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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 64/04 
 
Urteil vom 19. August 2004 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiber Grünvogel 
 
Parteien 
Firma H.________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwältin Christine Kessi, Holbeinstrasse 34, 8008 Zürich, 
 
gegen 
 
Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Rudolf Diesel- Strasse 28, 8400 Winterthur, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 12. März 2004) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Gestützt auf die Ergebnisse der vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) am 25. Juli 2002 durchgeführten Arbeitgeberkontrolle verpflichtete die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich die Firma H.________ AG mit Verfügung vom 30. Dezember 2002, einen Teil der für die Monate Oktober und November 2000 sowie Januar, März, April und September 2001 bereits ausbezahlten Schlechtwetterentschädigungen im Betrag von Fr. 190'743.75 zurückzuerstatten. Dies mit der Begründung, die den Auszahlungen zu Grunde liegenden Ausfallstunden seien für die Vorarbeiter und weitere höhere Angestellte wegen fehlender Arbeitszeitkontrolle überhaupt nicht und für Arbeitnehmer ohne Führungsfunktionen trotz entsprechender Belege nur teilweise überprüfbar. 
B. 
Dagegen liess die Firma Beschwerde erheben mit dem Antrag auf Aufhebung der Verfügung vom 30. Dezember 2002. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess das Rechtsmittel mit Entscheid vom 12. März 2004 teilweise gut und reduzierte den Rückforderungsbetrag in Abänderung der Verfügung auf Fr. 190'573.30. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die Firma die Aufhebung des angefochtenen Entscheids sowie der Verfügung insoweit beantragen, als die vorinstanzliche Beschwerde nicht gutgeheissen wurde. 
 
Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das seco verzichtet auf Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Gericht hat zu Recht festgehalten, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (30. Dezember 2002) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 129 V 4 Erw. 1.2). 
1.1 Weiter hat die Vorinstanz die Bestimmungen und Grundsätze über den Ausschluss von Arbeitnehmern, deren Arbeitszeit nicht ausreichend kontrollierbar ist, vom Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung zutreffend wiedergegeben (Art. 46b AVIV; siehe weiter Art. 42 Abs. 3 in Verbindung mit 31 Abs. 3 lit. a AVIG; ARV 1999 Nr. 34 S. 200, 1998 Nr. 35 S. 200; Urteil X. vom 8. Oktober 2002, C 140/02). Richtig sind auch die Erwägungen über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Versicherungsleistungen (Art. 95 Abs. 1 AVIG in der bis Ende 2002 gültig gewesenen Fassung; BGE 126 V 399, 48; vgl. auch BGE 127 V 469 Erw. 2c). Darauf ist zu verweisen. 
1.2 Ferner ist auf die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen, unter denen ein behördliches Verhalten nach dem Grundsatz von Treu und Glauben eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung gebietet, hinzuweisen (BGE 127 I 36 Erw. 3a, 126 II 387 Erw. 3a; RKUV 2000 Nr. KV 126 S. 223; zu Art. 4 Abs. 1 aBV ergangene, weiterhin geltende Rechtsprechung: BGE 121 V 66 Erw. 2a mit Hinweisen). 
2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Arbeitszeit diverser Kadermitarbeiter der Firma und teilweise auch der übrigen Angestellten ausreichend kontrollierbar im Sinne von Art. 42 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 31 Abs. 3 lit. a AVIG ist. 
2.1 Die Firma belegte die fraglichen Ausfallstunden für die von der reduzierten Arbeitszeit betroffenen Vorarbeiter und höheren Angestellten mit einer nachträglichen Zusammenstellung der täglichen Arbeitszeiten. Die dafür notwendigen Informationen bezog das Unternehmen aus den damaligen Arbeitsplänen und aus vom Geschäftsführer offenbar seit jeher und immer noch täglich ergänzten Monatsrapporten. Soweit für die geltend gemachten Arbeitsstunden der übrigen Mitarbeiter zusätzlich Stundenabrechnungen und eigentliche Arbeitszeitkontrollen vorlagen, bejahte die Verwaltung zu Recht deren Kontrollierbarkeit. Im Übrigen lehnten sowohl Vorinstanz als auch Arbeitslosenkasse deren Überprüfbarkeit ab. 
 
