Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_668/2021
Urteil vom 20. Mai 2022
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
Bundesrichter Chaix,
Bundesrichter Haag,
Gerichtsschreiberin Gerber.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Brauchli,
Beschwerdeführerin,
gegen
1. C.B.________,
2. D.B.________,
Beschwerdegegner,
Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau,
Generalsekretariat, Promenade, 8510 Frauenfeld,
Politische Gemeinde Wuppenau,
Dorfstrasse 10, 9514 Wuppenau, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Mike Gessner,
Amt für Raumentwicklung des Kantons Thurgau,
Verwaltungsgebäude, Promenade, 8510 Frauenfeld.
Gegenstand
Baubewilligungen,
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 15. September 2021 (VG.2020.135/E).
Sachverhalt:
A.
C.B.________ reichte am 28. März 2018 ein Baugesuch für ein Ökonomiegebäude mit Auslaufhaltung für Aufzuchthühner mit überdachtem Kotlagerplatz und erdverlegtem Gastank auf der (damals) in seinem Eigentum stehenden Liegenschaft Nr. 878 in der Landwirtschaftszone der Gemeinde Wuppenau, ein. Am 11. Mai 2018reichte er ein weiteres Baugesuch ein, um mit dem Aushubmaterial der Geflügelhalle eine Mulde auf der Liegenschaft Nr. 870 (ebenfalls Landwirtschaftszone Wuppenau) auszugleichen.
A.________, Eigentümerin der Parzelle Nr. 834 in Wuppenau, erhob gegen beide Baugesuche Einsprache.
B.
Am 1. Oktober 2018 bewilligte das Amt für Raumentwicklung des Kantons Thurgau (ARE/ TG) das Bauvorhaben sowie die Terrainveränderung unter Auflagen. Mit zwei Entscheiden vom 20. November 2018 (beschlossen an der Gemeinderatssitzung vom 12. November 2018) wies der Gemeinderat Wuppenau die Einsprachen von A.________ ab und erteilte die Baubewilligungen. In den Erwägungen hielt er jeweils fest, A.________ sei nicht einspracheberechtigt.
C.
Gegen beide Einspracheentscheide erhob A.________ am 14. Dezember 2018 Rekurs beim Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau (DBU). Dieses führte am 3. Dezember 2019 einen Augenschein durch und wies den Rekurs am 24. August 2020 ab, weil A.________ nicht zur Einsprache berechtigt gewesen sei.
D.
Gegen den Rekursentscheid gelangte A.________ am 14. September 2020 mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau. Dieses führte am 7. April 2021 einen Augenschein durch. Am 15. September 2021 wies es die Beschwerde ab.
E.
Dagegen hat A.________ am 8. November 2021 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, der Entscheid des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und die Sache sei zur korrekten Durchführung des Baubewilligungsverfahrens an den Gemeinderat Wuppenau zurückzuweisen.
F.
Die Gemeinde Wuppenau beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde. C.B.________ (nachfolgend Beschwerdegegner 1) hat sich nicht vernehmen lassen. Sein Sohn D.B.________ (nachfolgend: Beschwerdegegner 2), der während des vorinstanzlichen Verfahrens den elterlichen Hof und das Eigentum an den Baugrundstücken übernommen hatte, unterstützt die Ansicht der Vorinstanzen.
Es wurde keine Replik eingereicht.
G.
Mit Verfügung vom 2. Dezember 2021 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Erwägungen:
1.
Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid des Verwaltungsgerichts steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und 90 BGG). Die Beschwerdeführerin ist, unabhängig von ihrer Legitimation in der Sache, befugt, mit Beschwerde geltend zu machen, ihr sei die Einsprachebefugnis zu Unrecht aberkannt worden (Art. 89 Abs. 1 BGG). Zudem kann sie als Partei des vorinstanzlichen Verfahrens auch die Verletzung grundlegender Verfahrensgarantien sowie das Vorliegen von Nichtigkeitsgründen vorbringen. Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde (Art. 100 Abs. 1 BGG) ist daher einzutreten.
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich die willkürliche Anwendung von kantonalem Recht) prüft es dagegen nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und genügend begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG); dafür gelten qualifizierte Begründungsanforderungen (BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat, sofern dieser nicht offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 und Art. 97 Abs. 1 BGG ). Neue Tatsachen und Beweismittel können nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
2.
Streitig ist zunächst, ob die Einspracheentscheide nichtig sind, weil der Beschwerdegegner 1 als Mitglied des Gemeinderates Wuppenau daran mitgewirkt hat.
2.1. Das Verwaltungsgericht hielt fest, die Mitwirkung beim Entscheid über eine Einsprache gegen das eigene Baugesuch wäre als schwere Verletzung der Ausstandspflicht zu werten, welche die Nichtigkeit des Entscheids zur Folge hätte (mit Verweis auf § 7 Abs. 1 Ziff. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Thurgau vom 23. Februar 1981 [VRG/TG; RB 170.1]). Entsprechend dem Vorbringen des Gemeinderats Wuppenau sei jedoch davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner 1 am Entscheid nicht mitgewirkt habe. Zwar sei dies im Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 12. November 2018, an denen die Baugesuche behandelt worden seien, nicht vermerkt worden. Dieses Protokoll sei jedoch an der Gemeinderatssitzung vom 10. Januar 2019 ergänzt bzw. der Realität entsprechend angepasst worden, indem der Ausstand des Beschwerdegegners 1 festgehalten worden sei.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin bestehe im baurechtlichen Einspracheverfahren gemäss den §§ 103 ff. des kantonalen Planungs- und Baugesetzes vom 21. Dezember 2011 (PBG/TG, RB 700) keine Notwendigkeit, die Zusammensetzung der kommunalen Baubewilligungs- und Einsprachebehörde zu benennen, da es sich bei den baurechtlichen "Einsprachen" nach thurgauischem Recht rechtstechnisch um Einwendungen und nicht um förmliche Rechtsmittel im Sinne von § 18 Abs. 1 Ziff. 1 VRG/TG handle. Der Schluss der Beschwerdeführerin, bei einem Verzicht auf die Nennung der personellen Zusammensetzung einer entscheidenden Behörde sei von der Anwesenheit aller gewählten Mitglieder auszugehen, was einer Korrektur mit der nachträglichen Protokollierung eines Ausstandes entgegenstehe, sei darum schon vom Grundsatz her nicht korrekt. Im Übrigen richte sich die Einhaltung oder Nichteinhaltung einer Ausstandspflicht nach dem tatsächlichen Hergang. Indem der Gemeinderat Wuppenau den Ausstand des Beschwerdegegners 1 beim Einspracheentscheid über seine eigenen Baugesuche nachträglich protokollarisch festgehalten habe, sei der tatsächliche Sachverhalt in Form eines amtlichen Protokolls bestätigt worden. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Berichtigung nicht der Wahrheit entspreche.
2.2. Die Beschwerdeführerin erachtet die Beweiswürdigung der Vorinstanz als willkürlich. Im Protokollauszug vom 12. November 2018 habe der Gemeinderat Wuppenau explizit festgehalten, dass C.B.________ an der Sitzung teilgenommen und folglich mitgestimmt habe. Dieses Protokoll sei an der darauffolgenden Sitzung vorbehaltlos genehmigt worden. Erst drei Sitzungen bzw. zwei Monate später sei die "Korrektur" erfolgt, nach der Lektüre der Rekursschrift und wohl vor allem auf den guten Rat des beigezogenen Anwaltes hin. Unter Würdigung der zeitlichen Umstände und vor allem auch der Tragweite des nachträglich "bereinigten" Verfahrensfehlers sei es willkürlich, wenn das Verwaltungsgericht diesem Korrekturversuch Glauben schenke, weil er in Form eines amtlichen Protokolls erfolgt sei, und dabei übersehe, dass die Teilnahme C.B.________s an der Beschlussfassung genauso in einem amtlichen, vom Gemeindeschreiber unterzeichneten Protokoll bestätigt worden sei. Im Übrigen müsse schon der Anschein bzw. Verdacht einer behördlichen Mogelei zur Aufhebung des damit verteidigten Entscheides führen.
