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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_236/2024  
 
 
Urteil vom 20. Februar 2025  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Haag, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Kneubühler, Müller, Merz, 
Gerichtsschreiber Bisaz. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Marianne Margaretha Wyss, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Rémy Wyssmann, 
 
gegen  
 
Kantonsrat des Kantons Solothurn, vertreten durch den Regierungsrat des Kantons Solothurn, Rathaus, 
Barfüssergasse 24, 4509 Solothurn, 
handelnd durch das Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn, Rechtsdienst, Rötihof, Werkhofstrasse 65, 4509 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Finanzreferendum, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsrats des Kantons Solothurn vom 27. März 2024 (SGB 0263/2023). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Beschluss vom 27. März 2024 (SGB 0263/2023) bewilligte der Kantonsrat des Kantons Solothurn für die Realisierung der Projekte "Sanierung und Umgestaltung Baselstrasse" und "Verlängerung Kreuzungsstelle St. Katharinen" einen Netto-Verpflichtungskredit von Fr. 20'200'000.-- inkl. MwSt. 
 
B.  
Dagegen erhebt Marianne Margaretha Wyss mit Eingabe vom 23. April 2024 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Sie beantragt, den Kantonsratsbeschluss vom 27. März 2024 abzuändern und dem obligatorischen, allenfalls dem fakultativen, Referendum zu unterstellen. 
Der Kantonsrat beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Soweit sie sich nochmals dazu äussern, halten die Parteien sinngemäss an ihren Rechtsbegehren fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerde richtet sich gegen einen Beschluss des Kantonsrats über die Bewilligung eines Netto-Verpflichtungskredits von Fr. 20'200'000.-- für die Realisierung der Projekte "Sanierung und Umgestaltung Baselstrasse" und "Verlängerung Kreuzungsstelle St. Katharinen". Der Ausgabenbeschluss wurde weder dem obligatorischen noch dem fakultativen Referendum unterstellt. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten in der Form der Beschwerde in Stimmrechtssachen ans Bundesgericht offen, soweit die Beschwerdeführerin wie vorliegend rügt, der Beschluss sei zu Unrecht nicht dem Volksreferendum unterstellt worden (vgl. Art. 82 lit. c BGG). Gegen den angefochtenen Beschluss steht kein Rechtsmittel an eine kantonale Instanz offen (vgl. § 157 Abs. 1 Satz 2 des kantonalen Gesetzes über die politischen Rechte vom 22. September 1996 [GpR/SO; BGS 113.111]). Er ist somit kantonal letztinstanzlich und kann gemäss Art. 88 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Abs. 2 BGG direkt beim Bundesgericht angefochten werden. Die Beschwerdeführerin ist als im Kanton Solothurn Stimmberechtigte zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89 Abs. 3 BGG). Die 30-tägige Beschwerdefrist wurde eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde vorbehältlich zulässiger und genügend begründeter Rügen (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 i. V. m. Art. 95 ff. BGG) einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Mit freier Kognition prüft das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung der kantonalen verfassungsmässigen Rechte (Art. 95 lit. c BGG) sowie des kantonalen und kommunalen Rechts, das den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts normiert oder mit dem Stimm- und Wahlrecht in engem Zusammenhang steht (Art. 95 lit. d BGG). Dazu zählt auch solches, das der Durchsetzung des Stimm- und Wahlrechts dient. Die Anwendung weiterer kantonaler Vorschriften und die Feststellung des Sachverhalts prüft es lediglich auf Willkür (BGE 150 I 204 E. 6.2; 149 I 291 E. 3.1; Urteil 1C_223/2023 vom 22. Mai 2024 E. 3.4, zur Publikation vorgesehen; je mit Hinweisen).  
 
2.2. Die Beschwerdeführerin beantragt, das Bundesamt für Verkehr (BAV) zum vorliegenden Beschwerdeverfahren beizuladen und dessen Akten beizuziehen. Dieser Antrag ist abzuweisen, weil sich der für den vorliegenden Entscheid rechtlich relevante Sachverhalt mit hinreichender Klarheit aus den Akten ergibt und nicht ersichtlich ist, inwiefern eine Beiladung des BAV im Rahmen der vorliegenden kantonalen Stimmrechtsangelegenheit zusätzliche entscheidwesentliche Erkenntnisse liefern könnte.  
 
3.  
Strittig ist, ob der angefochtene Kantonsratsbeschluss referendumspflichtig sei. 
 
3.1. Nach Art. 34 BV sind die politischen Rechte gewährleistet (Abs. 1); die Garantie der politischen Rechte schützt die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe (Abs. 2). Gemäss Art. 39 BV regeln die Kantone die politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten. Wird ein Beschluss eines kantonalen Organs nicht wie von der gesetzlichen Regelung vorgeschrieben dem Referendum unterstellt, verletzt das die Garantie der politischen Rechte der Stimmberechtigten gemäss Art. 34 Abs. 1 BV.  
 
3.2. Vorliegend geht es um einen Beschluss des Kantonsrats über eine Ausgabe des Kantons. Es ist strittig, ob dieser in die alleinige Kompetenz des Kantonsrats fällt oder dem Finanzreferendum untersteht. Das Finanzreferendum ist ein Institut des kantonalen Verfassungsrechts (BGE 141 I 130 E. 4.3). Der verfassungspolitische Zweck des Finanzreferendums besteht darin, den Stimmberechtigten bei Beschlüssen über erhebliche Ausgaben, die sie als Steuerpflichtige mittelbar treffen, ein Mitspracherecht zu sichern. Gegenstand des Finanzreferendums sind daher Aufwendungen, die geeignet sind, die steuerliche Belastung zu beeinflussen (BGE 123 I 78 E. 2b). Für das Finanzreferendum folgt aus dem Grundsatz der Einheit der Materie (Art. 34 Abs. 2 BV), dass sich eine Finanzvorlage nicht auf mehrere Gegenstände beziehen darf, es sei denn, dass mehrere Ausgaben sich gegenseitig bedingen oder aber einem gemeinsamen Zweck dienen, der zwischen ihnen eine enge sachliche Verbindung schafft (BGE 118 Ia 184 E. 3b; 90 I 69 E. 2b und c). Auf der anderen Seite darf ein Gegenstand, der ein Ganzes bildet, nicht künstlich in Teilstücke aufgeteilt werden, die je einzeln dem Referendum nicht unterstehen, mit dem Ziel, den Gegenstand dem Referendum zu entziehen (Art. 34 Abs. 1 BV; BGE 118 Ia 184 E. 3a; 104 Ia 425; je mit Hinweisen; vgl. HANGARTNER UND ANDERE, Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2. Aufl. 2023, Rz. 1823). Eine Kreditvorlage muss demnach mit den Gesamtkosten dem Finanzreferendum unterstellt werden, und die Kosten dürfen im umgekehrten Sinne nicht aufgespalten werden, um eine Volksabstimmung zu vermeiden (Urteil 1C_97/2019 vom 15. Juli 2019 E. 4.2).  
 
3.3. Nach Art. 74 Abs. 1 lit. a der Verfassung des Kantons Solothurn vom 8. Juni 1986 (KV/SO; SR 131.221) i.V.m. Art. 80 Abs. 1 KV/SO beschliesst der Kantonsrat unter Vorbehalt der Zuständigkeit des Volkes nach Art. 35 und 36 KV/SO über neue Ausgaben ab einer Höhe von Fr. 250'000.-- (einmalige Ausgabe) bzw. von Fr. 50'000.-- (jährlich wiederkehrende Ausgabe). Beschlüsse des Kantonsrats über neue einmalige Ausgaben von mehr als 5 Mio. Franken oder jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als Fr. 500'000.-- unterliegen der obligatorischen Volksabstimmung (Art. 35 Abs. 1 lit. e KV/SO). Beschlüsse des Kantonsrats über neue einmalige Ausgaben von mehr als 1 Mio. Franken oder jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als Fr. 100'000.-- werden auf Begehren von 1'500 Stimmberechtigten oder fünf Einwohnergemeinden der Volksabstimmung unterbreitet (fakultative Volksabstimmung gemäss Art. 36 Abs. 1 lit. a KV/SO). Nach Art. 40 Abs. 2 KV/SO kann der Kantonsrat durch Gesetz ermächtigt werden, Ausgaben endgültig zu beschliessen, wobei der Höchstbetrag der Finanzdelegation für neue einmalige Ausgaben im Gesetz genannt sein muss. Eine solche Delegation findet sich in § 8ter Abs. 4 des kantonalen Strassengesetzes vom 24. September 2000 (SG/SO; BGS 725.11), gemäss welchem Kantonsratsbeschlüsse über Verpflichtungskredite für Strassenprojekte mit Nettokosten von mehr als 25 Mio. Franken dem fakultativen Referendum unterstehen.  
 
3.4. Es ist unbestritten, dass es sich beim fraglichen Kantonsratsbeschluss um eine neue, einmalige Ausgabe im Sinne der genannten Verfassungsbestimmungen handelt. Die zu beantwortende Rechtsfrage besteht darin, ob dieser ein "Strassenprojekt" im Sinne von § 8ter Abs. 4 SG/SO betraf und daher nicht dem Referendum unterstellt werden musste.  
 
3.5. Der Kantonsrat legt dar, dass es sich bei der Baselstrasse um eine wichtige Verkehrsachse in Solothurn und Feldbrunnen-St. Niklaus handle. Täglich verkehrten rund 12'000 Fahrzeuge auf der Strasse und rund 2'300 Passagiere würden mit der Bahn, dem sogenannten "Bipperlisi" reisen. Im Abschnitt zwischen dem Kreisel Baseltor und St. Katharinen habe die Baselstrasse das Ende ihrer Lebensdauer erreicht und müsse umfassend saniert werden. Gleichzeitig weise die Strassen- und Bahnanlage grosse verkehrliche Defizite auf. Dies würden auch die häufigen Unfälle bezeugen, rund ein Drittel davon mit Bahnbeteiligung. Das Angebot für den Velo- und Fussverkehr sei ungenügend und die Haltestellenanlagen seien noch nicht durchgehend hindernisfrei.  
Dem angefochtenen, durch den Kantonsrat bewilligten Kredit sei ein langer Planungsprozess vorausgegangen. Erste Studien zur Umgestaltung der Baselstrasse stammten aus den 1970er Jahren, die eigentliche Variantenuntersuchung sei 2006 durch einen politischen Vorstoss initiiert worden. Wie bei einem grösseren Strassenbauprojekt üblich, sei eine der zentralen Aufgaben nach wie vor die Gewährleistung der Koexistenz der verschiedenen Verkehrsträger. Die Komplexität dieser Aufgabenstellung ergebe sich aus den begrenzten Platzverhältnissen, der hohen Frequentierung und aus dem Vorhandensein einer Schmalspurbahn. Aus den sechs verschiedenen Varianten sei die Variante "Mischverkehr" mit zwei Gleisen gewählt worden. Mit dem neuen Betriebskonzept werde der Verbesserung der Verkehrssicherheit Rechnung getragen. Der Strassenquerschnitt werde dabei neu aufgeteilt. Die Bahn- und Autospuren würden zusammengelegt. Nur so sei es möglich, beidseitig Platz für Fuss- und Velowege zu schaffen. 
Der Kantonsrat betont, dass das streitbetroffene zweite Gleis aus Sicht der Bahnbetreiberin betrieblich nicht notwendig sei. So lasse sich dem Bericht der Bahn + Bus Beratung AG 3B vom 23. Februar 2015 entnehmen, dass es aus Sicht des 15 Minuten-Taktes zwischen dem Baseltor und St. Katharinen keine Doppelspur brauche. Die Variante Mischverkehr mit zwei Gleisen sei somit nicht aus bahntechnischen Gründen gewählt worden. Die Bahnbetreiberin (Aare Seeland mobil AG) habe denn auch während längerer Zeit die Umsetzung der Variante "Seitenlage" gefordert, die keinen Mischverkehr, jedoch auch deutlich weniger (bzw. z. T. gar keinen) Raum für den Fuss- und Veloverkehr vorgesehen habe. Diese Variante hätte sodann nur ein Gleis beinhaltet. Wäre diese Variante gewählt worden, hätte sich laut dem Kantonsrat der Kanton finanziell nicht an der Bahnanlage beteiligt. Verursacherin des zweiten Gleises sei also nicht die Bahnbetreiberin bzw. die Bahn, sondern der Kanton als Strasseneigentümer. Dies zeige sich auch daran, dass das erste Gleis zu 100 % durch die Aare Seeland mobil AG bzw. via den Bahninfrastrukturfonds (BIF) finanziert werde, darüber hinaus aber keine Beteiligung des BIF am zweiten Gleis erfolge. Anders als die Beschwerdeführerin behaupte, beteilige sich der Kanton an den Bahnanlagen mit 5,5 Mio. Franken. Dieser Betrag decke die Kosten für das zweite, vom Kanton geforderte Gleis. Umgekehrt beteilige sich die Bahn mit einem Betrag von 4,1 Mio. Franken an den Strassenanlagen. 
Die Auslegung von § 8ter Abs. 4 SG/SO ergebe, dass dessen Strassenbegriff äusserst weit auszulegen sei. So umfasse gemäss § 6 SG/SO das Strassenareal "Fahrbahn, Velo- und Fusswege, Bushaltestellen, alle technischen Anlagen und Kunstbauten sowie Böschungen, Bankette und integrierte Gestaltungselemente". Es sei naheliegend, dass sich die entsprechende Finanzkompetenz in § 8ter Abs. 4 SG/SO mindestens auf den sachlichen Geltungsbereich von § 6 SG/SO erstrecke. Was den Geltungsbereich von § 6 SG/SO betreffe, so gebe die Botschaft und Entwurf des Regierungsrates an den Kantonsrat vom 28. Februar 2000 (RRB Nr. 443) zur Totalrevision des (damaligen) Strassengesetzes Aufschluss: "§ 6 definiert das Strassenareal in Anlehnung an Art. 1 der Verkehrsregelnverordnung des Bundes. Diese Bestimmung bildet auch eine Grundlage für die nach §§ 39 ff. des Planungs- und Baugesetzes (PBG) durchzuführenden Erschliessungsplan- und Landerwerbsverfahren. Diese Verfahren sind also nicht im Strassengesetz geregelt, sondern im PBG (...)." Art. 1 Abs. 1 der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV; SR 741.11) definiere denn den Strassenbegriff äusserst weit als "benützte Verkehrsflächen". 
Bereits aus den bundesgerichtlichen Erwägungen zum Finanzreferendum ergebe sich zudem das Prinzip der Einheit der Materie: Was sich gegenseitig bedinge und was einem gemeinsamen Zweck diene, das gehöre zusammen. Der Gegenstand, der ein Ganzes bilde, dürfe nicht künstlich in Teilstücke geteilt werden. Zu einem Strassenprojekt gehörten denn auch immer - nebst der eigentlichen Strassenfahrbahn - Rad- und Gehwege, Strassennebenanlagen wie Grünflächen, Bäume, Signalisationen, verkehrstechnische Einrichtungen (bspw. Ampeln), Beleuchtung, Werkleitungen (Entwässerung, Rohranlagen) und Kunstbauten. Gleichsam würden auch Aufwendungen dazu gehören, die durch die Realisierung verursacht würden, namentlich Landerwerbskosten, Inkonvenienzentschädigungen, Wiederherstellungskosten bei Drittparzellen, aber auch Werkleitungsverlegungen Dritter. Es wäre, so der Kantonsrat, weder sinnvoll noch rechtlich zulässig, all diese Aufwendungen, die zweifellos in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Strassenprojekt stehen, einem separaten Verpflichtungskredit zuzuführen. Ansonsten müsse - etwas überspitzt formuliert - für jede Ampel und jede Enteignungsentschädigung ein separater Kreditbeschluss erwirkt werden. Ein solches Vorgehen sei vor dem Hintergrund der Einheit der Materie nicht statthaft. Damit würden sich im Übrigen ohne Weiteres Volksrechte aushebeln lassen, indem sich Projekte in viele kleine Tranchen unterteilen lassen würden, um nicht die entsprechenden Schwellenwerte zu überschreiten. 
Die Aufwendungen, die vom Kanton für das zweite Gleis getätigt würden, stünden nicht nur in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem Projekt, sondern seien integraler Bestandteil davon. "Verursacher" des zweiten Gleises, dessen Finanzierung vorliegend strittig sei, sei der Kanton als Strasseneigentümer. Im Lichte von § 8ter Abs. 4 SG/SO falle dieses zweite Gleis bzw. die dazugehörige Finanzierung ohne Weiteres in dessen Anwendungsbereich. Folge des Umstands, dass auch der Betrag von Fr. 5'543'676.-- unter die Bestimmung von § 8ter Abs. 4 SG/SO subsumiert werden müsse, sei, dass der Verpflichtungskredit in der Höhe von netto Fr. 20'200'000.-- zu Recht nicht dem fakultativen Referendum unterstellt worden sei. Ebenso sei der Betrag von Fr. 5'543'676.-- zu Recht nicht als separater Verpflichtungskredit ausgewiesen worden. 
 
3.6. Die Beschwerdeführerin macht dagegen geltend, § 8ter Abs. 4 SG/SO betreffe nur "reine" Strassenprojekte. Beim bewilligten Projekt handle es sich jedoch um ein Schienenprojekt, da von den gesamten Kosten von 85,2 Mio. Franken lediglich ein Anteil von 4,7 Mio. Franken auf den Strassenbau entfalle. Bestenfalls handle es sich um ein gemischtes Projekt Schiene/Strasse. Der Gesetzestext von § 8ter Abs. 4 SG/SO und die dazugehörigen Gesetzesmaterialien würden keine Hinweise dafür enthalten, dass neben reinen Strassenprojekten auch gemischte Projekte darunter fallen würden. Damit sei der Kantonsratsbeschluss zu Unrecht nicht dem Referendum unterstellt worden, was gegen Art. 35 Abs. 1 lit. e und Art. 36 Abs. 1 lit. a KV/SO verstosse.  
 
3.7. Der Kantonsrat bestreitet die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Zahlen. Hingegen geht er selbst davon aus, dass zumindest Fr. 5'543'676.-- des bewilligten Kredits für Eisenbahnanlagen verwendet werden. Diese Summe übersteigt den Schwellenwert von 5 Mio. Franken, der nach Art. 35 Abs. 1 lit. e KV/SO für Beschlüsse über neue einmalige Ausgaben ein obligatorisches Referendum notwendig machen würde. Daher erübrigt es sich, die von der Beschwerdeführerin genannten Zahlen zu prüfen. Vielmehr ist abzuklären, ob es zulässig war, den Verpflichtungskredit von Fr. 20'200'000.-- inkl. MwSt. gesamthaft, d. h. einschliesslich namentlich der Fr. 5'543'676.-- für die geplanten Eisenbahnanlagen, unter § 8ter Abs. 4 SG/SO zu subsumieren und ihn nicht dem Referendum zu unterstellen.  
 
3.8. Selbst wenn man von einem sehr weiten Strassenbegriff ausgeht und unter Strassenprojekten im Sinne von § 8ter Abs. 4 SG/SO neben solchen zur eigentlichen Strassenfahrbahn auch Rad- und Gehwege, Strassennebenanlagen sowie Aufwendungen für deren Realisierung dazu zählt, so fallen dennoch Eisenbahnanlagen nicht darunter. Die vom Kantonsrat vorgeschlagene weite Auslegung von § 8ter Abs. 4 SG/SO vermag an dieser Erkenntnis nichts zu ändern. Ohnehin ist die gesonderte Behandlung von Eisenbahnanlagen bereits daraus ersichtlich, dass solche im Gegensatz zu Kantonsstrassen nach Art. 18 Abs. 1 und 2 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101) einer Plangenehmigung des Bundesamts für Verkehr (BAV) bedürfen, so im Übrigen auch die hier streitbetroffene. Für die Frage, ob es sich vorliegend um ein Strassenprojekt handelt, ist auch nicht massgeblich, aus welchen Gründen dieses Projekt beschlossen wurde und dass der Kanton als Strasseneigentümer das Projekt "verursacht" habe. Der Kredit wurde nicht nur zugunsten der Strasse und der mit ihr funktional zusammenhängenden Anlagen gesprochen, sondern auch für die Eisenbahnanlagen, namentlich für die Erstellung eines zweiten Gleises. Anders wäre wohl der Fall zu beurteilen, wenn die Eisenbahnanlagen für den Ausbau der Strasse entfernt würden. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die Eisenbahnanlagen sollen vielmehr ausgebaut werden.  
Das Strassenprojekt wird demnach durch das Eisenbahnprojekt ergänzt. Das Projekt, für welches der Kredit gesprochen wurde, besteht somit zumindest aus zwei materiell unterschiedlichen Bestandteilen, nämlich die Strassen- und die Eisenbahnanlagen. Die beiden Projekte greifen ineinander, sodass eine gesamthafte Planung unumgänglich ist, wie der Kantonsrat überzeugend darlegt. Entgegen der Ansicht des Kantonsrats folgt aus dem Umstand, dass das hier zu beurteilende Projekt als Einheit zu planen ist, jedoch nicht, dass das Vorhaben im Hinblick auf die Referendumspflicht auch materiell einheitlich, als Strassenprojekt im Sinne von § 8ter Abs. 4 SG/SO, zu behandeln ist. Nicht einschlägig ist insbesondere sein Hinweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach ein Projekt gestützt auf das Zerstückelungsverbot beim Finanzreferendum nicht künstlich aufgeteilt werden darf, um es diesem zu entziehen (vorne E. 3.2). Zu anerkennen, dass ein Projekt aus materiell unterschiedlichen Teilen besteht, bedeutet keine Zerstückelung. 
Es ist ferner richtig, dass die Einheit der Materie auch auf Beschlüsse, die dem Finanzreferendum unterstehen, anwendbar ist (siehe vorne E. 3.2). Wie der Kantonsrat darlegt und aus den Akten ersichtlich ist, besteht eine solche enge sachliche Verbindung beim vorliegenden Projekt zwischen dem Strassen- und dem Eisenbahnprojekt. Es war daher richtig, den Verpflichtungskredit für das Gesamtprojekt zu sprechen. Der Grundsatz der Einheit der Materie verlangt jedoch nicht, dass ein Projekt ausschliesslich einen einzigen Sachbereich erfassen darf. Entsprechend kann daraus auch nicht abgeleitet werden, dass es sich vorliegend einzig um ein Strassenprojekt handelt, das erst ab dem wesentlich höheren Schwellenwert von 25 Mio. Franken dem fakultativen Referendum untersteht. Allerdings wirft das Zusammenkommen von Sachbereichen, für die unterschiedliche Referendumshürden bestehen, in einem einzigen Gesamtprojekt Fragen auf. Namentlich könnten Unklarheiten bezüglich der Frage bestehen, wie hoch der jeweilige Anteil der einzelnen Materien ist, und in der Folge, ob der Schwellenwert für einen Teil des Gesamtprojekts erreicht ist. Vorliegend sind nun aber unstreitig mehr als 5 Mio. Franken des Kredits für den Bau von Eisenbahnanlagen vorgesehen, weshalb insoweit für die Frage der Referendumspflicht Klarheit besteht. 
Es ist vorliegend nicht ersichtlich, weshalb auch strassenfremde Bestandteile dieses Gesamtprojekts für die Frage der Referendumspflicht dem höheren Referendumsschwellenwert von § 8ter Abs. 4 SG/SO unterstehen sollten. In der Norm selbst ist nichts Derartiges angelegt. Der allgemeine Schwellenwert für die Referendumspflicht wird vielmehr von der Verfassung festgesetzt - und zwar wesentlich tiefer (Art. 35 und 36 KV/SO; vorne E. 3.3). Wird der Schwellenwert gesetzlich, wie in § 8ter Abs. 4 SG/SO, höher festgesetzt, muss der Höchstbetrag gemäss Art. 40 Abs. 2 KV/SO für neue einmalige Ausgaben im Gesetz ausdrücklich genannt sein. Das nach § 8ter Abs. 4 SG/SO in Bezug auf das Referendum abweichend geregelte Sachgebiet betrifft die "Strassen" bzw. "Strassenprojekte". Es widerspräche der verfassungsrechtlichen Regelung des Referendumsrechts, wenn bei Krediten zugunsten von Strassenprojekten von unter 25 Mio. Franken ausser Acht gelassen würde, dass diese auch für strassenfremde Anlagen verwendet werden, die ihrerseits einem tieferen Referendumsschwellenwert unterliegen. Für die Frage der Referendumspflicht bleibt massgeblich, ob der jeweilige Schwellenwert zwar nicht vom eigentlichen Strassenprojekt, so doch von einem anderen Bestandteil des Gesamtprojekts erreicht wird (zur ähnlichen Ausgangslage bei Ausgaben, die nur zum Teil gebunden und ansonsten neu sind, vgl. BGE 111 Ia 34 E. 5a; Urteil 1C_609/2016 vom 8. März 2018 E. 4.3 und 4.4). Dabei ist der Beschluss dem obligatorischen Referendum zu unterstellen, falls der einschlägige Schwellenwert von einem der Bestandteile des Gesamtprojekts erreicht wird. Ist dies nicht der Fall, ist er dem fakultativen Referendum zu unterstellen, sofern der dafür vorgesehene Schwellenwert von einem Bestandteil erreicht wird. 
 
3.9. Vorliegend umfasst der bewilligte Kredit unter anderem Fr. 5'543'676.-- für Eisenbahnanlagen. Diese Summe übersteigt den Schwellenwert von 5 Mio. Franken, ab welchem Art. 35 Abs. 1 lit. e KV/SO für Beschlüsse des Kantonsrats über neue einmalige Ausgaben das obligatorische Referendum vorschreibt. Der Beschluss hätte somit dem obligatorischen Referendum unterstellt werden müssen.  
 
4.  
Demnach ist die Beschwerde in Stimmrechtssachen gutzuheissen. Der Beschluss (SGB 0263/2023) des Kantonsrats vom 27. März 2024 betreffend "Solothurn / Feldbrunnen-St. Niklaus, Sanierung und Umgestaltung Baselstrasse sowie Verlängerung Kreuzungsstelle St. Katharinen; Bewilligung eines Verpflichtungskredites" ist aufzuheben. Der Verpflichtungskredit von Fr. 20'200'000.-- ist dem obligatorischen Referendum zu unterstellen. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 3 BGG). Die Beschwerdeführerin hat Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Beschluss des Kantonsrats des Kantons Solothurn vom 27. März 2024 "Solothurn / Feldbrunnen-St. Niklaus, Sanierung und Umgestaltung Baselstrasse sowie Verlängerung Kreuzungsstelle St. Katharinen; Bewilligung eines Verpflichtungskredites" wird insoweit aufgehoben, als der dafür bewilligte Netto-Verpflichtungskredit von Fr. 20'200'000.-- inkl. MwSt. dem obligatorischen Referendum zu unterstellen ist. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Der Kanton Solothurn hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. Februar 2025 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Haag 
 
Der Gerichtsschreiber: Bisaz