Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunal fédéral des assurances
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess{T 7}
H 22/06
Urteil vom 19. September 2006
III. Kammer
Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber Widmer
Parteien
Ausgleichskasse Schwyz, Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach, Beschwerdeführerin,
gegen
E.________, 1976, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Schwyz
(Entscheid vom 6. Dezember 2005)
Sachverhalt:
A.
Die Eheleute D.________ und E.________ bewirtschaften den 23,5 ha grossen Landwirtschaftsbetrieb X.________ in Z.________. Mit Schreiben vom 10. Juli 2004 ersuchte E.________ die Ausgleichskasse Schwyz unter Beilage des Fachausweises als Bäuerin und des von ihr und ihrem Ehemann unterzeichneten "Fragebogen zum Beitragsstatut der Ehegattin auf einem Landwirtschaftsbetrieb" um Erfassung als selbstständigerwerbende Bäuerin. Die Ausgleichskasse unterbreitete der Gesuchstellerin den "Fragebogen zur Abklärung der Beitragspflicht AHV/IV/EO/ALV für selbstständig Erwerbende und Personengesellschaften", welchen diese am 17. August 2004 einreichte. Mit Verfügung vom 7. Dezember 2004 eröffnete die Ausgleichskasse E.________, dass sie von der AHV nicht als selbstständig Erwerbende anerkannt werde; sie führe nicht eigenverantwortlich einen Betriebszweig, für welchen sie auch das Unternehmerrisiko trage und erfülle auch die weiteren Voraussetzungen für die Annahme selbstständiger Erwerbstätigkeit, insbesondere eine eigene Buchhaltung, ein eigenes Geschäftskonto und eine separate Deklaration des Einkommens in der Steuererklärung, nicht. Auf Einsprache hin hielt die Ausgleichskasse mit Entscheid vom 16. Juni 2005 an ihrem Standpunkt fest.
B.
In Gutheissung der hiegegen eingereichten Beschwerde erkannte das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, dass E.________ ab 1. Mai 2004 als selbstständig Erwerbende gelte (Entscheid vom 6. Dezember 2005).
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Ausgleichskasse, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben.
Das kantonale Verwaltungsgericht äussert sich in ablehnendem Sinne zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde. E.________ und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) schliessen auf deren Abweisung.
Nachdem die Ausgleichskasse von der Vernehmlassung der Aufsichtsbehörde Kenntnis genommen hatte, hielt sie mit Eingabe vom 2. Juni 2006 an ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde fest.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Die strittige Verfügung hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Eidgenössische Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).
2.
Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht in Änderung der Rechtsprechung erkannt hat, ist der Entscheid der Ausgleichskasse über die Ablehnung des Gesuchs einer versicherten Person um Anschluss als selbstständig Erwerbende rechtsgestaltender Natur (zur Publikation in BGE 132 V bestimmtes Urteil T. vom 3. Mai 2006, H 47/05). Die Ausgleichskasse muss sich daher nicht entgegenhalten lassen, sie hätte über das Beitragsstatut der Beschwerdegegnerin mit einer (rechtsgestaltenden) Beitragsverfügung befinden müssen, wie das BSV in der Vernehmlassung einleitend bemerkt. Vielmehr ist die Kassenverfügung vom 7. Dezember 2004 unter formell-rechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.
3.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Abgrenzung zwischen Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit und massgebendem Lohn (Art. 9 Abs. 1 AHVG und Art. 12 ATSG; Art. 5 Abs. 2 AHVG; BGE 122 V 172, 119 V 162 f. Erw. 2 und 3; vgl. auch BGE 123 V 162 Erw. 1) zutreffend dargelegt. Ebenso hat sie die einschlägigen, für die Verwaltung, nicht aber für das Sozialversicherungsgericht verbindlichen (BGE 129 V 204 Erw. 3.2, 127 V 61 Erw. 3a) Verwaltungsweisungen (Rz 1018 der vom BSV herausgegebenen Wegleitung über den massgebenden Lohn [WML]; Mitteilung Nr. 149 des BSV an die AHV-Ausgleichskassen und EL-Durchführungsstellen [AHI 2004 S. 123 f.]) richtig wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden.
4.
4.1 Im Verwaltungsverfahren hat die Versicherte den am 10. Juli 2004 ausgefüllten Fragebogen zum Beitragsstatut der Ehegattin auf einem Landwirtschaftsbetrieb eingereicht. Dieser Fragebogen wurde in Zusammenarbeit zwischen dem BSV, den kantonalen AHV-Ausgleichskassen und dem Schweizerischen Bauernverband erarbeitet. In der Mitteilung an die AHV-Ausgleichskassen und EL-Durchführungsstellen Nr. 149 vom 30. März 2004 hält das BSV fest, dass dieser Fragebogen ab April 2004 gesamtschweizerisch für alle Statusabklärungen von Bäuerinnen eingesetzt werden könne. Auf den 1. Januar 2005 wurde die Wegleitung des BSV über die Beiträge der selbstständig Erwerbenden und nicht Erwerbstätigen in der AHV, IV, EO (WSN) in Rz 1018.1 entsprechend ergänzt. Die Gesetzmässigkeit dieser Ergänzung steht ausser Zweifel. Dass dieser Fragebogen zu Abklärungszwecken gesamtschweizerisch eingesetzt wird, ist insbesondere im Hinblick auf eine rechtsgleiche Behandlung der Betroffenen zweckmässig. Auch die Ausgleichskasse hat gegen dessen Verwendung keine Vorbehalte. In der Tat ist der Fragebogen für die Abklärung des Sachverhalts dienlich, indem auf die für das Beitragsstatut wesentlichen Punkte eingegangen wird. Indessen ändert dies nichts daran, dass die Statusfrage als Rechtsfrage weiterhin in jedem Einzelfall anhand der nach Rechtsprechung und Verwaltungspraxis im Rahmen von Art. 5 Abs. 2 und 9 Abs. 1 AHVG massgebenden Kriterien zu beurteilen ist.
4.2 Gestützt auf die Angaben der Versicherten vom 10. Juli 2004 im erwähnten Fragebogen stellte die Vorinstanz fest, dass der Landwirtschaftsbetrieb des Ehepaares C.________ aufgrund seiner Grösse mangels mitarbeitender Dritter nur bei massgeblicher Mithilfe der Ehefrau bewirtschaftet werden kann und die Beschwerdegegnerin ihre Tätigkeit selbstständig, unabhängig von Weisungen ihres Ehemannes, ausübt. Ferner besteht gemäss den Feststellungen des kantonalen Gerichts ein gemeinsames Geschäftskonto, und die Hypotheken lauten auf den Namen beider Eheleute ; Gleiches gilt für die weiteren für den Betrieb wichtigen Verträge. Sodann schliesst die Versicherte selbstständig Verträge mit Käufern und Auftraggebern, tritt somit gegen aussen selbstständig und in eigenem Namen auf. Schliesslich hat sie auch erhebliche Investitionen in den Betrieb getätigt.
4.3 Aufgrund dieser für das Eidgenössische Versicherungsgericht gemäss Art. 105 Abs. 2 OG verbindlichen Feststellungen des kantonalen Gerichts ist die Beschwerdegegnerin entsprechend dem angefochtenen Entscheid als selbstständig Erwerbende zu qualifizieren. Namentlich der Umstand, dass sie Investitionen in der Höhe von Fr. 80'000.- getätigt und darüber hinaus ihr laufendes Einkommen aus der mittlerweile eingestellten unselbstständigen Erwerbstätigkeit zu einem grossen Teil ebenfalls dem Betrieb hat zu Gute kommen lassen, das Handeln in eigenem Namen und auf eigene (gemeinsame) Rechnung sowie das Fehlen eines Entschädigungsanspruchs bei (unverschuldetem) Ausbleiben der Arbeitsleistung sprechen klar für selbstständige Erwerbstätigkeit. Es mag zutreffen, dass sich auch einzelne Merkmale unselbstständiger Erwerbstätigkeit finden, wie die Ausgleichskasse geltend macht. Der Umstand, dass die Versicherte nicht über ein eigenes Geschäftskonto verfügt, dürfte u.a. damit zusammenhängen, dass sie keinen eigenen Betriebszweig mit separater Rechnung führt, was wiederum der Tatsache zuzuschreiben ist, dass der Landwirtschaftsbetrieb sich nicht in einzelne Zweige aufteilen lässt, die je von einem der Ehegatten getrennt geführt werden könnten. Im Übrigen ist unklar, weshalb die Beschwerdegegnerin nach Ansicht der Ausgleichskasse über ein eigenes Geschäftskonto verfügen sollte, wenn der Betrieb gemeinsam geführt wird. Schliesslich widerspricht die nicht näher belegte Behauptung der Ausgleichskasse, es lägen keine Verträge vor, die auf beide Ehegatten ausgestellt sind, den Feststellungen im angefochtenen Entscheid.
4.4 Soweit die Ausgleichskasse in ihrer Eingabe vom 2. Juni 2006 auf Vollzugsprobleme hinweist, die sich ergeben sollen, wenn beide Ehegatten, die einen Landwirtschaftsbetrieb führen, als selbstständig erwerbend qualifiziert werden, ist sie darauf hinzuweisen, dass Fragen des Vollzugs nicht von den Gerichten zu behandeln, sondern, falls erforderlich, von der Aufsichtsbehörde im Rahmen ihrer Kompetenzen mittels Weisungen zu klären sind (Art. 72 Abs. 1 Satz 1 AHVG).
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Ausgleichskasse Schwyz auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 19. September 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: