Eidgenössisches Versicherungsgericht
Tribunale federale delle assicurazioni
Tribunal federal d'assicuranzas
Sozialversicherungsabteilung
des Bundesgerichts
Prozess {T 7}
I 82/06
Urteil vom 20. November 2006
III. Kammer
Besetzung
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber Krähenbühl
Parteien
Z.________, 1959, Beschwerdeführer, vertreten durch lic. iur. Christoph Horat, Indextra AG, Gewerbestrasse 14, 6438 Ibach,
gegen
IV-Stelle Schwyz, Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach 6431 Schwyz, Beschwerdegegnerin
Vorinstanz
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Schwyz
(Entscheid vom 6. Dezember 2005)
Sachverhalt:
A.
Der 1959 geborene Z.________ arbeitete bis am 24. Oktober 2001 in der Firma V.________ AG im Gemüse- und Früchte-Grosshandel. Ab Januar 2002 bezog er Taggelder der Arbeitslosenversicherung und nach seiner Aussteuerung im Sommer 2003 lebte er von kommunalen Sozialhilfeleistungen. Ab 3. März bis 18. Juni 2004 unterzog er sich einer stationären Alkoholentziehungskur in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie X.________. In deren Austrittsbericht vom 9. Juli 2004 wurden unter anderm eine psychosoziale Dekompensation sowie eine mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom erwähnt und der Verdacht auf eine narzisstische Persönlichkeitsstörung geäussert. Am 26. November 2004 gelangte Z.________ an die Invalidenversicherung mit dem Begehren um "Umschulung/Wiedereingliederung in die bisherige Tätigkeit". Die IV-Stelle Schwyz lehnte dieses Gesuch am 7. März 2005 mangels Invalidität ab. Mit Einspracheentscheid vom 5. August 2005 hielt sie an ihrem Standpunkt fest.
B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit Entscheid vom 6. Dezember 2005 ab.
C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Z.________ die Zusprache der Leistungen gemäss Invalidenversicherungsgesetz, namentlich berufliche Massnahmen in Form einer Umschulung beantragen; eventuell sei der medizinische Sachverhalt ergänzend abzuklären.
Das kantonale Gericht hält an seinem Entscheid fest. Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Nach Art. 132 Abs. 1 OG in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG (in Kraft seit 1. Juli 2006) kann das Eidgenössische Versicherungsgericht in Verfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen in Abweichung von den Art. 104 und 105 OG auch die Unangemessenheit der angefochtenen Verfügung beurteilen und ist an die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts nicht gebunden. Gemäss Art. 132 Abs. 2 OG gelten diese Abweichungen nicht, wenn der angefochtene Entscheid Leistungen der Invalidenversicherung betrifft. Nach Ziff. II lit. c des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 ist indessen auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung beim Eidgenössischen Versicherungsgericht hängigen Beschwerden bisheriges Recht anwendbar. Da die hier zu beurteilende Beschwerde am 1. Juli 2006 beim Eidgenössischen Versicherungsgericht hängig war, richtet sich dessen Kognition noch nach der bis Ende Juni 2006 gültigen Fassung von Art. 132 OG, welche dem neuen Abs. 1 entspricht.
1.2 Das kantonale Gericht hat den Invaliditätsbegriff ( Art. 7 und 8 Abs. 1 ATSG ) sowie die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen im Allgemeinen (Art. 8 Abs. 1 IVG) und auf eine Umschulung im Besonderen (Art. 17 Abs. 1 IVG) zutreffend dargelegt. Richtig ist auch die Umschreibung des Umschulungsbegriffs (vgl. Art. 6 Abs. 1 IVV und BGE 124 V 109 f. Erw. 2a).
2.
2.1 Wie die IV-Stelle bereits in ihrem Einspracheentscheid vom 5. August 2005 festgehalten hat, begründet Alkoholismus als solcher noch keine Invalidität im Sinne des Gesetzes. Anders verhält es sich rechtsprechungsgemäss dann, wenn die Alkoholsucht eine Krankheit oder einen Unfall bewirkt hat, in deren Folge ein körperlicher oder geistiger Gesundheitsschaden eingetreten ist, oder aber wenn sie selber Folge eines körperlichen oder geistigen Gesundheitsschadens ist, welchem Krankheitswert zukommt. Dabei ist das ganze, für die Alkoholsucht massgebende Ursachen- und Folgespektrum in eine Gesamtwürdigung miteinzubeziehen (BGE 99 V 28 Erw. 2; Urteil vom 24. April 2001 [I 366/01] Erw. 1.2).
