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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_726/2023  
 
 
Urteil vom 19. Juni 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Koch, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Hurni, Hofmann, 
Gerichtsschreiberin Lustenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Reto Steinmann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Alp Göçmen, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, Leitender Oberstaatsanwalt, 
An der Aa 4, 6300 Zug, 
 
Gegenstand 
Revision (Vergewaltigung, mehrfache sexuelle Nötigung etc.), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Strafabteilung, vom 8. Mai 2023 (S 2022 68). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ wurde mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 26. Oktober 2020 der Vergewaltigung, der mehrfachen sexuellen Nötigung und der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Abhängigen zum Nachteil seiner Stieftochter B.________ schuldig gesprochen und mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten bestraft. Zusätzlich wurde er für die Dauer von sechs Jahren des Landes verwiesen (Verfahren S 2020 6). Die Verurteilung beruhte im Wesentlichen auf den Aussagen des Opfers, wobei dieses im Laufe des Verfahrens aussagepsychologisch begutachtet worden war.  
 
A.b. Im Jahr 2021 erhob B.________ Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs gegen zwei weitere Männer (C.________ und D.________). Die Staatsanwaltschaft stellte die beiden Verfahren am 1. April 2022 ein. Die Verfahrenseinstellungen erwuchsen unangefochten in Rechtskraft.  
 
A.c. In der Folge eröffnete die Staatsanwaltschaft gegen B.________ eine Strafuntersuchung wegen mehrfacher falscher Anschuldigung. Im Rahmen dieses Verfahrens liess sie B.________ zur Frage der Schuldfähigkeit forensisch-psychiatrisch begutachten. Im Gutachten von Dr. med. E.________ vom 26. September 2022 wurden B.________ eine Intelligenzminderung mit deutlicher Verhaltensstörung (ICD-10 F70.1) bzw. differentialdiagnostisch eine Intelligenzminderung (ICD-10 F70) und eine komorbide organische Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F07.0) diagnostiziert. Die Gutachterin hielt fest, dass die Störung bereits im Jahr 2017 vorgelegen habe, im aussagepsychologischen Gutachten der F.________ AG vom 18. Juli 2018 aber nicht diagnostiziert worden sei. Die Auswirkungen dieser Störung seien grundsätzlich geeignet, sich nachteilig auf die Zuverlässigkeit der Aussagen von B.________ auszuwirken.  
 
B.  
 
B.a. Am 19. Dezember 2022 stellte die Staatsanwaltschaft beim Obergericht des Kantons Zug ein Revisionsgesuch. Sie beantragte, es sei festzustellen, ob ein Revisionsgrund vorliege. Sollte dies der Fall sein, seien die notwendigen Anordnungen zu treffen.  
 
B.b. Nachdem das Obergericht mit Beschluss vom 10. Februar 2023 auf das Revisionsgesuch eingetreten war, wies es dieses mit Urteil vom 8. Mai 2023 ab.  
 
C.  
A.________ wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht. Er beantragt, der vorinstanzliche Entscheid sei teilweise aufzuheben und das Revisionsgesuch der Staatsanwaltschaft sei gutzuheissen. Die Vorinstanz sei anzuweisen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 26. Oktober 2020 bezüglich den Schuldsprüchen, der Sanktion, der Landesverweisung und der weiteren Nebenfolgen aufzuheben und die Sache insoweit an das Sachgericht zur neuen Behandlung und Beurteilung zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht ersucht A.________ für das Verfahren vor Bundesgericht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
B.________ beantragt ebenfalls die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Anfechtungsobjekt ist ein kantonal letztinstanzlicher (Art. 80 BGG), verfahrensabschliessender Entscheid (Art. 90 BGG) eines oberen Gerichts im Sinne von Art. 86 Abs. 2 BGG betreffend eine Strafsache (Art. 78 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer ist als beschuldigte Person durch die Abweisung des Revisionsgesuchs - ungeachtet dessen, dass dieses von der Staatsanwaltschaft eingereicht wurde - unmittelbar in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen und deshalb zur Beschwerde legitimiert (Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 1 BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
2.  
Streitig ist, ob ein Revisionsgrund im Sinne von Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO vorliegt. 
 
2.1. Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt, dass weder die beiden neuen Strafverfahren wegen Sexualdelikten zum Nachteil von B.________ (nachfolgend: Beschwerdegegnerin), noch das forensisch-psychiatrische Gutachten von Dr. med. E.________ vom 26. September 2022 einen Revisionsgrund zu begründen vermöchten.  
Der Beschwerdeführer ist anderer Auffassung. Zur Begründung bezieht er sich zunächst auf die eingestellte Strafuntersuchung gegen D.________. Die Beschwerdegegnerin habe behauptet, von diesem im Zeitraum vom 16. Januar bis 5. Februar 2019 mehrfach sexuell genötigt und vergewaltigt worden zu sein. Die Auswertung der Chat-Nachrichten der Parteien habe jedoch gezeigt, dass die Beschwerdegegnerin am 9. Februar 2019 D.________ geschrieben habe, nie mit ihm Sex gehabt zu haben. Damit habe sie unmittelbar nach dem behaupteten Tatzeitraum indirekt selber zugegeben, D.________ zu Unrecht belastet zu haben. Revisionsrechtlich sei diese Tatsache entgegen der Vorinstanz neu, weil sie zur Zeit des obergerichtlichen Urteils vom 26. Oktober 2020 bereits bestanden, das Gericht davon jedoch keine Kenntnis gehabt habe. Sie sei ausserdem geeignet, die tatsächlichen Feststellungen im besagten Urteil, namentlich jene betreffend Glaubhaftigkeit der Aussagen der Beschwerdegegnerin, wesentlich zu beeinflussen. 
Weiter habe die Beschwerdegegnerin gegenüber der Gutachterin verlauten lassen, dass er, der Beschwerdeführer, ihr im damaligen Zeitraum der inkriminierten Taten mehrfach geschrieben habe, sie würden am Abend Sex haben. Diese Tatsachenbehauptung sei revisionsrechtlich neu und gleichzeitig erheblich. Sollte sie sich nämlich seinen Erwartungen entsprechend nicht bewahrheiten, was sich aufgrund der vorgenommenen Datensicherung verifizieren lasse, wäre die Beschwerdegegnerin überführt, die Unwahrheit gesagt zu haben. 
Darüber hinaus stellten die Diagnosen von Dr. med. E.________ revisionsrechtlich relevante, ergänzende medizinische Grundlagen dar. Was im aussagepsychologischen Gutachten über die Beschwerdegegnerin im Verfahren S 2020 6 nämlich nicht erkannt worden sei, sei das Ausmass der psychischen Beschwerden und damit die Tatsache, dass eine deutliche Verhaltensstörung vorliege. Die psychiatrische Expertin stelle in den Aussagen der Beschwerdegegnerin zahlreiche Auffälligkeiten im Sinne von unaufgelösten Widersprüchen, Übertreibungen und objektiv falschen Angaben fest. Ausserdem spreche sie von einer deutlich erkennbaren Suggestibilität. Insofern könne nicht mehr auf das aussagepsychologische Gutachten der F.________ AG abgestellt werden. Die dort fehlende Diagnose habe auch dazu geführt, dass es das Sachgericht angesichts des unterdurchschnittlichen Intelligenzquotienten der Beschwerdegegnerin ausgeschlossen habe, dass diese ein komplexes Lügengebäude, wie eine Falschaussage es erfordert hätte, hätte frei erfinden können. Diese Schlussfolgerung werde durch das neue psychiatrische Gutachten widerlegt. Demnach zeige die Beschwerdegegnerin aufgrund ihrer verschiedenartigen Defizite ein Verhaltensrepertoire, welches von Konfabulation über falsche Erinnerungen bis zu Pseudologie und bewussten Falschangaben reiche. Schliesslich verletze die Vorinstanz das Willkürverbot, wenn sie die Frage, ob sich die zusätzlichen Diagnosen von Dr. med. E.________ auf das aussagepsychologische Gutachten auswirkten, ohne Beizug einer Fachperson beurteile. 
 
2.2.  
 
2.2.1. Wer durch ein rechtskräftiges Urteil beschwert ist, kann nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO namentlich die Revision verlangen, wenn neue, vor dem Entscheid eingetretene Tatsachen oder neue Beweismittel vorliegen, die geeignet sind, einen Freispruch, eine wesentlich mildere oder wesentlich strengere Bestrafung der verurteilten Person herbeizuführen.  
Die Beseitigung rechtskräftiger Entscheide stellt ein Zugeständnis an die Einzelfallgerechtigkeit dar und soll nur in engem Rahmen zulässig sein. Soll die Revision, wie im Falle von Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO, einen unrichtigen Sachverhalt korrigieren, ist daher insbesondere zu berücksichtigen, dass die Feststellung des Sachverhalts mit zunehmendem zeitlichen Abstand immer schwieriger wird, womit auch das Risiko von Fehlentscheidungen grösser wird. Entsprechend streng sind die Voraussetzungen einer Revision, die nur dann gerechtfertigt werden kann, wenn die Beweisgrundlagen oder das Vertrauen in die Richtigkeit eines Urteils nachträglich durch schwerwiegende Tatsachen erschüttert werden (Urteil 6B_739/2021 vom 14. Juni 2023 E. 2.4.1.1 mit Hinweisen). 
Unter Tatsachen sind Umstände zu verstehen, die im Rahmen des dem Urteil zu Grunde liegenden Sachverhalts von Bedeutung sind. Mit Beweismitteln wird der Nachweis von Tatsachen erbracht, wobei sich die beiden Revisionsgründe überschneiden: Auch das neue Beweismittel bezieht sich regelmässig auf bisher nicht berücksichtigte Tatsachen (BGE 137 IV 59 E. 5.1.1; Urteile 7B_703/2023 vom 23. Januar 2024 E. 2.3.1; 6B_739/2021 vom 14. Juni 2023 E. 2.3.1). 
Revisionsrechtlich neu sind Tatsachen und Beweismittel, wenn sie zur Zeit des früheren Urteils zwar bereits bestanden haben, das Gericht zum Zeitpunkt der Urteilsfällung aber keine Kenntnis von ihnen hatte, sie ihm mithin nicht in irgendeiner Form zur Beurteilung vorlagen. Die neuen Tatsachen oder Beweismittel müssen zudem erheblich sein. Dies ist der Fall, wenn sie geeignet sind, die tatsächlichen Grundlagen des zu revidierenden Urteils so zu erschüttern, dass aufgrund des veränderten Sachverhalts ein wesentlich milderes Urteil möglich ist (BGE 137 IV 59 E. 5.1.2 und 5.1.4; 130 IV 72 E. 1; Urteile 7B_703/2023 vom 23. Januar 2024 E. 2.3.1; 6B_739/2021 vom 14. Juni 2023 E. 2.3.1; je mit Hinweisen). 
 
2.2.2. Ob eine Tatsache oder ein Beweismittel neu und gegebenenfalls geeignet ist, die tatsächlichen Grundlagen des zu revidierenden Urteils in Zweifel zu ziehen, stellt eine Tatfrage dar, die das Bundesgericht nur auf Willkür überprüft. Rechtsfrage ist demgegenüber zum einen, ob die Vorinstanz von den richtigen Begriffen der "neuen Tatsache", des "neuen Beweismittels" und deren "Erheblichkeit" ausgegangen ist, und zum anderen, ob die allfällige Veränderung der tatsächlichen Grundlagen rechtlich relevant ist, das heisst, zu einem im Schuld- oder Strafpunkt für die verurteilte Person günstigeren Urteil führen kann (BGE 130 IV 72 E. 1; Urteile 6B_593/2023 vom 26. Februar 2024 E. 2.2.1; 7B_703/2023 vom 23. Januar 2024 E. 2.3.2; je mit Hinweisen).  
 
2.3. Unter dem Titel "neue Strafverfahren als Revisionsgrund" erwägt die Vorinstanz, die neuen Missbrauchsvorwürfe der Beschwerdegegnerin 2 gegen D.________ und C.________, die Beweisabnahmen dazu sowie die entsprechenden Verfahrenseinstellungen hätten nach der Urteilsfällung im Verfahren S 2020 6 vom 26. Oktober 2020 stattgefunden. Gemäss dem klaren Wortlaut von Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO könne sich daraus kein Revisionsgrund ergeben.  
Wenn der Beschwerdeführer nun einzelne Beweismittel aus diesen neuen Verfahren als Revisionsgrund verwenden will, kann ihm, wie sogleich aufgezeigt wird, nicht gefolgt werden. 
 
2.3.1. Mit der Nachricht der Beschwerdegegnerin an D.________ vom 9. Februar 2019 beruft sich der Beschwerdeführer zwar auf ein Beweismittel, das zum Zeitpunkt des Urteils S 2020 6 bereits bestand, dem Sachgericht aber nicht bekannt war. Von allfälliger Relevanz für eine mögliche Revision seiner Verurteilung wurde diese Nachricht aber erst, als sie im Verfahren gegen D.________ als entlastendes Beweismittel Verwendung fand und schliesslich zur Verfahrenseinstellung beitrug. Wie von der Vorinstanz festgehalten, erfolgte diese Einstellung nach dem Urteilsspruch gegen den Beschwerdeführer. Die Einstellung kann deshalb klarerweise keine Revision nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO begründen. Ob die Nachricht an D.________ überhaupt als revisionsrechtlich neues Beweismittel angesehen werden kann, ist vor diesem Hintergrund fraglich.  
Der Vorinstanz ist jedenfalls zuzustimmen, wenn sie ausführt, der Umstand, dass eine Belastungszeugin im späteren Verlauf des Lebens allenfalls nicht die Wahrheit sage, lasse nicht automatisch retrospektiv revisionsfähige neue Beweismittel betreffend deren Glaubwürdigkeit entstehen. Eine Glaubwürdigkeitsprüfung könne nur vergangenheitsbezogen vorgenommen werden und per se nie umfassend sein. Könnten spätere Aussagen zu einem anderen Streitgegenstand als revisionsfähige Beweismittel herbeigezogen werden, würde dies zu einer uferlosen Auslegung führen, welche mit dem restriktiven Charakter von Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO nicht vereinbar wäre. Der revisionsrechtliche Schutz eines rechtskräftig verurteilten Beschuldigten gegen unwahre Zeugenaussagen habe primär im engen Anwendungsbereich von Art. 410 Abs. 1 lit. c StPO, das heisst über die Glaubhaftmachung einer strafbaren Handlung wie beispielsweise einer falschen Anschuldigung, zu erfolgen. Damit verneint die Vorinstanz grundsätzlich mit nachvollziehbarer Begründung das Vorliegen eines revisionsrechtlich neuen Beweismittels bzw. einer solchen Tatsache. 
Davon abgesehen fehlt es der umstrittenen Chat-Nachricht an D.________ an der nötigen Erheblichkeit. Für das Erheben von Tatvorwürfen, welche sich in der Folge nicht in einer für eine Anklageerhebung genügenden Weise bestätigen, kann es mannigfaltige Gründe geben. Die möglichen späteren Falschaussagen der Beschwerdegegnerin, die zudem einen anderen Sachverhalt und einen anderen Beschuldigten betreffen, führen somit nicht dazu, dass ein Freispruch des Beschwerdeführers oder ein für ihn sonstwie milderes Urteil "sicher, höchstwahrscheinlich oder jedenfalls wahrscheinlich" wäre, wie es die Rechtsprechung verlangt (vgl. BGE 120 IV 246 E. 2b; Urteil 6B_593/2023 vom 26. Februar 2024 E. 2.2.1; je mit Hinweisen). Anders zu urteilen wäre, wenn die Beschwerdegegnerin eingestanden hätte, den Beschwerdeführer zu Unrecht belastet zu haben (vgl. Urteil 6B_509/2022 vom 5. Oktober 2022 E. 2.4). Dies ist jedoch unstreitig nicht der Fall. 
 
2.3.2. Zu Recht erkennt die Vorinstanz zudem in der Angabe der Beschwerdegegnerin gegenüber der Gutachterin, der Beschwerdeführer habe ihr teilweise per WhatsApp und Facebook geschrieben, dass sie am Abend Sex haben würden, keine neue Tatsache im Sinne von Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO. Revisionsrechtlich relevant ist hier die Aussage während der Begutachtung, und nicht die Nachrichten, auf welche sich die Beschwerdegegnerin damit bezog. Allenfalls unwahr (wie es der Beschwerdeführer behauptet) und deshalb für die Glaubwürdigkeit der Beschwerdegegnerin relevant könnte höchstens diese Behauptung sein. Allein sie - und eben nicht die früheren Nachrichten, die es laut Beschwerdeführer gar nicht gibt - wäre somit überhaupt geeignet, die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Beschwerdegegnerin in Frage zu stellen. Da die Begutachtung durch Dr. med. E.________ unbestrittenermassen erst nach dem vorliegend zur Diskussion stehenden Urteil stattfand, ist die dabei aufgestellte Behauptung jedoch nicht in dem Sinne neu, wie es die revisionsrechtlichen Bestimmungen verlangen würden.  
 
2.4.  
 
2.4.1. Zum forensisch-psychiatrischen Gutachten von Dr. med. E.________ vom 26. September 2022 führt die Vorinstanz aus, eine neue Information sei die darin erstmalig erhobene Diagnose einer leichten Intelligenzminderung in Verbindung mit einer deutlichen Verhaltensstörung bei der Beschwerdegegnerin. Die Gutachterin lege glaubhaft dar, dass diese Diagnose bereits im Jahr 2017 und damit vor Abschluss des Verfahrens S 2020 6 hätte gestellt werden müssen.  
Nicht neu und sowohl dem urteilenden Gericht als auch den aussagepsychologischen Gutachterinnen bekannt gewesen seien hingegen die prägnanten Verhaltensauffälligkeiten der Beschwerdegegnerin. Die Gutachterinnen hätten anerkannt, dass die minderintelligente Beschwerdegegnerin von Zeit zu Zeit in bestimmten Situationen gelogen habe und ihr Verhalten allgemein von der Norm abgewichen sei. Diese Umstände seien in die Gesamtwürdigung des Falles im Rahmen der aussagepsychologischen Begutachtung eingeflossen und auch im Rahmen der Aussagenwürdigung beachtet worden. Trotz der erheblichen Verhaltensauffälligkeiten der Beschwerdegegnerin seien die Gutachterinnen zum Schluss gekommen, dass deren Aussagen zeugentauglich seien und keine Motive oder Hinweise erkennbar seien, welche die Aussagen verfälschen könnten. Die üblichen Hypothesen, welche zu einer Verfälschung der Aussage führen könnten, seien von den Gutachterinnen geprüft und verworfen worden. Vor diesem Hintergrund sei eine zusätzliche psychiatrische Diagnose bei gleichem Beschwerdebild kein Umstand, der geeignet wäre, eine andere Schlussfolgerung im aussagepsychlogischen Gutachten herbeizuführen. Dafür spreche auch, dass dieses auf Anweisung des Sachgerichts von der Psychiaterin Dr. med. G.________ gegengelesen worden sei. Diese habe keinen Anlass gesehen, die Methodik oder die Bewertung zu kritisieren. Daraus könne abgeleitet werden, dass das Sachgericht das Gutachten auch als nachvollziehbar und schlüssig erachtet hätte, wenn es die zusätzliche Diagnose der Verhaltensstörung gekannt hätte. 
 
2.4.2. Dem ist vollumfänglich beizupflichten. Im aussagepsychologischen Gutachten der F.________ AG vom 18. Juli 2018 (Beschwerdebeilage 4) wurden Auffälligkeiten im Verhalten und in der Persönlichkeit sowie deren Auswirkungen auf die Aussagen der Beschwerdegegnerin thematisiert. Unter anderem wurden eine leichte Intelligenzminderung sowie Auffälligkeiten in der sexuellen Entwicklung festgestellt. Weiter wurde ausgeführt, die Beschwerdegegnerin habe bei der Beschreibung des Kerngeschehens deutlich Mühe mit der Benennung spezifischer Handlungen und deren Definition, wie etwa derjenigen einer Vergewaltigung. Auch seien gewisse Selbst- und Fremdtäuschungstendenzen in ihrem Verhalten zu erkennen, welche sie zur Erreichung von bestimmten Zwecken nutze. Es sei bereits vorgekommen, dass sie zu ihrem eigenen Vorteil oder um Aufmerksamkeit zu erlangen anderen etwas vorgespielt oder gelogen habe. Nichts desto trotz gingen die Gutachterinnen gestützt auf eine einlässliche Kompetenz-, Fehlerquellen- und Realkennzeichenanalyse davon aus, dass eine absichtliche Falschbeschuldigung wie auch auto- oder fremd-sug-gestive Prozesse ausgeschlossen werden könnten. Sie merkten insbe-sondere auch an, dass im konkreten Fall keine Tendenzen zu selbstdarstellerischen Verhaltensweisen bestünden und die Beschwerdegegnerin durch ihre Aussagen keine Aufmerksamkeit habe erlangen wollen.  
Wenn nun rund vier Jahre später eine forensische Psychiaterin die weitgehend gleichen Auffälligkeiten bemerkt, diesen zusätzlich aber noch den Rahmen einer Diagnose nach ICD-10 gibt (Intelligenzminderung mit deutlicher Verhaltensstörung), stellt dies keine Tatsache dar, die geeignet wäre, die tatsächlichen Grundlagen der Verurteilung des Beschwerdeführers zu erschüttern (vgl. BGE 137 IV 59 E. 5.1.2 mit Hinweisen). Dr. med. E.________ hält ausdrücklich fest, die von ihr festgestellten psychischen Auffälligkeiten seien bereits im aussagepsychologischen Gutachten festgestellt, jedoch nicht diagnostisch erfasst worden. So seien über die intellektuell-kognitiven Defizite hinaus damals schon eine emotionale Unreife, Defizite in der Verhaltensregulation sowie Fremd- und Selbsttäuschungstendenzen beschrieben worden. Den beiden Gutachten lag somit, wie die Vorinstanz richtig annimmt, ein im Wesentlichen gleiches Beschwerdebild zugrunde. Der darüber hinausgehende Befund einer Persönlichkeitsstörung ist als Wertung und nicht als Tatsache zu betrachten. Eine bloss andere Würdigung einer unveränderten Beweislage kann aber nach Rechtskraft des Urteils grundsätzlich nicht erneut thematisiert werden (HEER/COVACI, Basler Kommentar Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2023, N. 51 zu Art. 410 StPO). Hinzu kommt, dass sich die Psychiaterin nicht mit den Auswirkungen des Störungsbildes der Beschwerdegegnerin auf deren belastenden Aussagen gegen den Beschwerdeführer befasst hat, das aussagepsychologische Gutachten dagegen schon. Auch aus diesem Grund in Kombination mit dem bisher Gesagten ist das forensisch-psychiatrischen Gutachten nicht geeignet, eine anderweitige, für den Beschwerdeführer günstigere Würdigung dieser Aussagen als hinreichend wahrscheinlich erscheinen zu lassen. Demnach stellen die Diagnosen der Psychiaterin insgesamt keine neuen Tatsachen oder Beweismittel im Sinne von Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO dar. 
Damit ist auch gesagt, dass die Vorinstanz das Revisionsgesuch ohne Beizug einer sachverständigen Person abweisen durfte, ohne dass sie damit Art. 182 bzw. Art. 412 Abs. 4 StPO verletzt hätte. 
 
3.  
Im Ergebnis erachtet die Vorinstanz die von der Staatsanwaltschaft geltend gemachten Revisionsgründe zu Recht als nicht gegeben. Die Beschwerde des verurteilten Beschwerdeführers ist abzuweisen. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend würde der Beschwerdeführer an sich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er stellt jedoch ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung, dem in Anwendung von Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG entsprochen werden kann. Es werden deshalb keine Gerichtskosten erhoben und der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ist aus der Gerichtskasse angemessen zu entschädigen. 
Die Beschwerdegegnerin wurde vor Bundesgericht nicht zur Vernehmlassung eingeladen, womit ihr keine entschädigungswürdigen Nachteile entstanden sind. Ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gegenstandslos. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege des Beschwerdeführers wird gutgeheissen. 
 
2.1. Rechtsanwalt Reto Steinmann wird als unentgeltlicher Rechtsvertreter ernannt und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der Bundesgerichtskasse mit Fr. 3'000.-- entschädigt.  
 
2.2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
3.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege der Beschwerdegegnerin wird gegenstandslos. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, Strafabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Juni 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Koch 
 
Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger