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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_569/2025  
 
 
Urteil vom 20. Oktober 2025  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Sicherheitsdirektion des Kantons Bern (SID), Kramgasse 20, 3011 Bern, 
Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern (ABEV), Migrationsdienst, 
Ostermundigenstrasse 99B, 3006 Bern. 
 
Gegenstand 
Verweigerung einer Härtefallbewilligung und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, 
vom 2. September 2025 (100.2023.285U). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1971), Staatsbürger der Republik Belarus, reiste am 19. Juli 2002 in die Schweiz ein und arbeitete in der Folge in den Kantonen Zürich und Thurgau. Der Kanton Zürich erteilte ihm eine Aufenthaltsbewilligung, die zuletzt bis am 18. Juli 2005 verlängert wurde. Der Kanton Thurgau verlängerte seine Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der unselbständigen Erwerbstätigkeit letztmals bis am 18. Juli 2007. Am 17. November 2007 lehnte das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Thurgau die weitere Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung ab. Ein erneutes Gesuch von A.________ um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung vom 28. April 2010 blieb vor allen Instanzen erfolglos (vgl. Urteil 2C_384/2011 vom 27. Dezember 2011).  
 
1.2. Am 29. August 2012 erteilte das Migrationsamt des Kantons Thurgau A.________ eine Aufenthaltsbewilligung zwecks Verbleibs bei seiner Lebenspartnerin. Am 1. Dezember 2016 zog das Paar in den Kanton Bern, wo A.________ der weitere Aufenthalt bewilligt wurde. Am 17. Oktober 2018 wurde die Aufenthaltsbewilligung von A.________ verlängert unter der Bedingung, dass er sich intensiv um eine Arbeitsstelle bemühe und den Lebensunterhalt selbstständig verdiene. Am 17. Januar 2020 wurde er ausländerrechtlich verwarnt. Am 17. Juni 2021 verstarb die Partnerin von A.________ und hinterliess ihm die gemeinsam bewohnte Liegenschaft.  
 
1.3. Mit Verfügung vom 2. Juli 2021 verweigerte das Amt für Bevölkerungsdienste des Kantons Bern, Migrationsdienst, die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A.________ und wies ihn unter Ansetzung einer Ausreisefrist aus der Schweiz weg. Dagegen erhob er Beschwerde bei der Sicherheitsdirektion des Kantons Bern, wobei er lediglich die Ausreisefrist beanstandete. Nachdem A.________ am 22. Dezember 2021 um Erteilung einer Härtefallbewilligung gestützt auf Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG (SR 142.20) ersucht hatte, schrieb die Sicherheitsdirektion das Verfahren in Sachen Ausreisefrist mangels schutzwürdigen Interesses als gegenstandslos geworden vom Geschäftsverzeichnis ab.  
Am 31. Mai 2022 verweigerte der Migrationsdienst die Erteilung der beantragten Härtefallbewilligung und wies A.________ unter Ansetzung einer Ausreisefrist aus der Schweiz weg. 
 
1.4. Die dagegen erhobenen Rechtsmittel von A.________ wiesen die Sicherheitsdirektion mit Entscheid vom 26. September 2023 und das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, mit Urteil vom 2. September 2025 ab, soweit sie darauf eintraten. Das Verwaltungsgericht setzte A.________ eine neue Ausreisefrist auf den 3. Dezember 2025 an.  
 
1.5. A.________ erhebt mit Eingabe vom 2. Oktober 2025 Beschwerde an das Bundesgericht und beantragt, es sei das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und es sei die Sicherheitsdirektion anzuweisen, ihm eine Kurzaufenthaltsbewilligung bzw. Duldungserklärung zwecks Verkaufs seiner Liegenschaft auszustellen. Zudem sei das Verfahren betreffend Verweigerung der Härtefallbewilligung und Wegweisung an die Vorinstanz zwecks besserer Abklärung der Angelegenheit und Ermittlung des vollständigen Sachverhalts, unter Einbezug von Art. 8 EMRK, zurückzuweisen. Prozessual ersucht er im Sinne einer vorsorglichen Massnahme, es sei die Sicherheitsdirektion anzuweisen, den Wegweisungsvollzug zu stoppen und von jeglichen Vollzugshandlungen abzusehen.  
Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt und von weiteren Instruktionsmassnahmen abgesehen. 
 
2.  
 
2.1. Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen gegen Entscheide, welche Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt oder Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen betreffen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 und Ziff. 5 BGG). Für das Eintreten genügt, wenn der Betroffene in vertretbarer Weise dartun kann, dass ein potenzieller Anspruch auf die beantragte Bewilligung besteht, soweit dessen Vorliegen nicht offensichtlich ist; ob die jeweils erforderlichen Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind, bildet Gegenstand der inhaltlichen Beurteilung (vgl. BGE 137 I 305 E. 2.5; 136 II 177 E. 1.1).  
 
2.2. Gegenstand des angefochtenen Urteils war primär die Erteilung einer Härtefallbewilligung an den Beschwerdeführer gestützt auf Art. 30 Abs. 1 lit. b AIG. Diese Bestimmung vermittelt indessen keinen Bewilligungsanspruch, da sie Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen betrifft, die unter den Aufnahmetatbestand von Art. 83 lit. c Ziff. 5 BGG fallen (Urteile 2C_25/2025 vom 4. Februar 2025 E. 4.3; 2C_521/2023 vom 29. September 2023 E. 2.3; 2C_502/2023 vom 25. September 2023 E. 2.2). In diesem Zusammenhang ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig.  
 
2.3. Der Beschwerdeführer ersucht - soweit ersichtlich erstmals im bundesgerichtlichen Verfahren - um Erteilung einer "Kurzaufenthaltsbewilligung" zwecks Verkaufs seiner Liegenschaft, wobei er keine Rechtsgrundlage nennt und auch nicht dartut, inwiefern ein Anspruch auf eine solche Bewilligung bestehen soll. Gestützt auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift ist jedoch davon auszugehen, dass er sinngemäss um Verlängerung der ihm auf den 3. Dezember 2025 neu angesetzten Ausreisefrist ersucht. So will er damit erreichen, dass er sich bis zum Abschluss des Verkaufs seiner Liegenschaft, d.h. "bis mindestens Ende August 2026" rechtmässig in der Schweiz aufhalten darf.  
Bei der Ausreisefrist handelt es sich indessen um eine Modalität der Wegweisung (Art. 64d Abs. 1 AIG). Gegen Entscheide über die Wegweisung ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG; vgl. Urteile 2C_515/2023 vom 27. Februar 2025 E. 1.2.1; 2C_267/2023 vom 13. Juni 2023 E. 1.1). Hingegen steht die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) grundsätzlich offen (vgl. Urteil 2C_169/2024 vom 4. Juni 2024 E. 1.1 mit Hinweisen), wobei damit einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden kann (Art. 116 BGG). Das Bundesgericht prüft die Verletzung verfassungsmässiger Rechte nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und ausreichend begründet worden ist (sog. qualifizierte Rüge- und Begründungsobliegenheit, vgl. Art. 117 BGG i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 147 I 73 E. 2.1; 143 II 283 E. 1.2.2). 
Der Beschwerdeführer erhebt im Zusammenhang mit der Ausreisefrist keine solchen Rügen, sodass die Eingabe in diesem Punkt auch nicht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde an die Hand genommen werden kann. 
 
2.4. Soweit sich der Beschwerdeführer schliesslich auf Art. 8 EMRK und in diesem Zusammenhang insbesondere auf seine langjährige Anwesenheit in der Schweiz hinweist, ist Folgendes festzuhalten:  
Es trifft zwar zu, dass sich der Beschwerdeführer seit 2002 und somit seit langer Zeit in der Schweiz aufhält, wobei er während insgesamt 14 Jahren im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung war. Allerdings wurde seine letzte Aufenthaltsbewilligung gemäss den unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz mit Verfügung des Migrationsdienstes vom 2. Juli 2021 nicht mehr verlängert. Dieser Entscheid erwuchs in Rechtskraft, nachdem der Beschwerdeführer lediglich die ihm angesetzte Ausreisefrist angefochten hatte und dieses Beschwerdeverfahren aufgrund seines neuen Gesuchs um Erteilung einer Härtefallbewilligung von der Sicherheitsdirektion als gegenstandslos geworden abgeschrieben worden war. In einer solchen Konstellation kann der Beschwerdeführer aus BGE 144 I 266 und der darin aufgestellten Vermutung, dass eine ausländische Person nach einem zehnjährigen rechtmässigen Aufenthalt als integriert gelten könne (vgl. dort E. 3.9), keinen Bewilligungsanspruch gestützt auf den Schutz des Privatlebens (Art. 8 Ziff. 1 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV) ableiten. Denn diese Rechtsprechung bezieht sich auf Fallkonstellationen, in denen es um die Beendigung bzw. Nichtverlängerung eines Aufenthaltsrechts geht, nicht aber um dessen erstmalige Begründung nach einem (illegalen) Aufenthalt oder - wie hier - um eine weitere Anwesenheit, nachdem diese durch die Behörden rechtskräftig beendet worden ist (vgl. BGE 149 I 72 E. 2.1.3 mit Hinweisen). In diesem Fall kommt die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestützt auf den Schutz des Privatlebens (Art. 8 Ziff. 1 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV) nur bei einer besonders ausgeprägten Integration infrage (vgl. BGE 149 I 207 E. 5.3 und 5.4). 
Dem Beschwerdeführer, der gemäss dem angefochtenen Urteil in der Vergangenheit Sozialhilfe bezogen hat, den erforderlichen Sprachnachweis nicht erbracht hat und kaum über soziale Kontakte verfügt, gelingt es nicht, in vertretbarer Weise darzutun, dass in seinem Fall eine über eine normale Integration hinausgehende Verwurzelung bzw. besonders intensive Beziehung zur Schweiz vorliegt. Seine in einem Satz zusammengefassten Hinweise darauf, dass er seit 20 Jahren hier lebe, Steuern bezahle und ein Haus besitze, genügen nicht. 
Schliesslich kommt die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestützt auf den Schutz des Familienlebens (Art. 8 Ziff. 1 EMRK und Art. 13 Abs. 1 BV) bereits deshalb nicht infrage, weil der Beschwerdeführer über keine Kernfamilie in der Schweiz verfügt. 
 
2.5. Im Ergebnis vermag der Beschwerdeführer nicht in vertretbarer Weise darzutun, dass er einen potenziellen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung haben könnte. Damit erweist sich das Rechtsmittel als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als unzulässig.  
 
2.6. Trotz fehlender Legitimation in der Sache kann der Betroffene im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde (Art. 113 BGG) die Verletzung von Parteirechten rügen, deren Missachtung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommt und die das Gericht von der Prüfung der Sache bzw. der Bewilligungsfrage getrennt beurteilen kann (sog. "Star-Praxis"; BGE 146 IV 76 E. 2; 137 II 305 E. 2; Urteil 2C_528/2021 vom 23. Juni 2022 E. 5.3). Solche Rügen erhebt der Beschwerdeführer nicht, sodass die Eingabe auch nicht als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen werden kann.  
 
3.  
 
3.1. Im Ergebnis erweist sich die Beschwerde als unzulässig. Es ist darauf mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. a) nicht einzutreten. Damit wird das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen gegenstandslos.  
 
3.2. Dem Verfahrensausgang entsprechend werden die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Staatssekretariat für Migration mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. Oktober 2025 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov