut des Vaters zu geben ist. Mithin kommt Art. 98 BGG zum Tragen und es kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden. 
Was die Anordnung der Begutachtung anbelangt, liegt ferner ein Zwischenentscheid im Sinn von Art. 93 Abs. 1 BGG vor (vgl. BGE 138 III 46; Urteile 5A_655/2013 vom 29. Oktober 2013 E. 1.1; 8C_774/2018 vom 30. Januar 2019 E. 2.2.2; 5A_76/2023 vom 17. Juli 2023 E. 1; 9C_639/2023 vom 7. Dezember 2023). Diesbezüglich müssten die besonderen Anfechtungsvoraussetzungen in der Beschwerde dargetan werden (BGE 137 III 324 E. 1.1; 141 III 80 E. 1.2; 141 IV 289 E. 1.3), was die Beschwerdeführerin vollständig unterlässt. 
 
2.  
Zur Frage der Genehmigung der Verlegung des Aufenthaltsortes des Kindes ins Ausland und die in diesem Kontext nötige Obhutszuteilung besteht die Beschwerde weitgehend aus einer von der Sache her appellatorischen Sachverhaltskritik bzw. Darstellung des Sachverhaltes aus eigener Sicht. Dies ist unabhängig von Art. 98 BGG ungenügend, weil in Bezug auf den Sachverhalt selbst bei voller Rechtskognition nur substanziierte Verfassungs-, insbesondere Willkürrügen möglich wären und auf bloss appellatorische Ausführungen nicht eingetreten werden kann (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4; 149 III 81 E. 1.3). 
Was an der obergerichtlichen Kernüberlegung, mit Blick auf die rechtsrelevante Fragestellung bei Wegzugsentscheidungen (dazu BGE 142 III 481 E. 2.6) bedürfe es nach den zutreffenden Erwägungen der KESB zur Erstellung des Sachverhaltes vorgängig einer gutachterlichen Abklärung der Erziehungsfähigkeit, verfassungsverletzend sein soll, wird in der Beschwerde nicht substanziiert dargelegt und selbst bei voller Rechtskognition vermöchten die ungeordneten und teils polemischen Ausführungen keine Rechtsverletzung aufzuzeigen. Insbesondere liegt keine Verletzung der Begründungspflicht vor (dazu BGE 141 III 28 E. 3.2.4; 142 III 433 E. 4.3.2; 143 III 65 E. 5.2), denn im angefochtenen Entscheid werden - im Sinn der entscheidwesentlichen Gesichtspunkte - die Überlegungen genannt, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf welche sich sein Entscheid stützt. Im Übrigen argumentiert die Beschwerdeführerin widersprüchlich, wenn sie einerseits eine ungenügende Sachverhaltsabklärung durch die KESB bzw. das Obergericht moniert und andererseits die Erstellung eines Gutachtens für unangebracht bzw. verfassungsverletzend hält. 
 
3.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der KESB Biel und dem Obergericht des Kantons Bern, Kindes- und Erwachsenenschutzgericht, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. November 2024 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli