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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_132/2024  
 
 
Urteil vom 19. August 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiber Hahn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Johannes Glenck, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, Schwerpunktkriminalität, Cybercrime und besondere Untersuchungen, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Entsiegelung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zürich, Zwangsmassnahmengericht, vom 18. Dezember 2023 (GT230041-L / U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Il des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ betreffend qualifizierter Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Im Rahmen der Strafuntersuchung wurde am 14. März 2023 sein Mobiltelefon sichergestellt. A.________ verlangte gleichentags dessen Siegelung. In der Folge wurde das Mobiltelefon durch die Strafverfolgungsbehörden gespiegelt und wurden die Daten auf zwei ebenfalls gesiegelten Datenträgern abgespeichert. 
 
B.  
Die Staatsanwaltschaft stellte am 20. März 2023 ein Gesuch um Entsiegelung des Mobiltelefons. Mit Verfügung vom 15. Mai 2023 ordnete das Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Zürich im Hinblick auf die von A.________ geltend gemachte geheimnisgeschützte Anwaltskorrespondenz eine Triage der sich auf dem Mobiltelefon und den zwei Speichermedien befindlichen Daten an. Mit Verfügung vom 6. Juli 2023 legte das Zwangsmassnahmengericht die Modalitäten der Triage fest und ernannte B.________ als Sachverständigen. Nach dem Siegelbruch durch das Zwangsmassnahmengericht untersuchte der Sachverständige die sichergestellten Daten auf etwaige geheimnisgeschützte Anwaltskorrespondenz. Die von A.________ insoweit als Suchbegriff angegebene E-Mailadresse "@C.________.ch" ergab gemäss dem Bericht des Sachverständigen 46 Treffer. Diese Treffer wurden im Rahmen einer nicht-öffentlichen Triageverhandlung am 8. Dezember 2023 durch das Zwangsmassnahmengericht gesichtet. Das Zwangsmassnahmengericht erachtete alle 46 Treffer als geheimnisgeschützt und sonderte sie aus. 
Mit Urteil vom 18. Dezember 2023 hiess das Zwangsmassnahmen-gericht das Entsiegelungsgesuch vom 20. März 2023 hinsichtlich der nicht durch das Anwaltsgeheimnis geschützten Daten gut. In Bezug auf die 46 Datensätze, die anlässlich der Triageverhandlung ausgesondert wurden, wies es das Entsiegelungsgesuch ab. 
 
C.  
Gegen das Urteil des Zwangsmassnahmengerichts vom 18. Dezember 2023 gelangt A.________ mit Beschwerde in Strafsachen vom 1. Februar 2024 an das Bundesgericht. Er beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sei das Entsiegelungsgesuch vom 20. März 2023 abzuweisen und sei ihm das sichergestellte Mobiltelefon umgehend herauszugeben. Zudem seien die zwei Speichermedien mit den gespiegelten Daten und sämtliche beim Sachverständigen noch vorhandenen Daten sofort zu vernichten. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragt er die Erteilung der aufschiebenden Wirkung und ersucht zudem um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Das Zwangsmassnahmengericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Staatsanwaltschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdeführer hat repliziert. 
Der Präsident der II. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts erkannte der Beschwerde mit Verfügung vom 23. Februar 2024 antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zu. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein nach Art. 248 Abs. 3 lit. a StPO kantonal letztinstanzlicher Entscheid eines Zwangsmassnahmengerichts. Dagegen steht gemäss Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BGG die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht nach Art. 78 ff. BGG grundsätzlich offen.  
 
1.2. Der angefochtene Entsiegelungsentscheid schliesst das gegen den Beschwerdeführer laufende Strafverfahren nicht ab und betrifft weder die Zuständigkeit noch ein Ausstandsbegehren im Sinne von Art. 92 BGG. Die Gutheissung der vorliegenden Beschwerde würde auch nicht sofort einen Endentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG herbeiführen. Der angefochtene Zwischenentscheid ist demnach gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nur dann unmittelbar mit Beschwerde an das Bundesgericht anfechtbar, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. Beim drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne dieser Bestimmung muss es sich um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Nicht wieder gutzumachend bedeutet, dass er auch mit einem für die beschwerdeführende Person günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behoben werden kann. Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht (BGE 148 IV 155 E. 1.1; 144 IV 321 E. 2.3; je mit Hinweisen). Wird im Entsiegelungsverfahren ausreichend substanziiert geltend gemacht, dass einer Entsiegelung geschützte Geheimhaltungsrechte entgegenstehen, droht nach der Praxis des Bundesgerichts ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, weil die Offenbarung eines Geheimnisses nicht rückgängig gemacht werden kann. Werden dagegen (lediglich) andere Beschlagnahmehindernisse wie beispielsweise ein mangelnder Deliktskonnex oder ein fehlender hinreichender Tatverdacht geltend gemacht, fehlt es grundsätzlich am nicht wieder gutzumachenden Nachteil (Urteile 7B_292/2023 vom 31. August 2023 E. 2.1; 7B_127/2023 vom 14. August 2023 E. 2.2; 7B_58/2023 vom 10. Juli 2023 E. 2.1; je mit weiteren Hinweisen). Woraus sich der nicht wieder gutzumachende Nachteil ergeben soll, ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, sofern dies nicht offensichtlich ist (BGE 141 IV 284 E. 2.3, 289 E. 1.3, je mit Hinweisen).  
 
1.3.  
 
1.3.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, er würde einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil erleiden, wenn die Strafuntersuchungsbehörde alle Daten auf dem versiegelten Mobiltelefon und den zwei Datenträgern einsehen würde, weil sich darauf Anwaltskorrespondenz befinde. Damit vermag er im vorliegenden Fall keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu begründen. Gemäss den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 1 BGG) wurden die gesiegelten Daten gestützt auf die Suchangaben des Beschwerdeführers auf geheimnisgeschützte Anwaltskorrespondenz durchsucht. Die 46 Dateien, auf denen sich Anwaltskorrespondenz befindet, wurden von der Vorinstanz anlässlich der Triageverhandlung ausgesondert und das Entsiegelungsgesuch wurde im angefochtenen Entscheid in Bezug auf diese 46 Dateien abgewiesen. Vor diesem Hintergrund hat der Beschwerdeführer nicht mehr zu befürchten, dass die Strafverfolgungsbehörde Einblick in die von ihm geltend gemachte geheimnisgeschützte Anwaltskorrespondenz erhält.  
 
1.3.2. Nichts zu seinen Gunsten ableiten kann der Beschwerdeführer, wenn er sich im Kern seiner Rügen auf den Standpunkt stellt, das sichergestellte Mobiltelefon sei nicht ordentlich gesiegelt worden, da die amtlichen Siegel erst mehrere Tage nach dem Siegelungsantrag und auch erst nach der Datenspiegelung angebracht worden seien. Damit macht er lediglich andere, allgemeine Beschlagnahmehindernisse geltend, die für sich alleine nicht zur Anrufung des Bundesgerichts berechtigen (Urteile 7B_126/2023 vom 8. Dezember 2023 E. 1.4; 7B_58/2023 vom 10. Juli 2023 E. 2.3; 1B_506/2022 vom 10. März 2023 E. 1.2; 1B_591/2022 vom 21. Dezember 2022 E. 4.2; je mit Hinweisen).  
 
2.  
Auf die Beschwerde ist mangels Vorliegen eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 Abs. 1-3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. August 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Hahn