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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_167/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 19. Juni 2017  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Maillard, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
vertreten durch B.A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 31. Januar 2017. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.A.________, geboren 1959, war seit dem 19. März 1990 bei der B.________ AG als Bauarbeiter angestellt und meldete sich erstmals am 18. Dezember 1990 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Er war bei einem Streit am 20. Oktober 1990 am rechten Auge verletzt worden, was zu einem definitiven Verlust der Sehfähigkeit rechts führte. In einer Fabrik für Kunststoffverarbeitung konnte er wieder eingegliedert werden. Während seiner Beschäftigung als Metallarbeiter bei der C.________ AG (Liechtenstein) erlitt er am 7. Juni 2002 einen Unfall mit Verletzung der rechten Hand. Die Liechtensteinische Alters- und Hinterlassenenversicherung lehnte das Rentenbegehren vom 13. März 2003 mit Verfügung vom 13. September 2004 ab, welche das Liechtensteinische Fürstliche Obergericht mit Entscheid vom 17. August 2005 bestätigte. Ein weiteres Gesuch vom 26. September 2005 lehnte die IV-Stelle des Kantons St. Gallen mit Verfügung vom 9. Oktober 2006 ab. 
 
Am 28. November 2007 meldete sich A.A.________ erneut zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen lehnte den Rentenanspruch mit Verfügung vom 30. November 2009 wiederum ab. Mit Entscheid vom 5. Dezember 2011 wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen die Sache zu weiteren Abklärungen an die IV-Stelle zurück. Diese holte ein Gutachten des Ärztlichen Begutachtungsinstituts ABI, Basel, vom 20. Januar 2014 ein. Mit Verfügung vom 8. Mai 2014 lehnte sie den Anspruch auf eine Invalidenrente abermals ab. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 31. Januar 2017 ab. 
 
C.   
A.A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt sinngemäss die Zusprechung einer Invalidenrente. Des Weiteren ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
 
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet. 
 
D.   
Mit Verfügung vom 21. April 2017 hat das Bundesgericht das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 S. 236 mit Hinweisen). 
 
2.   
Das kantonale Gericht hat die für den Rentenanspruch massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze zutreffend dargelegt. Es wird darauf verwiesen. 
 
3.   
Strittig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht die Verfügung der IV-Stelle vom 8. Mai 2014, mit welcher dem Beschwerdeführer eine Invalidenrente verweigert wurde, zu Recht geschützt hat. 
 
4.  
 
4.1. Für das kantonale Gericht stand gestützt auf das ABI-Gutachten vom 20. Januar 2014 fest, dass dem Beschwerdeführer eine seinen Leiden angepasste Tätigkeit zu 80 Prozent zumutbar sei. Aus psychiatrischer Sicht stellten die Gutachter die Diagnosen einer Benzodiazepinabhängigkeit (ICD-10 F13.25) sowie einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD-10 F45.41), beide ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit. Die Diagnosen und die Arbeitsfähigkeitsschätzung aus augenärztlicher wie auch aus handchirurgischer Sicht hätten mit jenen der behandelnden Spezialärzte übereingestimmt. Sie begründeten insgesamt eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit um 20 Prozent. Die Restarbeitsfähigkeit sei ganztags verwertbar mit Einschalten mehrerer Pausen.  
 
4.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die anlässlich der stationären Behandlungen festgestellte schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen von der Vorinstanz nicht berücksichtigt worden sei. Die Rüge erweist sich als unbegründet.  
 
Das kantonale Gericht hat die Berichte der behandelnden Ärzte der Psychiatrie-Dienste D.________ über die stationären Aufenthalte im Psychiatrie-Zentrum E.________ und in der Klinik F.________ eingehend dargestellt. Es ist jedoch der Einschätzung des psychiatrischen Gutachters gefolgt, weil es dessen Diagnose und Arbeitsfähigkeitsschätzung als überzeugend erachtete. Zur Begründung hielt das kantonale Gericht fest, die behandelnden Ärzte hätten eine mittelgradig bis teilweise schwergradig ausgeprägte rezidivierende depressive Störung diagnostiziert und seien davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer längerfristig erheblich in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt sein werde. Mit dem ABI-Gutachten hätten sie sich jedoch nicht auseinandergesetzt und ihre abweichenden Diagnosen und Arbeitsfähigkeitsschätzungen nicht begründet. Sie seien von einer Benzodiazepinabhängigkeit ausgegangen, welche nach den überzeugenden Ausführungen des ABI-Gutachters angesichts der angegebenen Mengen (zweimal fünf Milligramm Valium pro Tag) nur sehr geringfügig ausgeprägt und für die Arbeitsfähigkeitsschätzung nicht von Bedeutung sei. Die behandelnden Ärzte hätten nicht unterschieden zwischen krankheitsbedingten Einschränkungen und psychosozialen Belastungsfaktoren. Eine Zumutbarkeitsbeurteilung fehle. Die Befundschilderungen unterschieden sich von jener des psychiatrischen Gutachters nicht derart erheblich, dass damit die sich letztlich diametral entgegenstehenden Arbeitsfähigkeitsschätzungen erklärt werden könnten. Die Berichte enthielten gesamthaft also keine Hinweise, die relevante Zweifel an der Überzeugungskraft des psychiatrischen Teilgutachtens weckten. 
 