2.2 Anhaltspunkte dafür, dass es auf Grund eines körperlichen oder geistigen Gesundheitsschadens zur Alkoholsucht des Beschwerdeführers gekommen wäre, sind nicht ersichtlich. Auch ein als Folge des über Jahre hinweg anhaltenden massiven Alkoholkonsums eingetretener Gesundheitsschaden ist kaum auszumachen. Insoweit lässt sich die Auffassung der IV-Stelle, wonach als Hauptgrund für die seit Januar 2002 bestehende Arbeitslosigkeit primär der Alkoholabusus in Frage kommt und der Verlust der letzten Anstellung nicht auf behinderungsbedingten Gründen beruht, nicht ohne weiteres von der Hand weisen. Dass der Beschwerdeführer in der Folge gegenüber der Arbeitslosenversicherung deklarierte, voll arbeitsfähig zu sein, mag immerhin als gewichtiges - wenn auch für sich allein betrachtet nicht ausschlaggebendes - Indiz für die Richtigkeit dieser Argumentation gelten.
2.3 Im Austrittsbericht der Klinik X.________ wie auch in der Stellungnahme des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Kantons Schwyz (SPD) vom 17. Dezember 2004 wird nebst dem langjährigen Alkoholmissbrauch übereinstimmend eine mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom (ICD-10: F32.11) und ängstlich-sozialphobischer Färbung erwähnt, wobei das depressive Zustandsbild gemäss Angaben der Klinik nach dem erfolgreichen Entzug immerhin weitgehend abgeklungen sei.
2.3.1 Entgegen der Argumentation in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist in der depressiven Entwicklung des Beschwerdeführers kein psychischer Gesundheitsschaden mit Krankheitswert zu erblicken, welcher die Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beeinträchtigen würde. Schon der Umstand, dass das psychische Leidensbild während der erfolgreichen Entzugsbehandlung in der Klinik X.________ weitgehend zum Verschwinden gebracht werden konnte, steht, wie die Vorinstanz zu Recht festhält, der Annahme einer dauerhaften psychischen Schädigung entgegen. Auch die Bescheinigung einer seit dem 23. Dezember 2003 anhaltenden 100%igen Arbeitsunfähigkeit durch den SPD vom 17. Dezember 2004 überzeugt nicht, nachdem feststeht, dass zumindest bis zum Klinikaustritt in X.________ im Juni 2004 eine wesentliche Verbesserung des psychischen Zustandes eingetreten ist, sodass - zumindest vorübergehend - auch von einer Steigerung des erwerblichen Leistungsvermögens ausgegangen werden musste. Im Übrigen bezeichnete der SPD den Gesundheitszustand als "besserungsfähig". Die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit scheint sich denn auch ausschliesslich auf die frühere Tätigkeit im Lebensmittel-Grosshandel zu beziehen, bejahte der SPD doch die Frage nach der Zumutbarkeit anderer Einsätze ausdrücklich, wobei lediglich zu Beginn eine um rund 50 % verminderte Arbeitsfähigkeit zu erwarten sei, welche im Zuge einer Arbeitsrehabilitation jedoch gesteigert werden könne. Eine ruhigere Arbeit im administrativen oder kaufmännischen Bereich hingegen erachtete der SPD als "im Rahmen eines üblichen Arbeitstages zumutbar".
2.3.2 Wie die Vorinstanz in ihrem Entscheid vom 6. Dezember 2005 zu Recht ausführt, handelt es sich bei der klinisch festgestellten psychischen Problematik und der vom SPD gestellten ärztlichen Diagnose (mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom [ICD-10: F32.11] und ängstlich-sozialphobischer Färbung [Erw. 2.3 hievor]) doch eher um einen auf belastende psychosoziale Faktoren zurückzuführenden Befund. Dem in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhobenen Einwand jedenfalls, es sei nicht sachgerecht, die mittelgradige depressive Episode als überwindbar oder gar überwunden zu betrachten, kann nicht gefolgt werden. Die depressive Phase lässt sich ohne weiteres mit der Überforderungssituation am früheren Arbeitsplatz, die darauf folgende lange Arbeitslosigkeit mit Aussteuerung bei der Arbeitslosenkasse, die weiter bestehenden Schwierigkeiten auf der Stellensuche, die Abhängigkeit von der Sozialhilfe und der aus dieser persönlichen Situation resultierenden Minderung des Selbstwertgefühls, mithin als durch die psychosoziale Situation bedingt, erklären.
2.4 Ein invalidisierender Gesundheitsschaden ist unter diesen Umständen mit Vorinstanz und Verwaltung zu verneinen (BGE 127 V 299 Erw. 5a). Eine andere Betrachtungsweise drängt sich auch im Hinblick auf die von der Klinik X.________ erwähnte psychosoziale Dekompensation und den dort entstandenen Verdacht auf eine narzisstische Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.80) nicht auf. Ebenso ist von den beantragten zusätzlichen Abklärungen der medizinischen Situation abzusehen, sind davon doch keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, welche sich auf die Beurteilung auswirken könnten.
3.
Da die Verwaltungsgerichtsbeschwerde noch vor dem 1. Juli 2006 eingereicht wurde, sind keine Gerichtskosten zu erheben.
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, der Ausgleichskasse Verom, Schlieren und dem Bundesamt für Sozialversicherungen zugestellt.
Luzern, 20. November 2006
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: