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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_1261/2018  
 
 
Urteil vom 19. März 2019  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichterin Jametti, 
nebenamtliche Bundesrichterin Koch, 
Gerichtsschreiber Moses. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt 
Dr. Guido Hensch, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Revisionsgesuch (Strafbefehl; Betrug); rechtliches Gehör, rechtsgenügliche Verteidigung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 1. November 2018 (SR180013-O/U/cs). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis sprach X.________ mit Strafbefehl vom 22. Februar 2018 des Betrugs nach Art. 146 Abs. 1 StGB schuldig und bestrafte sie mit einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 30.-- bei einer Probezeit von 2 Jahren und mit einer Busse von Fr. 1'200.--. 
 
B.   
Gegen diesen Strafbefehl erhob X.________ am 5. März 2018 Einsprache, welche sie mit Schreiben vom Folgetag zurückzog. 
 
C.   
Mit Eingabe vom 17. September 2018 stellte X.________ beim Obergericht des Kantons Zürich ein Revisionsbegehren betreffend den Strafbefehl vom 22. Februar 2018. Das Obergericht des Kantons Zürich trat auf dieses Begehren mit Beschluss vom 1. November 2018 nicht ein. 
 
D.   
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 1. November 2018 sei aufzuheben. Auf das Revisionsersuchen sei einzutreten, und das Verfahren sei zur korrekten Durchführung der Untersuchung zurückzuweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. X.________ beantragt die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerdeführerin rügt, sie sei im Strafbefehlsverfahren nicht verteidigt gewesen, obwohl es sich gemäss Art. 132 Abs. 2 und Abs. 3 StPO aufgrund der Höhe der Sanktion nicht um einen Bagatellfall handle und eine amtliche Verteidigung geboten gewesen wäre. Sie sei daher in ihren Grundrechten verletzt worden. Das Fehlen der Verteidigung sei materiellrechtliche Grundlage des Strafbefehls, weshalb auf das Revisionsverfahren einzutreten sei. Es handle sich nicht um einen blossen Verfahrensfehler. 
 
2.  
 
2.1. Wer durch ein rechtskräftiges Urteil, einen Strafbefehl, einen nachträglichen richterlichen Entscheid oder einen Entscheid im selbstständigen Massnahmenverfahren beschwert ist, kann nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO die Revision verlangen, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person oder eine Verurteilung der freigesprochenen Person herbeizuführen.  
 
2.2. Tatsachen und Beweismittel im Sinne von Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO sind neu, wenn das Gericht im Zeitpunkt der Urteilsfällung keine Kenntnis von ihnen hatte, das heisst, wenn sie ihm nicht in irgendeiner Form unterbreitet worden sind (BGE 137 IV 59 E. 5.1.2;130 IV 72 E. 1; 116 IV 353 E. 3a). Neue Tatsachen und Beweismittel sind erheblich, wenn sie geeignet sind, die tatsächlichen Feststellungen, auf die sich die Verurteilung stützt, zu erschüttern und wenn die so veränderten Tatsachen einen deutlich günstigeren Entscheid zugunsten des Verurteilten ermöglichen (BGE 137 IV 59 E. 5.1.4; 130 IV 72 E. 1). Ein Gesuch um Revision eines Strafbefehls muss als missbräuchlich qualifiziert werden, wenn es sich auf Tatsachen stützt, die dem Verurteilten von Anfang an bekannt waren, die er ohne schützenswerten Grund verschwieg und die er in einem ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können, welches auf Einsprache hin eingeleitet worden wäre (BGE 130 IV 72 E. 2.3; Urteil 6B_1099/2018 vom 29. Januar 2019 E. 1.3 mit Hinweisen).  
 
2.3. Das Revisionsverfahren gliedert sich in eine Vorprüfung (Art. 412 Abs. 1 und 2 StPO) und eine nachfolgende materielle Prüfung der geltend gemachten Revisionsgründe (Art. 412 Abs. 3 und 4 sowie Art. 413 StPO). Gemäss Art. 412 Abs. 2 StPO tritt das Gericht auf das Revisionsgesuch nicht ein, wenn es offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist oder es mit den gleichen Vorbringen schon früher gestellt und abgelehnt wurde. Bei dieser vorläufigen und summarischen Prüfung sind grundsätzlich die formellen Voraussetzungen zu klären. Das Gericht kann auf ein Revisionsgesuch aber auch nicht eintreten, wenn die geltend gemachten Revisionsgründe offensichtlich unwahrscheinlich oder unbegründet sind (Urteil 6B_616/2016 vom 27. Februar 2017 E. 3.5, nicht publ. in: BGE 143 IV 122 mit Hinweis).  
 
3.   
Die Vorinstanz tritt auf das Revisionsgesuch der Beschwerdeführerin im Rahmen der Vorprüfung nicht ein. Sie erwägt, die Beschwerdeführerin rüge mit der fehlenden Verteidigung und der unterbliebenen Einvernahme vor der Staatsanwaltschaft Verfahrensmängel. Solche Mängel seien einer Revision nicht zugänglich und stellten keinen Revisionsgrund nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO dar, sondern hätten mit dem ordentlichen Rechtsmittel der Einsprache gegen den Strafbefehl vorgebracht werden müssen. 
 
4.  
 
4.1. Die Revision kann sich gemäss ständiger Rechtsprechung nur gegen materielle Urteilsgrundlagen richten. Die fehlende Effektivität einer vorhandenen Verteidigung stellt keinen Revisionsgrund im Sinne von Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO dar (Urteile 6B_344/2018 vom 11. Dezember 2018 E. 2.2, 6B_425/2014 vom 21. Juli 2014 E. 5; 6B_986/2013 vom 11. Juli 2014 E. 4.1; 6B_186/2011 vom 10. Juni 2011 E. 2.6; teils mit Hinweisen). Auch die von der Beschwerdeführerin erhobene Rüge, dass eine Verteidigung gänzlich fehlte, betrifft nicht die materiellrechtlichen Urteilsgrundlagen, welche zu ihrer Verurteilung wegen Betrugs nach Art. 146 Abs. 1 StGB geführt haben (z.B. Tatsachen betreffend die arglistige Täuschungshandlung, den Irrtum, die Vermögensdisposition und den Vermögensschaden sowie Wissen und Willen). Vielmehr ist die Frage, ob eine Verteidigung nach Art. 128 ff. StPO zu bestellen gewesen wäre, prozessrechtlich geregelt. Darüber hinaus handelt es sich bei der fehlenden Verteidigung nicht um eine neue Tatsache, welche erst nach Erlass des Strafbefehls bekannt geworden wäre (vgl. BGE 137 IV 59 E. 5.1.2). Vielmehr war dieser Umstand der Beschwerdeführerin bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Strafbefehls bekannt. Somit ist die Vorinstanz in korrekter Anwendung von Bundesrecht zum Schluss gelangt, es fehle an einem tauglichen Revisionsgrund nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO.  
 
4.2. Darüber hinaus substanziiert die Beschwerdeführerin nicht näher, welche Auswirkungen die fehlende Verteidigung auf den rechtserheblichen Sachverhalt gehabt haben soll. Mit den Hinweisen, dass sie nebst den polizeilichen Befragungen gerne ein weiteres Mal staatsanwaltschaftlich befragt worden wäre, und dass sie eine andere rechtliche Qualifikation des Tatgeschehens (Art. 148a statt Art. 146 Abs. 1 StGB) für möglich halte, genügt sie den Begründungsanforderungen nach Art. 42 Abs. 2 BGG nicht.  
 
4.3. Soweit die Beschwerdeführerin rügt, sie habe auf Druck der Staatsanwaltschaft die Einsprache gegen den Strafbefehl zurückgezogen, ist sie im Verfahren vor Bundesgericht nicht zu hören. Es handelt sich um eine Behauptung, welche sie ohne Bezug zum vorinstanzlichen Beschluss und ohne Bezug zu den Voraussetzungen einer Revision nach Art. 410 ff. StPO vorträgt. Im Übrigen findet diese Behauptung keine Stütze in den Akten. So ergibt sich aus der Einsprache der Beschwerdeführerin vom 5. März 2018, dass sie primär wünschte, nicht im Strafregister eingetragen zu werden. Hingegen räumte sie ein, nicht alle Einnahmen aus ihrer Arbeitstätigkeit dem Sozialamt deklariert zu haben und die ihr auferlegte Busse bezahlen zu wollen. Die in der Einsprache vorgetragenen Anliegen der Beschwerdeführerin stimmen inhaltlich mit dem in der Telefonnotiz der Staatsanwaltschaft vom 6. März 2018 dokumentierten Gesprächsinhalt überein. Daraus ergibt sich, dass die Staatsanwaltschaft der Beschwerdeführerin die Folgen einer Verurteilung erläuterte und ihr die prozessualen Möglichkeiten ergebnisoffen aufzeigte.  
 
5.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Bei diesem Ausgang trägt die Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Ihren finanziellen Verhältnissen ist mit herabgesetzten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Kosten von Fr. 1'200.00 werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. März 2019 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Moses