Die Vorinstanz erblickte in den Vorbringen des Beschwerdeführers keine Indizien, die gegen die Zuverlässigkeit des Gutachtens sprachen. Aufgrund ihrer nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung durfte sie auf die ABI-Expertise, die den an ein Gutachten gestellten Anforderungen entspricht (BGE 137 V 210 E. 1.3.4 S. 227; 135 V 465 E. 4.4 S. 470; 125 V 351 E. 3b/bb S. 353), abstellen. 
 
4.3. Der Beschwerdeführer rügt des Weiteren die vorinstanzlichen Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit aus somatischer Sicht. Das kantonale Gericht hat diesbezüglich auf das ophthalmologische und das handchirurgische Teilgutachten des ABI abgestellt. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag den angefochtenen Entscheid nicht als offensichtlich unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Insbesondere besteht nach handchirurgischer Einschätzung bei leidensangepasster Tätigkeit nicht eine Arbeitsfähigkeit von 20 Prozent, wie er geltend macht, sondern eine Einschränkung um 20 Prozent. Der Beschwerdeführer rügt, dass nach der Gesamtbeurteilung Tätigkeiten ohne Lastenheben über fünf bis zehn Kilogramm zumutbar seien, in der handchirurgischen Beurteilung jedoch eine Gewichtslimite von fünf Kilogramm angegeben werde. Es ergibt sich aus den Ausführungen der Gutachter kein Widerspruch. Nach der interdisziplinären Konsensbesprechung aller beteiligten Gutachter wurde gegenüber dem handchirurgischen Teilgutachten ergänzt, dass für körperlich leichte Tätigkeiten ohne repetitive Handbelastung und Lastenheben über fünf bis zehn Kilogramm keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit bestehe. Auch wird im Gutachten schlüssig dargelegt, dass sich die Leistungseinbusse aus ophthalmologischer und handchirurgischer Sicht ergänzten, da die gleichen Zeitabschnitte zum Einlegen von Pausen und zur Erholung genutzt werden könnten. Der Beschwerdeführer reicht letztinstanzlich die Berichte des Dr. med. G.________, Augenarzt FMH, sowie des Dr. med. H.________, Allgemeine Medizin FMH, beide vom 24. Februar 2017, ein. Sie wurden nach dem hier angefochtenen Entscheid verfasst und bleiben als neue Beweismittel im Verfahren vor dem Bundesgericht unbeachtlich (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 133 IV 342 E. 2.1 S. 343 f.).  
 
5.   
Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei bei den erwerblichen Auswirkungen der Gesundheitsschädigung eine 100-prozentige Arbeitsunfähigkeit in der angestammten Tätigkeit zu berücksichtigen. Dem kann nicht gefolgt werden. 
 
Zur Bemessung des Invaliditätsgrades ist gestützt auf Art. 16 ATSG das Einkommen, das der Beschwerdeführer als Gesunder verdienen könnte (Valideneinkommen), mit dem Lohn zu vergleichen, den er nach Eintritt der Gesundheitsschädigung zumutbarerweise verdienen könnte (Invalideneinkommen). Für die Festsetzung des Invalideneinkommens ist nach der Rechtsprechung primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in welcher die versicherte Person konkret steht. Übt sie nach Eintritt der Invalidität eine Erwerbstätigkeit aus, bei der - kumulativ - besonders stabile Arbeitsverhältnisse gegeben sind und anzunehmen ist, dass sie die ihr verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise voll ausschöpft, und erscheint zudem das Einkommen aus der Arbeitsleistung als angemessen und nicht als Soziallohn, gilt grundsätzlich der tatsächlich erzielte Verdienst als Invalidenlohn. Ist kein solches tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen gegeben, namentlich weil die versicherte Person nach Eintritt des Gesundheitsschadens keine oder jedenfalls keine ihr an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, so können nach der Rechtsprechung entweder Tabellenlöhne gemäss den vom Bundesamt für Statistik periodisch herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) oder die Zahlen der Dokumentation von Arbeitsplätzen (DAP) der Suva herangezogen werden (BGE 139 V 592 E. 2.3 S. 593 f.). 
 
Das kantonale Gericht hat als Valideneinkommen den statistischen Durchschnittslohn berücksichtigt, den der Beschwerdeführer bei Rentenbeginn nach der LSE im Baugewerbe (Kompetenzniveau 2) verdienen könnte. Auf der Seite des Invalideneinkommens hat es ihm den Verdienst angerechnet, den er nach der LSE bei einer leidensangepassten einfachen Hilfsarbeitertätigkeit (Kompetenzniveau 1) erzielen könnte. Zudem hat das kantonale Gericht einen leidensbedingten Abzug vom Invalideneinkommen von 10 Prozent vorgenommen. Die ermittelten Einkommen (73'922 Franken beziehungsweise 47'619 Franken) werden nicht beanstandet. Deren Vergleich ergab einen Invaliditätsgrad von 35,6 Prozent. Der vorinstanzliche Entscheid gibt keinen Anlass zu Weiterungen. 
 
6.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 19. Juni 2017 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Maillard 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo