Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
4A_489/2023
Urteil vom 19. März 2024
I. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin,
Bundesrichterin Kiss,
Bundesrichter Rüedi,
Gerichtsschreiber Gross.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwälte
Dr. Marco Chevalier und Severin Boog,
Beschwerdeführerin,
gegen
B.________ AG,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Versicherungsvertrag; Sittenwidrigkeit; Übervorteilung,
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts
Basel-Landschaft vom 15. Juni 2023 (731 22 333/136).
Sachverhalt:
A.
A.a. Die 1964 geborene A.________ (Versicherte, Beschwerdeführerin) schloss im Jahr 1983 in Ergänzung zur obligatorischen Krankenversicherung bei der B.________ AG (Versicherung, Beschwerdegegnerin) die Zusatzversicherung "X.________" (nachfolgend: Zusatzversicherung 1) ab. Die Zusatzversicherung 1 gewährt Anspruch auf Kostenübernahme bei Behandlung in der privaten Abteilung. Im Jahr 2005 wurde bei der Versicherten Leukämie diagnostiziert. Im Zuge dieser Erkrankung kam die Zusatzversicherung 1 zum Tragen. Seit einer Stammzellentransplantation im Jahr 2006 kam es immer wieder zu Abstossungsreaktionen, was zu einer wiederholten Beanspruchung des Versicherungsschutzes führte.
A.b. Mit Schreiben vom 26. Juni 2018 teilte die Versicherung der Versicherten mit, die Zusatzversicherung 1 gelte als geschlossen (geschlossener Bestand gemäss Art. 156 der Verordnung über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen [Aufsichtsverordnung, AVO; SR 961.011]; vgl. dazu BGE 136 I 197 sowie das Urteil 4A_627/2015 vom 9. Juni 2016 E. 4). Sie bot ihr an, in das vergleichbare Produkt "Y.________" (nachfolgend: Zusatzversicherung 2) zu wechseln. Die Versicherte lehnte einen Wechsel ab, da dieses Produkt bei Transplantationen inklusive Komplikationen und Spätfolgen keine Versicherungsdeckung gewährt.
A.c. Im Jahr 2019 machte die Versicherte gegenüber der Versicherung die Sittenwidrigkeit der Prämien der Spitalzusatzversicherung 1 ab 2007 geltend. Die Versicherung lehnte eine rückwirkende Anpassung der Prämien und eine Beschränkung künftiger Prämienerhöhungen ab. Im Rahmen einer weiteren Korrespondenz mit der Versicherung bekräftigte die Versicherte ihren Standpunkt und sah zusätzlich den Tatbestand der Übervorteilung als erfüllt an.
B.
B.a. Mit Klage vom 22. Dezember 2022 beantragte die Versicherte beim Kantonsgericht Basel-Landschaft, die Versicherung sei zu verpflichten, ihr einen Betrag von Fr. 33'489.20 nebst Zins zu 5 % auf verschiedenen Beträgen und ab verschiedenen Verfalldaten zu bezahlen. Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, die Prämie für die Zusatzversicherung 1 sei von 2006 bis 2019 um 282 % und von 2019 bis 2022 um 321 % angestiegen. Ihre Prämie sei dreimal so hoch wie diejenige verkehrsüblicher Äquivalente. Das Verhalten der Versicherung sei sittenwidrig, eventualiter liege eine Übervorteilung vor.
B.b. Mit Urteil vom 15. Juni 2023 wies das Kantonsgericht die Klage ab.
Es erwog, bei Leistungsinäquivalenzen werde das Vorliegen von Sittenwidrigkeit in der Regel mit dem Hinweis verneint, dass Art. 21 OR (Übervorteilung) die Fälle eines offenbaren Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung abschliessend regle. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung habe indessen vereinzelt Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen. Die Argumentation der Versicherung, es sei bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, greife wohl zu kurz. Auch einseitige Vertragsanpassungen müssten sich in den Schranken der Rechtsordnung bewegen. Es gelinge der Versicherten aber nicht, die Sittenwidrigkeit der über die Jahre erfolgten Prämienerhöhungen zu belegen. Auch eine Übervorteilung liege nicht vor, es fehle namentlich an einer Notlage bzw. an der Ausbeutung einer solchen durch die Versicherung.
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Versicherte dem Bundesgericht, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und es sei die Versicherung zu verpflichten, ihr Fr. 33'489.20 nebst Zins zu bezahlen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde sei vollumfänglich abzuweisen. Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die Parteien haben unaufgefordert repliziert und dupliziert.
Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft aber unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungsanforderungen ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ) grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 140 III 86 E. 2, 115 E. 2). Die Beschwerde ist dabei hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten. Unerlässlich ist im Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 BGG, dass die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im Einzelnen aufzeigt, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (vgl. BGE 134 II 244 E. 2.1).
2.
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2; 135 III 397 E. 1.5). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 BGG).
Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweisen). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2). Genügt die Kritik diesen Anforderungen nicht, können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der vom angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1).
3.
Die Begründung hat in der Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen. Die beschwerdeführende Partei darf eine allfällige Replik nicht dazu verwenden, ihre Beschwerde zu ergänzen oder zu verbessern. Zulässig sind nur Vorbringen, zu denen erst die Ausführungen in der Vernehmlassung eines anderen Verfahrensbeteiligten Anlass geben (vgl. BGE 135 I 19 E. 2.2; 132 I 42 E. 3.3.4).
4.
Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Replik geltend macht, es sei die Beschwerdeantwort der Beschwerdegegnerin aus dem Recht zu weisen, weil sie von zwei Personen unterzeichnet worden sei, die nicht im Handelsregister als zeichnungsberechtigt eingetragen seien, ist ihr nicht zu folgen. Nicht im Handelsregister eingetragene Handlungsbevollmächtigte können gemäss Art. 462 Abs. 2 OR zur Prozessführung ermächtigt werden, ohne unter das Anwaltsmonopol gemäss Art. 68 ZPO zu fallen (Urteil 4D_2/2013 vom 1. Mai 2013 E. 2.2.2). Die Beschwerdegegnerin hat denn auch im bundesgerichtlichen Verfahren eine entsprechende Vollmacht nachgereicht, die C.________ und D.________ zur Prozessführung im vorliegenden Verfahren berechtigt.
5.
Umstritten ist, ob die Zusatzversicherung 1 (bzw. die einzelnen Vertragsanpassungen) aufgrund eines offenbaren Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung gegen die guten Sitten verstösst (Art. 19 Abs. 2 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 OR).
5.1. Nach Art. 20 Abs. 1 OR ist ein Vertrag nichtig, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst. Sittenwidrig sind Verträge, die gegen die herrschende Moral, das heisst gegen das allgemeine Anstandsgefühl oder gegen die der Gesamtrechtsordnung immanenten ethischen Prinzipien und Wertmassstäbe verstossen (BGE 132 III 455 E. 4.1; 129 III 604 E. 5.3; 123 III 101 E. 2).
5.2. Die Vorinstanz erwog, die Beschwerdeführerin mache im Wesentlichen geltend, es bestehe ein offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aufgrund einer massiven Prämienerhöhung bei der Zusatzversicherung 1, weil die als gleichwertig angepriesene Zusatzversicherung 2 viel günstiger sei. Bei Leistungsinäquivalenzen - so die Vorinstanz weiter - werde das Vorliegen von Sittenwidrigkeit in der Regel mit dem Hinweis verneint, dass Art. 21 OR die Fälle eines offenbaren Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung abschliessend regle. Hinsichtlich der Vereinbarung überhöhter Darlehenszinsen habe das Bundesgericht indessen vereinzelt Ausnahmen von diesem Grundsatz zugelassen (mit Verweis auf BGE 93 II 189 und das Urteil 4A_69/2014 vom 28. April 2014 E. 6.3.3).
5.3.
5.3.1. Entgegen der Vorinstanz bleibt vorliegend für die Prüfung einer allfälligen Sittenwidrigkeit kein Raum. Der Problemkreis eines offenbaren Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung wird vielmehr abschliessend vom Übervorteilungstatbestand des Art. 21 OR erfasst (BGE 115 II 232 E. 4c; Urteile 4A_73/2021 vom 1. Juni 2021 E. 5.1; 4A_542/2012 vom 24. Januar 2013 E. 2.5; 4A_21/2009 vom 11. März 2009 E. 5.2; 5C.91/2000 vom 25. Mai 2000 E. 3; vgl. zum Ganzen: MEISE/HUGUENIN, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 7. Aufl. 2020, N. 40 zu Art. 19/20 OR sowie N. 21 zu Art. 21 OR).
Nichts ändert der (an sich zutreffende) Hinweis der Vorinstanz, dass die bundesgerichtliche Rechtsprechung betreffend die Vereinbarung überhöhter Darlehenszinsen vereinzelt Ausnahmen von diesem Grundsatz zulasse. Vorliegend geht es aber nicht um einen Darlehensvertrag, sondern um eine Spitalzusatzversicherung, weshalb nicht ersichtlich ist, inwiefern diese Ausnahme vorliegend Anwendung finden sollte. Entsprechend braucht nicht auf die Erwägungen der Vorinstanz zu der von ihr verneinten Sittenwidrigkeit und die dagegen gerichteten Rügen der Beschwerdeführerin eingegangen zu werden. Damit kann auch offenbleiben, ob die FINMA die entsprechenden Prämien genehmigt hat und falls ja, inwiefern dieser Umstand im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen wäre.
5.3.2. Immerhin kann festgehalten werden, dass die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht erwog, der Hinweis auf den Artikel einer Sonntagszeitung vom 4. September 2022 stelle keine taugliche Grundlage für den Nachweis von Sittenwidrigkeit dar, weil sich darin im Wesentlichen eine Übersicht über die Prämienentwicklung von Spitalzusatzversicherungen verschiedener Krankenkassen für Frauen und Männer ab einem Alter von 55 Jahren finde. Die Vorinstanz erwog zutreffend, es ergebe sich daraus nicht, welche Leistungen die Produkte umfassten und ob allenfalls Rabatte gewährt worden seien, weshalb nicht beurteilt werden könne, ob für die von der Beschwerdeführerin angeführte Durchschnittsprämie verkehrsübliche Äquivalente herangezogen worden seien. Nicht tauglich für den Nachweis einer allfälligen Sittenwidrigkeit ist sodann ein Vergleich mit der Zusatzversicherung 2, zumal die Beschwerdeführerin einen Wechsel in die Zusatzversicherung 2 gerade abgelehnt hat. Auf die vorinstanzliche Eventualbegründung, wonach sich ein Eingreifen durch die Zivilgerichte mit Blick darauf, dass die Prämienerhöhungen einem aufsichtsrechtlichen Genehmigungsverfahren unterlägen, auf sehr krasse Fälle beschränken bzw. die Ausnahme bleiben müssten, braucht - wie erwähnt - nicht weiter eingegangen werden.
6.
Umstritten und zu prüfen ist hingegen, ob eine Übervorteilung im Sinne von Art. 21 OR vorliegt.
6.1. Eine Übervorteilung gemäss Art. 21 OR setzt objektiv ein offenbares Missverhältnis zwischen den Austauschleistungen und subjektiv eine Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit (Notlage, Unerfahrenheit oder Leichtsinn) der benachteiligten Vertragspartei auf der einen und deren Ausbeutung auf der andern Seite voraus. Die übervorteilte Partei kann den Vertrag während eines Jahres für unverbindlich erklären und ihre Leistung zurückfordern.
6.1.1. Eine Notlage ("gêne", "bisogni") im Sinne von Art. 21 OR liegt vor, wenn sich eine Partei bei Vertragsabschluss in starker Bedrängnis, in einer Zwangslage befindet. In Betracht fällt dabei nicht nur die wirtschaftliche Bedrängnis, sie kann auch persönlicher, familiärer, politischer oder anderer rechtserheblicher Natur sein. Entscheidend ist, dass ein Verhandlungspartner den Abschluss des für ihn ungünstigen Vertrags gegenüber der Inkaufnahme drohender Nachteile als das kleinere Übel betrachtet, sofern diese Güterabwägung auch in objektiver Betrachtung (Art. 2 Abs. 1 ZGB) als vertretbar erscheint (BGE 123 III 292 E. 5; 61 II 31 E. 2b).
6.1.2. Die Feststellungen der Vorinstanz zur Situation der sich auf eine Übervorteilung berufenden Person und zu den Umständen des Vertragsschlusses sind tatsächlicher Natur und binden das Bundesgericht (vgl. hiervor E. 2). Die Frage, ob sie gestützt auf diese Tatsachen in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt war, wie auch die Frage, ob die andere Vertragspartei dies ausgebeutet hat, ist demgegenüber eine frei überprüfbare Rechtsfrage (zit. Urteil 4A_73/2021 E. 5.1; Urteile 4A_254/2020 vom 22. Juli 2020 E. 4.1 mit Hinweisen; 4A_491/2015 vom 14. Januar 2016 E. 4.3).
6.1.3. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die Bejahung einer Übervorteilung im Sinne von Art. 21 OR angesichts eines von der Privatautonomie beherrschten Vertragsrechts die Ausnahme bleiben muss (zit. Urteile 4A_254/2020 E. 4.1; 4A_491/2015 E. 4.1; je mit Hinweisen).
6.2.
6.2.1. Die Vorinstanz erwog, die übervorteilte Person müsse innert Jahresfrist seit Vertragsschluss erklären, dass sie den Vertrag nicht halten wolle. Nach unbenutztem Ablauf der Verwirkungsfrist gelte der Vertrag als "geheilt". Bei den Akten finde sich für diesen Zeitraum keine solche Erklärung der Beschwerdeführerin.
Betrachte man die Prämienerhöhungen als Antrag zum Abschluss eines neuen Vertrags, könne eine Übervorteilung bzw. eine Rückforderung frühstens ab 2021 geltend gemacht werden. Es liege jedenfalls ein Schreiben der Beschwerdeführerin vom November 2021 bei den Akten, worin sie die geforderte rückwirkende Anpassung der Prämien auch auf den Tatbestand der Übervorteilung stütze. Die Auffassung, dass mit den Prämienerhöhungen ein neuer Vertrag entstehe, wäre im Übrigen auch für die materiellen Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 21 OR relevant. Wenn sich das offenbare Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erst nach Vertragsschluss einstelle, so liege kein anfänglicher Mangel und damit kein Anwendungsfall von Art. 21 OR vor.
Gegen die Argumentation eines neuen Vertragsschlusses sprächen indessen die in Art. 10 Abs. 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Beschwerdegegnerin vorgesehene Bestimmung zur Anpassung des Vertrags bei Änderung der Prämientarife sowie das den versicherten Personen eingeräumte Kündigungsrecht im Falle entsprechender Änderungen (Art. 10 Abs. 3 AVB).
6.2.2. Die Frage könne aber offenbleiben. Die erhebliche Erhöhung der tatsächlich geschuldeten Prämie von Fr. 311.60 im Jahr 2021 auf Fr. 623.30 im Jahr 2022 lasse sich mit dem Wegfall des Leistungsfreiheitsrabatts erklären. Letztlich fehle es aber ohnehin an einer Notlage bzw. der bewussten Ausbeutung einer solchen durch die Beschwerdegegnerin. Art. 10 Abs. 1 der AVB gewähre ihr das Recht, bei Änderungen der Prämientarife oder Kostenbeteiligungen den Vertrag anzupassen. Gemäss Art. 10 Abs. 3 AVB werden der versicherten Person Änderungen der Prämientarife spätestens 30 Tage vor Ende des Kalenderjahrs bekannt gegeben. Ist die versicherte Person mit den Änderungen nicht einverstanden, kann der Vertrag schriftlich gekündigt werden. Diese Möglichkeit wäre der Beschwerdeführerin offengestanden. Auch sei zu berücksichtigen, dass z.B. ein Wechsel in die Zusatzversicherung 2 nicht eine Gefährdung ihrer medizinischen Situation zur Folge hätte, sondern ihr (lediglich) kein Aufenthaltsrecht in der privaten Abteilung bei der Behandlung von Spätfolgen der 2006 erfolgten Stammzellentransplantation offenstünde. Das Gericht verkenne nicht, dass sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation nicht auf die bestmöglichen persönlichen Vorkehren verzichten möchte. Gleichwohl könne von einem bewussten Ausbeuten einer Notlage seitens der Beschwerdegegnerin keine Rede sein.
6.3. Die Beschwerdeführerin macht unter dem Titel "Relevanter Zeitpunkt für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit/Übervorteilung" geltend, die Beschwerdegegnerin könne die Prämien einseitig anpassen. Sie habe die Macht, die zu erbringenden Leistungen einseitig festzulegen (mit Verweis auf Art. 10 AVB). Es sei offensichtlich, dass bei einem solchen Recht zur einseitigen Vertragsanpassung für die Beurteilung einer allfälligen Sittenwidrigkeit bzw. Übervorteilung nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abgestellt werden könne.
6.3.1. Die Beschwerdeführerin hat die Zusatzversicherung 1 im Jahr 1983 abgeschlossen. Sie macht nicht geltend, dass bereits zu diesem Zeitpunkt ein offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestanden hat. Ein solches Missverhältnis macht sie vielmehr erst ab 2007 geltend. Stellt sich das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aber erst nach Vertragsschluss ein, so liegt kein anfänglicher Mangel und damit kein Anwendungsfall von Art. 21 OR vor (vgl. BGE 123 III 292 E. 6a "zur Zeit des Vertragsschlusses"; Urteil 4A_78/2017 vom 20. Juli 2017 E. 5.2; zit. Urteil 4A_491/2015 E. 4.2; MEISE/HUGUENIN, a.a.O., N. 23 zu Art. 21 OR; JÄGGI/ GAUCH/HARTMANN, Zürcher Kommentar, 4. Aufl. 2014, N. 780 zu Art. 18 OR).
6.3.2. Ein anfängliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung könnte vorliegend - wie auch die Vorinstanz zutreffend erwog (vgl. hiervor E. 6.2.1) - nur bejaht werden, wenn man davon ausginge, es entstehe jeweils bei jeder Prämienerhöhung ein neuer Vertrag zwischen den Parteien. Wie die Vorinstanz zu Recht antönt (auch wenn sie die Frage letztlich offenlässt), vermag diese Argumentation mit Blick auf die AVB der Beschwerdegegnerin nicht zu überzeugen. Gemäss Art. 10 Abs. 1 ihrer AVB kann die Beschwerdegegnerin den Vertrag anpassen, wenn die Prämientarife oder die Kostenbeteiligungsregelungen ändern. Gemäss Art. 10 Abs. 3 der AVB gibt die Beschwerdegegnerin der versicherten Person die Änderungen bis spätestens 30 Tage vor Ende des Kalenderjahres bekannt. Ist die versicherte Person mit den Änderungen nicht einverstanden, kann der jeweils betroffene Vertrag schriftlich gekündigt werden. Erhält die Beschwerdegegnerin innert 25 Tagen seit Eintreffen der Änderungsmitteilung keine Kündigung, gilt dies als Zustimmung der versicherten Person (Art. 10 Abs. 3 AVB). Wenn vom Kündigungsrecht kein Gebrauch gemacht wird, wird der bestehende Vertrag mit den angepassten Prämien weitergeführt. Es kommt mit anderen Worten gerade kein neuer Vertrag zwischen den Parteien zustande. Damit scheitert eine Anwendung von Art. 21 OR bereits daran, dass sich ein allfälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erst nach Vertragsschluss einstellen würde.
6.4. Selbst wenn man zugunsten der Beschwerdeführerin davon ausgehen möchte, es entstehe mit jeder Prämienerhöhung ein neuer Vertrag und es liege ein offenbares Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, würde das Vorliegen einer Schwächesituation bei der Beschwerdeführerin einerseits und die Ausbeutung dieser Schwächesituation durch die Beschwerdegegnerin andererseits nicht vermutet (zit. Urteile 4A_254/2020 E. 4.1; 4A_491/2015 E. 2.2). Die Beschwerdeführerin vermag aber bereits nicht darzutun, dass überhaupt eine eigentliche Notlage im Sinne von Art. 21 OR vorgelegen hat, die ihr eine Kündigung oder ein Wechsel in die Zusatzversicherung 2 verunmöglicht hätte. Die Beschwerdeführerin war bereits im vorinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertreten. Sie zeigt aber im bundesgerichtlichen Verfahren nicht mit Aktenverweis auf, dass sie dort in ihren Rechtsschriften prozesskonform geltend gemacht hätte, ein Wechsel in die Zusatzversicherung 2 habe eine Gefährdung ihrer medizinischen Situation zur Folge, weil sie zwecks Vermeidung von spitalerworbenen Infekten zwingend auf ein Spitalzimmer in der privaten Abteilung angewiesen sei. Der pauschale Verweis auf die Klagebeilage 60 genügt dafür jedenfalls nicht. Erst Recht nicht vermag die Beschwerdeführerin darzutun, dass die Beschwerdegegnerin sich ihre Situation bewusst zunutze gemacht hätte.
7.
Weitere Anspruchsgrundlagen hat die Vorinstanz nicht geprüft und macht die Beschwerdeführerin auch im bundesgerichtlichen Verfahren nicht geltend, womit sich vorliegend weitere Ausführungen erübrigen (vgl. hiervor E. 1).
8.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird. Bei diesem Ergebnis wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin, die sich durch ihren eigenen Rechtsdienst vertreten liess, ist praxisgemäss keine Parteientschädigung zuzusprechen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 19. März 2024
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: Jametti
Der Gerichtsschreiber: Gross