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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_174/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 20. Juni 2013  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
nebenamtlicher Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Briw. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Ueli Vogel-Etienne, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, Postfach 6250, 3001 Bern,  
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Fahrlässige Tötung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung, 1. Strafkammer, vom 10. Januar 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
 X.________ arbeitete seit dem 1. September 2008 in ihrem zweiten Assistenzjahr im Spital Q.________ auf der Anästhesie. Das erste Assistenzjahr hatte sie in einem anderen Spital auf der Inneren Medizin verbracht. 
 
A.a. Die 72-jährige A.________ (nachfolgend: Patientin) trat wegen einer Oberarmfraktur, die sie sich bei einem Sturz am Vortag zugezogen hatte, am 27. April 2009 in das Spital ein. Wegen ihres gesundheitlichen Zustandes wurde sie zuerst auf die Medizinische Abteilung verlegt. Die Ärzte entschieden sich erst am 18. Mai 2009 zur Operation. Die Patientin wurde als schwerstkrank eingestuft (ASA-Score 5). Während der Operation erfolgte eine Bluttransfusion. Dabei ereignete sich ein sogenannter Transfusionszwischenfall. Der Patientin mit der Blutgruppe 0+ wurde die nicht kompatible Erythrozytenkonzentration A+ verabreicht.  
 
 An der Operation waren einerseits ein chirurgisch-orthopädisches und andererseits ein Anästhesie-Team beteiligt. Dieses Anästhesie- oder Narkoseteam war für die Infusionen und Blutkonserven zuständig. Der Leitende Arzt für Anästhesie und Schmerztherapie, Dr. C.________, leitete die Narkose ein. Er hatte zuvor im Labor angerufen, wo ihm bestätigt wurde, dass es mit der Besorgung des Blutes keine Probleme gebe und die Patientin schon früher Blut erhalten hatte. Nach der Narkoseeinleitung übergab Dr. C.________ an den Oberarzt für Anästhesie, Dr. D.________, und verliess den Operationssaal. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden keine Blutprodukte verabreicht. Der Oberarzt blieb nicht im Operationssaal, kam aber zwischenzeitlich vorbei. Nach seinem Gedächtnisprotokoll war die Bluttransfusion bereits im Gange, als er um 12.40 Uhr kurz im Operationssaal anwesend war. 
 
A.b. Während der Operation holten die Assistenzärztin X.________ und die Unterassistentin E.________ das im Labor bereitgestellte Blut für die Patientin ab, nämlich zwei Beutel mit der Blutgruppe A+ und zwei mit der Blutgruppe A-. Diese stellten sie in den Kühlschrank des Operationssaals. Für die Transfusion nahmen sie zuerst einen Beutel der Blutgruppe A+ mit und kontrollierten ihn im Operationssaal, indem sie die Angaben auf der gelben Transfusionskarte mit denjenigen auf dem Blutbeutel verglichen. Sie stellten keine Unregelmässigkeiten fest und transfundierten das Blut der Patientin. In gleicher Weise gingen sie bei der Transfusion des zweiten Beutels der Blutgruppe A+ vor. Für E.________ war dies die erste Bluttransfusion, an der sie beteiligt war. X.________ hatte bereits viermal an einer Transfusion mitgewirkt.  
 
 Nach Aussagen der beiden Pflegefachfrauen auf der Intensivstation wurde die Patientin in einem instabilen Zustand vom Operationssaal verlegt. Es gelang ihnen nicht, den Kreislauf zu stabilisieren. Die Pflegefachfrauen stellten fest, dass die zwei mitgelieferten Blutkonserven, die bei der Operation nicht verwendet worden waren, die Blutgruppe A- aufwiesen, und gingen von einem Transfusionsfehler aus. Um 18.11 Uhr wurde der Tod der Patientin festgestellt. Todesursache war ein Herzkreislaufversagen infolge eines durch die Blutgruppeninkompatibilität ausgelösten allergischen Schocks. 
 
A.c. Wie sich herausstellte, hatte die Laborantin F.________ am 18. Mai 2009 den Auftrag erhalten, für die Patientin Blutkonserven bereit zu stellen. Gleichzeitig musste sie Blut für zwei weitere Patienten testen. F.________ druckte zuerst die Blutgruppenkarte der Patientin mit der korrekten Angabe der Blutgruppe 0+ auf einem weissen A4-Blatt aus. Danach führte sie die Kontrolle der drei Blutproben durch. Sie pipettierte das Blut in eine Test-Batterie, eine sogenannte Testkarte. Diese steckte sie anschliessend in einen ID-Reader. Dort wurde sie eingescannt, visuell geprüft und an das Computersystem geschickt. Die Testung hatte für die Patientin die Blutgruppe A+ ergeben. F.________ stellte hierauf die erwähnten vier Blutbeutel bereit. Jedem Blutbeutel legte sie eine gelbe Transfusionskarte bei. Nach ihrer Aussage fügte sie zu den beiden Blutbeuteln A- auch die zusammengefaltete weisse Blutgruppenkarte mit der korrekt eingetragenen Blutgruppe 0+ der Patientin hinzu. Diese vier Blutbeutel stellte sie in den Kühlschrank, von wo sie - wie erwähnt - während der Operation von der Assistenzärztin X.________ und der Unterassistentin E.________ abgeholt wurden.  
 
 Die weitere Abklärung ergab, dass die Blutgruppe A+ infolge eines Pipettierfehlers fälschlicherweise für die Patientin ermittelt und an das Labor-Informationssystem übermittelt worden war. Das System überschrieb automatisch und ohne Warnanzeige die früher korrekt eingetragene Blutgruppe 0+ der Patientin. Als die Pflegefachfrauen um 14.30 Uhr dem Labor die Diskrepanz zwischen der Blutgruppenkarte der Patientin (0+) und den aus dem Operationssaal mitgelieferten Blutbeuteln (A-) mitteilten, ging das Labor von einer Fehltransfusion aus. Die erneute Testung des Blutes bestätigte diese Vermutung. 
 
B.  
 
 Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern bestrafte X.________ am 20. April 2011 wegen fahrlässiger Tötung mit einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 150.--. 
 
 Das Regionalgericht Emmental-Oberaargau verurteilte X.________ auf ihre Einsprache hin am 20. Oktober 2011 wegen fahrlässiger Tötung zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 150.--. 
 
 Das Obergericht des Kantons Bern bestätigte das Urteil auf Berufung von X.________ am 10. Januar 2013. 
 
C.  
 
 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das obergerichtliche Urteil aufzuheben, sie von Schuld und Strafe freizusprechen, eventualiter die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen, die Kosten dem Kanton Bern aufzuerlegen, sie für das Strafverfahren mit Fr. 30'000.-- zu entschädigen sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Anklagegrundsatzes. 
 
1.1. Die Vorinstanz führt aus, angesichts des schwerwiegenden Vorwurfs erscheine die Anklageschrift als knapp. Die Beschwerdeführerin habe aber ohne Weiteres erkennen können, welcher Sachverhalt und welche Straftat ihr vorgeworfen wurden. Dabei stünden weder die gängigen Standards noch die Handlungsanweisung im Vordergrund. Vielmehr gehe aus der Anklageschrift hervor, dass ihr vorgeworfen werde, sie habe als Assistenzärztin die Blutkonserven vor deren Verabreichung nicht mit der Blutgruppenkarte der Patientin verglichen. Die Plädoyernotizen zeigten, dass über den Vorwurf keine Zweifel bestanden.  
 
1.2. Gemäss Art. 9 Abs. 1 StPO kann eine Straftat nur gerichtlich beurteilt werden, wenn die Staatsanwaltschaft gegen eine bestimmte Person wegen eines genau umschriebenen Sachverhalts beim zuständigen Gericht Anklage erhoben hat. Die Anklageschrift bezeichnet "möglichst kurz, aber genau die der beschuldigten Person vorgeworfene Tat" (Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO). Der Anklagegrundsatz bestimmt den Prozessgegenstand (Umgrenzungsfunktion) und bezweckt den Schutz der Verteidigungsrechte (Informationsfunktion). Er garantiert den Anspruch auf rechtliches Gehör (BGE 133 IV 235 E. 6.2; 126 I 19 E. 2a). Erhöhte Anforderungen können sich bei Unterlassungs- und Fahrlässigkeitstaten stellen, beim unechten Unterlassungsdelikt insbesondere hinsichtlich des (im früheren Recht ungeschriebenen) Tatbestandsmerkmals der Garantenstellung (BGE 116 Ia 202 E. 2).  
 
 Die Sache wurde zunächst im Strafbefehlsverfahren beurteilt (vgl. dazu Urteil 6B_152/2013 vom 27. Mai 2013 E. 3). Die Beschwerdeführerin erhob gegen den Strafbefehl vom 20. April 2011 Einsprache (Art. 354 Abs. 1 lit. a StPO). Die Staatsanwaltschaft hielt am Strafbefehl fest und überwies die Akten an das erstinstanzliche Gericht. In diesem Fall gilt der Strafbefehl als Anklageschrift (Art. 356 Abs. 1 StPO). Das erstinstanzliche Gericht entscheidet "über die Gültigkeit des Strafbefehls" (Art. 356 Abs. 2 StPO). Falls erforderlich, weist es die Anklage zur Ergänzung oder Berichtigung an die Staatsanwaltschaft zurück (Art. 329 Abs. 2 StPO). Das erstinstanzliche Gericht verneinte die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Verletzung des Anklagegrundsatzes. Die Vorinstanz bestätigte diese Entscheidung. 
 
1.3. Im Strafbefehl wurde der Beschwerdeführerin vorgeworfen, sie habe "als verantwortliche Assistenzärztin bei der Kontrolle der für (die Patientin) bestimmten Blutkonserven diese - entgegen der Handlungsanweisung (des Spitals) vom 28.12.2005 und den gängigen Standards - nicht mit der Blutgruppe bzw. der Blutgruppenkarte (der Patientin) verglichen und die Blutkonserven transfundiert, wodurch sie (der Patientin) Blut einer inkompatiblen Blutgruppe verabreichte, weshalb diese starb" (kantonale Akten, act. 442).  
 
 Die Anklage verweist auf die "Handlungsanweisung" vom 28. Dezember 2005 (Version 3). Diese betrifft nach ihrer Überschrift die "Bluttransfusion" und hält unter dem Randtitel "Durchführung" insbesondere fest: " (...) Sicherheitskontrolle (siehe Weisung, Verabreichung von Blutprodukten) : Übereinstimmung von Name, Vorname und Geburtsdatum des Patienten mit den Angaben des Transfusionszettels und der Blutgruppenkarte kontrollieren. Kompatibilität von Blutgruppe und Rhesusfaktor des Blutpräparates mit den Angaben auf dem Transfusionszettel und der Blutgruppenkarte kontrollieren" (act. 28). 
 
 Eine Verletzung des Anklagegrundsatzes ist trotz der summarischen Sachverhaltsumschreibung zu verneinen. Die Beschwerdeführerin wird unmissverständlich als verantwortliche Assistenzärztin für die Kontrolle der Blutprodukte und die Bluttransfusion bezeichnet. Es wird ihr vorgeworfen, sie habe die Blutkonserven "nicht mit der Blutgruppe bzw. der Blutgruppenkarte der Patientin verglichen". Dabei wird auf die Handlungsanweisung Bezug genommen, welche die Kontrolle präzisiert. Weiter ergibt sich aus dem Strafbefehl der nach Auffassung der Staatsanwaltschaft erfüllte Straftatbestand unter Angabe der anwendbaren Gesetzesbestimmungen. Die Anklageschrift erfüllt die Mindestanforderungen gemäss Art. 325 StPO
 
 Zutreffend weist die Vorinstanz darauf hin, dass entgegen der Beschwerdeführerin weder die gängigen Standards noch die Handlungsanweisung im Vordergrund standen, sondern der Anklagevorwurf, sie habe die Blutkonserven nicht mit der Blutgruppenkarte verglichen (Urteil S. 6). Bereits die Untersuchungsrichterin wies die Beschwerdeführerin bei der Abweisung eines Teils der Ergänzungsfragen zum Gutachten darauf hin, dass es nicht um schweizerische oder kantonale Standards gehe, sondern um das Prozedere im Spital (act. 267). 
 
2.  
 
 Die Beschwerdeführerin rügt ausführlich eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung und die Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo. 
 
2.1. Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig bedeutet "willkürlich" im Sinne von Art. 9 BV (BGE 136 II 304 E. 2.4). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids präzise vorgebracht und begründet werden (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4; 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5).  
 
 Die Beweiswürdigung ist willkürlich, wenn sie unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht (BGE 135 I 313 E. 1.3). Das Bundesgericht hebt einen Entscheid nur auf, wenn er nicht bloss in der Begründung, sondern im Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls vertretbar oder zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 134 I 140 E. 5.4). Hinsichtlich des Grundsatzes in dubio pro reo in seiner Beweiswürdigungs- und Beweislastfunktion kann auf BGE 127 I 38 E. 2a verwiesen werden. 
 
2.2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Vorinstanz nehme willkürlich an, sie habe die Weisung vom 21. September 2005 (act. 27; unten E. 3.3.2) bzw. die Handlungsanweisung vom 28. Dezember 2005 (oben E. 1.3) am Tag der Operation gekannt. Die Weisung sei erst nach der Operation am Kühlschrank des Operationssaals angebracht worden.  
 
2.2.1. Die Vorinstanz führt aus, die Beschwerdeführerin habe am 22. Juni 2009, rund einen Monat nach der Operation, ausgesagt, die Weisung zu kennen, weil sie am Kühlschrank im Operationssaal aufgemacht sei. Am 20. Oktober 2010 habe sie diese Aussage bestätigt. Erst an der Hauptverhandlung vom 20. Oktober 2011 habe sie erklärt, sie habe die Weisung am Tag der Operation nicht gekannt, weil sie erst nach dem 18. Mai 2009 aufgehängt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe bei der Befragung vom 22. Juni 2009 im Präsens zu Protokoll gegeben, die Weisung zu kennen (act. 100). Damit beziehe sich die isolierte Aussage vordergründig auf den Zeitpunkt der Befragung. Werde die im Präteritum gestellte Frage ("Kannten Sie diese Weisung bzw. Handlungsanweisung?") sowie der Kontext dieser Frage gewürdigt, werde klar, dass sie sich auf den Kenntnisstand der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Operation am 18. Mai 2009 bezog. Weiter sei anzunehmen, dass sie unverzüglich darauf hingewiesen hätte, dass sie die Weisung im Zeitpunkt der Befragung kenne, aber zum Zeitpunkt der Operation nicht gekannt habe. Die Aussage an der Hauptverhandlung vom 20. Oktober 2011 sei eine Schutzbehauptung. Unter Berücksichtigung der zentralen Bedeutung der Erstaussage im Rahmen der Glaubhaftigkeitsprüfung sei auf die Einvernahme vom 22. Juni 2009 abzustellen (Urteil S. 19).  
 
2.2.2. In der Einvernahme wurde dem Leitenden Arzt, Dr. C.________, die Aussage der Beschwerdeführerin vorgelegt, wonach sie nicht gewusst habe, dass sie die Blutkonserven mit der Blutgruppenkarte vergleichen musste. Er antwortete: "Peinlich. Wenn sie das nicht wusste, hätte sie jemanden fragen müssen, wie sie es machen muss" (act. 166/12). Auf die Frage, wie die Einführung/Anleitung/Ausbildung der Assistenzärzte der Anästhesie im Spital zur fraglichen Zeit erfolgte, erklärte Dr. C.________, er sei mehrheitlich in einem anderen Spital aktiv. Wie das hier jeweils ausgesehen hatte, habe er nicht genau mitbekommen (act. 166/11). Die Transfusionsmedizin gehöre zur Grundausbildung. Es gebe Handlungsanweisungen. Ansonsten müsse man fragen (act. 166/14). Verbindlich sei die Blutgruppenkarte (act. 166/12).  
 
 Die Zeugin G.________ hatte bis in den Juni 2009 in der gleichen Funktion als Assistenzärztin gearbeitet wie die Beschwerdeführerin. Sie erklärte, die Einführung im Spital sei dürftig gewesen, einfach ein "learning by doing". Die Handlungsanweisung habe sie nicht gekannt. Die Weisung habe sie nie bekommen. Sie sei nicht auf solche Arbeitsunterlagen oder Checklisten hingewiesen worden. Sie habe immer die Transfusionskarte und den Blutbeutel miteinander verglichen (act. 166/1 ff.). 
 
 Die Unterassistentin E.________ antwortete auf die Frage nach einer Kenntnis der Weisung und Handlungsanweisung, sie habe erst im Nachhinein erfahren, "dass es so etwas gibt" (act. 114). 
 
 Wie die Pflegefachfrau ausführte, war die Handlungsanweisung in einem Ordner auf der Intensivstation abgelegt und befindet sich heute auch im Intranet, damals aber nicht (act. 139). 
 
 Weder Dr. C.________ noch G.________ und E.________ kannten nach ihren Aussagen die Weisung. Das spricht gegen die vorinstanzliche Annahme, dass sie im fraglichen Zeitpunkt am Kühlschrank des Operationssaals angebracht war. Diese Aussagen berücksichtigt die Vorinstanz nicht. Sie stützt sich einzig auf die erwähnte Befragung der Beschwerdeführerin vom 22. Juni 2009 (oben E. 2.2.1; Urteil S. 19 mit Verweisung auf act. 100 [recte]). Weisung und Handlungsanweisung richten sich an die "Akutpflege" sowie die "Pflegefachfrauen". Die Dokumente wurden vom "Departementsleiter Kliniken" und der "Departementsleiterin Pflege und Behandlungen" erstellt. Direkte Adressaten sind die Pflegefachleute. Diesem Umstand dürfte es (auch) geschuldet sein, dass sie nicht unmittelbar Eingang in die Instruktion der beiden Assistenzärztinnen fanden. Der Oberarzt wurde - soweit ersichtlich - nicht befragt. Die Beschwerdeführerin hatte bereits dem Kreisärztlichen Dienst bei der Rechtsmedizinischen Untersuchung am 19. Mai 2009 erklärt, es habe keine Arbeitsanweisung bestanden, die einen Vergleich von gelber Begleitkarte und Blutkonserve mit dem Blutgruppenausweis der Patientin vorschrieb (act. 24). 
 
 Somit erweisen sich die Aussagen der Beschwerdeführerin als konsistent, schlüssig und glaubhaft, dass sie weder die Weisung noch die Handlungsanweisung gekannt hatte und auch nicht darauf hingewiesen worden war. Ferner bestätigte G.________ die von der Beschwerdeführerin behauptete Praxis, dass bei der Kontrolle nur Transfusionskarte und Blutbeutel verglichen wurden. 
 
2.2.3. Unbestritten ist, dass Weisung und Handlungsanweisung im Zeitpunkt der Operation im Spital massgebend waren und die Pflegefachfrauen auf der Intensivpflegestation diese kannten und sich danach richteten. Aus dieser Tatsache und der zweifelhaften Aussage der Beschwerdeführerin vom 22. Juni 2009 lässt sich angesichts des Grundsatzes in dubio pro reo nicht mit haltbaren Gründen schliessen, dass die Beschwerdeführerin die Weisung im Zeitpunkt der Operation kannte (entgegen Urteil S. 20).  
 
 Hingegen lässt die Vorinstanz offen, ob die Beschwerdeführerin die Handlungsanweisung kannte (Urteil S. 21), und geht bei der rechtlichen Würdigung davon aus, dass ihr die Handlungsanweisung "hätte bekannt sein müssen" (Urteil S. 27). Somit ist eine Kenntnis der Weisung und der Handlungsanweisung durch die Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen. 
 
2.3. Die Beschwerdeführerin beanstandet die vorinstanzlichen Feststellungen zur Kontrolle von Blutkonserven vor der Transfusion. Einen Standard habe es allenfalls auf der Intensivstation gegeben, nicht in der Anästhesie, wo es nicht üblich gewesen sei, Blutkonserven auch anhand der Blutgruppenkarte zu überprüfen.  
 
2.3.1. Die Vorinstanz stellt fest (Urteil S. 21), es gehöre zum gängigen Ablauf einer Bluttransfusion, das zu verabreichende Blut mit der Blutgruppenkarte des Patienten zu vergleichen. Sie stützt sich auf das Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern. Nach diesem ergibt sich das Standardprozedere aus der spitalinternen Weisung und Handlungsanweisung. Vor der Verabreichung von Blut muss überprüft werden, ob die Beschriftungen der Blutkonserven mit den dazugehörigen Transfusionskarten übereinstimmen. Diese Blutgruppen sind anschliessend mit der Blutgruppe des Empfängers mittels Blutgruppenkarte zu vergleichen (act. 232). Nach dem Gutachten ist nicht nachvollziehbar, warum die Beschwerdeführerin das nicht getan hatte. Dass sie keine Blutgruppenkarte gesehen hatte, hätte sie veranlassen müssen, eine solche anzufordern (act. 234).  
 
2.3.2. Das Gutachten stützt sich auch auf die Weisung und die Handlungsanweisung, die im Spital massgebend waren (vgl. act. 227, 232, 234). Wie dargelegt (oben E. 2.2.3), kann in dubio pro reo nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin die beiden Dokumente kannte. Wie der Leitende Arzt erklärte (oben E. 2.2.2), hätte sie aber in ihrer Funktion wissen müssen, dass die Blutgruppenkarte der Patientin zur Kontrolle beizuziehen war.  
 
 Das ist ebenfalls die Ansicht der Gutachter. Sie halten im Gutachten fest, "aus rechtsmedizinischer und klinischer Sicht (müssen) nicht nur die auf den Blutkonserven aufgedruckten Blutgruppen mit den Blutkonservenkarten verglichen werden, sondern zwingend auch mit der Blutgruppe resp. mit der Blutgruppenkarte der Patientin, für welche die Blutkonserven bestimmt sind" (act. 230). Die Beschwerdeführerin "war während der Anästhesie direkt für die Gabe einer korrekten Blutgruppe (...) zuständig" (act. 232). 
 
 Die Gutachter beziehen sich entgegen der Beschwerdeführerin nicht nur abstrakt auf den Stand der medizinischen Wissenschaften oder auf die Weisung und die Handlungsanweisung des Spitals, sondern beantworten unmissverständlich die Frage nach den "Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten" für die Gabe der "korrekten Blutgruppe" im Operationssaal in der konkreten Situation. Zu dieser Aussage waren die Gutachter aufgrund ihrer Fachkompetenz befähigt. Sie haben das Gutachten im Hinblick auf die Anforderungen an die Beschwerdeführerin in der zu beurteilenden Strafsache erstellt. Die Vorinstanz folgte zu Recht dem Gutachten und schloss willkürfrei auf einen entsprechenden "gängigen Ablauf im Vorfeld einer Bluttransfusion", auch wenn sie die Frage eines "allgemein gültigen Verfahrens" nicht abschliessend beantworten konnte (Urteil S. 21). Das war nicht Beweisthema. Unter Einhaltung der gängigen Standards versteht die Vorinstanz zutreffend ein Vorgehen "lege artis" (Urteil S. 26). 
 
 Das Gutachten stellt im entscheidenden Punkt fest, aus "rechtsmedizinischer und klinischer Sicht" sei der Vergleich mit der Blutgruppenkarte für die Beschwerdeführerin "zwingend" gewesen. Ein Hinweis auf diesbezügliche Literatur oder anerkannte Richtlinien wäre der Nachvollziehbarkeit des Gutachtens dienlich gewesen wie auch ein Nachweis universitärer Lernzielkataloge oder von Anforderungen der Weiterbildung. Das Medizinalberufegesetz (MedBG; unten E. 3.2) und die entsprechende Botschaft (BBl 2005 173) enthalten Grundsätze und Ziele der Aus-, Weiter- und Fortbildung. Diese bedürfen der gutachterlichen Konkretisierung hinsichtlich der Anforderungen an eine Assistenzärztin in der zu beurteilenden Situation. Die Beschwerdeführerin kritisiert das Gutachten, belegt aber nicht, dass die Sicht des Gutachtens nicht richtig sein könnte. Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor. 
 
2.3.3. Nach ihren Angaben hatte die Laborantin F.________ den beiden Blutbeuteln der Gruppe A- die ausgedruckte weisse Blutgruppenkarte mit der korrekt eingetragenen Blutgruppe 0+ der Patientin beigelegt, als sie diese in den Kühlschrank stellte (oben Bst. A.c). Die Laborantin faltete die Blutgruppenkarte zusammen und legte sie in eine der ebenfalls zusammengefalteten Transfusionskarten für die Blutbeutel mit der Blutgruppe A-. Sie war davon ausgegangen, dass diese (wegen der geringeren Haltbarkeit) zuerst transfundiert würden. Die Beschwerdeführerin verwendete aber die beiden Blutbeutel mit der Blutgruppe A+ zuerst. Die beiden anderen Blutbeutel nahm eine Pflegeassistentin nach der Operation mit auf die Intensivstation. Weil zuerst die Blutgruppe A+ transfundiert wurde, blieb die Blutgruppenkarte von der Beschwerdeführerin unentdeckt und eine Abgleichung mit den Blutkonserven und der Transfusionskarte unterblieb (Urteil S. 19). Erst die Pflegefachfrauen verglichen die Blutkonserven mit der mitgelieferten Blutgruppenkarte (Urteil S. 33).  
 
 Die Beschwerdeführerin erklärte, sie habe keine Blutgruppenkarte gesehen. Sie habe die gelbe Transfusionskarte nicht "rückkontrolliert". Sie habe die Kontrolle "einfach gemacht, wie ich es gelernt habe" (act. 294 und 295). Diese Aussage wurde von der Unterassistentin E.________ bestätigt, die mit der Beschwerdeführerin zusammen die Blutbeutel abgeholt und kontrolliert hatte. Sie habe "jedenfalls keinen weissen Zettel gesehen" (act. 297). 
 
 Somit ergibt sich, dass den vier Blutkonserven nach den Aussagen der Pflegefachfrau und der Laborantin eine Blutgruppenkarte der Patientin beilag. Es darf nicht unterstellt werden, dass die Beschwerdeführerin und die Unterassistentin die Blutgruppenkarte bei ihrem Ansichtigwerden nicht berücksichtigt hätten. Auch diesbezüglich ist von der Darstellung der Beschwerdeführerin auszugehen. 
 
2.4. Zusammengefasst fehlt der Nachweis, dass die Beschwerdeführerin die Weisung oder die Handlungsanweisung kannte. Weiter muss in dubio pro reo angenommen werden, dass die Kontrolle im massgeblichen Zeitraum so vorgenommen wurde, wie das die Beschwerdeführerin schilderte. Indessen hätte die Beschwerdeführerin nach der Ansicht des Gutachtens und des Leitenden Arztes der Anästhesie in ihrer Funktion wissen oder in Erfahrung bringen müssen, dass die Blutgruppenkarte für die Kontrolle zwingend war.  
 
 Die Sachverhaltsfeststellung ist im entscheidrelevanten Ergebnis, der Zuständigkeit der Beschwerdeführerin für die Letztkontrolle im Operationssaal, nicht unhaltbar, weshalb eine Aufhebung des Urteils nicht in Betracht kommt. 
 
3.  
 
 Die Beschwerdeführerin wendet sich in umfangreichen Ausführungen gegen den Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung. Sie wirft zwei "Kernfragen" auf. Erstens, ob die gebotene Sorgfalt erfordert hätte, auch die Blutgruppenkarte beizuziehen, und zweitens, wer die Verantwortung für eine mangelhafte Einführung und Instruktion trage, sie selber oder die Ärzte. 
 
3.1. Gemäss Art. 117 StGB wird bestraft, wer fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht. Der Tatbestand setzt den Tod einer Person, eine Sorgfaltspflichtverletzung sowie den Kausalzusammenhang zwischen Tod und Sorgfaltswidrigkeit voraus (Urteil 6S.570/2006 vom 6. März 2007 E. 3 [Freispruch von Ärzten mangels Adäquanz] mit Hinweis auf BGE 122 IV 145 [Freispruch eines unerfahrenen Arbeiters]).  
 
 Nach Art. 12 Abs. 3 StGB handelt fahrlässig, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt (Satz 1). Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn die beschuldigte Person die Vorsicht nicht beachtet, zu der sie nach den Umständen und nach ihren persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist (Satz 2). 
 
 Fahrlässige Tötung kann durch Unterlassen begangen werden. Es handelt sich um ein unechtes Unterlassungsdelikt (vgl. BGE 113 IV 68 E. 5a). Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist (Art. 11 Abs. 2 StGB; zum früheren Recht BGE 117 IV 130 E. 2a). 
 
 Die ärztliche Sorgfaltspflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (BGE 130 IV 7 E. 3.3). Wo besondere Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, bestimmt sich das Mass der Sorgfalt in erster Linie nach diesen Vorschriften (BGE 135 IV 56 E. 2.1). Der Arzt handelt unsorgfältig, wenn sich sein Vorgehen nicht nach den durch die medizinischen Wissenschaften aufgestellten und generell anerkannten Regeln richtet und dem jeweiligen Stand der Wissenschaft nicht entspricht (BGE 134 IV 175 E. 3.2). 
 
3.2. Assistenzärzte befinden sich in der Weiterbildung. Sie unterstehen der unmittelbaren Aufsicht von Kaderärzten (z.B. dem Leitenden Arzt) und Oberärzten. Zudem sollte das Weiterbildungsziel im Vordergrund stehen ( THOMAS EICHENBERGER, in: Moritz W. Kuhn/Thomas Poledna [Hrsg.], Arztrecht in der Praxis, 2. Aufl. 2007, S. 367).  
 
 Die Anforderungen an die universitäre Ausbildung und die berufliche Weiterbildung umschreibt das Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG; SR 811.11). Nach Art. 8 lit. b und c MedBG beherrschen Absolventinnen und Absolventen des Studiums der Humanmedizin die Diagnose und die Behandlung der häufigen und der dringlich zu behandelnden Gesundheitsstörungen und Krankheiten in ihrem Berufsfeld und sind fähig, mit Arzneimitteln fachgerecht umzugehen. Die Weiterbildung erweitert und vertieft die in der universitären Ausbildung erworbenen Kenntnisse, so dass die Absolventinnen und Absolventen die berufliche Tätigkeit im betreffenden Fachgebiet eigenverantwortlich ausüben können (Art. 17 Abs. 1 MedBG). Wer mit Heilmitteln umgeht, muss gemäss Art. 3 Heilmittelgesetz (HMG; SR 812.21) alle Massnahmen treffen, die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderlich sind, damit die Gesundheit von Menschen nicht gefährdet wird. Blut und Blutprodukte gelten als Heilmittel (Art. 2 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. a HMG). Art. 3 HMG statuiert eine spezifische Sorgfaltspflicht, weil der Umgang mit Heilmitteln risikobehaftet und komplex ist. Die Verantwortung liegt primär bei demjenigen, der die erforderlichen Massnahmen zu treffen hat (Urs Jaisli, in: Basler Kommentar, Heilmittelgesetz, 2006, NN. 5 und 6 zu Art. 3 HMG). 
 
 Gemäss Art. 15 Abs. 2 lit. d der regierungsrätlichen Verordnung des Kantons Bern vom 24. Oktober 2001 über die beruflichen Tätigkeiten im Gesundheitswesen (Gesundheitsverordnung, GesV; BSG 811.111, in der im Jahre 2009 geltenden Fassung) sind Ärztinnen und Ärzte allein berechtigt, anästhesiologische Verrichtungen vorzunehmen, soweit die kantonale oder eidgenössische Gesetzgebung nichts anderes bestimmt. Assistenzärzte dürfen die Berufsbezeichnung "Ärztin" oder "Arzt" nicht verwenden (Art. 15 Abs. 3 GesV, e contrario) und sind folglich nur unter Aufsicht von Ärzten zu anästhesiologischen Verrichtungen berechtigt (zur vergleichbaren Rechtslage in Deutschland vgl. Burkhard Madea, Praxis Rechtsmedizin, 2. Aufl. 2007, S. 542). 
 
 Aufgrund dieser Rechtslage geht der Bericht des Kreisärztlichen Dienstes vom 20. Mai 2009 zur Rechtsmedizinischen Untersuchung zutreffend davon aus, dass der Leitende Arzt und, nach der Übergabe um 12 Uhr, der Oberarzt die hauptverantwortlichen Anästhesieärzte waren (act. 24). Nach dem Gutachten war die Beschwerdeführerin während der Anästhesie direkt für die Gabe einer korrekten Blutgruppe zuständig (oben E. 2.3.2). 
 
3.3. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie eine Kontrolle durchzuführen hatte. Sie sei aber nicht verpflichtet gewesen, die Bestimmung der Blutgruppe durch das Labor zu überprüfen (Beschwerde S. 37).  
 
3.3.1. Die Bestreitung ist nicht berechtigt. Die Beschwerdeführerin hatte nicht das Labor zu überprüfen. Sie musste die Kontrolle der Blutprodukte lege artis durchführen. Sie war für die intraoperative Kontrolle der Blutkonserven zum Zwecke der Transfusion zuständig und dafür verantwortlich (oben E. 2.3.2). Sie hatte damit eine Garantenstellung inne und die erforderlichen Massnahmen zu treffen. Sie kontrollierte einzig, ob die Beschriftungen der Blutkonserven mit den dazugehörigen Transfusionskarten übereinstimmten. Entscheidend aber war, ob das bereitgestellte Blut mit dem Blut der Empfängerin kompatibel war. Nur in diesem Fall durfte es transfundiert werden. Das war die eigentliche Fragestellung für die verantwortliche Assistenzärztin der Anästhesie. Denn es kam letztlich nicht auf den Abgleich der Transfusionskarten mit den Blutbeuteln an, sondern auf die Sicherstellung, dass die Patientin kein inkompatibles Blut erhielt.  
 
 Die Beschwerdeführerin gab sich nicht Rechenschaft über diese entscheidende Frage. Sie hatte damit die Vorsicht nicht beachtet, zu der sie nach den Umständen und nach ihren persönlichen Verhältnissen verpflichtet war. Sie hätte nach der Ansicht des Gutachtens und des Leitenden Arztes aufgrund ihrer Ausbildung und Funktion im Anästhesieteam von sich aus wissen oder in Erfahrung bringen müssen, dass die Blutgruppenkarte für die Kontrolle "zwingend" war. Diese Tatsache bedachte sie nicht (Art. 12 Abs. 3 StGB) und verhielt sich nach der juristischen Terminologie unbewusst fahrlässig. 
 
3.3.2. Die Vorinstanz geht anders als das Bundesgericht (oben E. 2.4) von einer Kenntnis der "Weisung Verabreichung von Blutprodukten" vom 21. September 2005 durch die Beschwerdeführerin im Operationszeitpunkt aus (Urteil S. 26). Dieses Dokument verweist für die Durchführung der Bluttransfusion auf die "Handlungsanweisung Bluttransfusion" vom 28. Dezember 2005. Entsprechend wäre von der Vorinstanz unter ihren Voraussetzungen nicht unbewusste (Urteil S. 35), sondern bewusste Fahrlässigkeit anzunehmen gewesen, weil die Beschwerdeführerin auf die ihr bekannte Weisung "nicht Rücksicht nahm" (Art. 12 Abs. 3 StGB). Es macht verschuldensmässig einen Unterschied, ob die Beschwerdeführerin als verantwortliche Assistenzärztin eine Tatbestandsverwirklichung mangels Kenntnis der beiden Dokumente nicht bedachte (unbewusste Fahrlässigkeit), oder ob sie - bei Kenntnis - sich darüber hinwegsetzte im Vertrauen darauf, dass schon nichts geschehen werde (bewusste Fahrlässigkeit). Im Ergebnis schloss die Vorinstanz richtig auf unbewusste Fahrlässigkeit (und wertete dies zugunsten der Beschwerdeführerin).  
 
3.3.3. Nach der Vorinstanz steht nicht die Bluttransfusion, sondern die vorgängig fehlende Kontrolle der Blutkonserven anhand der Blutgruppenkarte und damit ein Unterlassen und kein aktives Tun im Vordergrund (Urteil S. 22).  
 
 Die Beschwerdeführerin prüfte die Blutkonserven vor der Transfusion nicht gemäss der (unter anderem) im Heilmittelgesetz statuierten spezifischen Sorgfaltspflicht nach dem Stand von Wissenschaft und Technik. Sie kontrollierte die Blutkonserven zwar, führte aber die Kontrolle nicht lege artis durch, weshalb sie nicht kompatibles Blut transfundierte, was den Tod der Patientin verursachte. Ihr Verhalten ist nach dem für die Abgrenzung von Tun und Unterlassen massgebenden Subsidiaritätsprinzip (BGE 129 IV 119 E. 2.2) als Tun zu qualifizieren (nicht als Unterlassen). Das unsorgfältige Handeln bildete die "causa" für den Erfolgseintritt (vgl. Seelmann, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 3. Aufl. 2013, N. 19 zu Art. 11 StGB). Die Qualifikation als fahrlässiges Handlungsdelikt führt im Ergebnis nicht zu einer von der Vorinstanz abweichenden Beurteilung. 
 
 Die Vorinstanz begründet die Garantenstellung der Beschwerdeführerin mit der Übernahme einer Obhutspflicht gegenüber der Patientin, welche einen Vertrag mit dem Spital abgeschlossen hatte (Urteil S. 23). Das ist der gesetzliche Fall von Art. 11 Abs. 2 lit. a StGB. Dies beurteilt sich in der Regel nach kantonalem Recht (BGE 139 III 252; 133 III 462 E. 2.1; 111 II 149 E. 3; Botschaft zur Änderung des Medizinalberufegesetzes vom 3. Juli 2013, BBl 2013 6223). Die Garantenstellung lässt sich indessen bereits damit begründen, dass die Beschwerdeführerin als für die Kontrolle und die Transfusion der Blutkonserven verantwortliche Assistenzärztin im Anästhesieteam unmittelbar eine Sicherungs- und Obhutsgarantenpflicht für die Patientin übernahm. Für die Anwendung des allgemeinen Gefahrensatzes (Art. 11 Abs. 2 lit. d StGB) bleibt angesichts der spezifischen Sorgfaltspflichtenregelung kein Raum. Weil unzweifelhaft eine Garantenstellung bestand, führt die vorinstanzliche Annahme fahrlässigen Unterlassens ebenfalls und insoweit zutreffend zur Tatbestandsverwirklichung gemäss Art. 117 in Verbindung mit Art. 11 StGB
 
3.3.4. Unbehelflich ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin, es sei ihr angesichts ihres Ausbildungsstandes, ihrer hierarchischen Einordnung und ihrer Instruktion nicht möglich gewesen, anders zu handeln.  
 
 Wie die Vorinstanz feststellt, sprechen gewisse Indizien dafür, dass der Informationsfluss und die organisatorischen Abläufe im Spital nicht optimal waren und die Beschwerdeführerin nicht genügend instruiert wurde (Urteil S. 28 und 35). Die Indizien einer nicht optimalen Compliance bilden keinen Rechtfertigungs- oder Schuldausschliessungsgrund (Urteil S. 33). 
 
 Beim fahrlässigen Handlungs- wie Unterlassungsdelikt kommt es auf die individuelle Fähigkeit an, die gebotene Handlung vorzunehmen (Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 4. Aufl. 2011, S. 518). Die Handlungsmöglichkeit ist bei individueller Unkenntnis der zur Erfolgsabwendung erforderlichen Massnahmen zu verneinen. War die Handlungsmöglichkeit jedoch erkennbar, weil sie längst bekannt war, und blieb sie dem Pflichtigen nur deshalb unbekannt, weil er sich nicht sachkundig machte, ist ihm die fehlende Handlungsmöglichkeit vorwerfbar (vgl. Seelmann, a.a.O., N. 31 zu Art. 11 StGB). Der Beschwerdeführerin war die fachspezifische Kenntnisnahme möglich und zumutbar. Sie hatte ihre Funktion im Anästhesieteam nach einem Medizinstudium und insgesamt 21 Monaten Praxiserfahrung, davon neun auf der Anästhesie, ausgeübt (das lässt sich nicht mit der Stellung etwa eines ungelernten und unerfahrenen Arbeiters wie in BGE 122 IV 145 vergleichen). Sie durfte als angehende Ärztin nicht unhinterfragt auf eine vorgefundene, vermeintliche Praxis abstellen. Gemäss Art. 6 Abs. 1 lit. e MedBG sind Absolventen der universitären Ausbildung fähig, medizinische Informationen sowie die Ergebnisse der Forschung zu analysieren, deren Erkenntnisse kritisch zu werten und in der beruflichen Tätigkeit umzusetzen. 
 
 Nach Reinhard Larsen (Anästhesie, 10. Aufl. 2013) beruhen über 90% aller schweren hämolytischen Transfusionsreaktionen auf einer Unverträglichkeit von Spender- und Empfängerblut. Häufigste Ursache ist die versehentliche Transfusion einer Konserve mit falscher Blutgruppe (S. 767) infolge von Verwechslungen (S. 789). Genau diese Gefahr hatte sich realisiert. Es handelte sich um einen bekannten Kunstfehler. Damit wird ohne Weiteres klar, dass die Kontrolle mit der Blutgruppenkarte der Patientin aus klinischer und rechtsmedizinischer Sicht zwingend war. Die Einvernahmen des Leitenden Arztes sowie der Fachleute im Labor und auf der Intensivstation ergaben, dass dies eigentlich im Spital so vorgesehen war. Dass auch andere Kontrollsysteme existieren (vgl. Larsen, a.a.O.), entlastet nicht. Jedes System muss den Anforderungen der guten ärztlichen Praxis genügen. 
 
3.4. Aufgrund der prozessualen Situation ist unter dem Gesichtspunkt des Kausalzusammenhangs einzig das Verhalten der Beschwerdeführerin zu beurteilen. Delegationsbefugnis und Vorgesetztenverantwortung als solche sind nicht Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens.  
 
3.4.1. Ein Verhalten ist im natürlichen Sinne kausal, wenn es nicht weggedacht werden kann, ohne dass auch der eingetretene Erfolg entfiele. Dieses Verhalten muss nicht alleinige oder unmittelbare Ursache sein (BGE 125 IV 195 E. 2b). Beliebige Mitursachen können gemäss dieser Äquivalenztheorie zur strafrechtlichen Zurechnung führen.  
 
 Die Transfusion der nicht kompatiblen Erythrozytenkonzentration A+ durch die Beschwerdeführerin verursachte den Tod der Patientin. Bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt hätte sie die Inkompatibilität festgestellt und das Blut der Patientin nicht transfundiert. Die Sorgfaltspflichtverletzung kann "nicht weggedacht werden, ohne dass auch der eingetretene Erfolg entfiele". Die sogenannte "natürliche" Kausalität ist gegeben. 
 
3.4.2. Die Rechtserheblichkeit einer äquivalenten Ursache beurteilt sich nach der Adäquanztheorie. Für die Beschwerdeführerin waren die Folgen einer Transfusion von inkompatiblem Blut ohne Weiteres vorhersehbar. Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit (ausführlich BGE 135 IV 56 E. 2.1 und E. 2.2) betreffen ihr eigenes Verhalten. Sie musste entgegen der Beschwerde nicht die Ereignisse im Labor voraussehen. Diese werden ihr nicht zugerechnet. Bei einer lege artis vorgenommenen Kontrolle wären die Folgen vermeidbar gewesen. Die Vorgänge im Labor (Pipettierfehler, automatische Mutation der korrekt gespeicherten Blutgruppe ohne Bestätigungsrückfrage im Laborinformationssystem, keine Abschlusskontrolle) können den Kausalzusammenhang nicht unterbrechen. Wer eine spezifische Kontrollverantwortung innehat, muss mit Fehlern rechnen. Das (unbewusst) sorgfaltswidrige Handeln der Beschwerdeführerin war geeignet, "nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen oder mindestens zu begünstigen" (BGE 135 IV 56 E. 2.1 und E. 2.2).  
 
3.4.3. Die Beschwerdeführerin kann sich nicht auf den allgemeinen Vertrauensgrundsatz berufen, weil sie eine eigenständige Kontroll- und Sicherungsfunktion innehatte (ausführlich BGE 120 IV 300 E. 3d/bb, Mehrfachsicherungssystem). Die Letztverantwortung bei einer Transfusion tragen die Ärzte und in der zu beurteilenden Sache die unter ihrer Aufsicht wirkende Beschwerdeführerin. Die Fehler des Labors hätten durch die ärztliche Letztkontrolle im Operationssaal erkannt und damit vermieden werden können und müssen.  
 
3.5. Der tatbestandsmässige Erfolg wäre bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt nicht eingetreten. Er ist der Beschwerdeführerin zuzurechnen.  
 
4.  
 
 Die Beschwerdeführerin stellt die Rechtsbegehren zu Kosten und Entschädigung für den Fall eines Freispruchs und begründet sie nicht weiter. Darauf ist nicht einzutreten. 
 
5.  
 
 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Der Beschwerdeführerin sind die Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 Das Bundesgericht erteilte der Beschwerde superprovisorisch die aufschiebende Wirkung (Art. 103 Abs. 3 BGG). Mit dem Entscheid in der Sache ist das Gesuch gegenstandslos geworden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Strafabteilung, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. Juni 2013 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Der Gerichtsschreiber: Briw