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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_403/2024  
 
 
Urteil vom 18. November 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichterinnen Moser-Szeless, Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiber Nabold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Krankenversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Wallis vom 18. Juni 2024 (S2 24 8). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1978 geborene A.________ litt unter einer fortgeschrittenen Hüftarthrose, als er am 31. Januar 2023 bei der B.________, bei der er obligatorisch krankenpflegeversichert war, einen Antrag auf Kostenübernahme für eine "metal-on-metal hip resurfacing" (Hüft Resurfacing Arthoplastik, [Metall-]HRA) im C.________ Hospital in U.________, Vereinigtes Königreich, stellte. Die Versicherung lehnte eine Kostenübernahme mit Verfügung vom 30. Oktober 2023 und Einspracheentscheid vom 4. Januar 2024 ab. 
 
B.  
Die von A.________ hiergegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht Wallis mit Urteil vom 18. Juni 2024 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________ sinngemäss, die B.________ sei zu verpflichten, die Kosten für die HRA im C.________ Hospital zu übernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzte, als es einen Anspruch auf Kostenübernahme einer im Ausland (Vereinigtes Königreich) - am 23. Mai 2023 - durchgeführten Operation (HRA) durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung verneinte. 
 
3.  
 
3.1. Die soziale Krankenversicherung gewährt Leistungen unter anderem bei Krankheit (Art. 3 ATSG; Art. 1a Abs. 2 lit. a KVG). Im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung dürfen die Versicherer keine anderen Kosten als diejenigen für die Leistungen nach den Art. 25-33 KVG übernehmen (Art. 34 Abs. 1 KVG). Dazu zählen die Kosten für Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen (Art. 25 Abs. 1 KVG). Voraussetzung für eine Kostenübernahme ist die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung; die Wirksamkeit muss nach wissenschaftlichen Methoden nachgewiesen sein (Art. 32 Abs. 1 KVG).  
 
3.2. Grundsätzlich gilt das Territorialitätsprinzip: Im Ausland angefallene Behandlungs- und Nachbehandlungskosten werden daher nur vergütet, wenn entweder ein Notfall vorliegt (Art. 36 Abs. 2 KVV [SR 832.102]) oder die (vom allgemeinen Leistungskatalog gemäss Art. 25 Abs. 2 KVG an sich erfasste) medizinische Behandlung in der Schweiz nicht erbracht werden kann (Art. 34 Abs. 2 lit. a KVG, Art. 36 Abs. 1 KVV; BGE 145 V 170 E. 2).  
Ein Notfall (Art. 36 Abs. 2 KVV) steht hier nicht zur Diskussion. Unter dem Titel des fehlenden Behandlungsangebots (Art. 36 Abs. 1 KVV) rechtfertigen nur schwerwiegende "Versorgungslücken" eine Abweichung vom Territorialitätsprinzip. Eine Ausnahme ist möglich, wenn in der Schweiz überhaupt keine Behandlungsmöglichkeit besteht oder eine hierzulande praktizierte therapeutische Massnahme im Einzelfall verglichen mit der auswärtigen Behandlungsalternative wesentliche und erheblich höhere Risiken mit sich bringt, so dass eine mit Blick auf den angestrebten Heilungserfolg medizinisch zu verantwortende und zumutbare, mithin zweckmässige Behandlung in der Schweiz nicht gewährleistet ist. Dabei geht es regelmässig um Behandlungen mittels hochspezialisierter Medizintechnik oder um seltene Krankheiten, zu denen in der Schweiz (noch) keine genügende diagnostische oder therapeutische Erfahrung vorhanden ist. Ist hingegen in der Schweiz eine in Fachkreisen breit anerkannte und zweckmässige Behandlungsmethode etabliert, hat die versicherte Person keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine im Ausland vorgenommene therapeutische Vorkehr zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Bloss geringfügige, schwer abschätzbare oder gar umstrittene Vorteile einer ausserhalb der Schweiz praktizierten Behandlung stellen für sich allein ebensowenig einen medizinischen Grund im Sinn von Art. 34 Abs. 2 KVG dar wie etwa der Umstand, dass eine spezialisierte Klinik im Ausland über grössere Erfahrung im betreffenden Fachgebiet verfügt resp. höhere Fallzahlen ausweist (BGE 145 V 170 E. 2.2 und 2.3 mit Hinweisen; Urteil 9C_326/2023 vom 20. Juli 2023 E. 3.1). Ist die medizinische Behandlung in der Schweiz unter annehmbaren Bedingungen verfügbar, kann eine versicherte Person auch keine Erstattung im Umfang der bei einer Behandlung in der Schweiz hypothetisch anfallenden Kosten beanspruchen (keine Austauschbefugnis, vgl. BGE 145 V 170 E. 2.4; Urteil 9C_615/2021 vom 31. Januar 2023 E. 4.2). 
 