Die nachträgliche Zusammenstellung wie auch die jeweils zum Voraus angefertigten Arbeitspläne stellen unbestrittenermassen kein adäquates Mittel für die nachträgliche Kontrolle des Arbeitsausfalles dar, da es ihnen am Erfordernis der täglich fortlaufenden Aufzeichnung fehlt (vgl. die zur Kontrollierbarkeit von Kurzarbeitsentschädigung ergangene, auch für den Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung anwendbare Rechtsprechung [Urteil X. vom 8. Oktober 2002, C 140/02, Erw. 3.2]: ARV 1999 Nr. 34 S. 200, 1998 Nr. 35 S. 200). Fraglich ist dagegen, ob die fortlaufend geführten Monatsrapporte bereits für sich allein betrachtet den Anforderungen an eine betriebliche Arbeitszeitkontrolle genügen. 
2.2 Die Firma macht wie bereits vor Vorinstanz geltend, der Geschäftsführer beobachte von seinem Arbeitsplatz aus jeweils, wann die einzelnen Baugruppen morgens zu den Baustellen aufbrechen und abends zurückkehren würden und trage die sich daraus ergebenden Arbeitszeiten im Monatsrapport täglich nach. Vom Geschäftsführer oder dem Sekretariat registrierte krankheitsbedingte oder anderweitige Abwesenheiten der Arbeitnehmer würden ebenfalls täglich in den Monatsrapport aufgenommen, womit es ohne weiteres möglich sei, den monatlichen Arbeitsausfall zu bestimmen. 
2.3 Die Vorinstanz sprach den Monatsrapporten die Qualität einer Arbeitszeitkontrolle ab: Es handle sich um blosse Anwesenheitskontrollen, ohne dass daraus die tatsächlich geleistete tägliche Arbeitszeit ersichtlich sei. Zur näheren Begründung verwies das Gericht auf jene Fälle (P.________, A.________, D.________, N.________, R.________), bei denen neben den Monatsrapporten zusätzlich täglich fortgeführte Arbeitszeitrapporte vorlagen. Die darin enthaltenen Aufzeichnungen widersprächen sich teilweise. 
2.4 Tatsächlich sind die darin enthaltenen Einträge nicht deckungsgleich, wie das von der Vorinstanz genannte Beispiel von A.________ vor Augen führt. Danach sind im Monatsrapport für die Zeit vom 20. bis 23. März 2001 und vom 26. bis 30. März 2001 schlechtwetterbedingte Ausfalltage aufgeführt, während der Mitarbeiter gemäss den Stundenrapporten in dieser Zeit gearbeitet hat. Noch deutlicher wird dies, wenn die weiteren den Monat März betreffenden Differenzen wie auch jene der Monate April und September 2001 stellvertretend genannt werden. Für den Monat März finden sich auch für den 1., den 2. sowie den 5. bis 9. Tag Stundenabrechnungen, wogegen im Monatsrapport jeweils ein Schlechtwetterausfall eingetragen ist. Gesagtes gilt auch für folgende Tage der Monate April und September: 2., 9.-11., 17.-20. und 24.-26.4.; 5.-28.9.). Zusätzlich hat A.________ gemäss den Stundenabrechnungen vom 3. und 4. September länger gearbeitet als im Monatsrapport ausgewiesen (10.50 Stunden bzw. 13.25 Stunden gegenüber jeweils 9.0 Stunden). Ein ähnliches Bild präsentiert sich beim Vergleich der ebenfalls im Recht liegenden Stundenabrechungen von P.________, D.________ und N.________ mit den Eintragungen in den Monatsrapporten. 
Die Firma räumte am 2. Dezember 2002 in der Stellungnahme an das seco zum provisorischen Bericht zur Arbeitgeberkontrolle ein, irrtümlicherweise Schlechtwetterentschädigungen geltend gemacht zu haben für Arbeiten, die wegen des schlechten Wetters an die Stelle der geplanten, an Dritte verrechenbaren Leistungen, traten (z.B. Putz- und Räumungsarbeiten); dies erkläre die Diskrepanz zwischen den in den Arbeitsrapporten aufgeführten Arbeitsstunden und jenen, die der Arbeitslosenkasse gemeldet worden seien. Will man diese Begründung (teilweise) auch für die Abweichungen zwischen Monatsrapport und Stundenabrechnungen gelten lassen, ist damit die fehlende Vollständigkeit der Monatsrapporte ebenfalls belegt. Auch die letztinstanzlich erneut vorgetragene Argumentation der Beschwerdeführerin, nicht gewusst zu haben, dass allfällige Überzeiten des Kaders innerhalb einer Kontrollperiode an Tagen von Schlechtwetter zu kompensieren seien, weshalb sie auf eine individuelle Zeiterfassung verzichtet habe, deutet in diese Richtung. 
 
Angesichts all dieser Umstände erweisen sich die Monatsrapporte als für die Kontrolle der tatsächlich tagtäglich geleisteten Arbeitszeiten ungeeignet. 
2.5 Zusammengefasst vermögen (auch) die Monatsrapporte den vorliegend strittigen Arbeitsausfall nicht hinreichend zu belegen, womit es an der für die Schlechtwetterentschädigung anspruchsbegründenden hinreichenden Kontrollierbarkeit des Arbeitsausfalls gemäss Art. 42 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 31 Abs. 3 lit. a AVIG fehlt. Damit erweist sich die Auszahlung als zweifellos unrichtig. Angesichts des in Frage stehenden Betrages ist die Berichtigung sodann von erheblicher Bedeutung, womit die Voraussetzungen für die Rückforderung grundsätzlich erfüllt sind. 
3. 
Die Firma verlangt ferner unter Berufung auf den Vertrauensschutz eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung. Dabei macht sie geltend, von der Beschwerdegegnerin nur unzureichend über die Anforderungen an eine Arbeitszeitkontrolle informiert worden zu sein. 
 
Es obliegt praxisgemäss der Antrag stellenden Firma, abzuklären, ob ihr Zeiterfassungssystem eine im Hinblick auf die Anspruchsberechtigung ausreichende Kontrolle gewährleistet (vgl. ARV 2002 Nr. 37 S. 255 Erw. 4b). Aus der eigenen Rechtsunkenntnis kann sie nichts zu ihren Gunsten ableiten (BGE 124 V 220 Erw. 2b/aa mit Hinweisen). Erforderlich ist vielmehr, dass die Verwaltung tatsächlich eine falsche Auskunft erteilt hat; von sich aus - spontan, ohne von der Firma angefragt worden zu sein - brauchen die Organe der Arbeitslosenversicherung hingegen nicht Auskünfte zu erteilen (statt vieler: Urteil S. AG vom 27. Mai 2004, C 5/04, Erw. 5.1). Ein gesetzlicher Informationsauftrag besteht nicht (vgl. BGE 124 V 220 Erw. 2b/aa). Konkrete Anfragen zum Zeiterfassungssystem werden weder behauptet, noch sind solche aus den Akten ersichtlich. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, dem Staatssekretariat für Wirtschaft und dem Amt für Wirtschaft und Arbeit, Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich, zugestellt. 
Luzern, 19. August 2004 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: