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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1F_15/2023  
 
 
Urteil vom 19. Februar 2024  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Müller, Merz, 
Gerichtsschreiber Baur. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Gesuchsteller, 
 
gegen  
 
Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern, Abteilung Massnahmen, Postfach 3970, 6002 Luzern, 
 
Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, Obergrundstrasse 46, 6003 Luzern. 
 
Gegenstand 
Revisionsgesuch gegen die Urteile des Schweizerischen Bundesgerichts vom 15. November 2021 (1C_354/2021) und vom 7. März 2023 (1C_424/2022). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ absolvierte am 7. September 2020 erfolglos eine Kontrollfahrt zum Umtausch seines indischen Führerausweises in einen schweizerischen Führerausweis. Das Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern (SVA) verweigerte darauf mit Verfügung vom 22. September 2020 die Umschreibung des ausländischen Führerausweises und untersagte A.________ das Führen von Motorfahrzeugen aller Kategorien; zudem aberkannte es ihm das Recht zur Verwendung des ausländischen nationalen und allenfalls internationalen Führerausweises in der Schweiz. Diese Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft. 
In der Folge ersuchte A.________ um Wiedererwägung der Verfügung des SVA vom 22. September 2020. Mit Entscheid vom 6. April 2021 trat das SVA auf das Gesuch nicht ein. Dagegen gelangte A.________ erfolglos an das Kantonsgericht Luzern und anschliessend an das Bundesgericht, das die Beschwerde mit Urteil 1C_354/2021 vom 15. November 2021 abwies, soweit es darauf eintrat. Das von A.________ gestellte Revisionsgesuch wies das Bundesgericht mit Urteil 1F_1/2022 vom 22. Februar 2022 ebenfalls ab, soweit es darauf eintrat. 
In der Folge ersuchte A.________ erneut um Wiedererwägung der Verfügung des SVA vom 22. September 2020. Das SVA teilte ihm darauf brieflich mit, eine Wiederwägung nach kurz zuvor abgelehntem Wiedererwägungsgesuch sei nicht angezeigt. Tatsachen oder Beweismittel, die nicht schon zuvor bekannt gewesen seien, bringe er keine vor. Eine Neubeurteilung sei nicht vorzunehmen und das Begehren könne gestützt auf § 116 Abs. 3 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Luzern vom 3. Juli 1972 (VRG/LU; SRL Nr. 40) ohne Entscheid erledigt werden. Dagegen gelangte A.________ an das Kantonsgericht, das seine Eingabe als Rechtsverweigerungs- bzw. -verzögerungsbeschwerde entgegennahm und diese abwies. Die dagegen von A.________ erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil 1C_424/2022 vom 7. März 2023 ab. 
 
B.  
Mit englischer und deutscher Eingabe vom 22. Dezember 2023 erhebt A.________ beim Bundesgericht "Beschwerde" gegen die Urteile 1C_354/2021 vom 15. November 2021 und 1C_424/2022 vom 7. März 2023. Er beantragt die Aufhebung dieser Urteile und den Erlass einer neuen Verfügung sowie einen "Schiedsspruch", der ihm "alle anderen und weiteren Rechtsbehelfe gewähr[e]", die das Bundesgericht für "gerecht und angemessen" halte. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Rechtsschriften sind gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG in einer Amtssprache abzufassen, was dem Gesuchsteller aus den Verfahren 1C_354/2021 und 1F_1/2022 sowie 1C_424/2022 bekannt ist. Auf seine in englischer Sprache abgefasste Eingabe vom 22. Dezember 2023 kann daher nicht eingegangen werden. Soweit ersichtlich stimmt die englische Eingabe mit der deutschen jedoch in allen Teilen überein, weshalb darauf verzichtet werden kann, sie zur Verbesserung im Sinne von Art. 42 Abs. 6 BGG zurückzuweisen.  
 
1.2. Der Gesuchsteller erhebt gegen die Urteile 1C_354/2021 und 1C_424/2022, die am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft erwachsen sind (Art. 61 BGG), "Beschwerde". Die Aufhebung rechtskräftiger Bundesgerichtsurteile kommt indes nur im Verfahren der Revision nach Art. 121 ff. BGG in Betracht. Die Eingabe des Gesuchstellers ist daher ungeachtet ihrer falschen Bezeichnung als "Beschwerde" als Revisionsgesuch entgegenzunehmen (vgl. BGE 133 II 409 E. 1.1; Urteil 1F_1/2022 vom 22. Februar 2022 E. 2.1).  
 
1.3. Im Revisionsverfahren gemäss Art. 121 ff. BGG ist der Streitgegenstand auf die Frage beschränkt, ob ein Revisionsgrund im Sinne von Art. 121 ff. BGG vorliegt. Trifft dies zu, hebt das Bundesgericht den früheren Entscheid auf und entscheidet neu (Art. 128 Abs. 1 BGG), wobei der Gegenstand des Verfahrens durch das zu revidierende Urteil vorgegeben ist und nicht ausgeweitet werden kann (vgl. BGE 147 I 494 E. 1.3; Urteil 1F_1/2022 vom 22. Februar 2022 E. 2.2). Der vom Gesuchsteller beantragte Schiedsspruch, mit dem er um "andere und weitere Rechtsmittel" ersucht, geht sowohl über den Streitgegenstand des Revisionsverfahrens als auch über eine allfällige Neubeurteilung der Beschwerden in den Verfahren 1C_354/2021 und 1C_424/2022 hinaus. Auf diesen Antrag ist deshalb nicht einzutreten.  
 
2.  
 
2.1. Der Gesuchsteller beruft sich in erster Linie auf den Revisionsgrund gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG.  
 
2.1.1. Er bringt in diesem Zusammenhang vor, er habe am 17. Dezember 2023 im Rahmen eines Gesprächs mit einem in Finnland wohnhaften indischen Freund erfahren, dass der indische Führerausweis ohne zusätzliche Prüfung in einen finnischen umgetauscht werden könne. Er habe darauf weitere Abklärungen getätigt und festgestellt, dass der indische Führerausweis ohne zusätzliche Tests auch in einen belgischen umgewandelt werden könne. Der finnische und der belgische Führerausweis könnten wiederum gemäss der auf Art. 150 Abs. 5 lit. e der Verkehrszulassungsverordnung vom 27. Oktober 1976 (VZV; SR 741.51) gestützten Länderliste des Bundesamts für Strassen (ASTRA) ohne Kontrollfahrt gemäss Art. 44 Abs. 1 VZV (und ohne Theorieprüfung nach Art. 44 Abs. 2 VZV) in einen schweizerischen umgetauscht werden. Unter diesen Umständen sei es widersprüchlich und willkürlich (Art. 9 BV) sowie diskriminierend (Art. 8 Abs. 2 BV, Art. 14 EMRK), für den Umtausch eines indischen Führerausweises in einen schweizerischen Führerausweis gleichwohl eine Kontrollfahrt zu verlangen, und sei die Umschreibung ohne entsprechende Prüfung zu gestatten.  
 
2.1.2. Nach dem Revisionsgrund von Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG kann die Revision in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten verlangt werden, wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren trotz hinreichender Sorgfalt nicht beibringen konnte, obschon sie bereits bestanden (sog. unechte Noven). Ausgeschlossen sind Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid entstanden sind (sog. echte Noven; BGE 134 III 45 E. 2.1; Urteile 5F_28/2022 vom 19. Oktober 2022 E. 2; 2F_15/2019 vom 12. Juli 2019 E. 2.2). Die neuen Tatsachen müssen rechtserheblich, das heisst geeignet sein, die tatbeständliche Grundlage des angefochtenen Urteils zu verändern und bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer andern Entscheidung zu führen (BGE 134 III 669 E. 2.2; Urteile 5F_28/2022 vom 19. Oktober 2022 E. 2; 2F_15/2019 vom 12. Juli 2019 E. 2.2). Dass die Beibringung der betreffenden Tatsachen oder Beweismittel im früheren Verfahren nicht möglich war, ist nur mit Zurückhaltung anzunehmen; der Revisionsgrund der unechten Noven dient nicht dazu, Versäumnisse in der Prozessführung wieder gutzumachen (Urteile 5F_28/2022 vom 19. Oktober 2022 E. 2; 4F_18/2017 vom 4. April 2018 E. 3.1.1).  
 
2.1.3. Bei der vom Gesuchsteller geltend gemachten Möglichkeit, den indischen Führerausweis ohne weitere Prüfung in einen finnischen oder belgischen umzutauschen, handelt es sich entgegen seiner Ansicht nicht um eine Tatsache oder ein Beweismittel im Sinne von Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG. Vielmehr bezieht er sich damit auf die in den beiden Ländern in Bezug auf den Umtausch eines indischen Führerausweises in einen einheimischen Führerausweis angeblich geltende Rechtslage. Seine Berufung auf den Revisionsgrund der unechten Noven geht daher bereits aus diesem Grund fehl. Inwiefern es ihm bei der gebotenen Sorgfalt nicht möglich gewesen sein sollte, die geltend gemachte Rechtslage in den beiden Ländern bereits in den vom Revisionsgesuch betroffenen früheren Verfahren einzubringen, ergibt sich aus seinen Ausführungen, insbesondere seinem Vorbringen, er sei nicht in der Lage, sich mit den Gesetzen jedes anderen Landes vertraut zu machen, mit Blick auf seine wiederholten Bemühungen, eine Wiedererwägung der Verfügung des Strassenverkehrsamts des Kantons Luzern vom 22. September 2020 zu erreichen, im Weiteren nicht.  
Der Revisionsgrund von Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG liegt somit nicht vor. Vielmehr nimmt der Gesuchsteller die geltend gemachte Rechtslage in Finnland und Belgien zum Anlass, das gemäss der Verkehrszulassungsverordnung für den Umtausch eines indischen Führerausweises in einen schweizerischen Führerausweis bestehende Erfordernis einer Kontrollfahrt und die ihn betreffende Rechtsanwendung der kantonalen Behörden und des Bundesgerichts zu kritisieren. Mit dieser Kritik ist er im Revisionsverfahren, das auf die Frage beschränkt ist, ob ein Revisionsgrund gemäss Art. 121 ff. BGG vorliegt, nicht zu hören. 
 
2.2. Der Gesuchsteller beruft sich nebenbei auch auf den Revisionsgrund gemäss Art. 121 lit. d BGG, der voraussetzt, dass das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat. Inwiefern dieser Revisionsgrund vorliegen sollte, ergibt sich aus seinen Vorbringen jedoch nicht. Vielmehr macht er geltend, das Gericht habe keine Erklärung dafür geliefert, warum er sich trotz fehlender gesetzlicher Grundlage einer Kontrollfahrt habe unterziehen müssen, und rügt das Erfordernis einer Kontrollfahrt als willkürlich. Diese Kritik an der Rechtslage bzw. der Rechtsanwendung ist, wie erwähnt, im Revisionsverfahren unbehelflich.  
 
2.3. Aus den weiteren Vorbringen des Gesuchstellers ergibt sich ebenfalls nicht, dass ein Revisionsgrund nach Art. 121 ff. BGG vorliegen würde. Vielmehr übt er damit erneut im Revisionsverfahren unbeachtliche Kritik an der Rechtsanwendung. Auch sonst bestehen keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines Revisionsgrundes gemäss Art. 121 ff. BGG. Das Revisionsgesuch ist daher ohne Schriftenwechsel (Art. 127 BGG) abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Bundesgericht behält sich im Weiteren vor, inskünftig ähnliche Eingaben in der vorliegenden Angelegenheit formlos abzulegen.  
 
3.  
Bei diesem Verfahrensausgang ist der Gesuchsteller kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann wegen Aussichtslosigkeit seines Revisionsgesuchs nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Gesuchsteller, dem Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern, Abteilung Massnahmen, und dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Februar 2024 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Baur