4.  
 
4.1. Das kantonale Gericht verneinte einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die im Ausland durchgeführte HRA durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung. Dabei ging es zwar implizit davon aus, dass diese Operationsmethode in der Schweiz grundsätzlich nicht angeboten werde, dass jedoch mit der in der Schweiz praktizierten Hüfttotalendoprothese (HTEP) eine Behandlungsalternative zur Verfügung stehen würde, welche "hervorragende Ergebnisse" zeige. Angesichts dieser allgemein anerkannten Behandlungsmöglichkeit müsse davon ausgegangen werden, dass eine zweckmässige Behandlung des Beschwerdeführers in der Schweiz gewährleistet gewesen wäre. Dem Versicherten sei der Beweis nicht gelungen, dass die von ihm angestrebte HRA der in der Schweiz durchgeführten HTEP in einem Masse überlegen wäre, welche einen Verweis des Beschwerdeführers auf die HTEP als unzumutbare Versorgungslücke erscheinen lassen würde.  
 
4.2. Was der Beschwerdeführer gegen diese Erwägungen vorbringt, vermag die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen nicht als willkürlich und die daraus gezogenen Schlüsse nicht als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die HRA werde (auch) in der Schweiz angeboten und von der Krankenversicherung übernommen, ist darauf hinzuweisen, dass - würde diese Behauptung den Tatsachen entsprechen-, ein Anspruch auf Kostenübernahme der im Ausland durchgeführten Behandlung im Vorneherein zu verneinen wäre (E. 3.2 hiervor). Darauf ist somit nicht weiter einzugehen. Sodann mag es zutreffen, dass die HRA eine für den Beschwerdeführer geeignete Operationstechnik wäre, welche für ihn persönlich gegenüber der HTEP gewisse Vorteile aufweisen würde. Dies reicht indessen mit Blick auf die dargelegte Rechtsprechung nicht, um einen Anspruch auf Kostenübernahme der Auslandsbehandlung zu bejahen. Wie das kantonale Gericht zutreffend erwogen hat, müsste die ausländische Behandlungsmethode im konkreten Fall den in der Schweiz angebotenen Alternativen in einem Masse überlegen sein, dass der Verweis auf letztere für die versicherte Person als unzumutbar erscheinen würde. Dies ist jedenfalls bei der klassischen HRA nicht gegeben, weist diese doch, wie von der Vorinstanz willkürfrei festgehalten, aufgrund der Metall-auf-Metall-Problematik auch gewichtige Nachteile auf. Nicht näher geprüft zu werden braucht die Frage, inwiefern die neue Keramik-HRA durch Elimination dieser Problematik allenfalls signifikant bessere Resultate bringen könnte: Diese Methode war gemäss den vorinstanzlichen Feststellungen jedenfalls im November 2022 auch im Vereinigten Königreich noch experimentell, und der Versicherte hat denn auch kein Gesuch um Kostenübernahme für eine solche, sondern für eine klassische Metall-HRA gestellt. Damit verletzte die Vorinstanz kein Bundesrecht, als sie eine medizinische Notwendigkeit im Sinne von Art. 34 Abs. 2 KVG für eine Behandlung im Ausland verneinte und demgemäss den ablehnenden Einspracheentscheid der Krankenversicherung bestätigte. Die Beschwerde des Versicherten ist somit abzuweisen.  
 
5.  
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Wallis und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 18. November 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Nabold