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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_243/2022  
 
 
Urteil vom 19. August 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Beusch, 
Bundesrichterin Ryter, 
Gerichtsschreiber Seiler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, vertreten durch Advokat Ozan Polatli, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Amt für Migration und Bürgerrecht des Kantons Basel-Landschaft, Parkstrasse 3, 4402 Frenkendorf, 
Beschwerdegegner, 
 
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, Regierungsgebäude, Rathausstrasse 2, 4410 Liestal. 
 
Gegenstand 
Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, vom 15. Dezember 2021 (810 21 118). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1976, algerischer Staatsangehöriger) reiste am 2. April 2003 in die Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch, welches mit Entscheid des Bundesamtes für Migration (heute: Staatssekretariat für Migration SEM) vom 24. April 2003 abgewiesen wurde. Am 22. Juni 2005 heiratete A.________ die Schweizer Staatsangehörige B.________ (geb. 1973), worauf ihm eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Ehefrau erteilt wurde. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, C.________ (geb. 2005) und D.________ (geb. 2007). Am 31. März 2010 wurde den Eheleuten gerichtlich das Getrenntleben bewilligt und A.________ wurde ein Besuchsrecht für seine beiden Kinder eingeräumt. Zufolge fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit von A.________ wurde auf die Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen verzichtet. Am 27. August 2010 stellte das Amt für Migration des Kantons Basel-Landschaft (ab 1. Januar 2019: Amt für Migration und Bürgerrecht; nachfolgend: Migrationsamt) beim SEM ein Gesuch um Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Die Aufenthaltsbewilligung wurde daraufhin verlängert.  
 
1.2. Ab dem 18. Oktober 2005 bezog A.________ in mehreren Zeiträumen von verschiedenen Fürsorgebehörden Sozialhilfeleistungen (18. Oktober 2005 bis 31. August 2006 [für A.________ und seine damalige Ehefrau] und 1. Januar 2015 bis 31. Mai 2015 [für A.________]: Fr. 42'715.50 von der Sozialhilfebehörde U.________; 1. Juli 2010 bis 30. September 2012 [für A.________]: Fr. 56'618.45 von der Sozialhilfebehörde V.________). Des Weiteren häufte A.________ während seines Aufenthalts in der Schweiz Schulden an, wobei auf seinen Namen per 7. Februar 2019 28 Betreibungen in der Höhe von Fr. 41'666.75 sowie 25 Verlustscheine im Gesamtbetrag von Fr. 36'176.65 registriert waren.  
 
1.3. Mit Schreiben des Migrationsamts vom 6. Mai 2011 wurde A.________ ausländerrechtlich verwarnt und ermahnt, sich in Zukunft klaglos zu verhalten, möglichst schnell finanziell unabhängig zu werden und seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.  
 
1.4. Mit Urteil des Bezirksgerichts Arlesheim vom 27. Februar 2013 wurde die Ehe zwischen A.________ und B.________ geschieden und die Scheidungsvereinbarung genehmigt. Darin wurde die elterliche Sorge der Mutter zugeteilt und der Vater zur Bezahlung von Kinderalimenten in Höhe von Fr. 200.-- pro Monat verpflichtet.  
 
1.5. Am 6. September 2016 wurde A.________ wegen versuchter schwerer Körperverletzung und Widerhandlung gegen das Waffengesetz zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten und einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen verurteilt (Urteil des Strafgerichts Basel-Stadt vom 6. September 2016; bestätigt in Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt vom 6. März 2018). Am 8. Januar 2019 wurde er wegen Führens eines Motorfahrzeuges in fahrunfähigem Zustand zu einer bedingten Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu Fr. 40.-- und einer Probezeit von drei Jahren sowie einer Busse von Fr. 800.-- verurteilt. Ab dem Jahr 2003 war A.________ überdies in sechs weiteren Fällen wegen Straftaten in den Bereichen des Strassenverkehrsrechts und des Ausländerrechts zu bedingten Freiheitsstrafen, Geldstrafen und Bussen verurteilt worden.  
 
1.6. Mit Schreiben vom 6. November 2017 ersuchte A.________ das Migrationsamt um Erteilung der Niederlassungsbewilligung. Statt seinem Gesuch zu entsprechen, wies das Migrationsamt A.________ darauf hin, dass er mit der Verurteilung vom 6. September 2016 einen Grund für den Widerruf seiner Aufenthaltsbewilligung gesetzt habe.  
 
1.7. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2018 wurde A.________ über eine allfällige Nichtverlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung und die Wegweisung aus der Schweiz informiert.  
Am 28. Februar 2019 verfügte das Migrationsamt die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A.________ und wies ihn an, die Schweiz bis spätestens am 28. März 2019 zu verlassen. Die dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben letztlich erfolglos: Das Kantonsgericht des Kantons Basel-Landschaft hatte das Verfahren zwar zunächst zur ergänzenden Sachverhaltsfeststellung in Bezug auf die Kindesinteressen an den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft zurückgewiesen (Urteil des Kantonsgerichts vom 6. Mai 2020). Im zweiten Rechtsgang wiesen dann aber beide kantonalen Rechtsmittelinstanzen die Rechtsmittel von A.________ ab und bestätigten die Verfügung des Migrationsamts (Beschluss des Regierungsrats vom 27. April 2021; Urteil des Kantonsgerichts vom 15. Dezember 2021). 
 
1.8. Mit Beschwerde beim Bundesgericht vom 21. März 2022 beantragt A.________ die (teilweise) Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts vom 15. Dezember 2021. Das Migrationsamt sei anzuweisen, seine Aufenthaltsbewilligung zu verlängern oder - eventualiter - statt der Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung eine Verwarnung auszusprechen. Subeventualiter beantragt A.________ die Rückweisung an das Kantonsgericht oder das Migrationsamt. Ferner beantragt A.________, dass ihm die unentgeltliche Prozessführung und Rechtsverbeiständung zu gewähren, auf die Erhebung eines Kostenvorschusses zu verzichten und das Verfahren zu sistieren sei, bis die KESB W.________ über seinen Antrag auf elterliche Sorge und Obhut, eventualiter Besuchsrecht, entschieden habe. Das Kantonsgericht und der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragen die Abweisung des Sistierungsgesuchs, der Regierungsrat zudem die Abweisung der Beschwerde.  
Mit Verfügung vom 12. April 2022 hat die Abteilungspräsidentin das Gesuch um Sistierung abgewiesen. Von der Erhebung eines Kostenvorschusses hat das Bundesgericht abgesehen. 
 
2.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid über die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers ist zulässig, zumal der Beschwerdeführer aufgrund seines langjährigen Aufenthalts in der Schweiz und der Vaterschaft mehrerer hier gefestigt aufenthaltsberechtigter Kinder einen Aufenthaltsanspruch aus Art. 8 EMRK vertretbar geltend macht (Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. c [e contrario], Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 90 BGG; BGE 139 I 330 E. 1.1). Als Adressat des angefochtenen Urteils ist der Beschwerdeführer zur Ergreifung des Rechtsmittels legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die form- und fristgerecht (Art. 42 Abs. 2 und Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde ist einzutreten. 
 
3.  
Die Vorinstanz hat die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung geschützt. Der Beschwerdeführer sieht darin eine Verletzung von Art. 8 EMRK
 
3.1. Aufgrund seines langjährigen Aufenthalts in der Schweiz und seiner hier lebenden minderjährigen Kinder kann sich der Beschwerdeführer sowohl auf das Recht auf Achtung des Privatlebens als auch auf jenes auf Achtung des Familienlebens aus Art. 8 Ziff. 1 EMRK berufen.  
 
3.2. In Bezug auf das Recht auf Achtung des Familienlebens hat die Vorinstanz unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts ausgeführt, dass der ausländische Elternteil, wenn er wie der Beschwerdeführer weder sorge- noch obhutsberechtigt sei, daraus nur dann einen Aufenthaltsanspruch ableiten könne, wenn zum hier lebenden Kind eine enge Beziehung in affektiver wie wirtschaftlicher Hinsicht bestehe, sich der um die Bewilligung nachsuchende Elternteil in der Schweiz tadellos verhalten habe und die Beziehung wegen der Distanz zwischen der Schweiz und dem Staat, in welchen der Elternteil ausreisen müsste, praktisch nicht mehr aufrecht erhalten werden könnte (vgl. angefochtenes Urteil E. 5.2.1 mit Hinweis u.a. auf BGE 144 I 91 E. 5.2). Zwar gesteht die Vorinstanz zu, dass der Beschwerdeführer mit seinen in den Jahren 2005 und 2007 geborenen älteren beiden Kindern relativ engen Kontakt pflege und sie ihn regelmässig sähen, während in Bezug auf die jüngeren Kinder aus zweiter Ehe die Vaterschaft des Beschwerdeführer neuerdings bestritten werde und jedenfalls keine enge Beziehung bestehe (vgl. angefochtenes Urteil E. 7.6.3). Die zahlreichen Verurteilungen, insbesondere die Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten wegen versuchter Körperverletzung und Widerhandlung gegen das Waffengesetz, hielt die Vorinstanz jedoch für so gravierend, dass sie einen Aufenthaltsanspruch gestützt auf das Recht auf Familienleben ausschlössen (vgl. angefochtenes Urteil E. 5.2.2).  
Der Beschwerdeführer setzt sich mit der Würdigung der Vorinstanz in diesem Punkt nicht ernsthaft auseinander. Er macht auch nicht geltend, dass die Beziehung zu seinen Kindern von Algerien aus nicht mittels gegenseitiger Besuchsaufenthalte und moderner Kommunikationsmittel gepflegt werden könne. Es kann daher an dieser Stelle auf die zutreffende Würdigung der Vorinstanz verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
 
3.3. In Bezug auf das Recht auf Achtung des Privatlebens hat die Vorinstanz - wiederum unter Hinweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung (vgl. angefochtenes Urteil E. 7.5.1 und 7.5.2) - die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung gegen die Interessen am Verbleib in der Schweiz gegeneinander abgewogen.  
 
3.3.1. In Bezug auf die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung hat die Vorinstanz festgehalten, dass angesichts der Höhe der Strafe (bedingte Freiheitsstrafe von 20 Monaten), zu welcher der Beschwerdeführer mit dem Urteil vom 6. September 2016 verurteilt worden war, der Umstände der betreffenden Straftat und der zahlreichen weiteren Verurteilungen des Beschwerdeführers erhebliche Sicherheitsinteressen für die Wegweisung des Beschwerdeführers sprächen (vgl. angefochtenes Urteil E. 7.5.3 und 7.5.4). Des Weiteren bestehe auch aufgrund des Sozialhilfebezugs von insgesamt knapp Fr. 100'000.-- seit 2005 und der Verschuldung des Beschwerdeführers ein erhebliches öffentliches Interesse an der Wegweisung (vgl. angefochtenes Urteil E. 7.5.5).  
 
3.3.2. Für einen Verbleib des Beschwerdeführers in der Schweiz sprechen laut der Vorinstanz vor allem die Interessen der beiden älteren Kinder, die durch eine Wegweisung des Beschwerdeführers erheblich tangiert würden. Gleichwohl gefährde die Wegweisung das Kindswohl nicht, zumal die Kinder fortgeschrittenen Alters seien und der Beschwerdeführer über sie weder die elterliche Sorge noch die Obhut innehabe (vgl. angefochtenes Urteil E. 7.6.3). Des Weiteren hielt die Vorinstanz dem Beschwerdeführer zugute, dass er sich auf eine lange Aufenthaltsdauer berufen und er sich auf Deutsch verständigen könne. Beruflich habe er sich jedoch trotz gewisser Bemühungen nie gut auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt integrieren können (vgl. angefochtenes Urteil E. 7.6.4). Die Rückkehr nach Algerien, wo der Beschwerdeführer über die Hälfte seines Lebens - einschliesslich der Kindheit, der Jugendjahre und grosser Teile seines Erwachsenenlebens - verbracht, mehrere Ausbildungen absolviert und gearbeitet habe, sei dem Beschwerdeführer zumutbar (vgl. angefochtenes Urteil E. 7.6.5).  
 
3.3.3. In Abwägung dieser Interessen kam die Vorinstanz zum Schluss, dass die öffentlichen Interessen an der Wegweisung die privaten Interessen am Verbleib in der Schweiz überwögen. Der Beschwerdeführer ist mit dieser Würdigung zwar nicht einverstanden. Seine Kritik bleibt jedoch über weite Strecken rein appellatorisch. Insbesondere überzeugt es nicht, wenn der Beschwerdeführer die Schwere seiner Straftaten zu relativieren versucht. Ausserdem beruft sich der Beschwerdeführer stellenweise auf Tatsachen, die im angefochtenen Urteil keinen Niederschlag gefunden haben oder neu sind und daher vom Bundesgericht nicht zu beachten sind, zumal die Voraussetzungen dafür (vgl. Art. 97 Abs. 1, Art. 99 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG) offensichtlich nicht erfüllt sind. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, auf die überzeugende Interessenabwägung der Vorinstanz zu verweisen (Art. 109 Abs. 3 BGG).  
 
3.4. Nach dem Gesagten erscheint die Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers als verhältnismässige Massnahme. Aufgrund des Gewichts der auf dem Spiel stehenden öffentlichen Interessen genügt es nicht, den Beschwerdeführer lediglich ausländerrechtlich zu verwarnen. Ohnehin war der Beschwerdeführer bereits 2011 verwarnt worden, ohne dass diese mildere Massnahme von künftigem Fehlverhalten abgehalten hätte. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz in der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers in der Schweiz keine Verletzung von Art. 8 EMRK gesehen hat.  
 
4.  
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und im vereinfachten Verfahren (Art. 109 Abs. 1 lit. a BGG) abzuweisen. Ausgangsgemäss trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 64 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist infolge Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. August 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: Seiler