Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1B_401/2021
Urteil vom 19. April 2022
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jametti, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Chaix, Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiber Härri.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Julian Burkhalter,
gegen
Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg,
Riburgerstrasse 4, Postfach, 4310 Rheinfelden.
Gegenstand
Strafverfahren; Entsiegelung,
Beschwerde gegen die Verfügung des
Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Aargau
vom 14. Juni 2021 (ZM.2021.94 / km).
Sachverhalt:
A.
Die Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen des Verdachts der mehrfachen Sachbeschädigung durch Sprayereien. Am 23. März 2021 nahm die Polizei an seinem Wohnort eine Hausdurchsuchung vor. Dabei stellte sie Gegenstände und Unterlagen sowie ein Mobiltelefon sicher. A.________ verlangte die Siegelung.
Am 8. April 2021 beantragte die Staatsanwaltschaft dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau die Entsiegelung.
Mit Verfügung vom 14. Juni 2021 gab das Zwangsmassnahmengericht dem Antrag in Bezug auf bestimmte Gegenstände und Unterlagen statt. Es erklärte die Staatsanwaltschaft als berechtigt, diese zu durchsuchen und die dabei erlangten Erkenntnisse im Strafverfahren gegen A.________ zu verwenden (Dispositiv Ziff. 1.1-1.3). In Bezug auf das Mobiltelefon ordnete das Zwangsmassnahmengericht eine Triage an zur Aussonderung von Daten, welche dem Anwaltsgeheimnis unterliegen, und setzte dafür einen Sachverständigen ein (Dispositiv Ziff. 1.4, 1.5, 2 und 3).
B.
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Hauptantrag, die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts aufzuheben und die Sache zum neuen Entscheid an dieses zurückzuweisen, sowie weiteren Anträgen.
C.
Das Zwangsmassnahmengericht hat unter Hinweis auf die Begründung seiner Verfügung auf Gegenbemerkungen verzichtet. Die Staatsanwaltschaft hat sich nicht vernehmen lassen.
D.
Mit Verfügung vom 23. August 2021 hat der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Erwägungen:
1.
1.1. Der angefochtene Entscheid schliesst das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer nicht ab. Er stellt einen Zwischenentscheid dar. Dieser betrifft weder die Zuständigkeit noch den Ausstand. Es geht um einen "anderen" Zwischenentscheid nach Art. 93 BGG. Dagegen ist nach Absatz 1 dieser Bestimmung die Beschwerde zulässig, (a) wenn der Zwischenentscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann oder (b) wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.
Die Variante nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt hier ausser Betracht.
Nach der Rechtsprechung muss es sich im Strafrecht beim nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Ein derartiger Nachteil liegt vor, wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen späteren Entscheid nicht mehr behoben werden kann (BGE 147 IV 188 E. 1.3.2 mit Hinweis). Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens genügt nicht (BGE 147 III 159 E. 4.1 mit Hinweisen).
1.2. Die Vorinstanz hat das Entsiegelungsgesuch in Bezug auf bestimmte Gegenstände und Unterlagen gutgeheissen und diese der Staatsanwaltschaft zur Durchsuchung freigegeben (Dispositiv Ziff. 1.1.-1.3). Dabei handelt es sich um einen materiellen (Teil-) Entsiegelungsentscheid. Insoweit ist nach der Rechtsprechung ein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur dann anzunehmen, wenn der Beschwerdeführer ein rechtlich geschütztes Geheimnisinteresse ausreichend substanziiert anruft (vgl. BGE 143 IV 462 E. 1). Tut er das nicht, sondern macht er andere Beschlagnahmehindernisse geltend, fehlt es dagegen regelmässig am nicht wieder gutzumachenden Nachteil (Urteil 1B_662/2020 vom 20. Oktober 2021 E. 1.3 mit Hinweisen).
Hinsichtlich der entsiegelten und zur Durchsuchung freigegebenen Unterlagen und Gegenstände macht der Beschwerdeführer substanziiert kein rechtlich geschütztes Geheimnisinteresse geltend. Vielmehr bringt er vor, die Hausdurchsuchung sei ohne rechtsgültigen Befehl durchgeführt worden. Er beruft sich somit auf ein anderes Beschlagnahmehindernis. Bei dieser Sachlage ist insoweit kein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur gegeben.
1.3. Soweit die Vorinstanz zur Aussonderung dem Anwaltsgeheimnis unterliegender Daten eine Triage des Mobiltelefons angeordnet und dafür einen Sachverständigen eingesetzt hat, handelt es sich um eine verfahrensleitende Zwischenverfügung im Entsiegelungsverfahren. Insoweit muss die Vorinstanz nach erfolgter Triage noch einen materiellen Entsiegelungsentscheid treffen. Dies ergibt sich aus Ziffer 3 des Dispositivs des angefochtenen Entscheids, in welcher die Vorinstanz hinsichtlich der im Mobiltelefon enthaltenen Daten eine weitere (und abschliessende) Prüfung der Vorbringen des Beschwerdeführers in Aussicht stellt. Eine verfahrensleitende Zwischenverfügung im Entsiegelungsverfahren verursacht nach der Rechtsprechung grundsätzlich keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur und ist daher nicht anfechtbar (Urteile 1B_70/2021 vom 9. November 2021 E. 1.1; 1B_102/2020 vom 8. März 2021 E. 1.3; je mit Hinweisen). Dies gilt insbesondere, soweit das Zwangsmassnahmengericht in der Zwischenverfügung einen amtsexternen Sachverständigen mit der Vornahme der Triage beauftragt und die Modalitäten seiner Tätigkeit festlegt (Urteil 1B_90/2016 vom 8. September 2016 E. 1.4, nicht publ. in BGE 142 IV 372, mit Hinweisen).
Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführer auf die Rechtsprechung aufmerksam gemacht (angefochtener Entscheid E. 5 mit Hinweis auf das Urteil 1B_151/2013 vom 31. Oktober 2013 E. 2.2). Damit setzt er sich jedoch nicht auseinander. Weshalb hier die verfahrensleitende Verfügung ausnahmsweise einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur verursachen können sollte, ist nicht erkennbar. Der Beschwerdeführer macht geltend, soweit ihn die Vorinstanz verpflichte, den PIN-Code der im Mobiltelefon enthaltenen SIM-Karte und dessen allfälligen Sperrcode bekannt zu geben, verletze dies das Verbot des Selbstbelastungszwangs. Es ist somit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer - zumal er bisher Aussagen und Unterschriften verweigert hat - unter Berufung auf dieses Verbot den PIN- bzw. Sperrcode nicht preisgeben wird. Sollten ihn deshalb nachteilige Säumnisfolgen treffen, könnten diese in einem für ihn günstigen späteren Entscheid aufgehoben werden. Insoweit droht dem Beschwerdeführer daher kein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur. Die Vorinstanz fordert sodann den Beschwerdeführer zur Bekanntgabe auf, zu welchen Rufnummern und E-Mail-Adressen seines Anwalts er Kontakt hatte, und Letzteren zur Bestätigung, dass es sich dabei um seine Rufnummern und E-Mail-Adressen handelt. Die Vorinstanz beauftragt den Sachverständigen, sämtliche Daten, welche diese Rufnummern und E-Mail-Adressen betreffen, auszusondern. Der Sachverständige muss diese Daten somit inhaltlich nicht sichten. Im Übrigen weist die Vorinstanz ihn und seine Mitarbeiter ausdrücklich auf die Geheimhaltungspflicht hin. Damit besteht hinreichende Gewähr, dass die Staatsanwaltschaft von dem Anwaltsgeheimnis unterliegenden Daten keine Kenntnis erlangt. Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur ist daher auch insoweit nicht ersichtlich. Ein solcher Nachteil verursacht dem Beschwerdeführer auch nicht der Stundenansatz von Fr. 220.--, den die Vorinstanz dem Sachverständigen zugesteht. Sollte dieser Ansatz, wie der Beschwerdeführer geltend macht, zu hoch sein oder der Beizug des Sachverständigen unzulässig gewesen sein, könnte dem beim späteren Entscheid über die Frage der Auferlegung der Verfahrenskosten an den Beschwerdeführer immer noch Rechnung getragen werden.
2.
Ist demnach ein nicht wieder gutzumachender Nachteil rechtlicher Natur weder dargetan noch ersichtlich, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
Der Beschwerdeführer ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nach Art. 64 BGG. Ob er seine Bedürftigkeit hinreichend belegt hat, kann dahingestellt bleiben. Die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung kann jedenfalls deshalb nicht bewilligt werden, weil die Beschwerde aus formellen Gründen aussichtslos war. Unter den gegebenen Umständen rechtfertigt es sich jedoch, auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.
3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg und dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 19. April 2022
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Jametti
Der Gerichtsschreiber: Härri