Die Beschwerdeführerin bestreitet im Übrigen, dass § 18 VRG/TG auf Einspracheentscheide nicht anwendbar sei, und gibt zu Bedenken, dass auch die Parteien eines Verwaltungsverfahrens Anspruch auf richtige Zusammensetzung der Verwaltungsbehörde gemäss Art. 29 Abs. 1 BV und auf Bekanntgabe der persönlichen Zusammensetzung des Spruchkörpers hätten. Seien die Behördenmitglieder (wie in den Einspracheentscheiden vom 20. November 2018) nicht einzeln aufgeführt, dürfe und müsse davon ausgegangen werden, dass sämtliche Mitglieder am Entscheid beteiligt gewesen seien. Dies entspreche auch der Praxis des Verwaltungsgerichts (mit Verweis auf VG.2015.135 vom 29. April 2015 E. 3.3).
2.3. Der Gemeinderat Wuppenau verwehrt sich gegen den Vorwurf, eine Falschbeurkundung begangen zu haben. Gemeinderat C.B.________ habe sich zum fraglichen Geschäft ordnungsgemäss im Ausstand befunden; seine Ausstandspflicht habe aber ausschliesslich dieses Geschäft betroffen und nicht die gesamte Sitzung des Gemeinderates, mit einer Mehrzahl weiterer, hier nicht interessierender Traktanden und Geschäfte. Die im Recht liegenden Protokolle, welche dies bestätigten, seien korrekt.
2.4. Die Frage, ob und in welcher Form Anspruch auf die Bekanntgabe der Zusammensetzung der Verwaltungsbehörde besteht, ist vorliegend müssig, da der Beschwerdeführerin Auszüge der Protokolle vom 12. November 2018 und vom 10. Januar 2019 zugestellt wurden. Aus ersterem geht hervor, welche Gemeinderäte an der Sitzung anwesend waren; aus letzterem ergibt sich, dass der Beschwerdegegner 1 bei der Behandlung und der Erteilung der ihn betreffenden Baubewilligungen im Ausstand gewesen sei. Fraglich ist daher lediglich, ob die am 10. Januar 2019 beschlossene Protokollanpassung zulässig und zutreffend war.
Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, dass die nachträgliche Berichtigung eines Gemeinderatsprotokolls nach kantonalem Verfahrensrecht generell unzulässig sei oder gewisse, dabei einzuhaltende Formalien vorliegend nicht beachtet worden seien. Zu prüfen ist daher einzig, ob die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Beschwerdegegner 1 sei bei der Behandlung der Einsprachen gegen seine Baugesuche tatsächlich in den Ausstand getreten, wie in der Protokollergänzung vom 10. Januar 2019 festgehalten, zutrifft. Dabei handelt es sich um eine tatsächliche Feststellung, die das Bundesgericht nur auf offensichtliche Unrichtigkeit, d.h. auf Willkür hin, prüfen kann (vgl. oben, E. 1 in fine).
Es ist unstreitig, dass der Beschwerdegegner 1 an der Gemeinderatssitzung vom 12. November 2018 teilgenommen hat und - mit Ausnahme der Traktanden Nrn. 356 und 357, welche seine Baugesuche betrafen - auch teilnehmen durfte. Fraglich ist daher nur, ob er bei der Behandlung der ihn betreffenden Traktanden in den Ausstand getreten ist. Ein entsprechender Hinweis fehlt im Protokoll vom 12. November 2018; dies wurde jedoch mit Protokoll vom 20. Januar 2019 ergänzt und insofern korrigiert. Dass diese Korrektur nach Erhalt der Rekursschrift erfolgte, bedeutet nur, dass der Gemeinderat die unterlassene Protokollierung des Ausstands nicht selbst bemerkt hat, sondern erst durch die Rekursschrift darauf aufmerksam gemacht wurde. Ob die Ergänzung den Tatsachen entspricht oder nicht, lässt sich dieser zeitlichen Abfolge nicht entnehmen.
Letztlich erscheint ausschlaggebend, dass alle Gemeinderatsmitglieder (ausser dem dafür im Ausstand befindlichen Beschwerdegegner 1) die Ergänzung am 20. Januar 2019 beschlossen haben und diese vom Gemeindesekretär mit seiner Unterschrift unter das Protokoll bestätigt worden ist. Es kann nicht leichthin und ohne konkrete Anhaltspunkte angenommen werden, dass die Mitglieder des Gemeinderats bzw. der Gemeindesekretär vorsätzlich eine falsche Beurkundung (mit möglichen strafrechtlichen Folgen) vorgenommen bzw. beschlossen haben, nur um einen ihnen unterlaufenen Verfahrensfehler (Verletzung der Ausstandspflicht) zu vertuschen. Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts lässt daher keine Willkür erkennen.
2.5. Fehlerhafte Verfahrenshandlungen begründen für sich allein grundsätzlich keinen Ausstandsgrund; nur besonders schwere oder wiederholte Fehler, die auf eine Pflichtverletzung schliessen lassen, vermögen objektiv den Anschein der Befangenheit zu begründen (vgl. z.B. BGE 143 IV 69 E. 3.2; 125 I 119 E. 3e S. 124; 115 Ia 400 E. 3b). Vorliegend wiegt der Protokollierungsfehler im Gemeinderatsprotokoll vom 12. November 2018 (unterlassene Protokollierung des Ausstands des Beschwerdegegners 1 für die Traktanden Nrn. 356 und 357) für sich allein nicht so schwer, als dass er die Befangenheit des Gemeinderats begründen würde. Erst recht liegt kein Nichtigkeitsgrund vor.
3.
Streitig ist weiter, ob die Vorinstanzen die Einspracheberechtigung der Beschwerdeführerin zu Recht verneint haben. Dies beurteilt sich grundsätzlich nach kantonalem Recht (hier: § 103 PBG/TG in Verbindung mit § 44 Ziff. 1 VRG/TG), dessen Auslegung und Anwendung vom Bundesgericht nur auf Willkür hin überprüft werden kann. Allerdings darf das kantonale Recht die Legitimation nicht enger fassen, als dies für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vorgesehen ist. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Einheit des Verfahrens gemäss Art. 111 Abs. 1 BGG und, speziell für Verfügungen betreffend die Raumplanung, aus Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG (SR 700). Ist die Beschwerdeführerin befugt, einen Entscheid über ein Vorhaben beim Bundesgericht anzufechten, müssen die kantonalen Instanzen auf ihr Rechtsmittel ebenfalls eintreten, sofern die übrigen formellen Voraussetzungen erfüllt sind (BGE 136 II 281 E. 2.1). Ob dies der Fall ist, prüft das Bundesgericht mit unbeschränkter Kognition.
3.1. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Nachbarn zur Beschwerdeführung gegen ein Bauvorhaben legitimiert, wenn sie mit Sicherheit oder zumindest grosser Wahrscheinlichkeit durch Immissionen (Lärm, Staub, Erschütterungen, Licht oder andere Einwirkungen) betroffen werden, die der Bau oder Betrieb der fraglichen Anlage hervorruft. Dafür genügt es, dass sie die Immissionen deutlich wahrnehmen können, auch wenn keine Belastungswerte überschritten sind (BGE 133 II 181 E. 3.2.2; 140 II 214 E. 2.3 und 2.4; je mit Hinweisen). Als wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Betroffenheit dient in der Praxis die räumliche Distanz zum Bauvorhaben bzw. zur Anlage. Die Rechtsprechung bejaht in der Regel die Legitimation von Nachbarn, deren Liegenschaften sich in einem Umkreis von bis zu rund 100 m befinden. Bei grösseren Entfernungen muss eine Beeinträchtigung aufgrund der konkreten Gegebenheiten glaubhaft gemacht werden. Das Bundesgericht stellt nicht schematisch auf einzelne Kriterien ab, wie z.B. die Distanz zum Vorhaben, die Sichtverbindung usw., sondern prüft die Legitimationsvoraussetzungen in einer Gesamtwürdigung anhand der im konkreten Fall vorliegenden tatsächlichen Verhältnisse (zum Ganzen: BGE 140 II 214 E. 2.3 mit Hinweisen; Urteil 1C_263/2017 vom 20. April 2018 E. 2.2, in: URP 2018 721).
3.2. Das Verwaltungsgericht erwog, bei der Errichtung von Anlagen der bäuerlichen Tierhaltung und der lntensivtierhaltung müssten vorsorglich die nach den anerkannten Regeln der Tierhaltung erforderlichen Mindestabstände zu bewohnten Zonen eingehalten werden (vgl. Art. 3 in Verbindung mit Anhang 2 Ziff. 512 Abs. 1 der Luftreinhalte-Verordnung des Bundes vom 16. Dezember 1985 [LRV; SR 814.318.142.1]). Als solche Regeln gälten insbesondere die Empfehlungen der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Betriebswirtschaft und Landtechnik (FAT) im Bericht Nr. 476 (1995) "Mindestabstände von Tierhaltungsanlagen - Empfehlungen für neue und bestehende Betriebe". Übermässige Immissionen seien (im Sinne einer Faustregel) zu erwarten, wenn der halbe Mindestabstand unterschritten werde. Massgebend für die Legitimation seien jedoch nicht einzig die Mindestabstände, sondern die konkreten örtlichen Verhältnisse. Bei Geruchsimmissionen sei darauf abzustellen, ob die Immissionen deutlich wahrnehmbar seien. Dies sei u.a. aufgrund der örtlichen Windverhältnisse zu beurteilen.
Die Liegenschaft der Beschwerdeführerin befinde sich in nördlicher Richtung zum Bauvorhaben und weise zu diesem einen Abstand von 270 m auf. Die geplante Geflügelhalle habe gemäss Berechnung des Amtes für Umwelt (AfU), Abteilung Luftreinhaltung, einen vorsorglichen Mindestabstand von 162 m gegenüber Wohnzonen einzuhalten. Die Liegenschaft der Beschwerdeführerin überschreite diesen Mindestabstand somit um 108 m. Sie liege zudem 34 m höher als das Niveau der geplanten Geflügelhalle und sei von dieser durch eine Geländekuppe getrennt, weshalb keine direkte Sichtbeziehung bestehe. Unbestritten sei ferner, dass (mindestens) ein Gebäude zwischen der geplanten Geflügelhalle und der Liegenschaft der Beschwerdeführerin liege. Diese befinde sich weder im Einflussbereich der Haupt- noch der zweithäufigsten Windrichtung. Der hier massgebende Südwind trete nur an 6,4 - 6,8 % Tagen im Jahr und damit selten auf und wehe mit rund 3,3 m/s eher schwach; hinzu kämen die Geländeform (Kuppe) und die fehlenden Kaltluftabströmungen in Richtung der Liegenschaft der Beschwerdeführerin. Unter diesen Umständen sei nicht von einer deutlichen Wahrnehmbarkeit der Geruchsimmissionen auszugehen.
Soweit die Beschwerdeführerin für eine Anwendung des doppelten LRV-Mindestabstandes plädiere, sei ihr nicht zu folgen: Die topografischen Verhältnisse (insbesondere Geländekuppe) wichen im vorliegenden Fall deutlich vom Regelfall ab, was gegen die schematische Anwendung eines fixen Radius beim Entscheid über die Legitimation spreche.
Die Beschwerdeführerin sei auch durch die beabsichtigte Terrainveränderung nicht mehr als beliebige Dritte oder die Allgemeinheit betroffen, da sie diese Aufschüttung von ihrer Liegenschaft aus optisch nicht wahrnehmen könne.
3.3. Die Beschwerdeführerin macht in erster Linie geltend, es gehe nicht an, die Einsprachelegitimation auf den LRV-Mindestabstand zu reduzieren. Sie beruft sich auf ein Kurzgutachten von Prof. Arnold Marti, das empfehle, für die Abgrenzung der Legitimation vom doppelten Mass des vorsorglichen Mindestabstands auszugehen. Damit würden einerseits Popularbeschwerden wirksam vermieden, andererseits der Tatsache Rechnung getragen, dass die Beschwerdelegitimation im Zusammenhang mit Umweltbeeinträchtigungen nicht erst dann gegeben sei, wenn Belastungsgrenzwerte erreicht werden. Der vom Amt für Umwelt berechnete LRV-Mindestabstand betrage im vorliegenden Fall 162 m. Wer im Umkreis von 324 m wohne, müsse folglich einspracheberechtigt sein.
Im Übrigen seien bei einem Geflügelstall mit 12'500 Aufzuchthennen gemäss zwei kürzlich publizierten Studien je nach Wind- und Wetterverhältnissen bis zu einem Abstand von 400 m mit zwar möglicherweise nicht übermässigen, aber doch sehr unangenehmen Gerüchen zu rechnen, dies insbesondere bei Föhn- und Schönwetterlagen, bei denen man sich gerne im Freien aufhalte. Die Beschwerdeführerin verweist auf verschiedene Entscheide des Bundesgerichts, die eine grosszügigere Abgrenzung der Legitimation bei Geruchsimmissionen vorgenommen bzw. geschützt hätten (Urteile 1A.254/1999 vom 17. Juli 2000 E. 2d/bb; 1C_ 198/2012 vom 26. November 2012 E. 1).
3.4. Der Beschwerdeführerin ist einzuräumen, dass die Einsprachebefugnis gegen Bauvorhaben mit Geruchsemissionen nicht unbesehen auf den vorsorglichen Mindestabstand gemäss LRV beschränkt werden darf. Dies hat das Verwaltungsgericht indessen nicht getan: Es hat vielmehr aufgrund der konkreten örtlichen Verhältnisse (Distanz, Topografie, Windverhältnisse) festgehalten, dass die Geruchsimmissionen des Geflügelaufzuchtstalls auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin nicht deutlich wahrnehmbar sein würden. Die Beschwerdeführerin legt nicht substanziiert dar, inwiefern die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts offensichtlich unrichtig seien; dies ist auch nicht ersichtlich.
Die von ihr zitierten bundesgerichtlichen Entscheide gehen von anderen tatsächlichen Verhältnissen aus oder beschränken sich darauf, eine grosszügigere Handhabung der Einsprachebefugnis als "nicht willkürlich" zu bezeichnen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass die kantonalen Behörden (im Rahmen des kantonalen Rechts) über das bundesrechtlich gewährleistete Minimum hinausgehen und dabei auch eine gewisse Schematisierung vornehmen können. Dies ist jedoch bundesrechtlich nicht geboten. Die Rechtsprechung zur abstrakten Berechnung des Einspracheradius bei Mobilfunkantennen (BGE 128 II 168 E. 2) betrifft nicht wahrnehmbare Immissionen (nichtionisierende Strahlung) und findet auf die vorliegend streitigen Geruchsimmissionen keine Anwendung.
4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 BGG). Die Gemeinde Wuppenau, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis prozessiert (Art. 68 Abs. 3 BGG), hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung. Gleiches gilt für den nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdegegner 2.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Politischen Gemeinde Wuppenau, dem Departement für Bau und Umwelt, dem Amt für Raumentwicklung des Kantons Thurgau sowie dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 20. Mai 2022
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Kneubühler
Die Gerichtsschreiberin: Gerber