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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1B_305/2009 
 
Urteil vom 19. November 2009 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Reeb, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Störi. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich, Betäubungsmitteldelikte und organisierte Kriminalität, Selnaustrasse 28, Postfach, 8027 Zürich. 
 
Gegenstand 
Fortsetzung der Untersuchungshaft, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung vom 12. Oktober 2009 des Bezirksgerichts Zürich, Haftrichter. 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich führt gegen X.________ eine Strafuntersuchung wegen Betrugs, Urkundenfälschung etc. Sie verdächtigt ihn, seit 2001 durch Vortäuschen gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich Renten für Invalidität und eine mittlere Hilflosigkeit von insgesamt rund 190'000 Franken sowie von den Gemeinden Greifensee und Uster Zusatzleistungen in Höhe von rund 270'000 Franken unrechtmässig bezogen zu haben. 
X.________ wurde am 15. April 2009 von der Kantonspolizei Zürich verhaftet und am 17. April 2009 vom Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich in Untersuchungshaft versetzt. 
 
B. 
Am 12. Oktober 2009 verfügte der Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich die Fortsetzung der Untersuchungshaft gegen X.________ bis zum 17. Januar 2010. 
Mit eigenhändiger, zunächst offenbar in serbischer Sprache verfasster und auf Verlangen des Bundesgerichts fristgerecht auf deutsch übersetzter Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, ihn aus der Untersuchungshaft zu entlassen. 
 
C. 
Der Haftrichter verzichtet auf Vernehmlassung. Der Staatsanwalt beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. 
Der Beschwerdeführer hält in seiner Replik an der Beschwerde fest. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in Strafsachen nach den Art. 78 ff. BGG ist gegeben. Der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Haftentlassung ist zulässig (BGE 132 I 21 E. 1). Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass auf die Beschwerde eingetreten werden kann, soweit sie in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise begründet ist (BGE 134 II 244 E. 2; 133 IV 286 E. 1.4). Das ist insoweit nicht der Fall, als der Beschwerdeführer aus der Vernehmlassung seines Verteidigers im vorinstanzlichen Haftprüfungsverfahren vom 7. September 2009 zitiert, welcher schon aus chronologischen Gründen nicht entnommen werden kann, inwiefern der später ergangene angefochtenen Entscheid Recht verletzen soll (Art. 42 Abs. 2 BGG). 
 
2. 
2.1 Untersuchungshaft kann im Kanton Zürich (u.a.) angeordnet werden, wenn der Angeschuldigte eines Vergehens oder Verbrechens dringend verdächtig ist und die Gefahr besteht, dass er sich in Freiheit der Strafverfolgung durch Flucht entziehen oder Beweismittel beseitigen, Dritte zu falschen Aussagen zu verleiten suchen oder die Abklärung des Sachverhaltes auf andere Weise gefährden könnte (§ 58 der Strafprozessordnung vom 4. Mai 1919, StPO). Liegt ausser dem allgemeinen Haftgrund des dringenden Tatverdachts Flucht- oder Kollusionsgefahr als besonderer Haftgrund vor, steht einer Inhaftierung auch unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit von Art. 10 Abs. 2 BV grundsätzlich nichts entgegen. 
 
2.2 Der Haftrichter hat im angefochtenen Entscheid den dringenden Tatverdacht sowie Flucht- und Kollusionsgefahr bejaht. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er der ihm vorgeworfenen Taten dringend verdächtig ist. Er macht indessen geltend, er müsse aus gesundheitlichen Gründen aus der Haft entlassen werden, es bestehe weder Flucht- noch Kollusionsgefahr. 
2.2.1 Der Beschwerdeführer hat vor dem Haftrichter nicht geltend gemacht, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht hafterstehungsfähig und müsse deswegen aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Dieses Vorbringen ist neu und damit unzulässig (Art. 99 BGG). Abgesehen davon bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer in der Untersuchungshaft nicht angemessen medizinisch betreut wird. Seine angeblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen stehen daher einer Fortsetzung der Untersuchungshaft von vornherein nicht entgegen. 
2.2.2 Der Haftrichter hat im angefochtenen Entscheid das Bestehen von Fluchtgefahr im Wesentlichen durch Verweis auf seine Verfügungen vom 13. Juli 2009 und vom 8. September 2009 begründet. Danach verfügt der Beschwerdeführer in der Schweiz zwar über einen festen Wohnsitz, ist hier indessen nicht integriert. Er habe sich in der Vergangenheit wiederholt und über längere Phasen in seiner serbischen Heimat aufgehalten, wo er sich nach den Angaben seiner Ehefrau, die sich von ihm trennen wolle, wohl fühle. In der Schweiz verfüge er, abgesehen von Fürsorgeleistungen, über kein Einkommen. Angesichts der drohenden, empfindlichen Freiheitsstrafe sei unter diesen Umständen zu befürchten, dass er sich in Freiheit nach Serbien absetzen könnte. Eine Schriftensperre als mildere Massnahme falle ausser Betracht, da die schweizerischen Strafverfolgungsbehörden die Vertretung des Heimatstaates nicht daran hindern könnten, ein Ersatzdokument auszustellen. 
2.2.3 Die Bindung des nur gebrochen deutsch sprechenden Beschwerdeführers an die Schweiz ist schwach. Der Staatsanwalt weist zu Recht daraufhin, dass er - trotz einer angeblich invalidisierenden gesundheitlichen Beeinträchtigung - zwischen 2001 und 2008 eine rege Reisetätigkeit in sein Heimatland entfaltete und sich dort jeweils längere Zeit aufhielt. Seine hier lebende Ehefrau äusserte Trennungsabsichten, und der Bezug von schweizerischen Fürsorge- und Sozialleistungen dürfte sich für den Beschwerdeführer in Zukunft nicht mehr so einfach gestalten wie bisher. Die Schlussfolgerung des Haftrichters, die Bindungen des Beschwerdeführers an die Schweiz seien zu schwach, um ihn davon abzuhalten, sich der drohenden, empfindlichen Freiheitsstrafe durch Flucht zu entziehen, ist beizupflichten. Ebenso wenig zu beanstanden ist seine Einschätzung, dass eine Schriftensperre nicht geeignet ist, den Beschwerdeführer von einer Flucht abzuhalten, da er sich allenfalls Ersatzdokumente oder falsche Papiere verschaffen oder die Schweiz wohl ohne besondere Schwierigkeiten auch ohne Reisedokumente verlassen könnte. 
2.2.4 Das Bestehen von Kollusionsgefahr wurde von der Staatsanwaltschaft und dem Haftrichter im angefochtenen Entscheid mit der noch ausstehenden Einvernahme von Y.________ und Z.________ begründet. Ob diese noch besteht, nachdem die beiden Zeugen in der Zwischenzeit einvernommen wurden, kann offen bleiben. Der Haftrichter hat im angefochtenen Entscheid zu Recht Fluchtgefahr und damit neben dem dringenden Tatverdacht einen der besonderen Haftgründe bejaht, was die Fortsetzung der Untersuchungshaft bereits rechtfertigt. 
 
3. 
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich und dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichter, sowie Rechtsanwalt Emil Robert Meier schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 19. November 2009 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Féraud Störi