Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
9C_156/2023
Urteil vom 20. März 2024
III. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Parrino, Präsident,
Bundesrichter Stadelmann,
Bundesrichterin Scherrer Reber,
Gerichtsschreiber Nabold.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Nadeshna Ley,
Beschwerdeführer,
gegen
Ausgleichskasse des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft (Covid 19),
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 7. Dezember 2022 (VV.2021.203/E).
Sachverhalt:
A.
Der 1959 geborene A.________ ist seit dem Jahre 2011 der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau als selbstständig erwerbende Person angeschlossen. Mit Verfügung vom 31. Januar 2019 setzte die Ausgleichskasse die Akontobeiträge für das Jahr 2019 ausgehend von einem Jahreseinkommen von Fr. 400.- fest, wobei sie ihn aufforderte, ein allfällig höheres effektives Einkommen umgehend zu melden. Diese Verfügung wuchs unangefochten in Rechtskraft.
Nachdem sich A.________ am 27. März 2020 bei der Ausgleichskasse für den Bezug von Corona-Erwerbsersatzentschädigungen angemeldet hatte, bezahlte ihm diese solche für die Zeit vom 17. März bis 16. September 2020 und vom 22. Dezember 2020 bis 28. Februar 2021 jeweils basierend auf einem Tagesansatz von Fr. 1.60 aus. Mit Schreiben vom 13. April 2021 gelangte A.________ an die Ausgleichskasse und beantragte eine Neuberechnung des Tagesansatzes. Die Ausgleichskasse lehnte eine solche Neuberechnung mit Verfügung vom 28. Mai 2021 und Einspracheentscheid vom 7. Juli 2021 ab.
B.
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 7. Dezember 2022 ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, die Ausgleichskasse sei zu verpflichten, ihm Corona-Erwerbsersatzentschädigungen basierend auf einem Tagesansatz von Fr. 196.- auszurichten.
Erwägungen:
1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG ).
2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, als sie den Anspruch des Beschwerdeführers auf eine höhere als die von der Verwaltung zugesprochene Corona-Erwerbsersatzentschädigung verneinte.
3.
Im angefochtenen Entscheid werden die gesetzlichen Grundlagen eines Anspruchs auf Corona-Erwerbsersatzentschädigung, insbesondere die jeweils anwendbaren Bestimmungen der COVID-19-Verordnung Erwerbsausfall (Fassungen Stand 19. Dezember 2020, Stand 18. Januar 2021, Stand 20. Januar 2021 und Stand 8. Februar 2021), sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen.
Zutreffend ist insbesondere, dass zur Bemessung der Entschädigung Selbstständigerwerbender grundsätzlich das Erwerbseinkommen massgebend ist, welches im Jahr 2019 erzielt wurde. Für die Festsetzung der Entschädigung können auch Akontorechnungen und Akontoverfügungen betreffend für dieses Jahr zu bezahlenden Sozialversicherungsbeiträge hinzugezogen werden, es sei denn, die Verwaltung verfüge im Verfügungszeitpunkt bereits über Unterlagen - etwa eine definitive Steuerveranlagung - aufgrund deren sich das Einkommen exakt ermitteln lasse (vgl. BGE 147 V 278 E. 5.3).
4.
4.1. Vorinstanz und Verwaltung gingen zur Bemessung der Corona-Erwerwerbsersatzentschädigung von einem im Jahr 2019 erzielten Einkommen des Versicherten von Fr. 400.- aus; dies entsprechend der (formell rechtskräftigen) Verfügung über Akonto-Beiträge vom 31. Januar 2019 (vgl. Art. 11 Abs. 1 EOG [SR 834.1] und Art. 7 Abs. 1 EOV [SR 834.113]). Dabei steht fest und ist unbestritten, dass es sich bei dieser Verfügung um das aktuellste Dokument handelte, welches Auskunft über das Einkommen für das Jahr 2019 gab; insbesondere lag während dem Verwaltungsverfahren die definitive Steuerveranlagung für dieses Jahr noch nicht vor. Der Beschwerdeführer macht geltend, auf die Verfügung vom 31. Januar 2019 könne nicht abgestellt werden, da das dieser zugrundeliegende Jahreseinkommen von Fr. 400.- viel zu tief angesetzt sei, was der Beschwerdegegnerin aufgrund der im Januar 2019 bereits vorliegenden Steuerveranlagungen für die Jahre 2013 bis 2016 auch habe bekannt sein müssen.
4.2. Der Beschwerdeführer gesteht zu, sich nicht gegen die Verfügung vom 31. Januar 2019 gewehrt zu haben. Damit räumt er implizit auch ein, seiner Meldepflicht (vgl. Art. 31 ATSG) nicht nachgekommen zu sein. Indem er nunmehr vorbringt, auf das Einkommen gemäss dieser Verfügung könne deshalb nicht abgestellt werden, weil dieses offenkundig und krass zu tief angesetzt wurde, macht er sinngemäss geltend, diese formell rechtskräftige Verfügung sei aus inhaltlichen Gründen nichtig gewesen. Auf Nichtigkeit alleine aus inhaltlichen Gründen erkennt die Rechtsprechung aus Gründen der Rechtssicherheit nur mit äusserster Zurückhaltung, mithin etwa dann, wenn der Inhalt der Verfügung zu Gunsten des Staates geradezu abenteuerlich wirklichkeitswidrig ist (vgl. Urteile 2C_164/2019 vom 18. April 2019 E. 3.2 und 2C_679/2016, 2C_680/2016 vom 11. Juli 2017 E. 3.1 und E. 5.3.5). Vorliegend ist kein Interesse der Verwaltung ersichtlich, bei Erlass einer Akonto-Verfügung das Einkommen zu tief anzusetzen, vergrösserte sie doch durch eine solche Vorgehensweise ihr Delkredererisiko. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass bei Selbstständigerwerbenden aus den in den Vorjahren erzielten Einkommen nicht ohne weiteres auf den Geschäftsgang im neuen Jahr geschlossen werden kann. Niemand ist besser als der Beitragspflichtige selber in der Lage, das voraussichtliche Einkommen für das laufende Jahr abzuschätzen. Zudem hat auch dieser aufgrund der Verzugszinspflicht kein Interesse an zu tiefen Akonto-Beiträgen. Damit erscheint die Vorgehensweise der Verwaltung, der Akonto-Verfügung ein eher tiefes Einkommen zu Grunde zu legen und den Beitragspflichtigen gleichzeitig auf seine Meldepflicht aufmerksam zu machen, jedenfalls nicht als vollständig abwegig. Zudem durfte die Ausgleichskasse davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer das System der Akonto-Verfügungen bereits aus den Vorjahren kennt. Dass vorliegend das erwartete Einkommen für das Jahr 2019 offenkundig sehr tief angesetzt wurde, führt damit nicht zu einer Nichtigkeit der Akonto-Verfügung aus inhaltlichen Gründen.
4.3. Erweist sich demnach vorliegend die Akonto-Verfügung vom 31. Januar 2019 nicht als nichtig, haben Vorinstanz und Verwaltung kein Bundesrecht verletzt, als sie zur Ermittlung des im Jahre 2019 erzielten Einkommens auf sie abstellten. Damit braucht auch nicht näher geprüft zu werden, welche Rechtsfolge die Nichtigkeit der Akonto-Verfügung vorliegend überhaupt hätte, wäre doch durch deren Wegfall prima vista der Nachweis eines Einkommens im Jahre 2019 überhaupt nicht mehr (rechtzeitig) erbracht (Urteil 9C_663/2021 vom 6. November 2022 E. 5, nicht publ. in BGE 149 V 2, mit Hinweis auf BGE 147 V 278 E. 5.4). Im Zeitpunkt des Einspracheentscheids vom 7. Juli 2021 lagen der Ausgleichskasse keine aktuelleren Angaben über das beitragspflichtige Einkommen des Beschwerdeführers im Jahr 2019 vor. So oder anders ist die Beschwerde des Versicherten abzuweisen.
5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 20. März 2024
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Parrino
Der Gerichtsschreiber: Nabold